Die Verteidigung
Wenn ich nur gewusst hätte, wie ich erklären sollte, warum ich nie auf Partys ging.
Warum kommst du nie mit?“, rief das Mädchen. „Möchtest du nicht zu uns gehören?“
Das Frühjahr war schon fortgeschritten, und das Schuljahr war bald zu Ende. In den Pausen spielten wir draußen Fußball, und ich war der Torwart. Als Torwart war ich es gewohnt, Angriffe vom Fußballfeld abzuwehren. Doch dieses Spiel war anders, denn ich musste auch verbale Angriffe von der Seitenlinie abwehren.
Zwischen den Angriffen der gegnerischen Mannschaft wurde ich nämlich von ein paar Mädchen aus meiner Klasse ausgefragt, die am Rand des Spielfelds standen. Um ihren Fragen zu entkommen, hätte ich die gegnerische Mannschaft sogar zum Wettschießen eingeladen, aber ich hatte an diesem Tag nicht viel Glück.
„Warum kommst du nie zu unseren Partys?“, fragte ein Mädchen beharrlich. „Möchtest du keinen Spaß haben?“
„Spaß!“, dachte ich. Mit meinen Klassenkameraden auf einer Party sein, dumme Spiele machen und unangenehmen Situationen ausgesetzt sein, das entsprach nicht meiner Vorstellung von Spaß. Lieber blieb ich zu Hause.
„Wir wollen uns alle besser kennenlernen, und du bist nie dabei“, kam ein weiterer Angriff von der Seitenlinie.
„Das stimmt“, sagte ich. Ich hätte auch gerne erklärt, warum, wenn ich das Gefühl gehabt hätte, dass sie und die anderen es wirklich verstehen wollten. Aber das bezweifelte ich. Wie sollten sie es auch verstehen? Ich war der einzige Heilige der Letzten Tage an meiner Schule, und keiner meiner Schulkameraden wusste viel über die Kirche und unsere Grundsätze.
„Gefällt dir keines der Mädchen in der Klasse?“, fragte sie.
„Darum geht es nicht“, antwortete ich. „Ich würde mich da nicht wohl fühlen.“
„Aber warum?“, bohrte sie weiter.
Meine Mannschaft hatte gerade den Ball verloren, und alle Spieler kamen auf mich zugerannt.
„Warum würdest du dich nicht wohl fühlen?“, hakte sie noch einmal nach.
Alles schien in Zeitlupe abzulaufen, als ich mich auf den herannahenden Ball konzentrierte. Ich hörte nur die Stimme des Mädchens, und das ständige „Warum, warum?“ hallte in meinen Gedanken nach. Mein Gegner setzte zum Schuss an, und ich konnte sehen, dass es ein harter Schuss werden würde. Aber ich war bereit. Er schoss, und der Ball prallte mit einem lauten Schlag von meinen Händen ab. „Ja! Ein weiterer Angriff erfolgreich abgewehrt“, dachte ich und grinste. Ich nahm den Ball und warf ihn über das Feld zu einem Mannschaftskameraden. Dann wandte ich mich meinen anderen Angreifern zu.
„Also?“, fragte sie.
Mein Herz klopfte noch von der Aufregung des Spiels. „Ich komme nicht zu euren Partys, weil …“, fing ich an, dann überlegte ich kurz.
„Weil?“, wiederholte sie gespannt.
Ich schaute wieder aufs Spielfeld. Die gegnerische Mannschaft näherte sich rasch. Mein Herz schlug noch schneller, und ich wusste, dass ich den Satz nun beenden musste. „Weil ich mich für jemand Besonderen aufhebe“, platzte es aus mir heraus.
„Was?“, rief sie aus.
Meine Gegner waren vor mir, und ich konzentrierte mich wieder auf das Spiel. Der Ball flog durch die Luft und an mir vorbei ins Tor. Die andere Mannschaft jubelte. Die Mädchen am Spielfeldrand lachten.
„Du hebst dich für jemanden auf“, sagte sie kichernd. „Wie heißt sie denn?“
Ich war verlegen. Ich dachte an niemand Besonderen. Aber ich wusste, dass ich eines Tages meiner zukünftigen Frau begegnen würde, und ich wollte würdig sein, mit ihr in den Tempel zu gehen. Deshalb ging ich nicht auf diese Partys.
Als ich später nach Hause ging, zitterten mir immer noch die Hände und mein Herz pochte. Aber ich musste auch lächeln. Vielleicht war ich heute auf dem Spielfeld gedemütigt worden, aber ich fühlte mich wie ein Sieger.