2016
Brombeersträucher
März 2016


Brombeersträucher

Rhiannon Gainor, Kalifornien

blackberry canes

Illustration von Stan Fellows

Brombeeren wachsen an der Westküste Kanadas wie Unkraut. Die Pflanzen sprießen und wachsen überall und greifen auf alles über, was sie erreichen können: Felder, Gehwege, Straßen und Strände sind von Brombeersträuchern gesäumt. Im Herbst kommen Nachbarn zusammen, pflücken die Beeren und verarbeiten sie zu Hause.

In einem Jahr, als es wieder Zeit war, Brombeeren zu pflücken, beschloss ich, so viele zu sammeln, dass ich nicht nur für mich und meine Familie Marmelade kochen konnte, sondern auch für die Schwestern, deren Besuchslehrerin ich war. Die nächstbeste Stelle zum Brombeerenpflücken war bei der Grundschule, wo entlang der Wege und Felder dornige Brombeersträucher von zweieinhalb Meter Höhe wuchsen. Ich hatte schon die Woche zuvor dort Beeren geerntet und wusste, dass viele andere ebenfalls bereits dort gewesen waren. Wahrscheinlich waren also nicht mehr viele Beeren übrig.

Als ich mich wieder zum Pflücken anschickte, wollte ich es daher an einer anderen Stelle versuchen. Von meinem Küchenfenster aus konnte ich neben der Straße ein unbebautes Grundstück sehen. Kaum jemand kam dort jemals vorbei, und die Brombeerranken breiteten sich dort über mehr als einen Morgen Land aus. Sicher gab es jede Menge Beeren, weil dort noch niemand gepflückt hatte. Ich verstaute meine Eimer hinten im Auto und machte mich auf den Weg.

Bald war mir heiß, und ich stand zerkratzt und verblüfft inmitten der vielen Brombeersträucher. Die Ranken waren leer, voller Dornen, aber ohne die kleinste Blüte oder Beere. Ich hatte auf dem riesigen Areal genau drei Beeren gefunden und konnte es mir nicht erklären. Meine Marmeladengläser waren aber noch nicht gefüllt. Deshalb machte ich mich auf den Weg zur Schule, um nachzusehen, ob es dort noch Beeren gab.

Auf den Feldern an der Schule fand ich mehr Beeren, als ich brauchte, und viele, die noch nicht reif waren, obwohl hier schon so viele gepflückt worden waren. Plötzlich wurde mir klar, woran das lag: Die Brombeersträucher bringen mehr Ertrag, wenn die Beeren gepflückt werden. Weil wir Nachbarn dieses Gebiet seit Jahren miteinander teilten, brachten die Sträucher Jahr für Jahr eine reiche Ernte hervor. Die Sträucher, die nicht abgeerntet wurden, blieben dürr und trugen keine Frucht. Dadurch, dass wir die Brombeersträucher in der Nähe der Schule seit Jahren miteinander teilten, hatten wir einen Überfluss geschaffen. Es gab mehr Beeren, als wir alle gemeinsam brauchten.

Bei diesem Erlebnis musste ich daran denken, wie der Zehnte und das Fastopfer funktionieren. Der Herr hat uns verheißen, dass er „die Fenster des Himmels öffnen und [uns] Segen herabschütten werde, dass nicht genug Raum sein wird, ihn aufzunehmen“ (3 Nephi 24:10), wenn wir den Zehnten zahlen. Wenn wir das, was wir haben, durch die inspirierten Programme der Kirche miteinander teilen, schaffen wir eine zeitliche und geistige Fülle für unsere Familien, unsere Nachbarschaft und uns selbst.