Eine Tasse warmes Wasser
Die Verfasserin lebt in Seoul in Südkorea.
Das Wasser im Taufbecken war eiskalt. Da kam Minjun eine Idee.
Minjun und sein Vater eilten ins Gemeindehaus, den eisigen Wind im Rücken. Auch im Gemeindehaus war es kalt. Minjun hoffte, dass es wärmer werden würde, wenn erst einmal die Leute eintrudelten.
Minjuns Freund Jungmin ließ sich heute taufen. Jungmin war von den Missionarinnen unterwiesen worden und hatte schon lange darüber nachgedacht, ob er sich taufen lassen sollte. Die ganze Gemeinde hatte für ihn gefastet und gebetet. Schließlich hatte er beschlossen, sich taufen zu lassen. Und heute war es so weit!
Ins Taufbecken lief noch Wasser, als Minjun und sein Vater den Raum betraten. Sie setzten sich neben Minjuns Freund James. Bald kam auch Jungmin herein. Er trug weiße Taufkleidung.
„Er sieht ein bisschen nervös aus“, meinte James.
Minjun nickte. Er war froh, seinen Freund unterstützen zu können.
Kurz darauf war das Taufbecken gefüllt. Der Taufgottesdienst konnte beginnen! Doch statt nun anzufangen, sprachen die Missionarinnen noch mit ein paar Mitgliedern und machten ein bekümmertes Gesicht. Minjuns Vater wollte herausfinden, was passiert war.
„Was ist denn los?“, fragte Minjun.
„Der Warmwasserbereiter hier in der Gemeinde ist kaputt. Das Wasser im Taufbecken ist eiskalt“, erklärte sein Vater.
Minjun sah aufs Taufbecken. Bei seiner Taufe war es draußen warm gewesen, das Wasser war warm gewesen, und als er aus dem Taufbecken gestiegen war, hatte er sogar in der herzlichen Umarmung seines Vaters Wärme verspürt. Er konnte sich gar nicht vorstellen, an einem kalten Wintertag in kaltem Wasser getauft zu werden.
Minjun sah zu, als Jungmin mit Elder Keck, der ihn taufen sollte, mutig ins Wasser stieg.
„Es ist zu kalt“, sagte Jungmin. „Ich muss hier wieder raus!“ Zitternd stieg er aus dem Taufbecken. Minjun hatte Mitleid mit ihm.
Ein paar Minuten später versuchte Jungmin erneut, ins Wasser zu steigen. Diesmal machte er nur ein paar Schritte, bevor er wieder aus dem Wasser eilte. Er versuchte es noch zwei weitere Male. Das Wasser war wie Eis! „Können wir damit aufhören?“, fragte Jungmin schließlich. Er sah aus, als würde er gleich anfangen zu weinen.
Minjun sprach ein stilles Gebet und fragte den Vater im Himmel, wie er helfen könne.
„Was machen wir denn jetzt?“, fragte jemand.
„Sollen wir die Taufe verschieben?“, fragte jemand anders. Alle wollten Jungmin gern helfen, aber keiner wusste, wie.
Da kam Minjun eine Idee. Er stupste James an. „Komm mit, James!“
Die beiden gingen in die Küche. Sie holten eine große Tasse und eine große Schüssel und füllten sie mit heißem Wasser aus dem Wasserspender. Vorsichtig trugen sie diese in die Kapelle und gossen das heiße Wasser ins Taufbecken. „Vielleicht wird das Wasser so wärmer!“, sagte Minjun.
Alle waren überrascht. „Warum haben wir nicht gleich daran gedacht?“, meinte jemand.
Gemeinsam holten alle warmes Wasser aus der Küche. Einige kochten auf dem Herd Wasser auf. Andere trugen die Töpfe vorsichtig durch den Gang und gossen das heiße Wasser ins Becken. Sogar die PV-Kinder halfen und brachten Tasse um Tasse.
Schließlich war das Wasser warm genug. Jungmin und Elder Keck stiegen ganz ins Taufbecken hinab. Als Elder Keck das Taufgebet sprach, wurde Minjun ganz warm ums Herz. Schließlich stieg Jungmin lächelnd aus dem Wasser. Alle waren glücklich.
Nachdem sich Jungmin umgezogen hatte, umarmte Minjun ihn fest. Minjun wusste: Wenn er voller Mut betete, würde der Vater im Himmel ihm sagen, was er tun sollte. Diese Taufe würde Minjun niemals vergessen! ●