Generalkonferenz
Es gab Brot
Herbst-Generalkonferenz 2020


10:7

Es gab Brot

Wenn wir uns bemühen, in zeitlicher Hinsicht vorbereitet zu sein, können wir den Widrigkeiten des Lebens mit größerer Zuversicht begegnen

Noch vor den Reisebeschränkungen, die wir aufgrund der derzeitigen Pandemie haben, befand ich mich auf dem Heimweg von einem Auftrag im Ausland. Aus Termingründen hatte ich einen Zwischenaufenthalt an einem Sonntag. Zwischen den Flügen hatte ich Zeit, vor Ort eine Abendmahlsversammlung zu besuchen, wo ich auch eine kurze Botschaft überbringen konnte. Nach der Versammlung kam ein begeisterter Diakon auf mich zu und fragte, ob ich Präsident Nelson kenne und je die Chance gehabt hätte, ihm die Hand zu schütteln. Ich antwortete, dass ich ihn kannte, dass ich ihm die Hand geschüttelt hatte und dass ich als Mitglied der Präsidierenden Bischofschaft mehrmals die Woche mit Präsident Nelson und seinen Ratgebern zusammenkommen dürfe.

Der junge Diakon setzte sich daraufhin auf einen Stuhl, warf die Hände in die Luft und rief: „Das ist der schönste Tag meines Lebens!“ Brüder und Schwestern, auch wenn ich nicht meine Hände in die Luft werfen und Jubelrufe erschallen lassen mag, bin ich doch ewig dankbar für einen lebenden Propheten und die Führung, die wir von Propheten, Sehern und Offenbarern erhalten – vor allem in diesen schwierigen Zeiten.

Seit Anbeginn der Zeit hat der Herr seinem Volk Weisung gegeben, damit es sich in geistiger und zeitlicher Hinsicht gegen das Unheil und die Widrigkeiten wappne, von denen er weiß, dass sie sich als Teil dieses Lebens auf der Erde einstellen werden. Dieses Unheil mag persönlicher oder allgemeiner Natur sein, aber die Führung vom Herrn bietet uns in dem Maße Schutz und Unterstützung, wie wir seinen Rat beachten und befolgen. Ein anschauliches Beispiel dafür finden wir in einer Geschichte aus dem Buch Genesis. Dort erfahren wir von Josef in Ägypten und seiner inspirierten Auslegung des Traumes, den der Pharao gehabt hatte.

„Darauf sagte Josef zum Pharao: … Gott hat dem Pharao kundgetan, was er vorhat: …

Siehe, sieben Jahre kommen, da wird großer Überfluss im ganzen Land Ägypten sein.

Nach ihnen aber werden sieben Jahre Hungersnot heraufziehen: Da wird der ganze Überfluss im Land Ägypten vergessen sein.“1

Der Pharao hörte Josef zu, nahm das, was Gott ihm in einem Traum gezeigt hatte, an und traf sofort Vorbereitungen für das, was kommen sollte. In der heiligen Schrift heißt es dann:

„Das Land brachte in den sieben Jahren des Überflusses überreichen Ertrag.

Josef ließ während der sieben Jahre … alles Brotgetreide … sammeln. …

So speicherte Josef Getreide in sehr großer Menge auf, wie Sand am Meer, bis man aufhören musste, es zu messen, weil man es nicht mehr messen konnte.“2

Wir erfahren, was nach den sieben Jahren des Überflusses geschah: „Es begannen die sieben Jahre der Hungersnot, wie es Josef vorausgesagt hatte. Eine Hungersnot brach über alle Länder herein, im ganzen Land Ägypten aber gab es Brot.“3

Heute werden wir zum Glück von Propheten geführt, die wissen, dass wir uns gegen das Unheil, „das … kommen soll“4, wappnen müssen, sich aber auch der Einschränkungen und Begrenzungen bewusst sind, die uns in unserem Bemühen, ihrem Rat zu folgen, begegnen können.

Es ist völlig klar, dass die Auswirkungen von COVID-19 und auch verheerende Naturkatastrophen nicht auf die Person sehen und quer über die Kontinente auch nicht vor ethnischen, sozialen oder religiösen Grenzen Halt machen. Arbeitsplätze sind verlorengegangen und Einkünfte weggebrochen, weil die beruflichen Chancen durch Stellenabbau geschmälert wurden und die Erwerbsfähigkeit auf gesundheitliche und rechtliche Hindernisse gestoßen ist.

Allen Betroffenen möchten wir sagen, dass wir ihre Situation verstehen und mit Sorge beobachten, dass wir aber auch fest davon überzeugt sind, dass wieder bessere Tage kommen werden. Sie haben zum Glück Bischöfe und Zweigpräsidenten, die sich umschauen, welche Mitglieder ihrer Gemeinde materielle Schwierigkeiten haben, und die auch Zugang zu Ressourcen und Hilfsquellen haben, mit denen man sein Leben neu ausrichten kann und den Weg zur Eigenständigkeit beschreitet, indem man Grundsätze des Vorbereitetseins befolgt.

In einer Situation, wie wir sie heute haben – mit einer Pandemie, die sowohl ganze Volkswirtschaften als auch manch ein Leben ruiniert hat –, könnte man kaum von einem mitfühlenden Erretter sprechen, wenn man die Tatsache ignorieren würde, dass es vielen schlecht geht, und wenn man sie auffordern würde, eine Reserve an Lebensmitteln und Geld für die Zukunft anzulegen. Das heißt jedoch nicht, dass wir Grundsätze des Vorbereitetseins permanent ignorieren sollten. Es bedeutet lediglich, dass diese Grundsätze „in Weisheit und Ordnung“5 zu befolgen sind, damit wir künftig wie Josef in Ägypten sagen können: Es gab Brot.6

Der Herr erwartet nicht, dass wir mehr tun, als wir können; er erwartet jedoch, dass wir alles tun, was wir können – und zwar dann, wenn wir es können. So hat auch Präsident Nelson uns bei der letzten Generalkonferenz darauf hingewiesen, dass der Herr Anstrengung schätzt.7

Das Heft „Die privaten Finanzen“ in mehreren Sprachen

Die Führer der Kirche haben den Heiligen der Letzten Tage oft ans Herz gelegt, „für Notzeiten vorzusorgen, indem sie einen Grundvorrat an Lebensmitteln und Wasser anlegen und etwas Geld sparen“8. Gleichzeitig wird uns empfohlen, bei unseren Bemühungen, einen Vorrat und eine finanzielle Reserve anzulegen, „weise vorzugehen“ und es nicht zu übertreiben.9 In dem 2017 erschienenen Heft Eigenständigkeit: Die privaten Finanzen, das auf der Website der Kirche momentan in 36 Sprachen verfügbar ist, gibt es ein Geleitwort der Ersten Präsidentschaft, in dem es heißt:

„Der Herr hat gesagt: ‚Es ist meine Absicht, für meine Heiligen zu sorgen.‘ [Lehre und Bündnisse 104:15.] Diese Offenbarung ist eine Verheißung vom Herrn, dass er zeitliche Segnungen gewähren und die Tür zur Eigenständigkeit öffnen wird. …

Wenn man diese Grundsätze annimmt und sie lebt, ist man besser dazu imstande, die zeitlichen Segnungen zu erlangen, die der Herr verheißen hat.

Wir bitten Sie, diese Grundsätze eifrig zu studieren und anzuwenden und sie Ihren Angehörigen nahezubringen. Wenn Sie dies tun, werden Sie gesegnet[, denn Sie sind] ein Kind des Vaters im Himmel[.] Er liebt Sie und wird Sie niemals im Stich lassen. Er kennt Sie und ist bereit, Ihnen die geistigen und zeitlichen Segnungen zu gewähren, die mit Eigenständigkeit verbunden sind.“10

Das Heft enthält Kapitel dazu, wie man ein Budget aufstellt und sich daran hält, wie man seine Familie vor Notlagen schützt, wie man finanzielle Engpässe überwindet, wie man in die Zukunft investiert und vielerlei mehr. Es ist für jedermann auf der Website der Kirche oder über die örtlichen Führer erhältlich.

Wenn man Vorbereitetsein als Grundsatz betrachtet, kann man sich wiederum von Josef in Ägypten inspirieren lassen. Das Wissen, was geschehen würde, hätte allein nicht ausgereicht, um die „mageren“ Jahre zu überstehen; es war auch ein gewisses Maß an Opferbereitschaft während der „fetten“ Jahre erforderlich. Statt alles zu verbrauchen, was die Untertanen des Pharaos produzieren konnten, wurden Grenzen festgelegt und eingehalten, sodass es genügend für den sofortigen und auch für den künftigen Bedarf gab. Es war nicht genug, lediglich zu wissen, dass schwere Zeiten kommen würden. Es musste gehandelt werden, und dank dieser Anstrengungen gab es Brot.11

Das wirft die wichtige Frage auf, was nun für uns daraus folgt. Zunächst einmal muss man begreifen, dass für den Herrn alles geistiger Natur ist, denn „zu keiner Zeit“ hat er uns „ein Gesetz gegeben, das zeitlich ist“12. Folglich deutet alles auf Jesus Christus als die Grundlage hin, auf die wir bauen müssen – sogar unsere Vorbereitung in zeitlicher Hinsicht.

In zeitlicher Hinsicht vorbereitet und eigenständig zu sein bedeutet, „dass wir glauben, durch die Gnade – oder helfende Macht – Jesu Christi und unsere eigenen Anstrengungen in der Lage zu sein, uns selbst und unsere Familie in geistiger und zeitlicher Hinsicht mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen“13.

Weitere Aspekte einer geistigen Grundlage für zeitliches Vorbereitetsein sind, dass man „in Weisheit und Ordnung“14 vorgeht, womit auch gemeint ist, dass man im Laufe der Zeit einen Lebensmittelvorrat und Ersparnisse anlegt, und außerdem, dass man sich kleiner und einfacher Mittel bedient,15 womit man seinen Glauben unter Beweis stellt, dass der Herr kleine, aber beständige Bemühungen groß machen wird.

Sobald die geistige Grundlage gelegt ist, kann man erfolgreich zwei wichtige Elemente der zeitlichen Vorbereitung anwenden, nämlich Geldeinteilung und Vorratshaltung zuhause.

Zu den entscheidenden Grundsätzen für Geldeinteilung gehört, dass man den Zehnten und die sonstigen Spenden zahlt, Schulden abbaut und vermeidet, ein Budget aufstellt und sich daran hält und für die Zukunft spart.

Zu den entscheidenden Grundsätzen für die Vorratshaltung zuhause gehört, dass man Lebensmittel und Wasser sowie – je nach den eigenen Bedürfnissen und denen der Familie – weitere Bedarfsartikel bevorratet, denn das Zuhause ist „das beste Vorratshaus“16 und wird in Notzeiten „zur am besten zugänglichen Reserve“17.

Wenn wir geistige Grundsätze annehmen und uns um Inspiration vom Herrn bemühen, werden wir so geleitet, dass wir seinen Willen für uns allein und auch als Familie erkennen und wissen, wie wir die wichtigen Grundsätze der zeitlichen Vorbereitung am besten anwenden. Der allerwichtigste Schritt ist es, einen Anfang zu machen.

Elder David A. Bednar hat diesen Grundsatz so beschrieben: „Man übt Glauben aus, indem man zur Tat schreitet. Wahrer Glaube ist auf den Herrn Jesus Christus gerichtet und bewegt immer zum Handeln.“18

Brüder und Schwestern, in einer sich ständig wandelnden Welt müssen wir uns auf Ungewissheiten vorbereiten. Auch wenn wieder bessere Zeiten kommen werden, wissen wir, dass zeitliche Höhen und Tiefen weiterhin zum Erdenleben gehören werden. Wenn wir uns bemühen, in zeitlicher Hinsicht vorbereitet zu sein, können wir den Widrigkeiten des Lebens mit größerer Zuversicht und innerem Frieden begegnen. Wie Josef in Ägypten werden wir sogar in aufreibenden Situationen sagen können: Es gab Brot.19 Im Namen Jesu Christi. Amen.