Die heiligen Schriften für unsere Kinder zum Leben erwecken
Sie können nachfolgende Anregungen nutzen, um Kindern nahezubringen, dass die Schriften wahr sind und große Wirkkraft haben.
Diesen Tag werde ich nie vergessen. In meiner PV-Klasse trugen Brandon und sein Kumpel Bademäntel, und alle anderen hatten sich hinter einem Klappstuhl verschanzt. Wir stellten die Geschichte von Alma und Amulek nach, als die Gläubigen ins Feuer geworfen wurden. Brandon stellte Alma dar. Als er die Stelle vorlas, wo Alma vom Geist davon zurückgehalten wurde, die Menschen zu retten, kullerten ihm Tränen die Wangen hinab. Schließlich sah er mich verzweifelt an: „Schwester Boyack, ich kann das einfach nicht lesen! Es ist zu traurig!“
Brandon war sonst im Unterricht immer ein ziemlicher Rabauke. An dem Tag spürte er jedoch den Geist sehr stark. An dem Tag erwachte das Buch Mormon für ihn zum Leben.
Die heiligen Schriften zum Leben erwecken
Das Gebot, das der Herr Adam gab, gilt auch für uns: „Lehre dies deine Kinder, dass alle Menschen, wo auch immer, umkehren müssen, sonst können sie keinesfalls das Reich Gottes ererben.“ (Mose 6:57.) Mit ähnlichen Worten sagte der Herr sogleich weiter: „Darum gebe ich dir das Gebot, dies alles deine Kinder frei und offen zu lehren.“ (Mose 6:58.)
Da uns die Kinder am Herzen liegen, wollen wir dazu beitragen, dass ihnen die heiligen Schriften ans Herz wachsen. Eine Möglichkeit hierzu besteht darin, die Schriften für sie zum Leben zu erwecken. Kinder sind leicht zu begeistern und bereit, sich Ziele für das Studium des Alten Testaments zu setzen, wenn wir sie so unterweisen, dass sie ein Gefühl dafür entwickeln, dass die Schriften etwas mit ihrem Leben zu tun haben (siehe 1 Nephi 19:23).
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie wir unseren Kindern helfen können, zu spüren, dass die heiligen Schriften wahr sind und große Wirkkraft haben.
Rollenspiele
Geschichten aus dem Alten Testament können durch Rollenspiele mit Leben erfüllt werden. Ob die Kinder sich als Noach und seine Familie verkleiden und ihre Plüschtiere in die „Arche“ holen, Ihr Sohn sich als mutiger Daniel unter dem Tisch mit seinem Plüschlöwen in eine „Grube“ zurückzieht oder Ihre Tochter als kühne Prophetin Debora ihre Brüder und Schwestern als Heer Israels anführt: Rollenspiele können die Geschichten des Alten Testaments mit Leben erfüllen.
Es liegt zwar schon Jahrzehnte zurück, doch den Tag damals im Seminar am frühen Morgen in Michigan werde ich nie vergessen. Mein Lehrer besprach mit uns die Mission unter den Zoramiten im Buch Mormon. Plötzlich sprang er auf den Tisch und las mit lauter Stimme das Gebet vor, das jeder Zoramit auf dem Rameumptom ausrufen musste. Auf einen Schlag waren wir alle hellwach! Trotz der langen Zeit hat sich dieses Erlebnis in mein Gedächtnis eingebrannt. So hat ein Lehrer bei einer Gruppe von Teenagern mit seinem Rollenspiel einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Jahrelang war es für meine Söhne ein Riesenspaß, auf die Sofalehne zu steigen und als Samuel der Lamanit dem Volk von der Mauer herab Umkehr zu predigen oder wie einstens Mose den Stab zu erheben und zu verkünden: „Lass mein Volk ziehen!“
Wenn Kinder Geschichten aus den heiligen Schriften als Rollenspiel nachstellen, werden die Schriften für sie erlebbar und greifbar.
Die richtige Umgebung
Kinder brauchen Greifbares. So nehmen sie Informationen auf, verarbeiten und begreifen sie, um sie dann schließlich in die Tat umsetzen zu können. Dazu sollten wir ein Umfeld schaffen, in dem die Schriften mit dem gegenständlichen Leben der Kinder in Verbindung gebracht werden. Ein Beispiel: Als unsere vier Söhne noch klein waren, haben wir zusammen das Buch Mormon durchgenommen. Ein Familienabend fand einmal in unserem Zelt statt. Unser Thema war Lehi, der mit seiner Familie durch die Wildnis zog. Wir sprachen darüber, wie es wohl für Lehis Familie gewesen sein mochte, so lange zu reisen und in einem Zelt zu wohnen. Da erwachte die Geschichte für sie zum Leben.
Wenn Sie vermitteln wollen, was Abraham erlebte, als ihm der Herr von den Sternen und dem Himmelsgewölbe erzählte, kann die Umgebung eine große Rolle spielen. Stellen Sie sich vor, Sie erzählen davon später am Abend, wenn Sie mit Ihren Kindern im Gras liegen und die Sterne über Ihnen funkeln. Was Abraham damals erlebt hat, bekommt dann eine viel tiefere Bedeutung für sie.
Sicherlich können Sie zuhause vorlesen, wie die Mauern Jerichos zum Einsturz gebracht wurden. Sie könnten sich aber auch an eine hohe Mauer setzen und die Geschichte dort vorlesen. Die Kinder werden von diesem Wunder tief beeindruckt sein.
Anstatt den Bau von Salomos Tempel zuhause zu besprechen, könnten Sie mit Ihren Kindern zum Tempel fahren – falls in Ihrer Nähe einer ist –, die Geschichte auf dem Tempelgelände lesen und darüber sprechen, wie wichtig das Haus des Herrn für sie ist.
Anstatt die Reise der Israeliten ins gelobte Land nur zuhause zu besprechen, könnten Sie Ihre Kinder auf eine Wanderung mitnehmen und dabei PV-Lieder singen.
Solche Erlebnisse können unglaublich dabei helfen, dass Kinder spüren, dass die Geschichten aus den heiligen Schriften, die sie hören oder lesen, sich wirklich zugetragen haben. An Erlebnisse wie diese erinnern sich Ihre Kinder auch gerne zurück – die heiligen Schriften sind dadurch für sie lebendig und greifbar.
Fragen stellen
Wir können den Kindern die heiligen Schriften näherbringen, wenn wir Fragen stellen.
„Wie würdest du dich fühlen, wenn dir niemand zuhört?“ ist eine Frage, die Noachs Geschichte in die Gegenwart holt.
Die Frage „Wie wäre es für dich, wenn du in einem fremden Land im Gefängnis sitzt, wo niemand die gleiche Religion hat wie du?“ macht Josefs Geschichte erlebbar.
Bei der Frage „Wie mag es wohl gewesen sein, in einen glühenden Feuerofen geworfen zu werden?“ sind hinterher bestimmt alle erleichtert, dass Schadrach, Meschach und Abed-Nego das Abenteuer unversehrt überstanden haben.
Wenn wir Fragen stellen, ist es wichtig, dass unsere Kinder ihre Meinung frei äußern dürfen, ohne kritisiert zu werden. Lassen Sie sie einfach reden. Lassen Sie sie die Geschichte verarbeiten. Regen Sie sie an, selbst viele eigene Fragen zu stellen.
Das Gelernte anwenden
Am besten eignen sich Fragen, die den Kindern helfen, die Schriften auf sich zu beziehen.
„Was hast du aus der ersten Vision Joseph Smiths gelernt? Hast du schon mal daran gedacht, um Antwort zu beten? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?“
„Jona landete in einem großen Fisch. Inwiefern hilft dir diese Geschichte bei deiner Entscheidung, Gottes Gebote zu befolgen?“
„Wie hat sich Maria wohl gefühlt, als der Engel ihr verkündete, sie werde ein Baby bekommen, nämlich den Sohn Gottes? Inwiefern hilft dir das, nach Gottes Plan für dein Leben vorzugehen?“
Das Gelernte anzuwenden ist für unsere Jugendlichen besonders wichtig, denn sie fangen gerade damit an, über die Lehren und Grundsätze aus den heiligen Schriften nachzudenken und sie in ihr Leben einzubeziehen. Wenn die Jugendlichen das Gelernte anwenden, wird auch untermauert, dass die Antwort auf ihre Fragen zumeist in den heiligen Schriften zu finden ist und die Schriften für jede Lebenslage relevant sind.
Unterschiedliche Lerntypen
Jeder lernt auf unterschiedliche Weise. Manche lernen am besten visuell, zum Beispiel, indem sie lesen. Andere wiederum lernen besser auditiv, indem sie zum Beispiel zuhören. Wieder andere lernen motorisch, etwa durch Bewegung oder eine Tätigkeit oder indem sie etwas von Hand anfertigen.
Um Kindern die Schriften begreiflich zu machen, damit sie sie anwenden können, richtet man sich am besten nach ihrem Lerntyp. Hierzu sollte man einschätzen können, welcher Lerntyp das Kind am ehesten ist. PV-Lehrer können sich bei den Eltern nach dem Lerntyp der Kinder erkundigen und die Lehrmethoden entsprechend individuell anpassen.
Der visuelle Lerntyp hat gerne seine eigenen heiligen Schriften, damit er beim Lesen Stellen markieren kann. Er findet es auch schön, wenn in seinem Zimmer oder anderswo zuhause Bilder von Geschichten aus den heiligen Schriften hängen.
Der auditive Lerntyp hört Geschichten aus den Schriften gern zu. Kinder dieses Typs können Bibelstellen selbst vorlesen, sie auf dem Computer oder Handy anhören oder sich von den Eltern oder Geschwistern vorlesen lassen.
Der motorische Lerntyp benötigt für das Schriftstudium zusätzlich eine körperlich aktive Komponente. So könnte ein Kind dieses Typs beispielsweise ein Bild zu einer Geschichte aus den Schriften malen, während Sie sie ihm vorlesen. Es hat ebenfalls gerne seine eigenen heiligen Schriften, in denen es Stellen markieren oder ausmalen kann.
Das Kombinieren von Lehrmethoden bringt besonders viel und lässt die heiligen Schriften lebendig werden. Anstatt also nur über Mose und die Zehn Gebote zu sprechen, könnten Sie die Kinder zum Beispiel Tontafeln modellieren oder ein Bild von Mose malen lassen, wie er auf dem Berg die Zehn Gebote empfängt. Auf diese Weise merken sie sich die Geschichte leichter. Beim Studium nach dem Lehrplan Komm und folge mir nach! könnten Sie Buntstifte verteilen. Ältere Kinder möchten vielleicht die heiligen Schriften mit Kennfarben markieren, und die kleineren Kinder könnten ein Bild malen, während Mama oder Papa die jeweilige Geschichte vorlesen. Dies ist eine äußerst wirksame Kombination aus visuellem, auditivem und motorischem Lernen.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie wir die heiligen Schriften für unsere Kinder greifbar machen können. Dann lernen sie mehr, haben mehr Freude an den Schriften und können sie viel besser in die Tat umsetzen. Wir hoffen, dass unsere Kinder dadurch eine innige Beziehung zu den heiligen Schriften entwickeln. Dieses Ziel ist jede Mühe wert!