Bis aufs Wiedersehen
Vom lebendigen Wasser
Jesus Christus ist die Quelle lebendigen Wassers.
Wenn wir von der Schönheit des Tempels sprechen, ist meist von Türmen, Fenstern oder Wandgemälden die Rede. Wir sprechen ehrfürchtig von Taufbecken, Endowment-Räumen, Siegelungsräumen oder dem celestialen Saal.
Doch wenn ein Prophet dem Herrn einen Tempel weiht, weiht er das gesamte Gebäude, nicht nur die schönen Bestandteile, die jeder sehen kann. Im Weihungsgebet für den Kansas-City-Missouri-Tempel sagte Präsident Thomas S. Monson: „Wir weihen den Grund und Boden, auf dem der Tempel steht. Wir weihen sämtliche Bestandteile dieses wunderschönen Gebäudes, vom nicht sichtbaren Fundament bis hin zur majestätischen Statue des Engels Moroni, die die höchste Spitze ziert.“1 Als Präsident Joseph Fielding Smith das Weihungsgebet für den Ogden-Utah-Tempel sprach, weihte er „das Fundament, die Mauern, die Böden, die Decken, den Turm und alle Teile des Gebäudes“, und er betete um Schutz für „alle technischen Vorrichtungen, die Leitungen und Befestigungen der Beleuchtung, die Lüftungsanlage und die Aufzüge, einfach alles, was zu diesem Gebäude gehört“2.
Ich bin dankbar, dass der Herr seine Propheten dazu inspiriert, jeden einzelnen Bestandteil eines Tempels zu weihen. Auch wenn eine Türangel oder eine Lampenhalterung offensichtlich einem geringeren Zweck dienen als ein Altar im Siegelungsraum, tragen doch auch diese unbedeutenderen Teile zum göttlichen Zweck des Tempels bei.
Eines dieser unbedeutenderen Einzelteile hat mich auf einen Gedanken gebracht, den ich seither nie vergessen kann. Eines Tages war ich im Salt-Lake-Tempel und wollte den Umkleideraum verlassen, nachdem ich an einer heiligen Handlung für Verstorbene teilgenommen hatte. Ich kam an einem Wasserspender vorbei, merkte, dass ich durstig war, und beugte mich nach vorn, um rasch einen Schluck zu trinken. Da kam mir die Frage in den Sinn:
Du trinkst Wasser hier im Tempel, aber trinkst du auch wirklich von dem lebendigen Wasser, das dir hier angeboten wird?
Es war keine harte Verurteilung – nur ein sanfter Tadel, eine eindringliche Frage.
Meine Antwort lautete Nein. Ich hatte nicht in tiefen Zügen vom lebendigen Wasser des Tempels getrunken. Ich musste mir eingestehen, dass meine Gedanken in den Minuten davor, als ich heilige Handlungen für Verstorbene empfangen hatte, abgeschweift waren. Ich hatte zwar ein gutes Werk getan für Menschen, die meine Hilfe brauchten, aber ich hatte nicht zugelassen, dass ich all die Hilfe bekam, die ich brauchte.
Nun halte ich bei jedem Besuch im Tempel kurz an einem Wasserspender inne und trinke einen Schluck. Und dabei frage ich mich, ob ich auch wirklich in tiefen Zügen aus der Quelle lebendigen Wassers trinke. Meine Antwort lautet: Immer noch nicht genug. Aber mein Durst wird stärker.