Stimmen aus vergangenen Zeiten
Der Herr beschenkte mich mit dem Sonnblick
Wien (RHS): Ich bin von Kindheit an sehr naturverbunden und wollte auch damals schon, so oft ich konnte, freie Tage in der Natur verbringen. Natürlich hatte der Sonntag deshalb einen hohen Stellenwert. Sonntage verbrachte ich meist mit meiner Familie in den Wäldern und auf den Bergen des Wienerwaldes.
Als Jugendlicher entdeckte ich meine Liebe zum Hochgebirge. Nein – nicht das extreme Klettern, aber anspruchsvolles Bergwandern, um die Großartigkeit und Erhabenheit der Schöpfung zu genießen. Besonders gefesselt hat mich der Hohe Sonnblick. Ich las Bücher über die spannenden Erlebnisse der Betreuer der Wetterwarte (damals die höchste Wetterwarte Europas), darunter über den Bernhardiner eines Wetterwarts, der im Winter von einer Sturmböe mit etwa 220 Stundenkilometer über die 600 Meter hohe Nordwand geweht wurde. Dieser Bernhardiner war das einzige Lebewesen, das über die Wintermonate mit dem Wetterwart die Einsamkeit teilte. Die Begebenheit endete mit einem berührenden Wunder! Als der Wetterwart im Frühling ins Tal stieg und bei einem Bergbauern unterhalb der Wand vorbeikam, konnte er zu seinem Erstaunen und seiner Freude seinen Liebling unversehrt in die Arme schließen.
Der Hohe Sonnblick faszinierte mich! Ich hatte den tiefen Wunsch, ihn zu bezwingen. Doch kam ich zu dem Schluss, dass ich das nie schaffen würde. Dieser Berg war erfahrenen Bergsteigern mit einer hervorragenden Kondition vorbehalten. Ich war damals nicht in der Lage, mir eine ausreichende Kondition anzueignen, da ich Probleme mit der Lunge hatte und auch keine Möglichkeiten sah, die notwendigen Erfahrungen zu sammeln.
Da führte unser Vater im Himmel eines Abends zwei Missionare zu mir. Ihre Ausstrahlung bewegte mich und ich besuchte die Kirche. Ich fühlte mich dort nach kurzer Zeit sehr wohl und wusste: Dies ist die Kirche des Herrn. Aber mir war bewusst: Wenn ich das Bündnis der Taufe schloss, konnte ich meinen Sonntag nicht mehr so ausgedehnt in der Natur verbringen. Es war mir bewusst – aber der Geist hatte mich noch nicht berührt. Der Herr sorgte für eine Möglichkeit, etwas für ihn zu tun. Ich tat es, und als Geschenk berührte mich der Geist und ich ging freudig das Bündnis mit dem Herrn ein.
Als Mitglied hatte ich eine erfüllte, wertvolle Zeit. Meine Naturverbundenheit und meine Wünsche hatte ich dennoch nicht vergessen. Dann leitete mein Vater im Himmel einiges in die Wege. Wir hatten einen sportlichen, medizinisch erfahrenen Bruder, der mich Bauchatmung lehrte. Ich war ein „fleißiger“ Schüler und hatte dann auch eine gute Möglichkeit zu trainieren. Durch die Bauchatmung konnte ich den Defekt an meiner Lunge komplett kompensieren. Dann wurde ich als GFV-Leiter berufen und hatte im Rahmen dieser Berufung besonders die Gruppe der 15- bis 22-Jährigen zu stärken. Eine der besten Möglichkeiten war das „Abenteuer Natur“! Wir hatten jährlich im Winter eine Selbstversorger-Hütte für eine Woche gemietet. Diese war grundsätzlich „hoch oben“. Zu erreichen waren diese Hütten oft nur mit Skiern und Steigfellen. Da gab es keine Elektrizität, kein Radio, kein Telefon, aber dafür oft 1,5 Meter tiefen Schnee. Das waren wunderschöne Erlebnisse – abseits der bequemen Zivilisation. Dort wurden Freundschaften geschlossen und man lernte einander bis tief in die Seele kennen und schätzen. Während des Sommers durchwanderten wir zweimal die Schladminger Tauern. Da entwickelten die Jugendlichen eine tiefe Beziehung zur Natur.
Nach diesen Erfahrungen hatte ich das Gefühl, der Herr möchte mir ein Geschenk machen. „Du darfst es nun machen – du darfst den Hohen Sonnblick genießen!“ Als eine kleine Gruppe von drei Freunden und der Tochter des Missionspräsidenten bereiteten wir uns sorgfältig vor und überquerten den östlichen Teil der Hohen Tauern. Als Krönung bestiegen wir am Ende der Wanderung den Hohen Sonnblick.
Das war ein besonderes Erlebnis. Der Herr hielt dabei seine schützende Hand über uns. Entgegen der Meinung der Hüttenwirtin gerieten wir in 3000 Metern Höhe am Ostgrat in ein lebensgefährliches Gewitter. Umso großartiger war der Augenblick, als wir das Zittelhaus am Gipfel erreichten. Es lag über dem Gewitter im strahlenden Sonnenschein.
In all den turbulenten Zeiten habe ich mir ein festes Zeugnis erarbeitet: Der Vater im Himmel liebt mich, und als ich ihn an die erste Stelle gesetzt hatte, konnte er mir Herzenswünsche erfüllen!