2021
Die Taktik unseres Gegners ergründen
September 2021


Die Taktik unseres Gegners ergründen

Der Verfasser lebt in Arizona.

Wer als Jünger Jesu Christi die Taktik des Gegners kennt, kann aus der Macht und Stärke Jesu schöpfen und so den Satan und dessen Anhänger in den zu erwartenden Schlachten besiegen

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Fotos von Getty Images

Schon am Anfang meines Militärdienstes habe ich gelernt, dass es – um gegen einen Feind wirkungsvoll ankämpfen zu können – wichtig ist, viel über ihn in Erfahrung zu bringen. Ich befasste mich ausführlich mit gegnerischer Taktik und Strategie, um Pläne ausarbeiten zu können, wie der Gegner im Konfliktfall überlistet und besiegt werden kann.

Unsere geistigen Gegner – der Satan und seine Anhänger – sind für uns unsichtbar. Daher vergessen wir nur zu leicht, dass sie uns beobachten und uns in Versuchung führen wollen. Präsident George Q. Cannon (1827–1901) von der Ersten Präsidentschaft hat zu bedenken gegeben: „Ich bin zu dem Schluss gekommen, wenn wir die Geisterwelt um uns herum wahrnehmen könnten, wären wir nicht so unvorsichtig, sorglos und gleichgültig im Hinblick darauf, ob wir den Geist und die Macht Gottes bei uns haben oder nicht. Vielmehr wären wir immerzu wachsam und würden unseren Vater im Himmel im Gebet darum bitten, sein Heiliger Geist und seine heiligen Engel mögen um uns herum sein, um uns zu stärken, damit wir jedweden schlechten Einfluss überwinden.“1

Wenn wir uns über die Macht und die Fähigkeiten des Teufels im Klaren sind, können wir besser erkennen, welchen Schaden und welche Zerstörung er und seine Anhänger imstande und willens sind, uns zuzufügen. Wir müssen ständig auf der Hut sein und uns Defensiv- und Offensivstrategien überlegen, damit wir seinen Versuchungen und Verlockungen nicht zum Opfer fallen.

Das Gefecht nahm bereits im vorirdischen Dasein seinen Anfang

Als wir im Krieg im Himmel kämpften, setzten wir statt Gewehren oder Bomben unser Zeugnis und unsere Überzeugung ein. Präsident Russell M. Nelson hat verkündet: „Bei diesem Kampf im Himmel wurde kein Blut vergossen, sondern es ging dabei um Vorstellungen, die einander widersprachen, womit Streit ja anfängt.“2

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Die Nachfolger des Vaters im Himmel und Jesu Christi erhielten einen sterblichen Körper, als sie auf die Erde kamen. Der Satan und seine Anhänger befinden sich ebenfalls auf der Erde, allerdings als Geister.3 Der Krieg, der im vorirdischen Dasein begonnen hat, ist noch nicht zu Ende ausgefochten. Seit den Tagen Adams kämpfen der Satan und seine gewaltige Armee weiterhin gegen jene, die sich für Gottvater und seinen Erlösungsplan einsetzen. Elder Ulisses Soares vom Kollegium der Zwölf Apostel hat erläutert: „Der Kampf zwischen Gut und Böse wird unser ganzes Leben andauern, weil der Widersacher nur das Ziel verfolgt, alle Menschen so elend zu machen, wie er selbst es ist. Der Satan und seine Engel versuchen, unsere Gedanken zu umnebeln und die Kontrolle zu übernehmen, indem sie uns zur Sünde verleiten. Wenn sie können, zerstören sie alles, was gut ist. Uns muss aber bewusst sein, dass sie nur dann Macht über uns haben, wenn wir es zulassen.“4

Die Streitmacht des Bösen ist nicht gerade klein. Mit dem Satan wurde ein Drittel der Scharen des Himmels (siehe Lehre und Bündnisse 29:36) aus dem Himmel ausgestoßen. Der Widersacher befehligt daher zahlreiche Geister. „Siehe, wir sind von Dämonen umgeben, ja, wir sind ringsum von den Engeln dessen umschlossen, der danach trachtet, unsere Seele zu vernichten.“ (Helaman 13:37.)

Wie bei Kriegen auf der Erde können wir uns darauf vorbereiten, die gegnerische geistige Streitmacht wirksam zu bekämpfen, indem wir so viel wie möglich über ihre Fähigkeiten, Stärken und Schwächen sowie ihre Beweggründe in Erfahrung bringen. Wir können uns darüber informieren, welche Taktiken der Satan hauptsächlich verwendet, indem wir uns mit den heiligen Schriften und den Aussagen neuzeitlicher Propheten befassen.

1. Der Gegner greift vorrangig die Stärksten auf der anderen Seite an

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Präsident George A. Smith (1817–1875) von der Ersten Präsidentschaft hat das anhand einer chinesischen Fabel veranschaulicht:

„Es war einmal ein Mann, der durch das Land reiste. Er kam in einer großen Stadt an, die überaus reich und prächtig war, sah sich um und meinte dann zu seinem Fremdenführer: ‚Hier wohnen gewiss sehr rechtschaffene Leute. Ich sehe nur einen einzigen kleinen Teufel in dieser riesigen Stadt.‘

Der Führer erwiderte: ‚Sie verstehen das falsch, mein Herr. Diese Stadt hat sich der Schlechtigkeit so sehr ergeben, dass es nur eines Teufels bedarf, um alle in Knechtschaft zu halten.‘

Der Mann setzte seine Reise fort und kam an einen steinigen Weg. Dort sah er, wie sich ein Greis abmühte, den Berg zu erklimmen. Dieser war von sieben riesigen, grobschlächtigen Teufeln umzingelt.

‚Alles, was recht ist‘, meinte der Reisende, ‚dieser Greis muss unfassbar böse sein. Sehen Sie nur, wie viele Teufel um ihn herum sind!‘

‚Das‘, erwiderte der Fremdenführer, ‚ist der einzig Rechtschaffene im Land. Sieben der gewaltigsten Teufel bemühen sich allesamt vergeblich darum, ihn von seinem Weg abzubringen.‘“5

Wenn der Satan ein Mitglied der Kirche vom rechten Weg abbringen kann, erringt er einen größeren Sieg, als wenn ihm dies bei jemandem gelingt, der nie einen Bund mit Gott geschlossen hat. Elder Larry R. Lawrence, emeritiertes Mitglied der Siebziger, hat erklärt: „Der Teufel nimmt zwar alle Menschen ins Visier, ganz besonders jedoch greift er jene an, bei denen er die größte Chance auf ewiges Glück wittert. Er ist ganz offensichtlich eifersüchtig auf einen jeden, der sich auf den Pfad zur Erhöhung begeben hat.“6

Eine noch entscheidendere Schlacht gewinnt der Gegner, wenn sich ein Führer der Kirche vom Widersacher überwältigen lässt. Präsident Spencer W. Kimball (1895–1985) hat geschrieben: „Der Satan hat es auf alle Menschen abgesehen, ganz besonders aber auf einflussreiche Führungskräfte. Er bemüht sich wohl sehr viel mehr, diejenigen für sich zu gewinnen, die andernfalls seine stärksten Gegner wären – einflussreiche Leute in hoher Position also, die viele davon abhalten könnten, sich dem Satan zu unterwerfen.“7

Das Wissen, dass der Satan seine Streitmacht gerade auf seine stärksten Gegner ansetzt, versetzt uns aber auch in die Lage, uns auf die Schlachten vorzubereiten, denen wir uns im Alltag immer wieder stellen müssen. Es kann uns motivieren, unablässig Abwehrmaßnahmen gegen unseren geistigen Feind zu ergreifen.

Zudem kann uns dieses Wissen helfen, wenn wir unseren Freunden und unserer Familie das Evangelium näherbringen. Elder Ronald A. Rasband vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Wir befinden uns im Krieg mit dem Satan, und es geht dabei um die Seele der Menschen. Wer gegen wen kämpft, zeigte sich bereits im vorirdischen Dasein. Der Satan und ein Drittel der Kinder des himmlischen Vaters wandten sich von der von Gott verheißenen Erhöhung ab. Seit dieser Zeit kämpfen die Gefolgsleute des Widersachers gegen die Treuen, die sich für den Plan des Vaters entschieden haben.“8

Wir wissen also, dass jeder von uns höchstwahrscheinlich auch seine eigenen Kämpfe gegen den Satan ausficht. Wenn wir nun das Evangelium verbreiten, sind wir besser darauf vorbereitet, solche Kämpfe zu erkennen und uns mit anderen ungeachtet ihrer Glaubensansichten im Kampf gegen unseren Gegner zusammenzuschließen.

2. Der Satan versucht mit seiner Streitmacht des Bösen, Ereignisse von großer geistiger Bedeutung zu verhindern

Gehen Sie diese Beispiele aus den Schriften einmal in Gedanken durch:

  • Der Satan wollte, dass Adam und Eva von der verbotenen Frucht im Garten von Eden essen, und setzte sie deswegen stark unter Druck. Er glaubte nämlich, auf diese Weise den Erlösungsplan schon im Frühstadium vereiteln zu können (siehe Mose 4:6-12).

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  • Unmittelbar nachdem Mose Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte, „schrie der Satan mit lauter Stimme und tobte auf der Erde und gebot“ Mose, ihn anzubeten (Mose 1:19).

  • Nachdem Christus 40 Tage lang gefastet und Zwiesprache mit dem Vater im Himmel gehalten hatte, versuchte der Satan, Christus zum Missbrauch seiner Macht zu verleiten (siehe Matthäus 4:2-11; Lukas 4:1-13).

  • Kurz bevor der Vater im Himmel und Jesus Christus Joseph Smith erschienen und damit die Wiederherstellung des Evangeliums auf Erden einläuteten, hatte sich Finsternis um ihn zusammengezogen (siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:15-17).

Im Laufe der Jahrhunderte sahen sich laut der heiligen Schriften immer wieder Menschen von bösen Mächten massiv bedrängt, ihre Rolle im Plan des Vaters im Himmel aufzugeben.

Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass der Satan und seine Anhänger alles daransetzen werden, die Kontrolle zu erlangen, um ein heiliges Ereignis oder zumindest dessen Fortgang zu unterbinden. Wie viele von uns haben schon kurz vor einem geistigen Ereignis Versuchungen nachgegeben, Prüfungen durchzustehen gehabt oder sind auf ein Hindernis gestoßen? Es verläuft selten reibungslos, wenn man eine neue Berufung bekommt, sich auf den Tempel vorbereitet oder an sonst einem geistigen Anlass beteiligt ist.

Präsident Brigham Young (1801–1877) hat einmal gesagt: „Wer mit Visionen, Offenbarungen und großartigen Kundgebungen gesegnet ist, sei auf der Hut, denn der Teufel rückt ihm auf den Leib. Je größer die Visionen, Offenbarungen und Kundgebungen, desto größer auch die Anfechtung.“9

3. Der Teufel wird von seinem Stolz angetrieben

Im vorirdischen Dasein brüstete sich der Satan dem Vater im Himmel gegenüber: „Ich will die ganze Menschheit erlösen, … darum gib mir deine Ehre.“ (Mose 4:1.) Dieser Stolz wurde ihm zum Verhängnis und führte dazu, dass er ausgestoßen wurde. Jesaja hat geschrieben:

„Wie bist du vom Himmel gefallen, Strahlender, du Sohn der Morgenröte. …

Du aber hattest in deinem Herzen gesagt: Den Himmel will ich ersteigen, hoch über den Sternen Gottes meinen Thron aufrichten.

[D]em Höchsten will ich mich gleichstellen.“ (Jesaja 14:12-14.)

Wir selbst müssen uns ebenfalls vor Stolz hüten und dürfen nicht zulassen, dass der Satan sich seiner bedient, um uns in Versuchung zu führen. Der Satan könnte sich unseren Stolz etwa zunutze machen, indem er uns mit dem, was ein anderer sagt, in Versuchung führt, sodass wir dermaßen gekränkt sind, dass wir der Kirche den Rücken kehren. Oder er macht sich unseren Stolz zunutze, indem er uns aufstachelt, immerzu Recht haben zu müssen, anstatt auch mal zuzuhören und unseren Nächsten zu lieben.

Wer die Strategien des Satans kennt, kann sie zerschlagen

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Der Satan und seine Anhänger versuchen, uns zu besiegen. Wir sind von diesen Gegnern umgeben und für ihren Einfluss, dem wir tagtäglich ausgesetzt sind, empfänglich. Unterschätzen wir daher nicht ihre Macht und tun wir ihre Beweggründe nicht leichtfertig ab.

Auf genau diesen Kampf wurden wir ja bereits im vorirdischen Leben vorbereitet. Präsident Joseph F. Smith (1838–1918) hatte einst eine Vision, in der er auserwählte Geister sah, die „ihre ersten Unterweisungen [erhielten] und … darauf vorbereitet [wurden], zu der vom Herrn bestimmten Zeit hervorzukommen und in seinem Weingarten für die Errettung der Menschenseelen zu arbeiten“ (Lehre und Bündnisse 138:56). Jeder Mensch auf dieser Erde hat sich im vorirdischen Dasein dafür entschieden, dem Plan des Vaters im Himmel zu folgen, und kann dies jetzt auch wieder tun.

Unser Vater im Himmel wusste, dass diese Letzten Tage von Gefahren, Verderbtheit und Heimtücke nur so wimmeln. Um den Satan und seine erprobte, schlagkräftige Streitmacht in den letzten Konflikten vor dem Zweiten Kommen des Erretters zu bezwingen, müssen wir daran arbeiten, zu den stärksten und treuesten Töchtern und Söhnen Gottes zu zählen.

Anmerkungen

  1. George Q. Cannon, Gospel Truth, Hg. Jerreld L. Newquist, 1987, Seite 64f.

  2. Russell M. Nelson, „The Canker of Contention“, Ensign, Mai 1989, Seite 69

  3. Siehe Evangeliumsthemen, „Krieg im Himmel“, topics.ChurchofJesusChrist.org; siehe auch Schriftenführer, Stichwort „Krieg im Himmel“

  4. Ulisses Soares, „Ja, wir können und werden siegen!“, Liahona, Mai 2015, Seite 75

  5. George A. Smith, „Discourse“, Deseret News, 11. November 1857, Seite 287

  6. Larry R. Lawrence, „Der Krieg geht weiter“, Liahona, April 2017, Seite 33

  7. Spencer W. Kimball, The Miracle of Forgiveness, 1969, Seite 175

  8. Ronald A. Rasband, „Eine Festung der Geistigkeit und des Schutzes“, Liahona, Mai 2019, Seite 108

  9. Brigham Young, „Discourse“, Deseret News, 27. Februar 1856, Seite 402