2000–2009
Unser ewiges Zuhause
April 2000


Unser ewiges Zuhause

Wir erbauen im wahrsten Sinn des Wortes ein Haus für die Ewigkeit. Wir sind erst Lehrlinge in dem Fach--noch keine Meister. Wir brauchen Hilfe von Gott, wenn unser Bauen von Erfolg gekrönt sein soll.

Der Erretter nahm während seines Erdenlebens einmal Petrus, Jakobus und Johannes beiseite „und führte sie auf einen hohen Berg.

... Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.

Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus.

Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind.“1

Zu diesem historischen Anlass versammeln wir uns in diesem prächtigen Konferenzzentrum und darüber hinaus in den Gebäuden auf dem Tempelplatz und in aller Welt.

Mit Tränen in den Augen und voller Dankbarkeit im Herzen wiederholen wir, was in dem Lied „Dank sei Gott“2 zum Ausdruck kommt. Dieses Gebäude war schon länger in Planung. Wir benötigten ja größere Räumlichkeiten für die Konferenzbesucher und für weitere Aktivitäten während des Jahres. Handwerker,die ihr Fach verstehen, waren mit Herz und Hand bei der Sache, um hier einen Bau zu schaffen, der der Zustimmung Gottes wert ist: „Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener.“3

Als Jesus einst weit weg von hier unter den Menschenkindern wirkte, sprach er oft in Gleichnissen--in einer Sprache, die das Volk am besten verstand. Das Leben seiner Zuhörer verglich er häufig mit dem Hausbau. Wurde er nicht selbst der Sohn des Zimmermanns genannt? Er sagte: „Jedes [Haus], das in sich gespalten ist, geht zugrunde.“4 Und später fügte er warnend hinzu: „Siehe, mein Haus ist ein Haus der Ordnung, spricht der Herr Gott, und nicht ein Haus der Verwirrung.“5

Der Erretter hat uns am 27. Dezember 1832 in einer Offenbarung an den Propheten Joseph Smith in Kirtland in Ohio geraten: „Organisiert euch; bereitet alles vor, was nötig ist; und errichtet ein Haus, nämlich ein Haus des Betens, ein Haus des Fastens, ein Haus des Glaubens, ein Haus des Lernens, ein Haus der Herrlichkeit, ein Haus der Ordnung, ein Haus Gottes.“6

Wo gibt es denn für uns einen besseren Plan, wonach sich klug und richtig ein Haus bauen ließe, das für die Ewigkeit Bestand hat?

Wir erbauen im wahrsten Sinn des Wortes ein Haus für die Ewigkeit. Wir sind erst Lehrlinge in dem Fach--noch keine Meister. Wir brauchen Hilfe von Gott, wenn unser Bauen von Erfolg gekrönt sein soll. Die Anweisungen des Apostels Paulus geben uns die nötige Zuversicht: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“7

Wenn wir daran denken, dass jeder und jede von uns buchstäblich ein Geistsohn, eine Geisttochter Gottes ist, fällt es uns wohl nicht schwer, uns dem himmlischen Vater im Gebet zu nahen. Für ihn ist das Rohmaterial, das wir Leben nennen, äußerst wertvoll. „Denkt daran: Die Seelen haben großen Wert in den Augen Gottes.“8 Diese Erklärung dringt uns in die Seele und gibt unserem Leben Sinn.

Es gibt einen Lehrmeister, der uns anleitet, wenn wir nur unseren Glauben in ihn setzen-- nämlich der Herr Jesus Christus. Er lädt uns ein: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.

Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.“9

Es heißt von Jesus: „Jesus aber wuchs heran, und seine Weisheit nahm zu, und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.“10 Sind wir entschlossen, es ihm gleichzutun? Eine Zeile in der heiligen Schrift zollt unserem Herrn und Erretter Tribut, indem sie über ihn sagt, dass er „umherzog [und] Gutes tat“.11

Paulus hat uns in seinem Brief an Timotheus einen Weg aufgezeigt, wie wir selber besser werden und gleichzeitig auch anderen beistehen können, die zuerst im Stillen überlegen und sodann laut die Frage stellen: „Wie könnte ich [meinen Weg finden], wenn mich niemand anleitet?“12

Die Antwort, die Paulus dem Timotheus gibt, ist ein inspirierter Auftrag an uns alle. Schenken wir doch diesem weisen Rat Beachtung: „Sei den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, [im Geist], im Glauben, in der Lauterkeit.“13

Befassen wir uns ein wenig mehr mit dieser ernsten Anweisung, die buchstäblich für jeden von uns gilt.

Sei ein Vorbild in deinen Worten. „Lasst eure Worte darauf gerichtet sein, einander zu erbauen“,14 sagte der Herr.

Erinnern wir uns noch an das beliebte Sonntagsschullied?

O ein gütiges Herz stets vertreibet den Schmerz,

wie Sonne die Wolken vertreibt!

Lasst das Herze oft reden in Güte,

dass Gottes Huld mit uns verbleibt.15

Betrachten wir doch die Gedanken von Mary Boyson Wall, die vor einigen Jahren ihren 105. Geburtstag feierte. Sie heiratete Don Harvey Wall 1913 im Salt-Lake-Tempel. Sie feierten ihren 81. Hochzeitstag, und bald darauf verstarb Don im Alter von 103 Jahren. In einem Artikel in der Zeitschrift Church News hat Mary Boyson Wall ihr hohes Alter und die lange Dauer ihrer Ehe darauf zurückgeführt, dass sie zu einander freundlich gewesen sind. Sie sagte: „Ich glaube, das hat uns über vieles hinweggeholfen. Wir haben versucht, einander zu helfen und nichts Unfreundliches zu sagen.“16

Zweitens: Sei ein Vorbild im Lebenswandel. Bei der Generalkonferenz im Oktober 1987 hat Präsident Gordon B. Hinckley gesagt: „Schmutzige Sprache verunreinigt denjenigen, der sie benutzt. Wenn Sie diese Gewohnheit haben, wie können Sie sie ablegen? Beginnen Sie, indem Sie sich entschließen, sich zu ändern. Wenn Sie das nächste Mal ein schmutziges Wort gebrauchen wollen, halten Sie einfach inne. Schweigen Sie, oder sagen Sie, was Sie sagen wollen, auf eine andere Weise.“17

François de la Rochefoucauld hat gesagt: „Der Grund dafür, warum so wenige Menschen nette und vernünftige Gesprächspartner sind, liegt darin, dass beinahe jeder überlegt, was er selbst sagen möchte, statt genau auf das einzugehen, was ihm gesagt wurde.“

Drittens: Sei ein Vorbild in der Liebe.

Im Korintherbrief finden wir diese wunderschöne, wahre Aussage: „Die Liebe hört niemals auf.“18

Es geht zu Herzen, wie schnell die Kirche auf Naturkatastrophen wie etwa in Mozambique, Madagaskar, Venezuela und vielen anderen Orten reagiert. Oft sind wir die Ersten, die dort ankommen, und noch dazu mit den meisten Hilfsgütern. Und es gibt noch andere Organisationen, die genauso großzügig Hilfe leisten.

Was ist Nächstenliebe? Moroni schrieb, als er einige Worte seines Vaters Mormon niederschrieb: „Nächstenliebe ist die reine Christusliebe, und sie dauert für immer fort.“19

Einer, der Nächstenliebe praktiziert hat, war Präsident George Albert Smith. Gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs führte die Kirche ein umfassendes Projekt durch, um warme Kleidung an die Not leidenden Mitglieder in Europa zu verschiffen. Elder Harold B. Lee und Elder Marion G. Romney begleiteten Präsident George Albert Smith zum Welfare Square in Salt Lake City, um zu sehen, wie das Projekt voranging. Sie waren beeindruckt von den großzügigen Spenden der Mitglieder. Sie sahen zu, wie Präsident Smith die Arbeiter beobachtete, die massenweise Kleidung und Schuhe verpackten. Sie sahen, wie ihm Tränen die Wangen herabliefen. Dann legte Präsident George Albert Smith seinen neuen Mantel ab und sagte: „Bitte, nehmen Sie auch den.“

Die Brüder sagten: „Nicht doch, Präsident, schicken Sie den nicht mit. Es ist kalt, und Sie brauchen einen Mantel.“

Doch Präsident Smith wollte auch seinen Mantel mitgeben, und er wurde, wie so viele andere, nach Europa geschickt, wo die Nächte lang und kalt waren und es kaum Essen und Kleidung gab. Als die Sendung ankam, wurden Freude und Dank laut, die auch im Stillen beim Beten zum Ausdruck kamen.

Viertens: Sei ein Vorbild im Geist. Der Psalmist schrieb: „Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.“20

Als ich siebzehn Jahre alt war, ging ich zur Marine der Vereinigten Staaten und wurde in San Diego in Kalifornien ausgebildet. Die ersten drei Wochen lang hatte ich das Gefühl, die wollten uns wohl umbringen, statt uns beizubringen, wie man überlebt.

Ich werde den ersten Sonntag im Lager in San Diego nie vergessen. Der Unteroffizier vom Dienst sagte uns: „Heute gehen alle zur Kirche.“ Dann mussten wir uns auf dem Exerzierplatz in Reih und Glied aufstellen. Der Unteroffizier brüllte: „Alle Katholiken versammeln sich im Lager Decatur. Vorwärts marsch! Und kommen Sie nicht vor 15.00 Uhr zurück!“ Viele marschierten los. Danach sagte er: „Alle, die dem jüdischen Glauben angehören, versammeln sich im Lager Henry. Vorwärts marsch! Und kommen Sie nicht vor 15.00 Uhr zurück!“ Eine kleinere Anzahl entfernte sich. Dann sagte er: „Und die übrigen Protestanten versammeln sich im Saal des Lagers Farragut. Vorwärts marsch! Und kommen Sie nicht vor 15.00 Uhr zurück!“

Da durchzuckte mich der Gedanke: Monson, du bist kein Katholik. Du bist kein Jude, und du bist kein Protestant. Ich entschloss mich, stehen zu bleiben. Es kam mir vor, als gingen Hunderte Soldaten an mir vorbei. Dann hörte ich das Schönste, was dieser Unteroffizier jemals in meiner Gegenwart gesagt hat. Er sagte: „Und Sie, Männer, als was bezeichnen Sie sich?“ Er sprach in der Mehrzahl–-Männer! Erst da wurde mir bewusst, dass hinter mir auf dem Exerzierplatz noch andere standen. Im Chor sagten wir: „Wir sind Mormonen.“ Er kratzte sich am Kopf, schaute uns verwundert an und sagte: „Naja, dann gehen Sie und suchen Sie sich einen Ort, wo Sie Ihre Versammlung abhalten können. Und kommen Sie nicht vor 15.00 Uhr zurück.“ Wir marschierten weg. Man konnte im Gleichklang unserer Schritte beinahe den Reim eines alten PV-Spruchs erkennen:

Trau dich, Mormone zu sein.

Trau dich und steh auch allein.

Trau dich und tu, was du musst.

Steh fest zu dem, was du tust.

Fünftens: Sei ein Vorbild im Glauben.

Präsident Stephen L Richards hat in Bezug auf den Glauben gesagt: „Wer anerkennt, dass es eine Macht gibt, die höher ist als man selbst, erniedrigt sich dadurch keineswegs. Wenn jemand aufgrund seines Glaubens einer höheren Macht Segen und höhere Absicht zuschreibt, stellt er sich eine höhere Bestimmung und edlere Eigenschaften vor und wird im Existenzkampf motiviert und ermutigt.... Er muss suchen und dabei glauben, beten und hoffen, dass er finden wird. Solch ein aufrichtiges, gebeterfülltes Bemühen bleibt nicht unbelohnt, denn gerade daraus besteht ja der Gedanke des Glaubens.“21 Gott wird den segnen, der diesen Segen demutsvoll sucht.

Minnie Louise Haskins hat zu diesem Grundsatz einen schönen Vers verfasst: „Ich sagte zu dem Mann, der am Tor des Jahres stand: ‘Gib mir ein Licht, damit ich in Sicherheit in das Unbekannte trete.’ Und er entgegnete: Geh hinaus ins Dunkel und leg deine Hand in Gottes Hand. Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg.‘“22

Und schließlich: Sei ein Vorbild in der Lauterkeit.

„Wer darf hinaufziehen zum Berg des Herrn, wer darf stehn an seiner heiligen Stätte?

Der reine Hände hat und ein lauteres Herz, der nicht betrügt und keinen Meineid schwört.

Er wird Segen empfangen vom Herrn und Heil von Gott, seinem Helfer.“23

Präsident David O. McKay hat gesagt: „Die Sicherheit unseres Landes hängt von der Reinheit und der Stärke unserer Familien ab. Und ich danke Gott für das, was die ... Kirche in Bezug auf das Zuhause lehrt, und für den Eindruck, den meine lieben Eltern in mir hinterlassen haben, dass das Zuhause der heiligste Ort auf Erden sein muss. Unser Volk ist ein Volk, das ein Zuhause schafft, und überall werden sie von klein auf bis ins hohe Alter darin unterwiesen, dass das Zuhause rein bleiben und vor den übeln der Welt geschützt werden muss.“24

Vor vielen Jahren besuchte ich eine Pfahlkonferenz in Star Valley in Wyoming. Die Pfahlpräsidentschaft wurde neu organisiert. Der Pfahlpräsident, der entlassen wurde, hieß E. Francis Winters und hatte 23 Jahre lang treu in diesem Amt gedient. Er war ein bescheidener Mann und lebte in einfachen Umständen, doch er war für jeden im Tal ständig eine Quelle der Kraft. Bei dieser Pfahlkonferenz war das Gebäude zum Bersten voll. Jeder schien im Stillen diesem edlen Führer Danke zu sagen, der so selbstlos sein Leben zum Wohl anderer gegeben hatte.

Als ich aufstand, um meine Ansprache zu halten, wurde ich gedrängt, etwas zu tun, was ich nie zuvor und auch seither nie wieder getan habe. Ich erwähnte, wie lange Francis Winters über den Pfahl präsidiert hatte, und bat danach alle, die von ihm als Kind gesegnet oder konfirmiert worden waren, aufzustehen und stehen zu bleiben. Dann bat ich alle, die Präsident Winters jemals ordiniert, eingesetzt, beraten oder gesegnet hatte, aufzustehen. Das Ergebnis war überwältigend. Jeder der Anwesenden stand auf. Die Menschen weinten--weinten, weil ihre Tränen besser deutlich machen konnten, wie dankbar sie waren. Ich wandte mich zu Präsident und Schwester Winters um und sagte: „Wir sind heute Zeugen dafür, wie der Geist etwas eingibt. Diese vielen Menschen zeigen nicht nur, was sie selbst empfinden, sondern zeigen auch, dass Gott für ein so gutes Leben dankbar ist.“ Keiner der Anwesenden wird je vergessen, was er damals empfunden hat, als wir die Sprache des Geistes des Herrn miterlebten.

Francis Winters war einer, der den Gläubigen ein Vorbild war in seinen Worten, in seinem Lebenswandel, in der Liebe, [im Geist], im Glauben, in der Lauterkeit.25

Treu in dem Glauben, den Eltern uns lehrten,

treu stets der Wahrheit, die Helden begehrten!

Gott zugewandt Aug, Herz und Hand,

standhaft und treu sei stets unser Stand!26

Möge dies jeder tun. Darum bete ich demütig im Namen Jesu Christi, amen.

  1. Matthäus 17:1–4.

  2. Felix Mendelssohn, „Thanks Be to God“, Elijah.

  3. Matthäus 25:21.

  4. Matthäus 12:25.

  5. LuB 132:8.

  6. LuB 88:119.

  7. 1 Korinther 3:16.

  8. LuB 18:10.

  9. Matthäus 11:28–30.

  10. Lukas 2:52.

  11. Apostelgeschichte 10:38.

  12. Apostelgeschichte 8:31.

  13. 1 Timotheus 4:12.

  14. LuB 136:24.

  15. „Lasst das Herze oft reden in Güte“, Gesangbuch der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, 1964, Nr. 184, Text von Joseph L. Townsend.

  16. Aus: Church News, 21. September 1996, 10.

  17. Der Stern, Januar 1988, 43.

  18. 1 Korinther 13:8.

  19. Moroni 7:47.

  20. Psalm 51:12.

  21. In: Conference Report, Oktober 1937, 35,38.

  22. In: „The Gate of the Year“, TheOxford Dictionary of Quotations, 2. Ausgabe (1953), 239.

  23. Psalm 24:3–5.

  24. In: Conference Report, April 1909, 66.

  25. Siehe 1 Timotheus 4:12.

  26. „Soll die Jugend Zions zittern?“, Gesangbuch der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, 1996, Nr. 102. Text von Evan Stephens.