2021
Drei Aspekte zum Aufbau eines festen Fundaments in der Ehe
August 2021


Nur online: Junge Erwachsene

Drei Aspekte zum Aufbau eines festen Fundaments in der Ehe

Die Verfasserin lebt in Utah.

Die Schwierigkeiten, denen sich ein Paar in der Ehe gegenübersieht, können die Beziehung tatsächlich bereichern

Ein junges Paar geht im Schnee spazieren

Eine Ehe ist nicht immer leicht.

Doch viele von uns gehen im Grunde ihres Herzens davon aus, dass die Ehe eigentlich unkompliziert sein sollte.

Diese Ansicht kommt nicht von ungefähr. Zahllose populäre Ratgeber und Filme wollen uns weismachen, die wahre Herausforderung im Leben bestünde darin, unsere wahre Liebe zu finden und sie zu umwerben. Einmal verheiratet, nähme das Glück dann kein Ende. Dass unsere verheirateten Freunde ihre Ehe in den sozialen Medien auch noch im besten Licht darstellen, befeuert diesen Irrglauben noch!

Was sollen wir also tun, wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Ehe anders als erwartet verläuft?

Als Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage haben wir die segensreiche Erkenntnis, dass das Erdenleben Schwierigkeiten ausdrücklich vorsieht. In der Ehe können wir dann wirklich glücklich werden, wenn wir sie als Gelegenheit begreifen, uns zu entwickeln, uns auf Jesus Christus zu stützen und ihm zu erlauben, uns zu läutern.

Fällt es uns schwer, Herausforderungen in unserer Ehe als Segen zu sehen, helfen nachfolgende Erkenntnisse vielleicht weiter.

1. Unerfüllte Erwartungen sind eine Chance für mehr Einigkeit

Viele von uns erwarten von der Ehe sehr viel – Selbstverwirklichung oder eine Art märchenhaftes Glück, das wir als Single vergeblich gesucht haben. Dabei kann es leicht passieren, dass sich unsere Erwartungen an unseren Vorstellungen von der Ehe orientieren. Stattdessen sollten wir uns ein Bild davon machen, was der Herr unter Ehe versteht.

Elder David A. Bednar vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Die Ehe als heilige Ordnung – beruhend auf fortdauernden Bündnissen, Pflichten und lebenslanger Hingabe – steht in krassem Gegensatz zur heute vorherrschenden säkularen Sicht auf die Ehe. Dieser weltliche Ansatz hat so gut wie nichts damit zu tun, im Dienst für die Familie aufzugehen und sich für Ehepartner und Kinder aufzuopfern.“1

Erfreulicherweise bietet die Ehe beiden Partnern die Chance, ständig an ihrer Beziehung zu arbeiten. Anstatt zu erwarten, dass uns die Ehe automatisch mehr Glück bringt, könnten wir sie doch als Gelegenheit betrachten, Opfer zu bringen und einander zu dienen – als Chance für zwei unzulängliche Menschen, an Demut zuzunehmen, sich zu entwickeln und mehr wie Christus zu werden.

Möglicherweise flößt es Angst ein, sich von der Erwartung zu lösen, die Ehe müsse eine nie endende Wonne sein. Ersetzen wir diese Erwartung jedoch durch die Verpflichtung, uns füreinander aufzuopfern – wie sich Elder Bednar ausgedrückt hat –, dann bringen wir unser Leben besser mit Christus in Einklang. Das Schöne an diesem Ansatz ist, dass der Herr unsere Ehe stärken und uns beim Streben nach dem ersehnten Glück beistehen wird!

2. Meinungsverschiedenheiten können eine Beziehung an Tiefe gewinnen lassen

Wenn zwei Menschen den Lebensweg gemeinsam gehen, sind sie natürlich nicht immer einer Meinung.

Wo sollen wir wohnen? Wofür geben wir unser Geld aus? Wie viel Zeit verbringen wir mit der angeheirateten Verwandtschaft? Wie oft wird die Wohnung geputzt?

Eine unterschiedliche Einstellung zu solchen Fragen muss jedoch nicht unbedingt schlecht sein. Wenn wir lernen, unterschiedliche Meinungen freundlich und rücksichtsvoll darzulegen, stellt das eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, Demut und Mitgefühl zu entwickeln. Und sind wir dann bemüht, die Sichtweise des Partners zu verstehen, lernen wir ihn besser kennen. Das wiederum festigt die Liebe zueinander.

Jean B. Bingham, Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung der Kirche, hat erläutert, wie wir dies bewerkstelligen können: „Einigkeit ist grundlegend für das göttliche Werk, an dem wir mitwirken dürfen. Sie stellt sich aber nicht von selbst ein. Man muss sich anstrengen und sich Zeit nehmen, um miteinander zu beraten – einander zuhören, die Gesichtspunkte des anderen verstehen und Erfahrungen austauschen. Daraus ergeben sich dann inspiriertere Entscheidungen.“2

Im Falle von Meinungsverschiedenheiten können wir einen Konflikt oft dadurch vermeiden, dass wir einfach das übergeordnete Ziel im Auge behalten, anstatt uns auf einen bestimmten Streitpunkt zu konzentrieren. In der Ehe funktioniert das im Kleinen genauso wie im Großen.

Angenommen, Ihr Ehepartner bringt Sie mit seiner Art, die Spülmaschine einzuräumen, auf die Palme: Da gehören die Tassen hin, nicht die Schüsseln!

Wie lautet das übergeordnete Ziel? Das Geschirr soll sauber werden. Schafft es jeder von Ihnen, auf seine Weise die Spülmaschine einzuräumen? Ausgezeichnet! Dann gibt es weder ein Problem noch Grund für irgendeinen Streit.

Wenden wir uns einem gravierenderen Thema in der Ehe zu: der Kindererziehung. Der eine setzt vielleicht auf strikte Regeln und Disziplin, während der andere Zugeständnisse und eine flexiblere Handhabung von Regeln bevorzugt. Wie um alles in der Welt können zwei Meinungen wie diese nebeneinander bestehen? Indem wir den Schwerpunkt auf das übergeordnete Ziel legen.

Das übergeordnete Ziel beider Ehepartner besteht darin, Kinder großzuziehen, die glückliche, verantwortungsbewusste Erwachsene werden und das Evangelium Jesu Christi verinnerlicht haben. Damit sind wir beim Wesentlichsten schon einer Meinung!

Genießen wir die Lernerfahrung, wie sich dieses Ziel gemeinsam verwirklichen lässt! Wenn wir dankbar dafür sind, dass wir auf jeweils unterschiedliche Weise ans Leben herangehen, finden unsere Kinder – von denen ja jedes seine eigene, unverwechselbare Persönlichkeit hat – auch unterschiedliche, konstruktive Wege im Umgang mit Vater und Mutter.

Zwei führende Köpfe, zwei Weltanschauungen, zwei verschiedene Meinungen – das ist allemal besser als nur ein einziger Standpunkt!

Präsident Henry B. Eyring, Zweiter Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, hat uns auf wunderbare Weise vor Augen geführt, wie wir einander in der Ehe angesichts unserer Unterschiede ergänzen können:

„Ich bin ein besserer Mensch geworden, [weil] ich [meine Frau] liebe und mein Leben mit ihr verbringe. Wir ergänzen einander mehr, als ich es je für möglich gehalten hätte. Sie hat die Fähigkeit, andere zu umsorgen. Als wir in unserer Ehe eins wurden, wuchs diese Fähigkeit durch sie auch in mir. Ich kann gut planen und meine Familie gut führen und leiten. Durch unser Einssein in der Ehe wuchs diese Fähigkeit in ihr. Heute ist mir klar, dass wir gemeinsam eins wurden. Wir hoben einander langsam, Jahr um Jahr, empor und formten einander. Wir gaben einander Kraft, aber unsere individuellen Talente wurden dadurch nicht geschmälert.

Unsere Unterschiede verwoben sich miteinander, als ob sie zusammen ein besseres Ganzes schaffen sollten. Statt uns zu entzweien, haben unsere Unterschiede uns zusammengeschweißt.“3

3. Für unser eigenes Glück sind wir selbst verantwortlich

Allzu oft erwarten wir vom Ehepartner, dass er uns Selbstsicherheit, Liebe und Geborgenheit vermittelt, wissen allerdings gar nicht, was wir selbst dafür tun müssen! Die Erwartung, all diese Wünsche und Bedürfnisse vom Ehepartner erfüllt zu bekommen, kann zu Enttäuschung und Verbitterung in der Ehe führen.

Wir sind für unser eigenes Glück selbst verantwortlich. Elder Dieter F. Uchtdorf vom Kollegium der Zwölf Apostel hat passend hierzu einmal gesagt:

„Je älter wir werden, desto mehr halten wir Rückschau und erkennen, dass es auf die äußeren Umstände eigentlich gar nicht ankommt; sie bestimmen nicht, wie glücklich wir sind. …

Wir bestimmen, wie glücklich wir sind.“4

Wir müssen herausfinden, was wir brauchen, um unser eigenes seelisches Wohlbefinden im Griff zu haben. Der Ehepartner kann unser Seelenleben nicht für uns in die Hand nehmen. Seine Aufgabe ist es, Seite an Seite mit uns das eigene Gefühlsleben in den Griff zu bekommen.

Zu wissen, dass unsere Gefühle nicht von den Worten oder Taten unseres Ehepartners diktiert werden, ist eine der befreiendsten Wahrheiten über die Ehe. Mit anderen Worten: Wir können für uns selbst handeln und müssen nicht auf uns einwirken lassen (siehe 2 Nephi 2:26; Lehre und Bündnisse 58:27,28). Wir haben die Kontrolle darüber, wie wir denken, und damit auch, wie wir uns in unserer Ehe fühlen.

Wenn mein Mann den Müll nicht hinausbringt, könnte ich mich dafür entscheiden, zu vermuten, das läge an seiner mangelnden Wertschätzung für mich. Schließlich weiß er doch, dass ich es nicht leiden kann, wenn der Mülleimer in der Küche überquillt.

Aber was resultiert aus dieser Vermutung? Dass ich mich schlecht fühle. Außerdem fördert das vielleicht sogar das Gefühl, zwischen uns bestünde eine Kluft. Stattdessen könnte ich doch auch vermuten, dass er es einfach nur vergessen hat. Oder noch besser: Wie wäre es, wenn ich davon ausgehen würde, sein Versäumnis, den Müll hinauszubringen, hätte rein gar nichts mit seiner Wertschätzung für mich zu tun? Am wahrscheinlichsten ist doch, dass der Müll ihn nicht stört und er deshalb vergessen hat, ihn hinauszutragen. Wenn der Müll mich stört, eigne ich mich am besten für diese Aufgabe!

Vielleicht fällt es uns nicht leicht, unsere Denkweise umzustellen und so unsere Ehe anders als bisher wahrzunehmen. Doch es lohnt sich. Ganz bestimmt ist es einfacher, als zu versuchen, das Verhalten unseres Ehepartners zu ändern!

In der Ehe entwickeln wir uns weiter

In der Ehe wird es immer Höhen und Tiefen geben, aber diese Höhen und Tiefen gemeinsam zu erleben kann ein Abenteuer sein, das uns mit Freude erfüllt. Denken wir immer daran, dass uns die Ehe die Möglichkeit bietet, uns zu strecken. Dieses Leben ist die Zeit, da wir uns vorbereiten sollen, mehr wie unsere Eltern im Himmel zu werden – und die Ehe unterstützt uns dabei!

Präsident Russell M. Nelson hat gesagt: „Wir brauchen nicht bestürzt zu sein, wenn unsere aufrichtigen Anstrengungen um Vollkommenheit jetzt so mühsam und ohne Ende scheinen. Die Vollkommenheit kommt. In ihrer Fülle kann sie erst nach der Auferstehung und nur durch den Herrn kommen.“5

Ich bin überaus dankbar für die Macht des Sühnopfers Jesu Christi, durch das meine Ehe besser werden kann und wir als Paar im Laufe der Zeit immer glücklicher werden können. Ich bin dem Erretter unendlich dankbar dafür, dass er uns trotz der Schwächen, an denen mein Mann und ich nach wie vor gemeinsam arbeiten, helfen kann, mehr wie er zu werden. Er kann unsere Ehe im wahrsten Sinne des Wortes zu etwas machen, was sich als „himmlisch“, ja „celestial“ bezeichnen lässt.

Anmerkungen

  1. David A. Bednar, „The Divine Pattern of Eternal Marriage“, Ensign, September 2020, Seite 37

  2. Jean B. Bingham, „Das Werk Gottes vereint vollbringen“, Liahona, Mai 2020, Seite 62

  3. Henry B. Eyring, „Eine Renaissance der Ehe: Ehepartner müssen eins werden“, Ansprache beim internationalen religionsübergreifenden Kolloquium zur Komplementarität von Mann und Frau, Vatikanstadt, 18. November 2014, ChurchofJesusChrist.org

  4. Dieter F. Uchtdorf, „Erfüllte Beschlüsse ersparen Bedauern“, Liahona, November 2012, Seite 23

  5. Siehe Russell M. Nelson, „Die kommende Vollkommenheit“, Der Stern, Januar 1996, Seite 80