2016
Sieben bewegende Wunder entlang des Wegs
Juni 2016


Sieben bewegende Wunder entlang des Wegs

Der Verfasser lebt in Nevada.

Der Herr hat in meinem Leben Wunder gewirkt, die mir geholfen haben, dem Weg zu folgen, den er für mich vorgesehen hat.

seven tender miracles along the way

Illustration von Red Hansen

Als Missionar in der Texas-Mission Fort Worth sprach ich mit vielen wunderbaren Menschen über das Evangelium und dachte oft darüber nach, welche Segnungen mir in meinem Leben widerfahren waren. Insbesondere sieben Erlebnisse lassen mich immer wieder staunen. Ich betrachte sie als Wunder.

Erstens überlebte ich als Kind, obwohl ich in sehr ärmlichen Verhältnissen geboren wurde. Meine Mutter brachte mich auf dem Lehmboden ihrer Hütte in Dessie in Äthiopien zur Welt. Mama war die einzige Verwandte, die ich kannte. Sie hatte unsere kuppelförmige, knapp über zwei Meter hohe Hütte selbst gebaut: aus Zweigen und Lehm, den sie mit Gras und Blättern bedeckte. In unserer Dorfgemeinschaft gab es kein fließendes Wasser und keine Toiletten. Krankheit und Tod grassierten in unserer Kebele. Es war schwer, etwas Essbares zu finden, und wir konnten uns nichts kaufen. Meine Mutter und ich erlebten keinen Tag ohne Hunger.

Als ich vier war, wurde meine Mutter schwer krank. Mit letzter Kraft schleppte sie sich mit mir zu einer Klinik, wo meine geliebte Mutter dann erschöpft starb. Das Krankenhauspersonal rettete mich vor einem Leben auf der Straße und vor dem Hungertod. Man sorgte dafür, dass ich in einem Waisenhaus in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, unterkam.

Das zweite Wunder war, dass sich nun mein Leben komplett änderte. Im Waisenhaus wohnte ich in einem sauberen Gebäude, schlief in einem echten Bett und durfte so viel essen, wie ich wollte. Andere Waisenkinder hatten wie ich einen lieben Menschen verloren und zeigten mir, wie ich mit dem Verlust meiner Mutter fertigwerden konnte. Am Abend saßen wir zusammen, sangen englische Lieder und beteten auf Amharisch, unserer Muttersprache. Wir beteten füreinander und baten Gott, uns zu segnen, dass jemand uns adoptieren möge und wir ein „schönes, freundliches, liebevolles Zuhause“ bekämen. Die Musik und das Beten hatten großen Einfluss auf mich. Ich hörte nie auf zu beten.

Drittens lernte ich im Alter von acht Jahren die Missionare und die Kirche kennen. Ich wurde zur Weihung des ersten Gemeindehauses der Kirche in Äthiopien eingeladen. Sie fand an einem Sonntag, am 30. November 2003 statt. Bei der Weihung verspürte ich den machtvollen Einfluss des Heiligen Geistes, und die Missionare, die dort waren, strahlten Freude, Glück und ebendiesen machtvollen Geist aus. Ich weiß noch, dass ich dachte, dass ich genau wie sie sein wollte. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich das jemals erreichen sollte.

Das vierte Wunder folgte bald darauf. Eine Familie aus den Vereinigten Staaten adoptierte mich. Mein neuer Vater holte mich im Waisenhaus ab und brachte mich zu sich nach Hause. Nun begann der Prozess des Kennenlernens, und ich gewöhnte mich allmählich an meine neue Umgebung.

Nach meiner Ankunft tauchten gleich viele Schwierigkeiten auf. Wo ich auch hinkam, lachten die Leute über mein Englisch. Meine geringe Bildung führte zu Problemen in der Schule. Ich betete um Hilfe, und dann arbeitete ich noch eifriger und ging klüger vor, um meine Wissenslücken zu schließen, vor allem in Englisch. Wieder erhörte der Vater im Himmel meine Gebete. Zwei Jahre später übersprang ich stolz eine Klasse.

Dann ging die Familie, die mich adoptiert hatte, in die Brüche. Gebete zum Herrn, hohe persönliche Ziele und der tiefe Wunsch, mein Leben erfolgreich zu meistern, trugen mich durch diese besonders harte Zeit. Schließlich kamen mein Vater und ich mit der Hilfe eines Sozialarbeiters überein, die Adoption aufzuheben. Nun war ich auf das Gebet, Geduld, Glauben und die Hilfe des Vaters im Himmel angewiesen.

Ich war fünfzehn Jahre alt und lebte dann etwa ein Jahr bei einer Pflegefamilie. Da ereignete sich das fünfte Wunder. Als ich mit zwei Freunden Schlittenfahren war, lernte ich eine Familie mit zwei netten Töchtern kennen, die der Kirche Jesu Christi angehörte. Auf der Heimfahrt sagte eine der Töchter plötzlich zu ihrer Familie: „Ich glaube, der Herr möchte, dass wir Ephrem Smith adoptieren.“ Erstaunlicherweise hatten ihre Schwester und ihre Eltern die gleiche Inspiration empfangen. Der Vater wandte sich an das Sozialamt, und schon bald zog ich in mein neues Zuhause ein. Mein neuer Vater war ein großartiger Mensch; er ließ mir von Anfang an Entscheidungsfreiheit. Beispielsweise erklärte er mir, dass seine Familie sonntags in die Kirche geht. Er überließ mir die Entscheidung, mitzukommen oder zu Hause zu bleiben, und versicherte mir, dass ihre Zuneigung nicht davon abhängig war, ob ich in die Kirche mitging. Ich entschied mich dafür, in die Kirche zu gehen, und habe seither noch viele weitere gute Entscheidungen getroffen.

Das sechste Wunder war, wie ich ein Zeugnis vom Evangelium empfing. Eines Sonntags in der Abendmahlsversammlung sangen wir das Lied „Erstaunt und bewundernd“ (Gesangbuch, Nr. 118). Dicke Tränen kullerten mir über die Wangen, als ich das Zeugnis empfing, dass Jesus der Messias ist und dass die Kirche Jesu Christi seine Kirche ist.

Endlich, neun Jahre nachdem ich damals den Missionaren begegnet war, wusste ich, wie ich wie sie werden konnte! Mittlerweile konnte man bereits mit 18 auf Mission gehen, aber meine Adoption war noch nicht endgültig geregelt. Ich wartete sieben lange Monate, bis meine Adoption abgeschlossen war. Endlich konnte ich meine Missionspapiere einreichen. Vier Tage später erhielt ich meine Missionsberufung. Innerhalb einer einzigen Woche erhielt ich die Adoptionspapiere und meine Missionsberufung! Wieder hatte mich der Herr gesegnet. Diese beiden Dokumente bedeuten mir sehr viel. Sie sind das siebte Wunder. Ja, es waren viele Wunder entlang des Wegs nötig, der mich von der Lehmhütte in Äthiopien bis zu meiner Mission führte, für die ich unendlich dankbar bin.