2020
3 Schritte zum Erhalt der psychischen Gesundheit
September 2020


Junge Erwachsene

3 Schritte zum Erhalt der psychischen Gesundheit

Stress, Depressionen und Angstzustände können sich jederzeit in unser Leben einschleichen. Hier findest du drei Möglichkeiten, wie man sich sein psychisches Gleichgewicht erhalten kann.

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Als Psychologe mit dreißig Jahren Berufserfahrung erstaunt es mich oft, wie gut der Mensch fähig ist, sich Schwierigkeiten zu stellen und diese zu bewältigen. Wir leben in schwierigen Zeiten. Stress, Depressionen und Angstzustände können sich jederzeit in unser Leben einchleichen, besonders in unsicheren Lebensabschnitten, etwa als junger Erwachsener. Manchmal führen diese Schwierigkeiten zu Desorientierung und Zweifeln daran, ob wir unseren Alltag im Griff haben und vorwärtskommen können.

Ich habe jedoch erkannt: Wenn wir uns für unser seelisches Wohlbefinden Zeit nehmen, werden wir stärker und belastbarer. Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir unsere mentalen Fähigkeiten stärken können, damit wir Hindernisse besser meistern – und natürlich auch die Zeiten genießen, wenn es uns gut geht. Ich habe hier drei Schwerpunkte ausgewählt, wie du deine mentale und emotionale Gesundheit in Bestform halten kannst.

Unterschätze nie die Macht kleiner, einfacher geistiger Gewohnheiten

Mit kleinen geistigen Gewohnheiten kommst du dem Vater im Himmel jeden Tag näher. In ihnen steckt viel mehr Kraft für dein psychisches Wohlergehen, als du vielleicht meinst (siehe Alma 37:6,7). Geistige Gewohnheiten vertreiben unsere Probleme zwar nicht unbedingt, sie verleihen uns aber Kraft, Klarheit, die Sicht auf die Ewigkeit, Hoffnung und den Mut, nicht aufzugeben.

Oft rate ich meinen Patienten zu täglichen Ritualen – etwa Tag für Tag konzentriert zu beten, täglich in den heiligen Schriften zu lesen, Berufungen oder sonstige Aufgaben in der Kirche wahrzunehmen, jede Woche in die Kirche zu gehen, oft den Tempel zu besuchen und sich zu bemühen, auf die Eingebungen des Heiligen Geistes zu hören.

Ich habe erlebt, wie diese kleinen, einfachen geistigen Gewohnheiten die Fähigkeit, sich Problemen zu stellen und diese zu überwinden, in erstaunlicher Weise verbessern. Wenn sich meine Patienten vornehmen, sich konsequent an diese kleinen, geistigen Gewohnheiten zu halten, spüren sie, wie die Macht des Erretters in ihrem Leben größeren Einfluss gewinnt. Ich habe miterlebt, wie diese Macht sie auf geistiger und mentaler Ebene stärker macht. Das wiederum hat großen Einfluss darauf, ob sie glücklich werden und sich auf das besinnen können, worauf es wirklich ankommt.

Das hat auch Elder David A. Bednar vom Kollegium der Zwölf Apostel bezeugt: „Das geistige Muster, dass Kleines und Einfaches Großartiges zustande bringt, bringt Beständigkeit und Standhaftigkeit hervor, tiefe Hingabe und eine umfassendere Bekehrung zum Herrn Jesus Christus und zu seinem Evangelium.“1

Lass nicht zu, dass das Gefühl der Unzulänglichkeit oder Unsicherheit dich davon abhält, diese kleinen, geistigen Gewohnheiten mit wirklichem Vorsatz umzusetzen (siehe Moroni 10:4). Wenn du Glauben hast oder auch nur den Wunsch verspürst, zu glauben (siehe Alma 32:27), dass diese geistigen Gewohnheiten dir Kraft, Heilung, inneren Frieden und Hoffnung schenken, wird dies auch geschehen.

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Achte auf dich selbst

Wir alle haben schon vom Evangeliumsgrundsatz Eigenständigkeit gehört. Meistens bringen wir ihn mit finanziellen und zeitlichen Belangen in Verbindung. Einer der wichtigsten Teilaspekte dieses Grundsatzes ist jedoch die emotionale Eigenständigkeit – dass wir also uns selbst gegenüber achtsam sind, denn dies ist für den Erhalt des psychischen Wohlbefindens unabdinglich.

Wir tun immer viel für andere, aber wieso fällt es vielen von uns so schwer, sich Zeit für sich selbst zu nehmen? Der Gedanke, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, kommt einem manchmal vielleicht egoistisch oder wie Zeitverschwendung vor. Doch das stimmt ganz und gar nicht! Auf sich selbst achtzugeben ist nicht egoistisch. Wenn wir es nicht schaffen, uns um uns selbst zu kümmern, was bleibt dann noch übrig, was wir anderen geben könnten?

Zunächst einmal muss man sich bewusstmachen, was man selbst braucht und wie viel man geben kann. Wenn man die eigenen Gefühle erkennt, versteht und sich eingesteht, ist das ein wichtiger Schritt hin zu der Erkenntnis, was man wirklich braucht. Die folgenden Praktiken helfen dir, für dich selbst zu sorgen und einige deiner mentalen und emotionalen Bedürfnisse zu stillen:

  • Gib auf deinen Körper acht: Ernähre dich gesund, schlaf genug und treibe regelmäßig Sport.

  • Bau Beziehungen zu Menschen auf, mit denen du über das, was dir Sorgen bereitet, genauso gut sprechen kannst wie über das, was dir Freude bereitet.

  • Such dir gute Unterhaltung, Hobbys und Aktivitäten, die dir Freude bereiten und dir Erfolgserlebnisse bescheren.

  • Führe Tagebuch, um deine Gefühle zum Ausdruck zu bringen und deine Gedanken zu ordnen.

  • Geh hinaus an die frische Luft.

  • Setz dir gesunde Grenzen und sag auch mal Nein, wenn du sowieso schon zu viel zu tun hast.

  • Sei dankbar. Dankbarkeit trägt dazu bei, dass wir nicht in Selbstmitleid verfallen oder andere für unser Elend verantwortlich machen. Versuche, jeden Abend drei Sachen aufzuschreiben, für die du dankbar bist.

  • Kehre trübe Gedanken und negative Selbstgespräche in etwas Aufbauendes um.

  • Vergiss nicht, wer du bist – ein Kind Gottes, ein Kind himmlischer Eltern. Viele im Himmel und auf Erden lieben und unterstützen dich.

  • Verbringe weniger Zeit mit sozialen Medien (oder meide sie völlig).

  • Vergib dir selbst und anderen. Einen Groll zu hegen oder an vergangenen Fehlern festzuhalten, bürdet dir nur eine weitere unnötige Last auf.

Sei demütig und bitte um Hilfe

Keiner von uns ist dazu bestimmt, das Erdenleben auf sich allein gestellt zu bewältigen. Selbst wenn du eigenständig bist, ist der Kontakt zu anderen unverzichtbar, wenn deine mentalen und emotionalen Bedürfnisse gestillt werden sollen. Unsere Eltern, weitere Angehörige, Freunde, Führer in der Kirche und der Vater im Himmel, Jesus Christus und der Heilige Geist können uns führen, anleiten und unterstützen. Geh kurz einmal durch, wer alles zu deinem sozialen Umfeld gehört. Frag dich dann:

  • Hast du ein gesundes Verhältnis zu anderen?

  • Könntest du mehr Unterstützung gebrauchen?

  • Bist du abweisend? Oder schaffst du es, um Hilfe zu bitten, wenn du welche brauchst?

Meistens können wir jemandem nur helfen, wenn uns bewusst ist, dass er gerade eine schwere Zeit durchmacht. Wenn du Hilfe brauchst, dann hab keine Angst. Schäme dich nicht und zögere nicht, diese Hilfe zu suchen – ob du nun jemandem deine Ängste anvertrauen möchtest oder sogar jemanden um Hilfe bittest. Es erfordert auf jeden Fall Mut und Demut, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Wenn wir andere jedoch nicht abweisen und ihnen erlauben, für uns da zu sein, segnet der Vater im Himmel uns oft durch sie.

Wahre emotionale Eigenständigkeit beginnt damit, dass man seine Grenzen kennt und sich um Hilfe von außen bemüht, um das auszufüllen, was einem fehlt. Abgesehen von deiner Familie und deinen Freunden geben dir auch deine Führer in der Kirche Rat und Anleitung und machen dir Hoffnung, wenn du dich in Not befindest. Falls professionelle Beratung oder ärztliche Hilfe sinnvoll wären, um dich psychisch zu stabilisieren, kann dein Bischof dich auch an qualifizierte Therapeuten verweisen.

Wie du schon allzu gut weißt, leben wir in schwierigen Zeiten. Dank des wiederhergestellten Evangeliums Jesu Christi leben wir aber auch in den besten Zeiten. Wir haben Kenntnis vom Erlösungsplan und unzählige Hilfsmittel an der Hand, die uns – wie unsere Umstände auch aussehen mögen – Freude, Hoffnung und Frieden schenken können. Wenn wir uns diese Hilfsmittel zunutze machen, tragen sie dazu bei, dass wir es zum Vater im Himmel zurückschaffen.

Anmerkung

  1. David A. Bednar, „By Small and Simple Things Are Great Things Brought to Pass“, Frauenkonferenz an der Brigham-Young-Universität, 29. April 2011, womensconference.byu.edu; auch zitiert in: Oaks, „Kleines und Einfaches“, Liahona, Mai 2018, Seite 92