2006
Wieder rein!
Oktober 2006


Wieder rein!

„Eure Kleider [sind] durch das Blut Christi … gesäubert und weiß gemacht worden.“ (Alma 5:27.)

Nach einer wahren Begebenheit

Das Wasser fühlte sich warm und weich an, als ich in das Becken stieg. Mein Vater stieg schmun-zelnd die Stufen auf der anderen Seite hinunter. Ich sah mich zu all den Menschen um, die eng aneinander vor dem Taufbecken standen: Menschen, die mich liebten und nur wegen mir gekommen waren! Vater sprach das Taufgebet und tauchte mich unter. Ich werde nie vergessen, wie ich mich gefühlt habe, als ich aus dem Wasser herauskam – glücklich und rein. Als ich aus dem Becken stieg, wartete meine Mutter schon mit einem großen Handtuch, das sie mit einer Umarmung um mich legte.

Ich trocknete mich ab und zog mein neues weißes Kleid mit Lochstickerei an, das wir für den heutigen Tag ausgesucht hatten. Dann ging ich zurück in den Raum, in dem meine Familie und meine Freunde warteten. Mein Vater, beide Großväter und mein Onkel legten mir die Hände auf und konfirmierten mich als Mitglied der Kirche.

Danach kamen alle zu mir und umarmten mich oder gaben mir die Hand. Mein Heimlehrer sagte: „Jetzt, in diesem Augenblick, bist du rein! Du hast keine Sünden!“

Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Mir wurde klar, dass ich zu diesem Zeitpunkt praktisch vollkommen war. Ich beschloss, so zu bleiben, solange ich nur konnte.

Alle gingen nach draußen und saßen auf dem sanft abfallenden Rasen. Dabei unterhielten sie sich, aßen etwas und genossen den Blick auf den Potomac River.

Nach einiger Zeit standen meine Cousinen, meine Freunde und ich auf. Wir wollten ein bisschen herumrennen. „Sei vorsichtig“, rief meine Mutter. „Denk daran, dass du dein neues Kleid anhast.“

Wir spielten Verstecken und jagten einander um die Bäume. Mir gefiel, wie mein Kleid sich aufbauschte, wenn ich herumwirbelte.

Dann passierte das Schlimmste. Ich rutschte aus und fiel in eine Matschpfütze, die der Morgenregen hinterlassen hatte. Ich hörte viele nach Luft schnappen und einige kichern, als ich aufstand. Mein weißes Kleid war ganz schmutzig! Aber noch viel schlimmer war, dass ich jetzt schon etwas falsch gemacht hatte, weil ich nicht auf meine Mutter gehört hatte. Ich rannte ins Haus und ins Bad, doch die Tränen kamen mir schon, ehe ich dort ankam. Das Kleid musste sauber werden. Ich wollte so lange schrubben, bis es wieder sauber war. Ich zog mein Kleid nach oben ins Waschbecken und ließ Wasser über den Fleck laufen. Er wurde heller, war aber noch immer vorn auf meinem neuen weißen Kleid zu sehen.

Ich verließ das Gemeindehaus auf der anderen Seite, setzte mich auf den Bordstein in der Nähe des Parkplatzes und beobachtete die flirrende Luft über dem Asphalt. Da hörte ich, wie die Tür sich hinter mir öffnete und wieder schloss. Meine Mutter setzte sich neben mich und legte den Arm um mich.

„Du bist also in den Matsch gefallen.“

Ich nickte.

„Wir können es sicher waschen, der Fleck wird wieder herausgehen“, sagte sie.

Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe es am Waschbecken schon versucht, aber es ging nicht. Es tut mir Leid. Ich glaube nicht, dass der Fleck wieder rausgeht. Werde ich das Kleid jemals wieder anziehen können?“ Dabei kamen mir schon wieder die Tränen.

Ich dachte, meine Mutter würde mit mir schimpfen, weil ich ein neues Kleid ruiniert hatte, aber sie sagte. „Wahrscheinlich wirst du dich jetzt noch besser an diesen Tag erinnern.“

Das stimmte. Wer konnte schon vergessen, dass er seine eigene Taufe ruiniert hatte!

„Du wirst in deinem Leben noch einige Fehler machen“, sagte meine Mutter. „Das machen wir alle. Und wie sehr du dich auch anstrengst, du wirst sie nicht vollständig aus deinem Leben entfernen können. Aber weißt du, wer es kann?“

„Jesus Christus?“

Mutter nickte. „Der himmlische Vater und Jesus Christus wollen uns vergeben. Wenn wir umkehren und demütig bitten, kann Jesus uns wieder rein machen – so rein, wie du warst, als du aus dem Taufbecken gestiegen bist. Das Sühnopfer Jesu Christi ist das größte Geschenk, das der himmlische Vater uns gibt. Und weißt du auch, was uns jede Woche helfen kann, wieder rein zu werden?“

Ich nickte langsam. „Das Abendmahl.“

„Genau. Wenn wir vom Abendmahl nehmen, erneuern wir die Bündnisse, die wir bei der Taufe geschlossen haben.“ Mutter legte die Hand auf mein Knie und stand auf. „Mit ein wenig Bleiche wird das Kleid sicher wieder weiß. Das ist nicht unser erster Matschfleck und es wird sicher nicht der letzte sein.“

Ich seufzte. Das war sicher auch nicht mein letzter Fehler. Aber ich verstand nun etwas besser, was es bedeutete, getauft und konfirmiert zu sein. Es ging nicht nur darum, dass alle bisherigen Fehler weggenommen wurden. Ich kann vielmehr auch rein bleiben – nicht dadurch, dass ich immer perfekt bin, aber durch Umkehr und ernsthaftes Bemühen.

„Keiner von uns ist vollkommen gehorsam. Deshalb verlassen wir uns nach der Taufe genauso wie vor der Taufe darauf, dass unser Taufbündnis uns Sündenvergebung bringt. Wir verlassen uns auf die Umkehr, die uns den Heiligen Geist und damit die sühnende Gnade bringt.“

Elder D. Todd Christofferson von der Präsidentschaft der Siebziger, „Justification and Sanctification“, Ensign, Juni 2001, Seite 24.