Niemand kann mir das Herz einfrieren
Die Verfasserin lebt in Kalifornien.
Als die Kirche 1978 in Ghana Fuß fasste, verstand die Regierung nicht so recht, was es mit dieser Religion und ihren Bräuchen auf sich hatte. Viele Gerüchte verbreiteten sich. In den darauffolgenden zehn Jahren wuchs die Kirche, aber auch die Gerüchteküche brodelte immer stärker. Ich weiß noch, dass man behauptete, die USA hätten Leute ins Land geschickt, die unsere Regierung ausspionieren sollten. Hinzu kam all die Literatur, die gegen die Kirche gerichtet war, was die Regierung sehr misstrauisch machte.
Die „Eiszeit“
Am 14. Juni 1989 schloss die Regierung all unsere Gemeindehäuser, schickte die Missionare nach Hause und erklärte sämtliche offizielle Aktivitäten der Kirche für illegal. Wir bezeichnen diese Zeit als „Eiszeit“. Als damals 18-Jährige bekam ich jedoch nur mit, dass es eines Tages plötzlich hieß, wir dürften nicht mehr in die Kirche gehen. Man ließ die Gemeindehäuser sogar von Soldaten bewachen, damit wir ihnen fernblieben.
Da wir also nicht mehr ins Gemeindehaus konnten, erlaubten uns die Führer der Kirche, die Abendmahlsversammlung zu Hause abzuhalten. Falls es in einer Familie keinen Priestertumsträger gab, sollte man eine besuchen, wo es einen gab. Diese Zeit setzte uns zu, war aber auch etwas Besonderes, weil wir einander oft Zeugnis gaben. Sie schweißte uns zusammen.
Wie kannst du dich nur als Mormonin bezeichnen?
Irgendwann in diesem Zeitraum ging ich von Zuhause weg auf ein Internat. Ein Lehrer dort bekam mit, dass ich der Kirche Jesu Christi angehörte. Er stellte mich bloß und äußerte sich abfällig über die Kirche. Vieles, was er sagte, war sehr grob. Oft fragte ich mich, warum er so auf mir herumhackte. Zwar glaubte ich an die Lehren des Evangeliums, aber ich war doch auch immer noch ein Mensch!
Eines Tages fragte er mich, wie ich mich nur immer noch als Mormonin bezeichnen könne, ob ich denn nicht von der Eiszeit gehörte hätte. In meiner Kultur gibt man einem Erwachsenen keine Widerworte. Er war mein Lehrer, also konnte ich ihm nicht die Stirn bieten. Aber in dem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich ein Zeugnis besaß. Ich weiß nicht, woher diese Worte kamen, aber ich spürte den Heiligen Geist, stand auf und sagte: „Ich trage die Kirche in meinem Herzen. Und niemand kann mir das Herz einfrieren.“
Von da an ließ er mich in Ruhe.
Die Regierung hob die Eiszeit im November 1990 auf und erlaubte den Mitgliedern der Kirche, wieder uneingeschränkt Gottesdienste abzuhalten. Auf dem Schulgelände gab es weder Radio noch Fernsehen. Also erfuhr ich von der Änderungen nur, weil der besagte Lehrer es mitbekam und mich sofort zu sich holen ließ. Als er mich sah, erklärte er: „Das Verbot für eure Kirche ist aufgehoben worden! Du kannst wieder zur Kirche gehen!“
Er freute sich für mich!
Niemand kann dir das Herz einfrieren
Alle, die während der Eiszeit der Kirche treu blieben und gemeinsam Gott verehrten, entwickelten eine enge Verbundenheit. Wir sind wahrhaft Brüder und Schwestern geworden. Auch jetzt, wo jeder seine eigenen Wege geht, bekommen wir alle mit, was sich im Leben der anderen ereignet. Wir sehen uns als Pioniere.
Ich sage immer: Wenn du weißt, dass deine Glaubensansichten wahr sind und du ein Zeugnis davon hast, mögen zwar Prüfungen kommen, aber diese brauchen deinen Glauben nicht zu erschüttern. Wenn du weißt, dass etwas wahr ist, und du daran festhältst, kann dir das niemand wegnehmen. Niemand kann dir das Herz einfrieren.