Gelebter Glaube
Kevin und Kendra Henderson
North Carolina, USA
Zuerst war Kendra Henderson dagegen, dass sich ihr Mann mit der Kirche auseinandersetzte. Jetzt blicken beide zurück und sehen, wie der Herr sie beide zum Evangelium geführt hat.
Leslie Nilsson, Fotograf
Kevin Henderson:
Bei der Arbeit in einem Veteranenkrankenhaus lernte ich Gregory kennen. Wir waren eines Tages gerade ins Gespräch vertieft, als jemand vorbeikam und von Gregory wissen wollte, ob er Mormone sei. Sie begannen nun, Bibel und Buch Mormon einander gegenüberzustellen. Etwas an dieser Unterhaltung sprach mich ungemein an und weckte mein Interesse.
Zuhause fragte ich Kendra, ob sie etwas über die Mormonen wisse.
„Von denen solltest du besser die Finger lassen“, entgegnete sie.
Ich war aber immer noch neugierig und freute mich darauf, am nächsten Tag in der Arbeit mehr zu erfahren. Im Laufe unserer Unterhaltung fragte mich Gregory, ob ich glaubte, dass mein Geist schon vor meinem Dasein auf der Erde existiert habe. Die Frage gab mir zu denken. Auf diese Idee war ich noch nie gekommen.
„Kann schon sein“, erwiderte ich vage. „Ja, ich denke schon.“
„Es gibt noch viel mehr Erkenntnis, die der Vater im Himmel für alle seine Kinder bereithält“, erklärte mir Gregory.
Ich sprach mit Kendra darüber, doch sie konnte diesem Gedanken nichts abgewinnen. Sie sagte mir, niemals würden sie und die Kinder einen Fuß in „diese“ Kirche setzen. Irgendwie konnte ich das aber nicht unwidersprochen lassen, und das erstaunte mich. Ich bezog da für etwas Stellung, was ich gar nicht richtig kannte!
Eines Abends setzte ich Kendra bei ihrer Freundin ab und besuchte in der Zwischenzeit meinen Vater. Er ist Diakon in einer anderen Kirche, weshalb ich Bedenken hatte, ihn zu fragen, ob er etwas über die Kirche wisse.
Er sagte: „Ich habe mal gehört, dass die Schwarzen dort kein Priesteramt übernehmen dürfen. Aber du bist doch ein guter Mensch: Frag Gott im Gebet, und er wird es dich wissen lassen.“
An jenem Abend kniete ich mich also nieder, aber mir fiel nichts ein, was ich sagen könnte. Da bin ich nun auf den Knien, dachte ich. Ich muss doch irgendetwas sagen! Also sagte ich einfach: „Lieber Vater im Himmel, ich habe dich lieb.“
Ich verbrachte eine unruhige Nacht. Ich wälzte mich hin und her. Ich spürte ein Verlangen in mir, es war fast eine Sehnsucht. Ich wachte am Morgen auf und hoffte bloß, dass Gregory die Kirche mit keinem Wort mehr erwähnen würde. Die ganze Situation hatte mich völlig durcheinandergebracht. Ich wollte jedenfalls nicht mein Familienleben dafür aufs Spiel setzen. Aber bestimmte Punkte konnte ich einfach nicht auf sich beruhen lassen, und so stellte ich Gregory weitere Fragen. Nach und nach erfuhr ich mehr über die Kirche.
Kendra und ich waren immer noch uneins. Bei einer unserer Meinungsverschiedenheiten verspürte ich die Eingebung, ich solle ihr nicht widersprechen. Ich ging ins Badezimmer und kniete mich nieder.
Ich sagte dem Vater im Himmel, ich sei zu allem bereit, wenn er mir nur zeigen würde, welchen Weg ich gehen soll. Als ich über die Taufe nachdachte, verspürte ich eine Art Brausen, wie einen Windstoß. Das war der Heilige Geist, der mich wissen ließ, dass ich genau das tun musste.
Ich war nun bereit, mich taufen zu lassen. Am nächsten Morgen erzählte ich Gregory bei der Arbeit davon. Ich sagte: „Hey, ich bin bereit!“
Er vereinbarte einen Termin mit den Missionaren. Sie unterwiesen mich im Evangelium. Wir kamen gut und zügig voran. Ich hatte keinerlei Vorbehalte. Ich wusste, dass der Prophet Joseph Smith gesehen hatte, was er gesehen hatte. Ich hatte ein Zeugnis. Aber gerade das schreckte Kendra nur noch mehr ab.
Kendra:
Ich war seelisch, körperlich und geistig völlig erschöpft. Ich bin sogar für einige Monate nach Florida gezogen. Eines Tages rief ich zu Gott: „Ich habe diese Streitereien satt! Bitte lass mich erkennen, ob diese Kirche Recht hat.“
Beim Beten verspürte ich Frieden. Als ich nach North Carolina zurückkam, war ich nicht mehr so ablehnend wie vorher. Normalerweise war ich aus dem Zimmer gegangen, wenn die Missionare kamen, aber nach diesem Erlebnis unterhielt ich mich mit ihnen und kochte sogar für sie. Aber ich war immer noch nicht bereit, mit Kevin in die Kirche zu gehen.
Ich suchte nach einer anderen Kirche, die meinen Kindern gefallen könnte, aber ganz gleich, wie schön eine Kirche auch war – meine Tochter Aryanna meinte stets: „Ich will mit Papa in die Kirche gehen!“ Also beschlossen wir, abwechselnd einmal in Kevins Kirche zu gehen und am nächsten Sonntag in eine andere.
Später schrieb mir eine Freundin, die ich in der Gemeinde kennengelernt hatte, eine SMS und fragte mich, ob ich nicht bei der Pfahlkonferenz im Chor mitsingen wolle. Warum will sie denn, dass ich mitsinge?, dachte ich. Ich bin doch gar kein Mitglied. Ich sträubte mich noch etwas dagegen, doch schließlich willigte ich ein: „Also gut, ich singe mit.“
Es war nicht wie in anderen Kirchen, wo eine Band spielt, wo es laut ist und wo man meint, man wäre in einem Konzert. Wir sangen das Lied „Komm, du Quelle jedes Segens“. Die Worte dieses Liedes und die liebliche Melodie berührten mich zutiefst.
Kevin:
Ein paar Monate später saßen wir in einer Fast- und Zeugnisversammlung und Kendra sagte zu mir: „Ich finde, du solltest nach vorne gehen und Zeugnis für das Gebet geben, weil es doch meinem Vater so sehr geholfen hat.“
Kendras Stiefvater hatte damals nämlich gerade einen schweren Herzinfarkt erlitten. Wir hatten die Gemeinde gebeten, für ihn und unsere Familie zu beten. Zum Glück war sein Leben verschont geblieben.
„Ich finde, du solltest das tun“, wehrte ich ab. Sie stand auf und gab Zeugnis. Es war einfach toll! Danach machte sie immer mehr Fortschritt.
Kendra Henderson:
Zu Beginn des Jahres 2018 hörte ich immer wieder den Namen „Präsident Monson“. Damals wusste ich noch nicht, dass er der Prophet war. Eines Abends kamen die Missionare vorbei und fragten, wie es mir gehe.
„Mir geht es gut“, antwortete ich, „aber mir kommt immer wieder ein Name in den Sinn, und ich kann ihn einfach nicht zuordnen.“
„Wie lautet der Name denn?“, fragten sie mich.
„Präsident Monson.“
„Kendra, das ist nicht bloß irgendein Name“, erklärten sie. „Das ist der Name des Propheten, der gerade verstorben ist. Schau dir doch einige seiner Ansprachen an und frag den Herrn, was du von ihm lernen sollst.“ Daraufhin ging ich einige seiner Ansprachen durch. Sie waren wirklich ergreifend und halfen mir weiter. Von da an schien mich das Evangelium einfach überall zu begleiten.
Wenn wir früher mal essen gegangen waren, hatte ich normalerweise immer einen Eistee bestellt, aber Kevin sagte: „Du brauchst keinen Eistee, bestell dir etwas anderes.“
Eines Tages ging ich in der Mittagspause in einen Schnellimbiss und bestellte einen Eistee. Ein paar Minuten später kam eine Kellnerin und entschuldigte sich: „Gerade als Sie den Eistee bestellt haben, ist leider die Maschine kaputt gegangen.“
Sie meinte, die Reparatur werde wohl eine Stunde dauern. Ich hatte aber nur 30 Minuten Mittagspause. Also bestellte ich einfach eine Limonade. Da musste ich innerlich lachen und sagte mir: „Na schön, ich hab’s verstanden.“
Ich wollte zwar der Kirche beitreten, mich aber nicht mit meiner Mutter anlegen. Meine Mutter hatte in meiner Jugend großen Einfluss auf alle meine Entscheidungen gehabt. Sie war Pastorin, und ich hörte lieber ihr zu, statt in die Kirche zu gehen und selber etwas zu lernen.
Ich zögerte, als wir das Datum für meine Taufe festlegen wollten. Die Missionare kamen vorbei, und wir sprachen darüber.
Dann fragte ich meine Tochter Aryanna: „Willst du dich taufen lassen?“
Sie sagte: „Mami, wenn du bereit bist, bin ich auch bereit.“
In der Kirche rannten nämlich immer alle Mädchen gleich auf sie zu und begrüßten sie, erzählte sie mir. Sie nahmen sie mit in die PV und waren sehr nett. Sie vermittelten ihr, dass sie dazugehörte. Mit einem Mädchen freundete sie sich ganz besonders gut an. Deshalb ging sie gern in die Kirche.
Bei ihrer eigenen Taufe weinte Aryanna vor Freude. Als ich das sah, dachte ich: Hier bin ich richtig.
Kevin Henderson:
Ich weiß, dass der Vater im Himmel unserer Familie das Evangelium gebracht hat, weil er uns so sehr liebt und wir ihm am Herzen liegen.