Wie, wann und warum: Mit unseren Kindern über Sexualität sprechen
Damit unsere Kinder auf die Sexualität in der Ehe vorbereitet sind und sie dann in all ihrer Schönheit und all ihrem Zauber genießen können, müssen wir sie dabei anleiten, wie sie ihre gottgegebenen Gefühle beherrschen lernen.
Wenn Sie Jugendliche fragen: „Was ist das Gesetz der Keuschheit?“, werden Sie vielleicht mit ausdruckslosem Gesicht angestarrt oder die Jugendlichen winden sich in Unbehagen und sagen schnell so etwas wie: „Es besagt, dass man vor der Ehe keinen Sex haben darf.“ Unserer Erfahrung nach leben viele junge Leute vor der Ehe enthaltsam, missverstehen aber vollkommen die tiefere Bedeutung und den Zweck des Gesetzes der Keuschheit sowie den der Sexualität. Diese Missverständnisse führen später leider oft zu Problemen in der Ehe. Als Eltern und Führungsverantwortliche sollten wir unseren Kindern helfen, sowohl sexuell rein als auch auf eine sexuelle Beziehung vorbereitet zu sein.
Betrachten Sie alle Aspekte des Gesetzes
Die körperlichen Aspekte des Gesetzes der Keuschheit (zum Beispiel Enthaltsamkeit vor der Ehe und vollkommene Treue in der Ehe) sind ganz wesentlich. Jedoch wird manchmal mehr über Enthaltsamkeit gesprochen als über die seelischen und geistigen Aspekte – die Freude und die Schönheit der sexuellen Intimität in der Ehe und auch der Friede, den man durch ein tugendhaftes und reines Leben vor und in der Ehe erlangt.
Neben der Zeugung von Kindern hat die sexuelle Intimität in der Ehe einen weiteren wichtigen Zweck. Elder David A. Bednar vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Diese intime Beziehung ist nicht dafür vorgesehen, dass man einfach der Neugier freien Lauf lässt, ein Verlangen befriedigt oder sich selbstsüchtig Entspannung oder Vergnügen verschafft. Es geht nicht darum, eine Eroberung zu machen, und es geht auch nicht einfach nur um eine bestimmte Handlung. Vielmehr kommen in dieser intimen Beziehung unser göttliches Wesen und Potenzial in höchstem Maße zum Ausdruck und sie ist eine Möglichkeit, wie Mann und Frau ihre seelische und geistige Bindung stärken können.“1
Damit unsere Kinder darauf vorbereitet sind, sexuelle Intimität in der Ehe in all ihrer Schönheit und all ihrem Zauber zu genießen, müssen wir ihnen ihre sexuelle Entwicklung erklären und sie dabei anleiten, wie sie ihre gottgegebenen Gefühle und Regungen beherrschen lernen.
Wenn Sie sich Sorgen machen, dass Sie mit Ihren Kindern nicht früh genug oder nicht ausreichend über Sexualität gesprochen haben, sind Sie damit nicht allein. Es gibt eine ganze Menge Gründe, warum solche Gespräche schwierig sein können. Es ist jedoch nie zu spät, seinen Kindern noch etwas beizubringen. Wir möchten Ihnen drei Tipps geben, wie Sie den Einstieg leichter finden:
1. Wie man am besten über Sexualität spricht
Ein zentraler Baustein für ein gutes Gespräch zwischen Eltern und Kindern über das Thema Sexualität ist Offenheit. Forschungen zufolge erhalten Jugendliche die meisten Informationen zu Sexualität aus den Medien oder von Freunden, möchten aber gern von ihren Eltern aufgeklärt werden.
M. Russell Ballard, Amtierender Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, hat gesagt: „Wenn unsere Kinder heranwachsen, müssen die Eltern ihnen sehr deutlich und offen sagen, was angemessen ist und was nicht. Die Eltern müssen … mit [ihren Kindern] offen über Sexualität und die Lehren des Evangeliums in Bezug auf die Keuschheit [reden]. Diese Informationen müssen in angemessener Weise von den Eltern kommen.“2
Eine offene Kommunikation können Sie wie folgt fördern:
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Verwenden Sie im Gespräch mit Ihren Kindern von Anfang an die richtigen Bezeichnungen für die Körperteile. Dadurch lernen die Kinder ihren wunderbaren Körper kennen, sind korrekt informiert und wissen, wie man sich ausdrückt, wenn es um die eigene Gesundheit geht.
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Lassen Sie Ihre Kinder wissen, dass sie Ihnen jegliche Fragen stellen können. Überreagieren Sie dann bitte bei Fragen oder Geständnissen nicht und nehmen Sie Rücksicht auf ihr Schamgefühl. Freuen Sie sich, dass sie mit Ihnen reden, beweisen Sie Ihre Liebe und Unterstützung und zeigen Sie bestmöglich, dass Sie für ein Gespräch immer offen sind.
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Verwenden Sie keine bildlichen Ausdrücke, wenn Sie das Thema Sexualität ansprechen. Kinder brauchen klare, unmissverständliche Informationen. Einige Jugendliche berichten beispielsweise, dass ihnen im Unterricht gesagt wurde, wenn sie das Gesetz der Keuschheit brächen, wären sie wie ein zerkauter Kaugummi oder angebissene Speisen, die von einem zum nächsten weitergereicht werden und daher nicht mehr attraktiv sind. All dies mag gut gemeint sein. Doch fördern solche Vergleiche oftmals Angst vor Sexualität und führen zu einem geringen, manchmal auch irreversibel geschädigten Selbstwertgefühl. Das untergräbt die Hoffnung und den Frieden, die durch aufrichtige Umkehr erreicht werden können.
2. Wann man am besten über Sexualität spricht
Die meisten Eltern führen mit ihren Kindern ein einziges Aufklärungsgespräch. Doch wegen der falschen Botschaften, die die Jugendlichen heutzutage von der Welt hören – manchmal täglich –, brauchen Kinder mehr als nur ein Gespräch mit ihren Eltern.3 Kindern hilft es am meisten, wenn die Eltern die Initiative ergreifen und im Voraus überlegen, welche Schwierigkeiten auf die Kinder im Zuge ihrer sexuellen Entwicklung zukommen könnten. Dann können sie ihnen entsprechende Strategien an die Hand geben.
Schwester Joy D. Jones, die Präsidentin der Primarvereinigung, hat zum möglichen Kontakt mit Pornografie gesagt: „Es ist besser, schon früh mit den Kindern darüber zu sprechen. Wenn sie wissen, dass sie geliebt werden und dass nichts, was sie sagen oder tun, etwas an dieser Liebe ändern kann, wenden sie sich eher an uns. …
Liebe Eltern, wir müssen das Gespräch suchen und dürfen nicht darauf warten, bis das Kind zu uns kommt. … Wir wollen, dass die Kinder vorbereitet und gestärkt sind und dies auch merken und nicht verängstigt sind. Wir wollen mit ihnen reden und nicht auf sie einreden.“4
Zur Umsetzung dieser Anregungen bietet sich Folgendes an:
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Thematisieren Sie Sexualität ab und zu beim Evangeliumsabend. Wenn Ihre Kinder bereit dafür sind, können sie auch selbst eine Lektion dazu gestalten. Mögliche Themen sind: Pubertät, die Wahrnehmung des eigenen Körpers, positive Aspekte der Sexualität, die Gefahren der Pornografie, dass es normal ist, sexuelle Gefühle zu haben, und dergleichen.
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Erarbeiten Sie gemeinsam mit Ihren Kindern Strategien, wie sie Versuchungen widerstehen können. Wenn Ihr Kind beispielsweise Schwierigkeiten mit unreinen Gedanken oder Verhaltensweisen hat, überlegen Sie gemeinsam, was es tun kann, wenn diese Gedanken kommen. Man kann zum Beispiel ein Kirchenlied singen, an eine Schriftstelle denken, beten, Sport treiben oder ein Armband tragen, das einen daran erinnert, das Rechte zu wählen.
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Bringen Sie Ihren Kindern bei, wie man Sexualtäter erkennt und sich schützt. Hinweis: Vermeiden Sie es nach Möglichkeit, Schutzmaßnahmen (die oft Angst auslösen) und sexuelle Intimität in der Ehe in einem Atemzug zu nennen. Die Kinder könnten sonst die Angst auf alle Aspekte der Sexualität übertragen.
3. Sprechen Sie über das Warum
Kinder möchten oft wissen, warum etwas von ihnen erwartet wird. Warum sollen sie denn das Gesetz der Keuschheit halten, wenn andere das nicht tun? Wenn sie die Gründe für die Erwartungen verstehen, ist es wahrscheinlicher, dass sie die Werte des Evangeliums und ihrer Familie verinnerlichen. Für Jugendliche, die verstehen, warum sie sich verpflichten, sich an das Gesetz der Keuschheit zu halten, ist es „keine Belastung mehr, sondern es wird eine Freude und eine Wonne“5.
Wenn wir möchten, dass unsere Kinder das Gesetz der Keuschheit befolgen, müssen wir ihnen erklären, warum das wichtig ist. Wir müssen erklären, dass „Sexualität eine machtvolle Gabe des himmlischen Vaters ist und dass davon innerhalb der Grenzen Gebrauch gemacht werden soll, die er festgelegt hat“6. Wenn Jugendliche verstehen, wie sich diese „machtvolle Gabe“ entwickelt, können sie leichter Entscheidungen treffen, die ihrem Wunsch entsprechen, sich an Gottes Gesetz der Keuschheit zu halten.
Wenn Sie mit Ihrem Kind über seine sexuelle Entwicklung reden, können Sie diese Punkte ansprechen:
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Die Sexualität ist jedem Kind Gottes angeboren. Wir wurden „als Abbild Gottes“ (Genesis 1:27, Einheitsübersetzung 1980) erschaffen, was heißt, dass unser Körper – und damit auch unsere Geschlechtsorgane – Gottes Schöpfung ist.
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Es ist normal, dass man sexuelle Gefühle hat und sexuelle Erregung spürt. Kinder müssen auf diese Gefühle und Empfindungen nicht reagieren, sie können sie einfach aufmerksam wahrnehmen. Das heißt, sie sind sich der sexuellen Gefühle bewusst, aber bewerten sie nicht negativ. Forschungen haben ergeben, dass bewusste Achtsamkeit uns hilft, eher Entscheidungen zu treffen, die mit unseren Werten und Zielen übereinstimmen, wie zum Beispiel sich an das Gesetz der Keuschheit zu halten.
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Die erste Erfahrung mit Sexualität machen Kinder oft durch unbewusste Selbstbefriedigung. Selbst kleine Kinder fassen oft ihre Geschlechtsorgane an, und wie Eltern auf diese Verhaltensweisen im Kindesalter reagieren, kann Auswirkungen auf das spätere Körpergefühl und die Sexualität haben. Es ist wichtig, als Eltern einerseits dafür zu sorgen, den Kindern begreiflich zu machen, warum Gott geboten hat, dass sexuelle Handlungen der Ehe vorbehalten sind. Andererseits dürfen sie nicht angewidert oder verärgert reagieren, wenn ein Kind sich selbst anfasst oder ein Jugendlicher gesteht, dass er sich selbst befriedigt.
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Wenn Kinder verstehen, warum es bei Beziehungen und Sexualität bestimmte Maßstäbe gibt (zum Beispiel zu Verabredungen, anständiger Kleidung, Keuschheit), ist es wahrscheinlicher, dass sie Gottes Gesetze als weise erkennen und motiviert sind, sich an sie zu halten. Wenn Sie diese Maßstäbe vermitteln, denken Sie daran, dabei weder Scham noch Angst hervorzurufen.
Heben Sie die Macht des Sühnopfers Jesu Christi hervor
Genauso wie Kleinkinder, die gerade erst laufen lernen, geraten Jugendliche manchmal ins Stolpern, wenn sie dabei sind, ihre Sexualität zu verstehen und zu steuern. Wir müssen stets daran denken, Fortschritt zu fördern statt Schuldgefühle, und unseren Kindern beibringen, dass Jesus Christus sie durch seine Gnade, Macht und Barmherzigkeit segnen, stärken und ihnen helfen kann, sexuell rein zu bleiben und eines Tages die Segnungen der sexuellen Intimität in der Ehe zu genießen.
Eltern haben es nicht leicht. Vielleicht unterweisen wir unsere Kinder nicht immer auf perfekte Weise, aber wir können unser Bestes geben, unsere Kinder über die wunderbare Gabe der sexuellen Intimität in der Ehe aufzuklären. Wenn wir das Gefühl haben, es klappt nicht so gut, können wir uns mit der Hilfe des Herrn verbessern. Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Mit der Gabe des Sühnopfers Jesu Christi und der Kraft des Himmels auf unserer Seite können wir uns verbessern, und das Wunderbare am Evangelium ist, dass es uns auch dann angerechnet wird, wenn wir uns nur bemühen, selbst wenn wir nicht immer erfolgreich sind.“7