Das Diabetes‑Dilemma
„Wenn ich bete, gibst du Antwort, bist mir nah“ (Liederbuch für Kinder, Seite 6)
Johannesʼ Schwester Saria war krank. Das war keine Krankheit, bei der man hustet oder Bauchweh hat. Mama und Papa meinten, sie könnte vielleicht Diabetes haben.
Johannes wusste zwar nicht, was Diabetes ist, aber es hörte sich unheimlich an. Da erklärten Mama und Papa ihm, dass das bedeutet, dass der Körper Probleme damit hat, den Zucker aus dem Essen richtig zu verarbeiten. Saria musste ein paar Tage ins Krankenhaus, damit die Ärzte herausfinden konnten, ob sie Diabetes hatte.
Manchmal ging Saria Johannes auf die Nerven. Sie versuchte, mit seinen Freunden zu spielen. Einmal verlor sie sogar seinen Videospiel‑Controller. Aber trotzdem hatte er sie sehr lieb. Ich möchte nicht, dass sie krank ist, dachte er und die Tränen stiegen ihm in die Augen.
Johannesʼ Schwestern halfen Saria, sich für das Krankenhaus fertig zu machen. Maria holte Sarias Rucksack. Hanna half ihr, ihren Schlafanzug einzupacken. Lilly steckte noch eine flauschige Decke ein. Johannes wollte auch gern helfen, aber er wusste nicht, wie.
Bald waren alle Sachen für Saria eingepackt.
„Lasst uns noch beten, bevor wir losfahren“, meinte Papa. „Johannes, würdest du das Gebet sprechen?“
Johannes nickte. Er fing an: „Lieber Vater im Himmel, bitte segne Saria, dass sie keinen Diabetes hat. Bitte segne sie, dass es ihr wieder gut geht.“ Als er betete, fühlte Johannes sich etwas besser.
Als sich alle noch einmal umarmten, hatte Johannes eine Idee.
„Wartet!“, rief er. Er lief in sein Zimmer und holte den MP3-Player, den er zum Geburtstag bekommen hatte. Er schaute nach, ob auch Sarias Lieblingslieder darauf waren.
„Hier“, sagte er und gab ihn Saria. „Du darfst ihn mit ins Krankenhaus nehmen.“ Sie lächelte und hielt ihn ganz fest, während sie zum Auto ging.
Am nächsten Tag fuhr Mama mit Johannes und seinen Schwestern zum Krankenhaus, um Saria zu besuchen. Johannes war nervös, als sie durch die Gänge des Krankenhauses gingen. „Bitte segne sie, dass sie keinen Diabetes hat“, betete er zum gefühlten hundertsten Mal.
Als sie in Sarias Zimmer ankamen, saß sie in ihrem Bett und hatte Schläuche an ihren Armen. Sie lächelte ein wenig, als sie alle ansah.
„Wir haben die Testergebnisse bekommen“, meinte Papa. „Die Ärzte sagen, Saria hat Diabetes Typ 1. Wir müssen manches bei unserer Ernährung ändern und ihr mit der Medizin helfen. Aber dann wird es ihr gut gehen.“
Johannes wurde es ganz flau im Magen. Er ging hinaus in den Flur und setzte sich auf den Boden neben die Tür. Er vergrub das Gesicht in den Händen.
„Was ist denn los, Johannes?“, fragte Mama und setzte sich neben ihn.
„Ich habe darum gebetet, dass Saria keinen Diabetes haben soll“, antwortete Johannes. „Warum hat der himmlische Vater mein Gebet nicht erhört?“
Mama legte ihren Arm um ihn. „Der Vater im Himmel erhört immer unsere Gebete. Aber manchmal nicht auf die Art und Weise, wie wir es wollen. Anstatt uns etwas Schlimmes wegzunehmen, antwortet er manchmal damit, dass er uns Frieden schenkt und uns hilft, stark zu sein. Ich weiß, dass der Vater im Himmel Saria helfen wird.“
Johannes nickte langsam. Im Moment fühlte er noch keinen Frieden oder dass er stark war. Aber er erinnerte sich an das gute Gefühl, das er während des Familiengebets gehabt hatte.
Zusammen gingen sie wieder ins Zimmer zurück. Johannesʼ Schwestern spielten ein Kartenspiel, so wie sie es auch zuhause machten. Und alle sahen fröhlich aus, sogar Saria.
Dann bemerkte Johannes etwas. Saria hatte Kopfhörer um den Hals gelegt und sein MP3-Player lag auf ihrem Schoß.
„Sie hört sich immer die Lieder an, die du für sie ausgesucht hast“, meinte Mama. „Das hilft ihr, ruhig zu bleiben.“
Johannes wurde es warm ums Herz. Er wusste, dass der Vater im Himmel schon angefangen hatte, ihnen zu helfen.