Mit Herzensheiligkeit
Jedes Mal, wenn wir jemandem liebevoll, geduldig, freundlich und großzügig begegnen, halten wir unsere Bündnisse, indem wir sagen: „Hier bin ich, sende mich!“
Auch wenn wir weitaus zahlreicher sind als die FHV-Schwestern damals in Nauvoo, ist doch derselbe Geist zu spüren. Wie wir haben sie einander erbaut, umhegt und inspiriert; sie haben füreinander gebetet und alles, was sie hatten, dem Reich Gottes geweiht. Präsident Hinckley hat uns als „ein riesiges Reservoir an Glauben und guten Werken“ bezeichnet und gesagt: „Ihr Engagement, Ihre Treue und Ihre Leistungen geben festen Halt.“1 Ob wir im Konferenzzentrum, in einem Gemeindehaus in Mexiko oder in einem Zweig in Litauen sind – wir sind Schwestern in Zion, die ein großes Werk zu tun haben. Und gemeinsam, geführt von einem Propheten Gottes, schaffen wir es! Hoffentlich können Sie die Liebe spüren, die ich für Sie empfinde, die auch meine Ratgeberinnen empfinden – die ein großer Segen für mich sind.
Zu behaupten, dass ich überwältigt war, als Präsident Hinckley mich als FHV-Präsidentin berief, wäre maßlos untertrieben, wie Sie sicher verstehen. Doch ich antwortete mit zitternder Stimme: „Hier bin ich, sende mich!“ Nachdem eine jüdische Freundin erfahren hatte, worin meine Berufung besteht, sah sie mich an, als ob ich verrückt sei, und fragte: „Bonnie, warum tust du das?“ (In Momenten wie diesem frage ich mich das auch!) Aber es gibt nur einen Grund, warum ich es getan habe: Ich habe mit dem Herrn Bündnisse geschlossen, und ich weiß, was das bedeutet. Außerdem wusste ich, dass Sie gemeinsam mit mir dienen und meine Bereitschaft stellvertretend für uns alle war.
Seit Jahrhunderten sind rechtschaffene Frauen vorgetreten, um sich der Sache Christi anzuschließen. Viele von Ihnen haben sich erst kürzlich taufen lassen. Ihre Bündnisse sind ganz frisch, Ihre Opfer ganz neu. Wenn ich an Sie denke, fällt mir Priscilla Staines aus Wiltshire in England ein. Die neunzehnjährige Priscilla schloss sich 1843 der Kirche an. Allein. Sie musste sich in der Nacht heimlich davonstehlen, um sich taufen zu lassen, so intensiv waren die Verfolgungen ihrer Nachbarn und das Missfallen ihrer Familie. Sie schrieb: „Wir warteten bis Mitternacht … und gingen dann zu einem Bach, etwa einen halben Kilometer entfernt. Dort stellten wir fest, … dass der Bach zugefroren war, und der Missionar musste ein Loch ins Eis schlagen, das groß genug war für die Taufe. … Nur Gott und seine Engel und die wenigen Zeugen, die am Ufer standen, hörten mein Bündnis, doch in dieser feierlichen Mitternachtsstunde schien es, als lausche die ganze Natur und als verzeichne ein Engel unsere Worte im Buch des Herrn.“2
Ihre Worte „nur Gott und seine Engel … hörten mein Bündnis“ berühren mich tief, denn wie Priscilla sind wir alle – unabhängig von unserem Alter, unserem Evangeliumswissen und der Dauer unserer Mitgliedschaft – Frauen des Bundes. Diesen Begriff hören wir oft in der Kirche, aber was bedeutet er? Inwiefern bestimmen Bündnisse, wer wir sind und wie wir leben?
Bündnisse – bindende Versprechen zwischen uns und dem himmlischen Vater – sind für unseren ewigen Fortschritt wesentlich. Schritt für Schritt lehrt er uns, ihm ähnlich zu werden, indem er uns in seinen Dienst stellt. Bei der Taufe geloben wir, ihn mit ganzem Herzen zu lieben und unsere Schwestern und Brüder zu lieben wie uns selbst. Im Tempel geloben wir außerdem, gehorsam, selbstlos, glaubenstreu, ehrenwert und gütig zu sein. Wir geloben, Opfer zu bringen und alles, was wir haben, zu weihen. Durch die Vollmacht des Priestertums geschlossen, bringen unsere Bündnisse, wenn wir sie halten, Segnungen, die unseren Becher reichlich füllen. Wie oft denken Sie darüber nach, dass Ihre Bündnisse über das Erdenleben hinausreichen und Sie mit dem Göttlichen verbinden? Bündnisse zu schließen ist Ausdruck eines bereitwilligen Herzens; Bündnisse zu halten ist Ausdruck eines treuen Herzens.
Wie einfach das doch klingt! Natürlich zeigen wir durch unser Tun, wer wir wirklich sind. Jedes Mal, wenn wir jemandem liebevoll, geduldig, freundlich und großzügig begegnen, halten wir also unsere Bündnisse, indem wir sagen: „Hier bin ich, sende mich!“ Gewöhnlich sprechen wir diese Worte ganz leise, ohne Fanfarenklänge.
Wann war das Bündnis, das jemand anders mit dem Herrn geschlossen hat, schon einmal für Sie ein Segen, hat Ihnen Frieden gebracht, Ihre Seele genährt? Als mein Mann und ich Missionare in England waren, sahen wir viele Missionare und Missionarinnen, die unmittelbar durch die Bündnisse würdiger Frauen beeinflusst worden waren. Ich war so dankbar für die Mütter, Schwestern, Tanten, Lehrerinnen – wie viele von Ihnen –, die ihre Bündnisse hielten und durch die Art, wie sie diese zukünftigen Missionare unterwiesen, für andere ein Segen waren.
Bündnisse entreißen nicht nur uns unserer Bequemlichkeit und verhelfen uns zu neuem Wachstum, sondern bringen auch andere dazu, dasselbe zu tun. Jesus hat gesagt: „Denn die Werke, die ihr mich habt tun sehen, die sollt ihr auch tun.“3 Wie er seine Bündnisse gehalten hat, ermutigt auch uns.
Bündnisse bewahren uns vor unnötigem Leid. Wir halten beispielsweise ein Bündnis, wenn wir den Rat des Propheten befolgen. Er hat uns geraten, Schulden zu meiden, einen Vorrat an Nahrungsmitteln zu haben und unabhängig zu werden. Wenn wir nicht über unsere Verhältnisse leben, werden wir jedoch nicht nur für unseren Gehorsam gesegnet. Wir lernen dadurch auch Dankbarkeit, Zurückhaltung und Selbstlosigkeit und sind frei von finanziellen Sorgen und der Gier des Materialismus. Wenn unsere „Lampen“ gefüllt sind, hindern uns unvorhergesehene Umstände nicht daran, eifrig zu erklären: „Hier bin ich, sende mich!“
Das Erneuern der Bündnisse belebt und erfrischt die müde Seele. Was geschieht in unserem Herzen, wenn wir jeden Sonntag das Abendmahl nehmen und dabei hören, dass wir „immer an ihn denken“ sollen?4 Bessern wir uns in der darauf folgenden Woche, indem wir uns erneut auf das Wichtigste konzentrieren? Ja, uns begegnen Schwierigkeiten, ja, es ist anstrengend, sich zu ändern. Aber haben Sie sich je gefragt, wie unsere Schwestern damals überlebt haben, als sie aus Nauvoo vertrieben wurden und viele von ihnen die ganze Strecke zu Fuß gehen mussten? Wenn ihre Beine müde waren, wurden sie von ihren Bündnissen getragen! Was sonst könnte uns eine solche geistige und körperliche Stärke geben?
Bündnisse bewahren uns auch davor, „hin und her getrieben“ zu werden „von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert [und] der Verschlagenheit“.5 Frauen des Bundes sind standhaft, wenn Böses gut und Gutes böse genannt wird. Ob wir in der Schule oder bei der Arbeit sind oder die neuesten „Experten“ im Fernsehen reden hören – wenn wir uns an unsere Bündnisse erinnern, lassen wir uns nicht irreführen.
Durch Bündnisse können wir und die Menschen, die wir lieben, geistig sicher und geistig bereit bleiben, indem wir das Wichtigste an die erste Stelle setzen. Wenn es beispielsweise um die Familie geht, können wir uns Gleichgültigkeit und Ablenkung nicht leisten. Die Kindheit ist ein Wunder, das langsam entschwindet. So wenige erleben so sonnige Tage, wie ich sie kannte, als ich auf unserer Farm aufwuchs. Präsident Hinckley hat gesagt: „Fast alle unsere Probleme [entstehen] in der Familie. … Wenn sich da also etwas ändern … soll, … dann muss damit in der Familie begonnen werden. Dort lernt ein Kind die Wahrheit, dort wird es zur Redlichkeit erzogen, dort wird Wert auf Selbstdisziplin gelegt, und dort wird Liebe gepflegt.“6
Schwestern, der Herr braucht Frauen, die Kinder lehren zu arbeiten, zu lernen, zu dienen und zu glauben. Ob es unsere eigenen Kinder sind oder nicht, wir müssen aufstehen und erklären: Hier bin ich, sende mich, um über deine Kleinen zu wachen, sie an die erste Stelle zu setzen, sie zu führen, vor Bösem zu beschützen und sie zu lieben.
Manchmal müssen wir unsere Bündnisse auch dann einhalten, wenn es keinen logischen Grund dafür zu geben scheint. Ich hörte eine alleinstehende Schwester erzählen, wie sie dahin kam, „dem Herrn völlig zu vertrauen“. Ihr Leben war nicht so verlaufen, wie sie es erwartet hatte. Kommt Ihnen das bekannt vor? Diese Zeit, in der sie ihre Seele erforschte, war geprägt von wechselnden Arbeitsstellen, neuen finanziellen Sorgen und dem Zerren weltlicher Philosophien. Hören Sie, was sie getan hat. Im Gespräch mit anderen Schwestern in der Gemeinde stellte sie fest, dass auch sie nach dem Frieden suchten, den das Evangelium bringt. Sie bat um einen Priestertumssegen. Sie übte treu ihre Berufung aus. Sie studierte und bemühte sich, ihre Liebe und Dankbarkeit und ihre Überzeugung noch vollständiger Jesus zu widmen. Sie betete. „Ich rief zum Herrn“, sagte sie, „und ich sagte ihm, ich wolle alles tun, was er von mir verlange.“ Das tat sie trotz all ihrer Schwierigkeiten. Und wissen Sie, was geschah? Nein, ihr ewiger Partnerstand nicht plötzlich vor der Tür. Aber Friede zog in ihr Herz ein und das Leben wurde schöner.
Schwestern, wir halten unsere Bündnisse, wenn wir andere mit unserer Lebenserfahrung ermutigen, wenn wir mit aufrichtigem Mitgefühl besuchslehren gehen, wenn wir einer jüngeren Schwester zeigen, dass ihre frische Perspektive für unsere FHV ein Segen ist. Wir können es schaffen!
Als die junge Priscilla, die sich 1843 in Großbritannien bekehrt hatte, den Atlantik überquerte, freundete sich eine Frau mit ihr an, die so alt war wie ihre Mutter. Auch diese ältere Schwester spürte, wie die Bündnisse, die sie geschlossen hatte, in ihr brannten. Als sie in Nauvoo am Kai anlegten, war sie an Priscillas Seite. Gemeinsam schlossen sie sich, kühn und gläubig, den Heiligen Gottes an.7
Die geistige Redlichkeit, unsere Bündnisse zu halten, entsteht dadurch, dass wir beständig die heiligen Schriften studieren, beten, dienen und Opfer bringen. Diese einfachen Schritte nähren unsere Seele, so dass wir sagen können: „Sende mich, einer Schwester mit ihrem Neugeborenen zu helfen; sende mich, einen Schüler zu lehren, der Hilfe braucht; sende mich, einen Außenseiter zu lieben. Sende mich, wo du mich auch brauchst und wann du mich brauchst.“
Der Herr hat uns aufgerufen, alles, was wir tun, „mit Herzensheiligkeit“8 zu tun. Und Heiligkeit entsteht dadurch, dass wir gemäß unseren Bündnissen leben. Ich liebe den Text dieses Liedes und das Gefühl, das es in mir weckt:
Mehr Heiligkeit gib mir,
mehr innere Freud,
mehr Trauer um Sünde,
mehr Dulden im Leid,
mehr Glauben an Jesus,
mehr Glück, das erhöht,
mehr Freude im Dienen,
mehr Zweck im Gebet.9
Heiligkeit ruft die Worte hervor: „Hier bin ich, sende mich!“ Als Priscilla Staines um Mitternacht im eisigen Wasser ihr Bündnis schloss, begann sie ein neues Leben – mit fast gefrorenen Kleidern, doch einem von Freude erwärmten Herzen. „Ich blickte nicht zurück“, sagte sie. „Ich machte mich auf, den Lohn des immerwährenden Lebens zu erlangen, und setzte mein Vertrauen in Gott.“10
Präsident Hinckley, gemeinsam mit den FHV-Schwestern in aller Welt verspreche ich Ihnen, dass wir als Frauen des Bundes vereint zusammenstehen und auf Ihre Stimme hören. Hören Sie in unzähligen verschiedenen Sprachen die Worte jeder FHV-Schwester, die sagt: „Hier bin ich, sende mich!“
Mögen unsere Bündnisse, die uns an unseren liebenden himmlischen Vater binden, uns führen, beschützen, heiligen und ermöglichen, dasselbe für alle seine Kinder zu tun, darum bete ich im Namen Jesu Christi. Amen.