Sieh nach den Jungs!
In unserem kleinen Haus in Manti in Utah wohnten wir etwas beengt, waren einander aber auch sehr nahe. Unsere Söhne, Stewart und Chandler, spielten den ganzen Tag miteinander und hatten ein gemeinsames Kinderzimmer. Es war nicht allzu groß, und unsere Jungs fanden es in Ordnung, dass sie in einem Bett schliefen – der eine am Kopf-, der andere am Fußende. Mit den Zehen reichten sie gerade einmal bis zur Bettmitte, und manchmal hörten wir sie kichern, wenn sie einander an den Füßen kitzelten.
Doch dann wurde ihnen das Bett zu klein, und wir schauten uns um und kauften schließlich ein Etagenbett. Beide waren ganz aus dem Häuschen, als mein Mann, Rex, das neue Bett aufstellte. Am oberen Bett brachte er ein Brett an, damit der vierjährige Stewart nicht herausfallen konnte. Chandler, der Jüngere und Kleinere, bekam das untere Bett. Nach dem Familiengebet krabbelten sie glücklich in ihr neues Bett, und wir hörten sie hinter geschlossener Tür noch flüstern und kichern. Doch dann schliefen sie endlich ein, und es wurde still im Haus.
Mein ganzer Abend verging mit Hausarbeit, Geschirrspülen und Wäschewaschen, und beim Abendgebet hielt ich meinen Mann fest an der Hand. Schließlich gingen wir, erschöpft von unserem Tagewerk, zu Bett. Ich fiel umgehend in einen tiefen Schlaf.
Gegen 2.00 Uhr am Morgen wachte ich auf, warf einen Blick auf die Uhr und wollte schon weiterschlafen, als ich eine ganz leise Stimme sagen hörte: „Sieh nach den Jungs!“ Ich drehte mich nach meinem Mann um, aber Rex schlief tief und fest. Ich schloss erneut die Augen, aber wiederum hörte ich: „Sieh nach den Jungs!“ Mein Körper war so müde, dass ich nicht genau wusste, ob ich schlief oder wach war, und so schloss ich wiederum die Augen, doch zum dritten Mal vernahm ich die Stimme: „Sieh nach den Jungs!“ Ich dachte an viele Geschichten, die ich über die sanfte, leise Stimme gehört hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, weshalb ich nach den Jungs sehen sollte, doch schließlich stieg ich aus dem Bett und ging in Richtung Kinderzimmer.
Ich ging durch den dunklen Flur und durch die Küche. Alles war still. Ich ging durch das Wohnzimmer und kam schließlich zur Kinderzimmertür. Drinnen hörte ich ein undeutliches Wimmern. Ich öffnete die Tür leise und sah zu meinem Entsetzen Chandler vom oberen Bett hängen. Er war so klein, dass sein Körper durch den Spalt zwischen Matratze und Brett gerutscht war, aber mit dem Kopf war er stecken geblieben. Er hing wie leblos da. Sein ersticktes Weinen war kaum zu hören, da sein Gesicht in die Matratze gedrückt war. Im unteren Bett schlief Stewart den Schlaf des Gerechten und merkte nicht, in welcher schlimmen Lage sich sein Bruder befand. Sie mussten die Betten getauscht haben, nachdem wir sie zu Bett gebracht hatten.
Ich schob Chandler rasch durch den Spalt nach oben und hielt ihn dann fest im Arm. Mit angstvollen, tränennassen Augen blickte er mich an. Mir wurde bewusst, wie nah er dem Tod gewesen war. Ich wiegte ihn in den Schlaf und steckte ihn dann zu seinem Bruder in das untere Bett. Der Anblick meines Sohnes, wie er da aus dem oberen Stockbett hing, ließ mich nicht mehr los. Mir war klar: Länger als ein paar Minuten hätte er so nicht überlebt.
Ich blickte auf meine schlafenden Söhne und spürte tief in mir, dass der Geist des Herrn über uns gewacht hatte. Ich hatte an jenem Abend tatsächlich ein Wunder erlebt. Ich ging ins Schlafzimmer zurück und kniete mich hin und dankte dem himmlischen Vater dafür, dass er mir wiederholt diese Eingebung hatte zuteil werden lassen und meine Familie beschützt hatte.