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Wie der Heiland heilend wirken
Mithilfe dieser sechs Grundsätze gelingt es uns besser, unsere Mitmenschen zu unterstützen
Hat Ihnen jemand schon mal eine schwierige Situation geschildert und Sie waren sich nicht sicher, wie Sie am besten helfen können, oder haben Sie später zurückgeblickt und sich gewünscht, Sie hätten anders reagiert? Haben Sie schon mal eine Berufung angenommen und sich dabei gefragt, inwieweit Sie denjenigen, um die Sie sich kümmern sollen, überhaupt helfen können?
In der dritten Strophe des Liedes „Herr, ich will folgen dir“ (Gesangbuch, Nr. 148) heißt es: „Ich will meinem Nächsten dienen, heilend, tröstend bei ihm sein.“ Was für ein schöner Wunsch! Wir alle können ungeachtet unseres Werdegangs oder unserer Lebensumstände mehr wie der Heiland sein und andere aufrichten und stärken.
Nachfolgend sechs Grundsätze, die uns dabei helfen können, unserem Nächsten heilend und tröstend beizustehen. 1
1. Zuallererst liebevoll sein
Alle Kinder Gottes verdienen es, liebevoll und freundlich behandelt zu werden. Wir mögen die individuellen Erfahrungen eines Menschen zwar nicht begreifen, aber wir können stets Liebe zeigen. Wenn uns jemand wirklich am Herzen liegt, macht sich das in unserem Umgang mit ihm bemerkbar. Das schafft eine Vertrauensbasis, die besonders dann enorm hilfreich sein kann, wenn schwierige Gespräche zu meistern sind – schließlich wählen wir nicht immer die richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt.
2. Aufmerksam und einfühlsam zuhören
Stellen Sie, was Gefühle oder Verhaltensweisen Ihres Gegenübers angeht, besser keine Mutmaßungen an. Stellen Sie stattdessen Fragen und hören Sie zu, damit Sie besser verstehen lernen, was Ihr Gesprächspartner durchmacht. Halten Sie sich vor Augen, dass es nicht Ihre Aufgabe ist, die Situation zu beheben. Konzentrieren wir uns nur auf die Problemlösung, geben wir mitunter unabsichtlich zu verstehen, dass wir das, was unser Gegenüber erzählt, nicht ernst nehmen.
Hören wir dem Betreffenden stattdessen lieber geduldig zu und versuchen wir, ihn zu verstehen, ohne dabei festzulegen, was wir als Nächstes erwidern wollen. Wenn wir lernen, einfach zuzuhören und Zeit mit jemandem zu verbringen, der von seinem Kummer erzählt, schaffen wir ein Gefühl der Verbundenheit, das an sich bereits heilende Wirkung entfaltet.
3. Die Wahrheit darlegen
Haben wir die Situation erfasst, fühlen wir uns vielleicht gedrängt, davon zu erzählen, was wir über trostspendende Evangeliumsgrundsätze wissen. Bitten Sie den Geist im Gebet um Beistand, um wissen zu können, was Sie sagen sollen. Konzentrieren Sie sich auf Wahrheiten, die dem Ratsuchenden helfen, einen Weg einzuschlagen, der zu ewiger Freude führt.
Michelle D. Craig, Erste Ratgeberin in der Präsidentschaft der Jungen Damen, hat gesagt: „Das Wichtigste ist vielleicht, dass wir glasklar sehen, wer Gott ist und wer wir wirklich sind, nämlich Söhne und Töchter himmlischer Eltern, und wir haben ‚ein göttliches Wesen und eine ewige Bestimmung‘.“ 2
4. Den Glauben nähren
Wir können anderen ans Herz legen, Glauben an ihren Vater im Himmel auszuüben, der sie kennt und liebt, an ihren Erretter, der sie vollkommen versteht, und an den Heiligen Geist, der sie bereitwillig führt. Mit ihnen zu beten oder gemeinsam in den heiligen Schriften zu lesen ist nicht schwer und kann dazu beitragen, ihren Glauben zu nähren.
Präsident Russell M. Nelson hat verheißen:
Der Herr verlangt von uns keinen vollkommenen Glauben, damit wir auf seine vollkommene Macht zugreifen können. Dennoch bittet er uns, zu glauben. …
Ich [rufe] Sie auf, ab heute Ihren Glauben zu vergrößern. Durch Ihren Glauben wird Jesus Christus Ihre Fähigkeit erhöhen, die Berge in Ihrem Leben zu versetzen, auch wenn Ihre ganz eigenen Herausforderungen sich vor Ihnen auftürmen sollten wie der Mount Everest.“ 3
Das gilt nicht nur für uns, sondern auch für diejenigen, denen wir helfen wollen.
5. Weiterhin für den anderen da sein
Wenn wir Beziehungen aufbauen und anderen aufmerksam zuhören und dadurch herausfinden, was sie brauchen, können wir darauf vertrauen, dass der Geist uns erkennen lässt, welche Maßnahmen zu ergreifen sind – kurzfristig wie langfristig. Manche Prüfungen und Herausforderungen ziehen sich lange hin. Diejenigen, die wir betreuen, brauchen vielleicht über die Überwindung der anfänglichen Krise hinaus weitere Hilfestellung. Wenn wir uns im Gebet um Führung bemühen und dann Augen und Herz öffnen, empfangen wir Hilfe von oben. So erkennen wir, wie wir füreinander auf vernünftige Weise da sein können.
6. Über das sprechen, was einen selbst belastet
Viele von uns sind bereit, einem anderen zu helfen. Doch wie viele von uns sind bereit, auf die aufrichtige Frage: „Wie geht’s?“ eine ehrliche Antwort zu geben? Bringen wir anderen genügend Vertrauen entgegen, um uns verletzlich zu zeigen und zu erzählen, was in unserem Leben tatsächlich vor sich geht?
In den heiligen Schriften ist mehrmals davon die Rede, dass der Erretter Hilfe angenommen oder sogar um Hilfe gebeten hat. Hier ein paar Beispiele:
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Er war bei anderen zu Tisch (siehe Markus 2).
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Er ließ zu, dass seine Füße mit kostbarem Öl gesalbt wurden (siehe Lukas 7).
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Er bat die Frau am Brunnen um Wasser (siehe Johannes 4).
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Wenn er erschüttert war, verbarg er es nicht (siehe Johannes 11).
Diese Berichte aus dem Leben des Erretters verraten uns vielleicht eines: Sind wir anderen gegenüber ehrlich und öffnen uns, können wir ihnen ein Segen sein und werden zugleich selbst gesegnet. Vielleicht erzählen wir etwas, was jemanden erkennen lässt, dass er nicht der Einzige ist, der Kämpfe ausficht – und vielleicht werden durch den Betreffenden sogar unsere Gebete erhört.
Wir brauchen keine Angst davor zu haben, wenn jemand seine Probleme bei uns ablädt. Wenn wir von Liebe motiviert und willens sind zuzuhören, lässt uns der Geist erkennen, wie wir für andere da sein und ihren Glauben nähren können. Auch wir können und sollen um Hilfe bitten. Auf diese Weise folgen wir dem Beispiel Jesu Christi, denn er ist ja „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14:6). Er ist die wahre Quelle des Trostes und der Hoffnung. Er ist der große Heiler.