Tempelarbeit ist allen ein Segen – den Lebenden wie den Verstorbenen
Der Verfasser lebt in Gauteng in Südafrika.
2018 setzte ich mir zum Ziel, einen Tempelschein zu bekommen. Ein Jahr später heiratete ich meine Verlobte, und wir wurden im Tempel für alle Ewigkeit gesiegelt.
Johannesburg-Tempel in Südafrika
Links: Foto von Fernando Bragança
Wenn mein Zweig zum Tempel fuhr, war ich mit von der Partie. Zwar konnte ich damals noch nicht in den Tempel hinein, doch ich spazierte häufig über das Tempelgelände. Im Gebet trug ich dem Vater im Himmel meinen innigsten Wunsch vor, eines Tages in den Tempel zu dürfen. Obwohl diese Besuche manchmal nur zehn Minuten dauerten, hatten sie nachhaltigen Einfluss auf meinen Geist.
Eines besonders kalten und regnerischen Abends kam ich spät am Tempel an. Das Gelände war eigentlich bereits geschlossen, doch das Sicherheitspersonal des Tempels ließ mich ein paar Augenblicke dort verweilen. Ich hatte eine Abschrift des Weihungsgebets für den Tempel dabei. Etwas in mir sagte mir, dass ich es lesen solle.
Bei den folgenden Worten übermannten mich meine Gefühle: „Mögest du deinem Volk durch die Macht deines Geistes Frieden schenken, wenn es schweren Herzens hierher kommt, um angesichts von Verwirrung Orientierung zu finden. Mögest du den Besuchern Trost und Unterstützung gewähren, wenn sie in Zeiten des Kummers kommen. Mögest du ihnen Mut und Glauben schenken und sie leiten, wenn sie dem Aufruhr der Welt entfliehen und hier versammelt Zuflucht suchen. Mögest du ihnen die ruhige Gewissheit schenken, dass du lebst und Gott bist und dass dein Sohn auferstanden ist und lebt und Gott ist.“1
Damals wusste ich, dass es dem Herrn etwas bedeutete, wenn ich das Tempelgelände aufsuchte – selbst wenn ich nicht im Tempel an sich war.
Mein Ziel, in den Tempel gehen zu können
Mein Wunsch, in den Tempel zu gehen, nahm eines Morgens im Dezember 2018 Gestalt an. Ich saß auf dem Bett und las eine Ansprache, die Elder Richard G. Scott (1928–2015) vom Kollegium der Zwölf Apostel bei der Frühjahrs-Generalkonferenz 1999 gehalten hatte. Er hatte darüber gesprochen, wie wichtig es ist, für den Tempel würdig zu werden. Er sagte, der Tempel sei „ein Ort des Friedens, der Ruhe und der Inspiration. Der regelmäßige Besuch des Tempels bereichert Ihr Leben und verleiht ihm einen tieferen Sinn.“ Mir ging zu Herzen, was er dem noch hinzufügte: „Gehen Sie in den Tempel. Sie wissen, dass es richtig ist. Tun Sie es jetzt.“2
Ich markierte diese Stelle, schaute auf meinen Pfahlkalender für das Jahr 2019 und stellte fest, dass für meinen Zweig an jedem zweiten Freitag im Monat der Besuch des Johannesburg-Tempels vorgemerkt war. Da nahm ich mir vor, mindestens einmal im Monat – entweder mit meinem Zweig oder für mich allein – das Tempelgelände aufzusuchen, obwohl ich noch gar keinen Tempelschein hatte.
Würdig für den Tempel
Anfang Januar sprach ich mit meinem Zweigpräsidenten darüber, dass ich einen Tempelschein erhalten wolle, um schließlich auch in den Tempel gehen zu können. Dieses Ziel lag mir so am Herzen!
Im August erhielt ich einen Tempelschein mit eingeschränkter Geltung und durfte mit den Jugendlichen meiner Gemeinde den Taufbereich im Tempel betreten. Dort wurde ich für meine beiden Onkel und meinen Großvater mütterlicherseits getauft. Außerdem nahm ich an einem Tempelvorbereitungskurs teil, der mich an mein Endowment heranführen sollte. Bis dahin ging ich weiter in den Tempel und wirkte an Taufen mit.
Endlich – es war der 2. November 2019 – war ich frisch verheiratet im Tempel. Als meine Frau und ich den Tempel wieder verließen, waren wir als Ehemann und Ehefrau für Zeit und alle Ewigkeit aneinander gesiegelt. Ich kann nicht in Worte fassen, welcher Geist bei diesem wunderbaren Anlass zugegen war. Meine Frau und ich waren seitdem immer regelmäßig im Tempel. Dort hatten wir viele kostbare, heilige Erlebnisse, bis 2020 die Tempel in aller Welt aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen wurden.
Sibonelo Mncwabe (Mitte) und seine Frau am Tag ihrer Siegelung im Kreis ihrer Verwandten
Oben: Foto mit freundlicher Genehmigung der Familie Mncwabe
Der Tempel ist für alle da
Die Schwester meiner Mutter gehört zwar nicht der Kirche an, kam aber anlässlich unserer Siegelung zum Tempel. Später erzählte sie uns, was sie erlebt hatte, nachdem sie das Tempelgelände besichtigt hatte. Sie hatte geträumt, wegen unserer Siegelung ein weiteres Mal am Tempel zu sein. Doch dieses Mal war meine Familie komplett versammelt – auch alle, für die ich mich hatte taufen lassen, waren da. „Selbst deine Mutter war da“, meinte sie, „aber sie sagte immer wieder: ‚Ich kann meinen Sohn nicht sehen. Warum kann ich meinen Sohn nicht sehen?‘“
Als ich das hörte, musste ich weinen. Mir war nämlich klar, warum meine Mutter mich nicht sehen konnte. Sie war 2002 verstorben, und ich hatte es bis dato versäumt, für sie die heiligen Handlungen im Tempel vollziehen zu lassen. Da nahm ich mir vor, das so bald wie möglich nachzuholen. Bald schon durfte ich für meine Mutter die Taufe vollziehen. Ich nannte ihren vollständigen Namen und taufte das Mädchen, das als ihre Stellvertreterin fungierte.
Ich habe ein festes Zeugnis, dass der Tempel das Haus Gottes ist. Dort haben wir Zugang zu seiner Macht. Ich weiß auch, dass der Tempel für alle Kinder Gottes – ob lebend oder verstorben – Segnungen bereithält.