Vertrauen wir auf die Zusicherungen des Herrn
Nicht immer werden wir von unseren Prüfungen befreit. Aber wenn wir uns um die Zusicherungen des Herrn bemühen, wissen wir, dass alles wohl ist, selbst in schweren Zeiten.
Ich saß im celestialen Saal des Tempels und dachte darüber nach, wie mein Leben gerade verlief – gewiss nicht so, wie ich es geplant hatte. Wie viele andere junge Erwachsene beschäftigten mich vor allem Sorgen: Wie sollte ich gute Noten erzielen und trotzdem Freundschaften pflegen? Sollte ich meinen Job aufgeben? Oder sogar einen zweiten suchen? Wie sollte ich Geld zurücklegen, wenn ich gar keines hatte? Warum war ich noch nicht verheiratet? Die Liste der quälenden Fragen wollte kein Ende nehmen. Ich war in den Tempel gegangen, um Trost zu finden, und betete um die Zusicherung, dass mein Leben in Gottes Händen war. „Wird alles in Ordnung kommen in meinem Leben?“, fragte ich. Die Antwort folgte rasch und mit großer Gewissheit: „Alles ist wohl!“
In diesem Augenblick begriff ich, dass mein Leben zwar nicht nach meinem Plan verlief, dass es aber immer noch Gottes Plan entsprach und er es in der Hand hielt. Diese tröstliche Gewissheit, dass er auf mich achtet und sich um mich kümmert, auch wenn er mich nicht immer von meinen Prüfungen befreit, hat mich durch viele Beschwernisse getragen. Wenn wir die Zusicherungen des Herrn erkennen, uns aktiv darum bemühen und darauf warten, erlangen wir Gewissheit, dass der Herr uns bei allem, was uns auferlegt wird, beisteht.
Zusicherungen und Befreiung
Offensichtlich beantwortet der Herr unser Flehen nicht immer mit einer sofortigen Befreiung von unseren Prüfungen. Stattdessen segnet er uns mit unschätzbaren Momenten der Zuversicht durch persönliche Offenbarung – mit der Zusicherung, dass er unser Leben lenkt und uns von unseren Prüfungen befreien wird. Diese Zusicherung befreit uns zwar nicht von unseren Prüfungen, gibt uns aber womöglich die nötige Kraft, uns selbst zu befreien, auch wenn die Befreiung einfach nur darin besteht, dass wir vom Heiligen Geist getröstet werden. In den heiligen Schriften sind mir viele Beispiele dafür aufgefallen, dass oftmals eine Zusicherung der Befreiung vorausgeht.
Als Helaman die 2060 jungen Krieger und weitere nephitische Heere anführte, empfingen sie eine Zusicherung vom Herrn. Nachdem sie viele Monate lang auf Proviant und Verstärkung gewartet hatten und kurz vor dem Verhungern waren, traf endlich eine kleine Schar Männer mit Vorräten ein. Sie befürchteten, dass diese dürftige Verstärkung ihrer Truppen nicht ausreichte, und wandten sich schließlich an den Herrn. Sie „schütteten [ihre] Seele im Gebet vor Gott aus, er möge [sie] stärken und [sie] befreien“. Helaman berichtet, was sich ereignete, nachdem sie gebetet hatten: „Der Herr, unser Gott, suchte uns auf mit Zusicherungen, er werde uns befreien, ja, indem er unserer Seele Frieden zusprach und uns großen Glauben gewährte und uns dazu brachte, dass wir die Hoffnung auf unsere Befreiung in ihn setzten.“ (Alma 58:10,11.) Diese Zusicherungen gaben Helaman und seinen Kriegern die Kraft, durchzuhalten und schließlich über ihre Feinde zu triumphieren.
Auch Joseph Smith empfing eine Zusicherung vom Herrn, als er im Gefängnis zu Liberty festgehalten wurde. Auf sein inniges Gebet hin wurde ihm gesagt:
„Mein Sohn, Friede sei deiner Seele; dein Ungemach und deine Bedrängnisse werden nur einen kleinen Augenblick dauern, und dann, wenn
du gut darin ausharrst, wird Gott dich in der Höhe erhöhen; du wirst über alle deine Feinde triumphieren.“ (LuB 121:7,8.)
Diese Zusicherung gab Joseph Smith den Mut und die seelische Kraft, unter den härtesten Umständen weiterzumachen.
Bei diesen und vielen anderen Beispielen (siehe etwa Mosia 24:8-16) hat der Herr die Gläubigen nicht einfach sofort von ihren Prüfungen befreit. Vielmehr empfingen sie von ihm die Zusicherung, dass er sie zu seiner Zeit befreien werde. Diese Zusicherungen sind, um es mit Worten von Elder Richard G. Scott vom Kollegium der Zwölf Apostel zu sagen, wie „kleine Bündel geistigen Sonnenlichts“, die uns der Vater im Himmel auf den Weg legt, „die [unseren] Weg erhellen“1. Manchmal brauchen wir, um Prüfungen durchzustehen, nicht mehr als diese Zusicherung, die Gewissheit, dass wir letztlich befreit werden.
Aktives Bemühen
Das Leben ist hart. Zuweilen zweifeln wir, verlieren den Glauben an uns, sehen uns nicht mehr imstande, Widrigkeiten zu bewältigen, verlieren die Hoffnung. Oft kommt es uns so vor, als nähmen unsere Prüfungen kein Ende. Manche Zusicherungen vom Herrn empfangen wir ohne jede Anstrengung unsererseits, aber in den meisten Fällen müssen wir uns doch aktiv darum bemühen, vom Herrn die Zusicherung zu bekommen, dass wir aus unseren Prüfungen gerettet werden.
Zusicherungen vom Herrn empfangen wir oft auch durch die Stimme seiner Diener: Führungsbeamte in Gemeinde und Pfahl, Institutslehrer, Sonntagsschullehrer und insbesondere durch seine Propheten und Apostel. Carol F. McConkie, Erste Ratgeberin in der Präsidentschaft der Jungen Damen, rief uns ins Gedächtnis, dass wir „in ihren Worten … die Stimme des Herrn [hören und] die Liebe des Heilands [spüren]“2.
Solche Zusicherungen erhalten wir aber auch durch die Stimme des Geistes, wenn wir in innigem, ernsthaftem Gebet mit dem Vater im Himmel Zwiesprache halten, wenn wir die heiligen Schriften lesen und darüber nachsinnen, wenn wir den Tempel und die Versammlungen der Kirche besuchen, wenn wir anderen dienen und nach besten Kräften das Richtige tun. Kurz gesagt, wir erhalten Zusicherungen vom Herrn, wenn wir uns mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele um ihn bemühen (siehe Deuteronomium 4:29) und seine Gebote befolgen.
Helaman und seine Heere empfingen nach vielen aufrichtigen Gebeten eine Zusicherung vom Herrn; Joseph Smith empfing eine Zusicherung vom Herrn, nachdem er gebetet und nachgedacht hatte. In beiden Fällen prüfte der Herr zunächst ihre Geduld und ihren Glauben – was uns als gutes Beispiel dafür dient, dass wir in Prüfungen am Glauben festhalten und uns in Geduld üben sollen.
Warten
Wie bei anderen Geduldsproben entsprechen die Art und Weise und der Zeitpunkt einer Zusicherung vom Herrn oft nicht unseren Erwartungen. Womöglich müssen wir darum beten, dass wir Augen haben, um die Hand des Herrn zu sehen (siehe Ezechiel 12:2) und seine Zusicherungen wahrzunehmen. Elder David A. Bednar vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, dass die liebevolle, große Barmherzigkeit des Herrn, die auch durch seine Zusicherungen zum Ausdruck kommt, „nicht wahllos oder zufällig auftritt. Glaubenstreue und Gehorsam ermöglichen es uns, diese wichtige Gabe zu erhalten, und oft hilft uns der Zeitplan des Herrn, sie zu erkennen.“3
Oftmals erfordert das Warten auf die Befreiung oder auf die Zusicherung der Befreiung mehr Geduld, als wir unserer Meinung nach besitzen. Vielleicht müssen wir schwere Prüfungen erleben, ehe wir irgendeine Zusicherung erhalten. Elder Scott erklärte, der Herr gewähre uns die „kleine[n] Bündel geistigen Sonnenlichts … oft gerade dann, wenn die Prüfung am schwersten [ist], als Zeichen des Mitgefühls und der Liebe eines allwissenden Vaters. Sie zeigen den Weg zu größerem Glück, zu tieferem Verständnis und bestärken [uns in unserer] Entschlossenheit, seinen Willen anzunehmen und zu befolgen.“4 Wenn wir in unseren Prüfungen treu und gehorsam bleiben, werden wir Zusicherungen vom Herrn erhalten, die uns helfen, weiter treu zu bleiben.
Was uns am meisten Zuversicht schenkt
Zu guter Letzt reichen jedoch noch so viele Zusicherungen, dass der Vater im Himmel auf uns achtet und unsere Lage kennt, nicht aus, uns die Kraft zu geben, bis ans Ende auszuharren – wenn nämlich unser Glaube und unsere Hoffnung nicht auf Jesus Christus gegründet sind. Durch sein Sühnopfer haben wir die sichere Hoffnung, dass wir eines Tages von all unseren Prüfungen befreit werden. Wir wissen auch, dass sich unser Heiland vollkommen in uns hineinversetzen kann, da er unter alles hinabgefahren ist, sodass er alles erfasst hat (siehe LuB 88:6). Er versteht unsere Prüfungen und unseren Kummer, denn er hat „Schmerzen und Bedrängnisse und Versuchungen jeder Art“ erlitten, „damit er … wisse, wie er seinem Volk beistehen könne gemäß dessen Schwächen“ (Alma 7:11,12).
Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Unser Vertrauen in Gottes Plan beruht vor allem darauf, dass uns ein Erretter verheißen wurde – ein Erlöser, der uns durch unseren Glauben an ihn emporhebt und uns über all diese Prüfungen und Schwierigkeiten triumphieren lässt … Nur wenn wir die Liebe Gottes dankbar annehmen, wird unser eigenes, geringeres Leid erst erträglich, dann verständlich und schließlich erlösend.“5 Allein das Wissen um den Erlöser und sein Sühnopfer ist eine tröstliche Zusicherung.
Alles ist wohl
Wir empfangen gewiss Zusicherungen vom Herrn. Wir müssen sie nur erkennen, uns aktiv darum bemühen und darauf warten. Wir sollen diese kostbaren Augenblicke im Gedächtnis bewahren, sie niederschreiben und oft daran denken. Vor allem müssen wir darauf vertrauen und daran glauben, wie Helaman und seine Männer und der Prophet Joseph Smith daran geglaubt haben, dass der Herr die Verheißungen, die er uns gegeben hat, erfüllen wird. Mit seinen Zusicherungen erinnert er uns an diese Verheißungen. Auch wenn unsere Prüfungen dadurch nicht verschwinden, wissen wir doch, dass der Vater im Himmel an unserer Seite ist, um uns zu stützen und uns durch alles hindurchzuhelfen.
Nach meinem Erlebnis im Tempel an jenem Tag wurden meine Prüfungen nicht weniger. Ich hatte nicht plötzlich die besten Noten oder mehr Geld oder viele Verabredungen. Jedoch hatte ich die ruhige Gewissheit, dass trotz meiner Prüfungen alles gut gehen werde, da ich wusste, dass der Herr seine Verheißungen, mich zu befreien, erfüllt. Dank dieser Zusicherung weiß ich, dass alles wohl ist.