2013
Wir haben viel Grund, uns zu freuen
November 2013


Wir haben viel Grund, uns zu freuen

Wenn Sie liebevoll über andere wachen und ihnen mit kleinen, einfachen Taten beistehen, beteiligen Sie sich aktiv am Erlösungswerk.

Als mein Schwiegervater starb, kamen wir als Familie zusammen, um Besucher zu begrüßen, die ihr Beileid bekunden wollten. Den ganzen Abend lang, während ich mich mit Angehörigen und Freunden unterhielt, fiel mir des Öfteren auf, dass unser zehnjähriger Enkel Porter in der Nähe meiner Schwiegermutter – seiner „Omi“ – blieb. Manchmal stand er hinter ihr, um sie im Blick zu behalten. Einmal sah ich, wie er sich bei ihr einhakte. Ich beobachtete, wie er ihre Hand tätschelte, sie kurz umarmte oder an ihrer Seite stand.

Auch Tage später ging mir dieses Bild nicht aus dem Sinn. Ich hatte das Gefühl, ich solle Porter ein paar Zeilen schreiben und ihm mitteilen, was ich beobachtet hatte. Also schrieb ich ihm in einer E-Mail, was ich gesehen und verspürt hatte. Ich machte Porter auf die Bündnisse aufmerksam, die er bei der Taufe eingegangen war, und zitierte Almas Worte in Mosia, Kapitel 18:8-11:

„Und nun, da ihr den Wunsch habt, in die Herde Gottes zu kommen und sein Volk genannt zu werden, und willens seid, einer des anderen Last zu tragen, damit sie leicht sei,

ja, und willens seid, mit den Trauernden zu trauern, ja, und diejenigen zu trösten, die des Trostes bedürfen, und allzeit und in allem und überall, wo auch immer ihr euch befinden mögt, selbst bis in den Tod, als Zeugen Gottes aufzutreten, … damit ihr ewiges Leben habet[,]

wenn das euer Herzenswunsch ist, was habt ihr dann dagegen, euch im Namen des Herrn taufen zu lassen, zum Zeugnis vor ihm, dass ihr mit ihm den Bund eingegangen seid, ihm zu dienen und seine Gebote zu halten, damit er seinen Geist reichlicher über euch ausgieße?“1

Ich erklärte Porter, dass Alma damit meinte, wer getauft werden wolle, müsse willens sein, dem Herrn zu dienen, indem er sein Leben lang seinen Mitmenschen dient. Ich schrieb: „Ich weiß nicht, ob du es gemerkt hast, aber mit dem, was du für Omi getan hast – wie du ihr Liebe und Mitgefühl erwiesen hast –, hast du deine Bündnisse gehalten. Man kann seine Bündnisse jeden Tag halten, indem man freundlich ist, anderen Liebe erweist und für sie da ist. Ich wollte dich einfach wissen lassen, dass ich stolz darauf bin, wie du deine Bündnisse hältst! Wenn du den Bund hältst, den du bei der Taufe geschlossen hast, bist du darauf vorbereitet, das Priestertum zu empfangen. Durch diesen weiteren Bund bieten sich dir noch mehr Gelegenheiten, anderen beizustehen und ihnen ein Segen zu sein. Dies wird dir helfen, dich auf die Bündnisse vorzubereiten, die du im Tempel schließen wirst. Danke, dass du mir ein so gutes Vorbild bist! Danke, dass du mir zeigst, wie sich jemand verhält, der seinen Bündnissen treu ist!“

Porter schrieb zurück: „Danke für deine Nachricht, Oma! Als ich Omi immer wieder mal umarmt habe, war mir gar nicht klar, dass ich dadurch meine Bündnisse hielt. Aber ich hatte ein warmes Gefühl im Herzen und habe mich sehr gut gefühlt. Ich weiß, dass ich den Heiligen Geist verspürt habe.“

Auch mir wurde warm ums Herz, als mir bewusst wurde, dass Porter das Halten seiner Bündnisse mit der Verheißung verband, dass „sein Geist immer mit [uns] sei“2 – eine Verheißung, die wahr werden kann, wenn man die Gabe des Heiligen Geistes empfangen hat.

Schwestern, bei meinen Begegnungen mit Ihnen überall auf der Welt ist mir aufgefallen, dass viele von Ihnen wie Porter sind. Sie legen still Zeugnis von Gott ab, trauern mit den Trauernden und trösten diejenigen, die Trost brauchen, ohne dass Ihnen bewusst ist, dass Sie damit Ihre Bündnisse halten – Bündnisse, die Sie im Wasser der Taufe und im Tempel eingegangen sind. Wenn Sie liebevoll über andere wachen und ihnen mit kleinen, einfachen Taten beistehen, beteiligen Sie sich aktiv am Erlösungswerk – dem Werk Gottes, „die Unsterblichkeit und das ewige Leben des Menschen zustande zu bringen“3.

Als Töchter im Reich des Herrn4 haben wir heilige Bündnisse geschlossen. Wir gehen den von Nephi so genannten „engen und schmalen Pfad“ entlang, „der zum ewigen Leben führt“5. Wir befinden uns auf diesem Pfad an verschiedener Stelle. Doch gemeinsam können wir einander helfen, „mit Beständigkeit in Christus vorwärts[zu]streben, erfüllt vom vollkommenen Glanz der Hoffnung und von Liebe zu Gott und zu allen Menschen“6.

Jeanne ist Beraterin bei den Jungen Damen. Vor einigen Monaten erfuhr sie von einer anstehenden Aktivität für die Jugendlichen in der Gemeinde: einer Bergwanderung zu einem Ort namens Malan’s Peak. Sie war ganz aufgeregt, weil sie sich kurz zuvor das Ziel gesetzt hatte, diesen Gipfel zu erklimmen.

Als sie am Ausgangspunkt eintraf, kam ihre Freundin Ashley auf sie zu. Sie hakte sich bei Jeanne ein und bot ihr an, mit ihr zu wandern. „Ich gehe mit dir!“, sagte sie. Ashley, die damals 16 Jahre alt war, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht allzu zügig bergauf wandern. Also ließen sie und Jeanne sich Zeit und betrachteten die Schöpfung des himmlischen Vaters – die Felsen am Berggipfel über ihnen und die Blumen um sie herum. Jeanne erzählte später: „Es hat wirklich nicht lange gedauert, bis ich mein Ziel vergessen hatte, zum Gipfel zu wandern, weil es nämlich ein Abenteuer für sich war, die Schönheit am Wegesrand zu betrachten, die mir größtenteils entgangen wäre, wenn ich einfach nur mit dem Ziel losgewandert wäre, Malan’s Peak zu erreichen.“

Als Jeanne und Ashley weiterwanderten und schon ein ganzes Stück hinter dem Rest der Gruppe waren, stieß Emma zu ihnen – eine weitere Junge Dame aus der Gemeinde, die gewartet hatte, um mit ihnen zu wandern. Mit Emma machte die Wanderung noch mehr Spaß. Sie brachte ihnen ein Lied bei, heiterte sie auf und spornte sie an. Jeanne erinnerte sich später: „Als wir uns hinsetzten und ausruhten, sangen wir, unterhielten uns und lachten miteinander. Ich lernte Ashley und Emma auf eine Weise kennen, wie es sonst nicht möglich gewesen wäre. An diesem Abend ging es nicht um den Berg, sondern um viel, viel mehr. Es ging darum, einander auf dem Weg zu helfen – einen Schritt nach dem anderen.“

Als Jeanne, Ashley und Emma miteinander wanderten, sangen, rasteten und lachten, dachten sie wohl kaum daran, dass sie auf diese Weise ihre Bündnisse hielten. Aber genau das taten sie. Sie dienten einander mit Liebe, Mitgefühl und Hingabe. Sie stärkten ihren Glauben gegenseitig, indem sie einander Mut machten und füreinander da waren.

Elder Russell M. Nelson hat gesagt: „Wenn uns bewusst wird, dass wir Kinder des Bundes sind, erkennen wir, wer wir sind und was Gott von uns erwartet. Sein Gesetz ist uns ins Herz geschrieben.“7

Maria Kusina ist eine Tochter Gottes, die einen Bund mit ihm geschlossen hat und weiß, wer sie ist und was er von ihr erwartet. Als sie mich bei sich daheim im russischen Omsk begrüßte, nahm ich an, ich sei dort, um ihr einen Dienst zu erweisen, doch schon bald stellte sich heraus, dass ich von ihr lernen sollte. Maria hält sich seit ihrer Bekehrung an den Auftrag in Lukas 22: „Wenn du dich … bekehrt hast, dann stärke deine Brüder.“8 Sie glaubt an die Worte unseres lebenden Propheten, Präsident Thomas S. Monson, der gesagt hat:

„Es ist jetzt an der Zeit, dass die Mitglieder und die Missionare zusammenkommen, zusammenarbeiten und im Weingarten des Herrn wirken, um Menschenseelen zu ihm zu bringen. …

Wenn wir im Glauben handeln, wird der Herr uns zeigen, wie wir seine Kirche in unseren Gemeinden und Zweigen stärken können. Er wird bei uns sein und bei unserem missionarischen Tun aktiv mit uns zusammenarbeiten.

[Üben Sie Ihren Glauben aus], wenn Sie gebeterfüllt überlegen, welche Ihrer Angehörigen, Freunde, Nachbarn und Bekannten Sie zu sich nach Hause einladen möchten, um sich mit den Missionaren zu treffen und sich die Botschaft von der Wiederherstellung anzuhören.“9

Maria befolgt diesen Ratschlag, indem sie über die Schwestern, für die sie als Besuchslehrerin zuständig ist, wacht, ihnen beisteht und darüber hinaus noch weit mehr tut. Sie hat viele Freunde, die weniger aktiv sind oder die die Botschaft des wiederhergestellten Evangeliums Jesu Christi noch nicht gehört haben. Jeden Tag übt sie ihren Glauben aus und betet, um zu erfahren, wer ihre Hilfe braucht. Dann handelt sie nach den Eingebungen, die sie empfängt. Sie ruft jemanden an, bringt zum Ausdruck, dass er ihr am Herzen liegt, und sagt ihm: „Wir brauchen dich.“ Jede Woche hält sie in ihrer Wohnung einen Familienabend ab, zu dem sie Nachbarn, Mitglieder und Missionare einlädt. Und sie bewirtet sie. Sie lädt sie zur Kirche ein, hält Ausschau nach ihnen und setzt sich zu ihnen, wenn sie kommen.

Maria hat verstanden, worauf Elder Jeffrey R. Holland uns kürzlich aufmerksam gemacht hat: „Wenn wir … eine Einladung aus Nächstenliebe und aus Liebe zum Herrn Jesus Christus aussprechen …, wird [niemand] sich angegriffen oder herabgesetzt fühlen.“10 Maria hat auf einer Liste einige Leute stehen, die gesagt haben, man habe sie gekränkt. Sie kümmert sich weiterhin um sie. Weil sie wissen, dass sie ihr wirklich am Herzen liegen, kann sie zu ihnen sagen: „Sei nicht beleidigt. Das ist doch albern!“

Maria ist eine Nachfolgerin Jesu Christi, die ihre Bündnisse hält. In ihrer Familie gibt es keinen Priestertumsträger, doch sie spürt die Macht Gottes jeden Tag, da sie ihre Tempelbündnisse hält. Sie strebt auf dem Weg vorwärts, harrt bis ans Ende aus und hilft unterwegs anderen, am Erlösungswerk teilzuhaben.

Haben Sie sich bei diesen Beispielen, von denen ich erzählt habe, wiedererkannt? Denken Sie einen Moment nach. Kennen Sie eine Tochter Gottes, die Mut braucht, um auf den Weg des Bundes zurückzukehren, oder die ein wenig Hilfe benötigt, um auf ihm zu bleiben? Fragen Sie den Vater im Himmel, was mit ihr ist. Sie ist seine Tochter. Er kennt sie mit Namen. Er kennt auch Sie, und er wird Ihnen sagen, was diese Tochter braucht. Seien Sie geduldig und beten Sie voll Glauben weiter für sie. Folgen Sie dann den Eingebungen, die Sie empfangen. Wenn Sie diesen Eingebungen folgen, wird der Geist Ihnen bestätigen, dass der Herr Ihr Opfer annimmt.

„Schwester Eliza R. Snow [dankte] den Schwestern für ihr Bemühen, einander … zu stärken. Sie sagte ihnen, dass nicht jede Spende und Gabe, mit der sie den Bedürftigen halfen, in der Kirche verzeichnet wurde, der Herr aber ganz sicher eine vollständige Aufzeichnung ihres Errettungswerkes führe: …

‚Präsident Joseph Smith sagte, diese Vereinigung sei gegründet worden, um Seelen zu erretten. Was [tun wir] alles …, um diejenigen zurückzugewinnen, die abgeirrt sind? Um das Herz derer zu erwärmen, deren Begeisterung für das Evangelium abgekühlt ist? Es gibt ein weiteres Buch, in dem [Ihr] Glaube, [Ihre] Freundlichkeit, [Ihre] guten Werke und Worte aufgezeichnet werden. All dies wird niedergeschrieben. Nichts geht verloren.‘“11

Im Buch Mormon erläutert Ammon, weshalb wir viel Grund haben, uns zu freuen. Er sagt: „Und nun frage ich: Was für große Segnungen hat [Gott] uns zuteilwerden lassen? Könnt ihr es sagen?“

In seiner Begeisterung wartet Ammon die Antwort nicht ab. Er sagt: „Siehe, ich antworte für euch; … dies ist die Segnung, die uns zuteilgeworden ist, dass wir in den Händen Gottes zu Werkzeugen geworden sind, dieses große Werk zuwege zu bringen.“12

Wir sind Töchter des Bundes im Reich des Herrn und können ein Werkzeug in seiner Hand sein. Wenn wir uns jeden Tag auf bescheidene und einfache Weise am Erlösungswerk beteiligen – indem wir übereinander wachen, einander stärken und einander belehren –, können wir wie Ammon sagen:

„Siehe, meine Freude ist voll, ja, mein Herz will überfließen vor Freude, und ich freue mich an meinem Gott.

Ja, ich weiß, dass ich nichts bin; was meine Kraft betrifft, so bin ich schwach; darum will ich nicht mit mir selbst prahlen, sondern ich will mit meinem Gott prahlen, denn in seiner Kraft kann ich alles tun.“13

Davon gebe ich Zeugnis im Namen Jesu Christi. Amen.