„Das Garment des heiligen Priestertums“, Liahona, September 2024
Das Garment des heiligen Priestertums
Im Rahmen des Endowments erhalten wir im Tempel eine heilige, greifbare Erinnerung an unsere Bündnisse – ein Symbol für den Erretter höchstpersönlich
Ungeachtet dessen, dass Adam und Eva zweifellos vorbereitet worden waren und Zusicherungen erhalten hatten, an die zu denken sie bemüht waren, muss es für die beiden ein enormer Schock gewesen sein, ihren paradiesischen Garten von Eden zu verlassen und eine gefallene Welt zu betreten.
Ihnen wurde ernstlich bewusst, was es bedeutete, ihr beschauliches, sorgloses Leben gegen eine Welt voller Gegensätze, Schweiß, Dornen und Kummer einzutauschen, und dass am Ende etwas eintreten sollte, was als Tod bezeichnet wurde. Anfangs konnten sie wohl die volle Bedeutung all dessen noch nicht ermessen, doch sie lernten schnell, dass jeder Tag neuen Schmerz mit sich bringen konnte. Ja, am schmerzlichsten war die Erkenntnis, dass sie all dies getrennt von ihrem Vater im Himmel durchleben mussten – „aus seiner Gegenwart ausgeschlossen“, wie Mose später schrieb.
Wie tröstlich muss es doch für Adam und Eva angesichts dieser Trennung und Einsamkeit in einer kalten, öden Welt gewesen sein, sich an eines zu erinnern: dass Verheißungen gemacht worden waren – etwas Heiliges und Ewiges, was als Bündnisse bezeichnet wurde. Sie hatten versprochen, dem Vater ihr Leben lang zu gehorchen, und er hatte verheißen, für einen Erretter zu sorgen. Dieser sollte ihren Schmerz und Kummer lindern, für ihre Fehler sühnen und sie sicher in Gottes Gegenwart zurückbringen.
Aber wie sollten sich jene sterblichen Menschen daran erinnern, was sie versprochen hatten? Wie sollten sie sich ihrer gefährlichen Lage bewusst sein – rund um die Uhr, Tag und Nacht?
Eine Erinnerung an ihre Bündnisse
Als beständige Erinnerung daran gab Gott ihnen „Röcke aus Tierhaut“. Was für ein Geschenk das doch war, und es kam genau zum richtigen Zeitpunkt! Nachdem Adam und Eva von der verbotenen Frucht gegessen hatten, wurde ihnen fast augenblicklich bewusst, dass sie nackt waren. Zuerst versuchten sie, ihre Nacktheit mit Feigenblättern zu bedecken. Da sie befürchteten, dies würde nicht ausreichen, versuchten sie, sich vor dem Herrn zu verstecken. (Ein so unsinniges Verhalten war ein Beweis dafür, dass irdisches Leben Einzug hielt!) Seit jenem Augenblick und bis heute ruft der liebevolle Vater seinen Kindern immer wieder zu, sie mögen doch aus ihrem Versteck heraus und zu ihm kommen. Und wie damals bei den Röcken aus Tierhaut und den verschiedenen Kleidungsstücken seither hat er uns in seiner Barmherzigkeit nicht nackt zurückgelassen, sondern bekleidet die Gehorsamen mit einem „Gewand der Rechtschaffenheit“, das uns an unsere Versprechen und Bündnisse erinnert. Diese „Gewänder des Heils“ symbolisieren das größte Geschenk von allen – das Sühnopfer Jesu Christi.
Das Garment ist ein Symbol für den Erretter
Nun, all diese Überlegungen zu Adam und Eva und zu Bündnissen und Kleidung sind natürlich mehr als bloß ein Gedankenspiel. Man kann sich gut vorstellen, wie Adam und Eva zumute gewesen sein muss, denn auch uns stellen sich in dieser gefallenen Welt ja Schwierigkeiten in den Weg. Auch wir wurden von der Gegenwart Gottes abgeschnitten, und jedes Mal, wenn wir ein Gebot übertreten, entfernen wir uns weiter davon. Wie Adam und Eva haben auch wir denselben Erretter: Jesus Christus aus Nazaret, Alpha und Omega, den Sohn des lebendigen Gottes. Wie Adam und Eva haben auch wir Bündnisse mit Gott geschlossen. Und im Rahmen des Endowments erhalten wir im Tempel eine heilige, greifbare Erinnerung an unsere Bündnisse – ein Symbol für den Erretter höchstpersönlich. In unserer Evangeliumszeit bezeichnen wir es als Garment des heiligen Priestertums.
Wir tragen das Garment unter der Oberbekleidung. Welche Aufgaben ich auch habe, welche Rolle ich im Leben auch wahrnehme, was auch immer die Pflichten des Alltags erfordern – unter all dem findet sich die Grundlage meiner Bündnisse, und zwar für immer und ewig. Unter all dem findet sich die Grundlage jener heiliger Versprechen, an denen ich mich unbedingt festhalten will. Das Garment wird vor der Welt nicht zur Schau gestellt, und ebenso wenig tue ich das mit meinen Bündnissen. Aber ich behalte beides nah bei mir – so nah wie möglich. Sie sind zutiefst persönlich und hochheilig.
Um an diese Bündnisse zu denken – diese beidseitigen Versprechen –, tragen wir das Garment unser Leben lang. Diese Gewohnheit spiegelt unseren Wunsch wider, der Erretter möge ein steter Einfluss in unserem Leben sein. Andere Symbole, die wir wertschätzen, begleiten uns nicht ständig. Wir lassen uns nur einmal im Leben taufen. Wir nehmen einmal in der Woche vom Abendmahl. Wir gehen in den Tempel, so wie die Umstände es erlauben. Aber mit dem Garment des heiligen Priestertums ist es anders: Dieses Symbol halten wir Tag und Nacht in Ehren.
Und genau so ist es mit Bündnissen: Wir schieben sie nicht aus Bequemlichkeit oder Nachlässigkeit beiseite oder ändern sie ab, um sie den Sitten und dem Zeitgeist der Gesellschaft anzupassen. Im Leben eines Jüngers Jesu Christi müssen die Wege der Welt so angepasst werden, dass sie im Einklang mit unseren Bündnissen stehen, nicht andersherum.
Wenn wir das Garment anlegen, legen wir, wie die Erste Präsidentschaft dargelegt hat, ein heiliges Symbol für Jesus Christus an. Wenn dem so ist – warum sollten wir jemals nach einer Ausrede suchen, um dieses Symbol abzulegen? Warum sollten wir uns der verheißenen Macht, des Schutzes und der Barmherzigkeit berauben, für die das Garment steht? Es ist sogar so: Wann immer wir das Garment vorübergehend ablegen müssen, sollten wir beflissen sein, es so schnell wie möglich wieder anzuziehen, denn dann denken wir sowohl an die Verheißungen als auch an die Gefahren, die unseren Bündnissen Bedeutung verleihen. Vor allem denken wir an das Kreuz und das leere Grab Christi.
Der eine oder andere mag sagen: „Ich habe andere Methoden, um an Jesus zu denken.“ Dazu kann ich nur sagen: Das ist wunderbar! Je mehr, desto besser. Überlegen wir uns doch alle so viele Möglichkeiten, wie es geht, wie wir unser Versprechen, „immer an ihn zu denken“, einhalten können. Dabei wäre es jedoch unaufrichtig, genau die Erinnerung bewusst außer Acht zu lassen, die der Herr denen gegeben hat, die das Endowment empfangen haben, nämlich das Garment des heiligen Priestertums.
Jesus Christus und sein Evangelium bedeuten mir alles. All meine ewigen Hoffnungen und Erwartungen, alles, was mir lieb und teuer ist, hängen an ihm. Er ist „der Fels meiner Errettung“ – mein Weg zu meinem Vater im Himmel, mein einziger Weg zurück zu dem, was ich einmal hatte und jetzt wieder haben möchte – und noch so viel mehr. Sein Geschenk an uns ist das großzügigste, was ich je empfangen habe, und das großzügigste, was überhaupt je gemacht wurde – erkauft mit grenzenlosem Leid, gegeben an eine unbegrenzte Anzahl von Menschen, überreicht mit grenzenloser Liebe. Die Dornen und Disteln, der Schmerz und die Qual, der Kummer und die Sünde dieser gefallenen Welt sind allesamt „in Christus verschlungen“.
Ich trage daher das Garment des heiligen Priestertums – so wie es angebracht ist, jeden Tag und jede Nacht, seit ich vor 64 Jahren als 19-Jähriger das Endowment empfangen habe –, weil ich den Herrn liebe und weil ich die Verheißungen brauche, für die es steht.
Haben Sie Fragen zum Tragen des Garments?
Einige von Ihnen lesen diesen Artikel vielleicht in der Hoffnung, dass ich eine bestimmte Frage zum Garment beantworte. Vielleicht hoffen Sie auf eine Formulierung wie: „So spricht der Herr“ oder: „So sprechen seine Knechte“, weil Sie etwas auf dem Herzen haben. Ihre Frage rührt vielleicht aus persönlichen Lebensumständen her und hat mit Beruf, Sport, Hygiene, Klima, Anstand, sanitären Einrichtungen oder gar einer Krankheit zu tun.
Manche Antworten auf derlei Fragen finden Sie unter Tempel.KircheJesuChristi.org und in Abschnitt 38.5 im Allgemeinen Handbuch. Sie können Angehörige und Führungsverantwortliche Ihres Vertrauens bei persönlichen Fragen zu Rate ziehen. Bei den Vorverordnungen werden jedoch ganz klare Anweisungen gegeben, und Ihr Vater im Himmel, der Sie kennt und liebt und alles über Ihre Lebensumstände weiß, ist immer und ewig für Sie da. Er würde sich außerordentlich freuen, wenn Sie ihm Ihre Fragen persönlich stellen.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Wenn Sie nach göttlicher Führung streben, wird der Heilige Geist Ihnen nicht eingeben, weniger zu tun, als die im Tempel erhaltenen Anweisungen und den prophetischen Rat zu befolgen, den die Erste Präsidentschaft unlängst in ihrer Erklärung verlautbart hat. Ein liebevoller Vater wird Ihnen nicht dabei helfen, es zu rechtfertigen, wenn Sie weniger tun, als Sie können, um sich an seinen Maßstäben für Treue und Anstand auszurichten, die Ihnen jetzt und immerdar zum Segen gereichen. Aber versteht er Ihre Fragen und hilft er Ihnen, die Segnungen zu empfangen, die damit einhergehen, dass Sie das Garment und Ihre Bündnisse in Ehren halten? Jawohl! Sollten Sie bei Bedarf auch kompetente Ärzte und medizinische Fachkräfte hinzuziehen? Aber natürlich! Sollten Sie Ihren gesunden Menschenverstand abschalten oder über das Ziel hinausschauen? Ich bete darum, dass Sie das nicht tun!
Ich kann nicht alle Fragen beantworten, die Sie haben. Ich kann nicht einmal alle Fragen beantworten, die ich habe. Aber als Apostel des Herrn Jesus Christus kann ich Ihnen die Hilfe eines liebevollen Gottes verheißen, der Ihnen Erfolg und Segnungen zukommen lassen möchte, und zwar auf eine Weise, die Sie jetzt weder ergründen noch vorhersehen können – wenn Sie schlicht die Bündnisse halten, die Sie mit ihm geschlossen haben.