Botschaft von der Ersten Präsidentschaft
Der aus Glauben Gerechte wird leben
Der Rabbi und der Seifensieder
Es gibt eine alte jüdische Geschichte von einem Seifensieder, der nichts von Religion hält und auch nicht an Gott glauben will. Eines Tages geht er mit einem Rabbi spazieren. „Eines verstehe ich nicht“, sagt er. „Die Religion gibt es nun schon seit tausenden von Jahren. Aber wo man auch hinblickt: nichts als Böses und Verderbnis, Unehrlichkeit und Ungerechtigkeit, Schmerzen, Hunger und Gewalt. Wie es aussieht, hat die Religion die Welt kein bisschen besser gemacht. Jetzt frage ich Sie: Wozu ist sie dann gut?“
Der Rabbi antwortet eine Weile nicht und geht weiter neben dem Seifensieder her. Schließlich kommen die beiden zu einem Spielplatz, wo ein paar schmutzige Kinder im Schlamm spielen.
„Eines verstehe ich nicht“, sagt der Rabbi. „Sehen Sie sich diese Kinder an. Seife gibt es nun schon seit tausenden von Jahren, und trotzdem sind diese Kinder ganz schmutzig. Wozu ist Seife dann gut?“
Darauf der Seifensieder: „Aber Rabbi, man kann es doch nicht der Seife anlasten, dass diese Kinder so schmutzig sind. Man muss schon Gebrauch von ihr machen, damit sie ihren Zweck erfüllt.“
Da lächelt der Rabbi und sagt: „Eben!“
Wie sollen wir leben?
Um zusammenzufassen, was es heißt, ein gläubiger Mensch zu sein, verweist der Apostel Paulus auf einen Propheten aus dem Alten Testament und schreibt: „Der aus Glauben Gerechte wird leben.“ (Römer 1:17.)
Aus dieser einfachen Aussage lässt sich vielleicht der Unterschied ablesen zwischen einer schwachen und wirkungslosen Religion und einer, die unser Leben zu ändern vermag.
Um aber zu verstehen, was es heißt, aus dem Glauben heraus zu leben, müssen wir wissen, was Glaube ist.
Glaube ist mehr als nur eine persönliche Überzeugung. Es ist ein vollständiges Vertrauen auf Gott, womit auch das entsprechende Handeln einhergeht.
Es geht nicht bloß darum, Wünsche zu äußern.
Es geht nicht bloß darum, sich zurückzulehnen und kopfnickend seine Zustimmung zu geben. Wenn wir sagen: „Der aus Glauben Gerechte wird leben“, meinen wir damit, dass der Glaube uns leitet und uns die Richtung vorgibt. Wir handeln auf eine Weise, die unserem Glauben entspricht – nicht etwa aus einer unüberlegten Vorstellung von Gehorsam heraus, sondern aus fester und aufrichtiger Liebe zu unserem Gott und zu der unschätzbaren Weisheit, die er seinen Kindern offenbart hat.
Mit dem Glauben muss auch unser Handeln einhergehen, sonst ist er nicht lebendig (siehe Jakobus 2:17) und ist gar kein richtiger Glaube. Er hat dann gar nicht die Macht, auch nur einen einzigen Menschen zu verändern, geschweige denn die Welt.
Der gläubige Mensch vertraut auf seinen barmherzigen Vater im Himmel, und zwar auch dann, wenn er sich unsicher ist, wenn ihm Zweifel oder Widrigkeiten entgegenschlagen, wenn er nicht vollständig den Überblick hat oder etwas nicht so recht versteht.
Der gläubige Mensch geht den Weg eines Jüngers mit Ernsthaftigkeit und ist bestrebt, dem Beispiel Jesu Christi, seines geliebten Erretters, zu folgen. Der Glaube bewegt und inspiriert uns geradezu, unser Herz zum Himmel zu lenken und aktiv auf unsere Mitmenschen zuzugehen, sie aufzurichten und ihnen Gutes zu tun.
Eine Religion ohne entsprechendes Handeln ist wie Seife, die in der Dose liegen bleibt. Sie mag fabelhafte Möglichkeiten in sich bergen, vermag aber in Wirklichkeit nur wenig auszurichten, solange sie nicht ihren vorgesehenen Zweck erfüllt. Das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi ist ein Evangelium des Handelns. Die Kirche Jesu Christi verkündet die wahre Religion als eine Botschaft der Hoffnung, des Glaubens und der Nächstenliebe, wozu auch gehört, dass man seinen Mitmenschen in geistiger und zeitlicher Hinsicht hilft.
Vor ein paar Monaten haben meine Frau Harriet und ich mit einigen unserer Kinder eine Familienreise in den Mittelmeerraum unternommen. Dabei haben wir auch einige Flüchtlingslager besucht und sind mit Familien aus Kriegsgebieten zusammengetroffen. Sie gehörten nicht unserem Glauben an; es waren einfach unsere Brüder und Schwestern, die dringend Hilfe brauchten. Wir waren tief berührt, als wir mit eigenen Augen sahen, wie die Mitglieder unserer Kirche mit ihrem aktiv gelebten Glauben Mitmenschen, die in Not sind, unabhängig von deren Religion, Nationalität oder Bildungsstand helfen und ihnen Erleichterung verschaffen und Hoffnung bringen.
Wenn dem Glauben stets das entsprechende Handeln folgt, füllt sich das Herz mit Güte, der Geist mit Weisheit und Verständnis und die Seele mit Frieden und Liebe.
Unser Glaube kann unseren Mitmenschen wie auch uns selbst ein Segen sein und zu Rechtschaffenheit anregen.
Unser Glaube kann die Welt mit Güte und Frieden erfüllen.
Unser Glaube kann Hass in Liebe und Feinde in Freunde verwandeln.
Der Gerechte lebt demnach, indem er aus dem Glauben heraus handelt; er lebt, indem er auf Gott vertraut und auf dessen Wegen wandelt.
Das ist dann die Art Glaube, die den einzelnen Menschen, Familien und Nationen und die ganze Welt verändern kann.