Panorama
Multireligiöses Treffen mit dem Landeshauptmann von Tirol
Innsbruck (RHS): Zum fünften Mal wiederholte sich das jährliche Treffen von Landeshauptmann Günther Platter mit Vertretern und Vertreterinnen der in Tirol ansässigen Religionsgemeinschaften. Dabei ging Platter auf die positiven Entwicklungen in unserer Gesellschaft ein, wie die geringe Arbeitslosigkeit, den medizinischen Fortschritt, den Ausbau des Pflegesystems und das in Tirol gut funktionierende Ehrenamt. Kritisch beäugte er die Verrohung der Sprache, die Polarisierung in der Gesellschaft und die hohe Selbstmordrate. Er bedankte sich bei den Religionsgemeinschaften für die sehr positive Arbeit innerhalb ihres Wirkungsbereiches und lud sie ein, an der Lösung von Problemen verstärkt mitzuwirken.
Landesrätin Gabriele Fischer sah als Warnsignal den immer öfter praktizierten „Austritt“ aus der Gesellschaft, die in einer Spirale sich abwärts drehende Wertehaltung und das Gewaltpotenzial, speziell auch innerhalb von Familien. Sie betonte die gute Zusammenarbeit zwischen den Glaubensgemeinschaften, die darin besteht, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen.
Bischof Hermann Glettler sah in Tirol eine wachsende Verbundenheit und sich entwickelnde Freundschaften zwischen den Religionsgemeinschaften. Dabei gebe es natürlich unterschiedliche Auffassungen und Meinungen, und das sei gut so. Dennoch sollten wir in Anlehnung an Papst Franziskus ein „gemeinsames Haus“ bauen, ohne vereinnahmend zu sein. Die Religionsfreiheit sei weiterhin zu stärken. Sorgen bereiteten ihm die Ausübung religiös motivierter Gewalt, der ausgrenzende Umgang zwischen Jugendlichen durch Mobbing und wachsende psychische Probleme.
Superintendent Olivier Dantine forderte die Wahrung der Rechte von Minderheiten ein, auch wenn es um religiöse Minderheiten gehe. Für seine evangelische Glaubensgemeinschaft ist das Thema der religiösen Feiertage noch nicht abgeschlossen. Er betonte, dass speziell seitens der Behörden die gewissenhafte Ausübung der inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften verstärkt respektiert werden sollte – im Speziellen, wenn es um die Anerkennung von Migranten gehe, die zum Christentum konvertiert sind.
Die muslimischen Vertreter Burhan Türkmen und Samir Redzepovic begrüßten die sich immer mehr entwickelnden Freundschaften zwischen ihren Gläubigen und Gläubigen anderer Religionsgemeinschaften. Sie hoffen auf noch mehr offene Ohren bei den Politikern bezüglich religiöser Fragen und eine objektivere Berichterstattung in den Medien.
Bischof Gerhard Egger von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage hob als Sprecher der Multireligiösen Plattform Innsbruck die gelungenen Aktivitäten dieses Jahres im interreligiösen Bereich hervor: eine verbindende multireligiöse Romfahrt, die Abhaltung der Langen Nacht der Kirchen als Lange Nacht der Religionen und den multireligiösen Beitrag im Rahmen der 350-Jahrfeier der Universität Innsbruck. Persönlich sieht er einen Nachholbedarf im schulischen Bildungsauftrag des Staates, wenn es um die Darstellung von Religionsgemeinschaften und ihre Vermittlung von Werten zur Stabilisierung der Gesellschaft geht.
Weitere Wortmeldungen behandelten die Themen Seelsorge, Bildung, Säkularisierung, vernetzte Betreuung von Notleidenden, Sinnfindung, Glaubensvermittlung, Jugendarbeit, Stellenwert der Familie als Keimzelle der Gesellschaft und sozialer Friede.