2021
Mit Vorurteilen am Arbeitsplatz konfrontiert
September 2021


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Mit Vorurteilen am Arbeitsplatz konfrontiert

Der Verfasser lebt in Zacatecas in Mexiko.

Es tat weh, als mir aufgrund meiner Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage eine Arbeitsstelle verweigert wurde

Jemand füllt ein Formular aus

Als ich jünger war, studierte ich in Mexiko an einer Privatuniversität meines Bundesstaates. Mit den Dozenten und der Rektorin verband mich ein ausgezeichnetes Verhältnis. Ich war ein hervorragender Student mit guten Noten, und auch nach meinem Abschluss pflegten die Rektorin und ich den Kontakt weiter.

2010 unterhielt ich mich eines Tages mit ihr. Sie erzählte mir, dass an der Universität Dozenten gesucht werden, und bot mir aufgrund meiner Qualifikationen und meiner Berufserfahrung eine Stelle an.

Für mich war das ein Segen, denn ich war damals gerade arbeitslos und wir hatten kaum etwas zu essen. Was für ein Traum, meine Frau und meine Kinder durch eine Lehrtätigkeit versorgen zu können!

Also antwortete ich: „Sehr gern! Es wäre mir eine Freude.“

Sie sagte: „Wunderbar. Das Semester beginnt in 15 Tagen. Sie müssen lediglich die Unterlagen ausfüllen und bekommen eine Einweisung, dann können Sie anfangen.“

Unerwartet und unverdient

Als ich im Sekretariat die Unterlagen ausgehändigt bekam, sah mich ein anderer Dozent und fragte, was ich in das Feld eintragen werde, wo nach meiner Religion gefragt wird.

Ich erwiderte: „Ich bin Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.“

Er meinte: „Das solltest du besser nicht hinschreiben. Sonst wandern deine Unterlagen gleich in den Papierkorb.“

Ich fragte mich, wie das sein könne. Wir leben immerhin im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wieso sollte da meine Religionszugehörigkeit ein Problem darstellen? Außerdem wollte ich ehrlich sein und verheimlichte meinen Glauben also nicht. Ich füllte die Unterlagen aus und verschickte sie per E-Mail. Am nächsten Tag wartete ich gespannt auf meinen Stundenplan. Doch niemand kontaktierte mich.

Am Tag danach rief ich die Rektorin an und fragte nach. Sie sagte: „Wissen Sie, daraus wird nichts.“

Ich fragte: „Wieso, was ist denn passiert?“

Sie gab zur Antwort: „Ihre Unterrichtsexpertise entspricht nicht den akademischen Anforderungen.“

Das ergab keinen Sinn, denn sie war ja diejenige gewesen, die mir die Stelle überhaupt erst angeboten hatte. In der Verwaltung sagte man mir später die Wahrheit: Die Absage hatte ich wegen meiner Religion erhalten.

Da es an dieser Universität aber überhaupt keine schriftlichen Richtlinien hinsichtlich des Religionsbekenntnisses der Mitarbeiter gab, war ich ungerechtfertigterweise diskriminiert worden. Ich war am Boden zerstört, vor allem, weil ich nicht wusste, wie ich meine Familie versorgen sollte.

Ich bat Gott um Hilfe

In dieser schwierigen Situation half mir unter anderem der Gedanke daran, dass Nephi imstande gewesen war, ein Schiff zu bauen, ohne im Voraus zu wissen, wie er dabei vorgehen sollte (siehe 1 Nephi 17:7-55; 18:1-4). Zu wissen, dass Gott mich führen und mir geben kann, was meine Familie braucht, half mir durch dieses Tal hindurch. Als ich über meine Situation nachdachte, war ich mit der Hilfe des Vaters im Himmel in der Lage, keinen Zorn zu verspüren, sondern mit dem Kapitel abzuschließen. Gott half mir auch, mich auf meine Familie zu konzentrieren und eine Stelle als Journalist zu finden, und das war ein großer Segen.

Wir können anderen helfen

Jesus Christus ist unser vollkommenes Vorbild. Anstatt anderen voreingenommen zu begegnen, können wir sie so behandeln, wie der Herr es tut.

In meiner Berufung als Institutslehrer besprachen wir neulich das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (siehe Lukas 10:25-37). Das Leben kann uns Schmerzen zufügen, die wir nicht verdient haben, und oftmals fühlen wir uns vielleicht wie der Mann, der geschlagen und ausgeraubt wurde, und hoffen einfach nur, dass uns jemand beisteht. Aber in diesem Gleichnis erwartet unser Erretter Jesus Christus von uns, dass wir mehr wie der Samariter oder der Wirt sind, die sich um den Verletzten kümmern. Das ist es ja, was auch der Erretter tat, obwohl er verworfen wurde und allergrößte Qualen litt. Mir wurde klar, dass ich mich, statt mich in der Opferrolle zu sehen, dafür entscheiden kann, ein Heiler zu sein.

Wir alle können danach streben, gute Nachbarn, gute Freunde, gute Menschen und gute Staatsbürger zu sein. Das geht leichter, wenn wir unseren Nächsten lieben und uns bewusstmachen, dass der Mensch eben Fehler macht. Manchmal können solche Fehler für uns unerfreulich sein. Aber mit Verständnis und Vergebungsbereitschaft können wir andere lieben lernen, die Bedürftigen unterstützen und die Welt verändern.

Gott stärkt uns, sodass wir anderen beistehen können, wenn sie in Schwierigkeiten sind. Wir müssen nur bereit sein, damit er uns zeigen kann, was zu tun ist.