Sucht
4. Schritt: Eine gründliche und furchtlose schriftliche Bestandsaufnahme unseres Inneren vornehmen


„4. Schritt: Eine gründliche und furchtlose schriftliche Bestandsaufnahme unseres Inneren vornehmen“, Heilung durch den Erretter – Programm und Anleitung zur Genesung von Sucht in 12 Schritten, 2023

„4. Schritt“, Programm und Anleitung zur Genesung von Sucht in 12 Schritten

Eine Frau spricht zur Gruppe

4. Schritt: Eine gründliche und furchtlose schriftliche Bestandsaufnahme unseres Inneren vornehmen

4:34

Grundsatz: Wahrheit

Der Zweck des 4. Schritts besteht darin, einen Blick auf unsere Vergangenheit zu werfen, um unsere Schwächen besser zu verstehen und zu erkennen, was uns davon abhält, wie der Erretter zu werden und anderen zu dienen. Zum Beispiel trüben Angst, Rechtfertigungen und Verleugnung unsere Fähigkeit, klar zu sehen. Aber wir können nichts ändern, wenn wir uns dessen nicht vollständig bewusst sind. Durch unsere Bestandsaufnahme können wir alles verstehen, was unserer Genesung im Weg steht. Wenn wir eine schriftliche Bestandsaufnahme vornehmen wollen, müssen wir ehrlich erkennen können, wer wir sind und wo wir waren. Dann können wir Gott bitten, er möge uns dabei helfen, uns zu ändern, besser zu werden und gesund zu werden.

Wir alle haben schon sehr schwierige Zeiten erlebt. Uns wurde das Herz gebrochen und wir haben schmerzhafte seelische Narben. Wir griffen zu Suchtmitteln und Verhaltensweisen, die den Schmerz betäubten, und trafen dann Entscheidungen, die uns weiterhin zu dieser vorübergehenden Linderung zwangen. Diese Verhaltensweisen verursachten noch mehr Schmerz, was uns noch mehr Anlass gab, die Sucht als Bewältigungsmechanismus zu nutzen. Aus den Schmerzen des Lebens und unserem Suchtverhalten erwuchs ein gewaltiges Schamgefühl, das wir zu verbergen, zu vergessen oder zu leugnen suchten.

Unsere Sucht, unsere Angst und unsere Verleugnung lähmten unsere Fähigkeit, unser Leben ehrlich einschätzen zu können. Wir leugneten oder verstanden nicht, wie viel Schaden und Chaos unsere Sucht in unseren Beziehungen anrichtete. Also taten wir alles in unserer Macht Stehende, um zu vergessen, uns zu rechtfertigen oder uns selbst zu belügen, um mit unserem Schmerz fertigzuwerden. Folglich konnten wir viele unserer Fehler nicht erkennen oder wollten sie vergessen. Wir hatten uns selbst so überzeugend belogen, dass vieles von unserer Vergangenheit für uns nicht mehr sichtbar war. Unsere Sponsoren und andere Mitglieder der Selbsthilfegruppen forderten uns auf, hart zu arbeiten und uns selbst das einzugestehen, was wir vielleicht vergessen hatten oder nicht sehen wollten. Erst dann konnten wir verstehen, dass wir für unsere Heilung den Erretter brauchen.

Die Aussicht, unsere Vergangenheit Revue passieren zu lassen und sie dann aufzuschreiben, wirkte erschreckend und schien manchmal gar unmöglich. Das hat viel Mühe und Anstrengung gekostet. Wir mussten in uns gehen, um uns an vergangene Erlebnisse zu erinnern, und es fiel uns schwer, sie aufzuschreiben. Wichtig war, sich hinzusetzen und mit dem Schreiben anzufangen. Das zwang uns, unser neu gestärktes Gottvertrauen zu üben. Unsere Hoffnung, dass wir geheilt werden, Vergebung erlangen und aus der Knechtschaft befreit werden könnten, ermutigte uns zu dem Versuch. Wir baten Gott, uns bei der Überwindung unserer Angst beizustehen. Wir baten ihn, uns zu helfen, uns an unsere Fehler und unseren Schmerz zu erinnern und uns all dem mutig stellen zu können. Er hörte uns und war für uns da.

Unsere Sponsoren haben uns entscheidend geholfen, tapfer diesen Schritt zu gehen. Weil sie diesen Schritt selbst gegangen waren, konnten sie uns ermutigen und uns dabei unterstützen, unsere Vergangenheit klar zu sehen. Es ist uns nicht perfekt gelungen, aber wir haben unser Bestes gegeben. Und am Ende hat es gereicht. Als wir die zerstörerischen Elemente in unserem Leben erkannten, hatten wir einen notwendigen Schritt zu ihrer Beseitigung getan. Wir fanden es auch hilfreich, das Gute in unserer Vergangenheit zu erkennen und unsere positiven Taten und die Stärken, die wir entwickelt hatten, in unsere Bestandsaufnahme aufzunehmen. Der 4. Schritt half uns, Gott ehrlich zu berichten, wer wir sind – und dabei sowohl unsere Schwächen als auch unsere Stärken anzusprechen.

Diese schriftlichen Listen mit unseren Vorbehalten, Ängsten, Verletzungen und Stärken sind für unsere Genesung von entscheidender Bedeutung. Wenn wir schließlich zum 6. und 7. Schritt kommen, überprüfen wir anhand unserer Bestandsaufnahme die Schwächen, die uns kontinuierlich in einem zerstörerischen Kreislauf festhalten. Zum Beispiel hielten uns Stolz und Angst davon ab, unsere Fehler einzugestehen, wodurch wir Beziehungen und Vertrauen aufs Spiel setzten. Wenn wir uns dann dem 8. und 9. Schritt nähern, sind die Personen aus unserer Bestandsaufnahme diejenigen, denen wir vergeben und Wiedergutmachung leisten können.

Umsetzung

Bei diesem Programm geht es darum, zu handeln. Unser Fortschritt hängt davon ab, dass wir die beschriebenen Schritte im täglichen Leben konsequent anwenden. Auf diese Weise bearbeiten oder durchlaufen wir die Schritte dann. Die folgenden Handlungen helfen uns, zu Christus zu kommen und die Führung und Kraft zu erhalten, die wir brauchen, um den nächsten Schritt in unserer Genesung zu gehen.

Mit der Hilfe eines Sponsors eine Bestandsaufnahme schreiben

Hier fangen wir an, unseren Glauben durch unsere Werke auszuüben (siehe Jakobus 2:17,18). Für viele von uns ist dies der schwerste Schritt. Er kann anstrengend, schmerzhaft und beängstigend sein, und vielleicht meinen wir, dass wir für alles in unserer Vergangenheit Rechenschaft ablegen müssen. Eine schriftliche Bestandsaufnahme vorzunehmen muss jedoch keine unüberwindliche Aufgabe sein. Wir können uns hinsetzen, beten und mit dem Schreiben beginnen, selbst wenn wir jeweils immer nur über eine Frage oder ein Ereignis schreiben.

Bitte gehen Sie die Beispiele und Grundsätze im Anhang durch (zum Beispiel das Arbeitsblatt). Für den Anfang können wir eines dieser Beispiele als Vorlage verwenden. Wenn wir diese Sache übermäßig verkomplizieren, ist es viel schwieriger für uns, einen Anfang zu finden oder Fortschritt zu machen. Wenn wir also unsere erste Bestandsaufnahme schreiben, ist es vielleicht am besten, es einfach zu halten. Wir können sie immer wieder aufgreifen, während wir die Schritte weiter bearbeiten. Bitte arbeiten Sie beim Erstellen Ihrer Bestandsaufnahme mit Ihrem Sponsor zusammen. Gott segnet uns, wenn wir diese Arbeit tun, und wir werden es nie bereuen.

Studieren und verstehen

Die folgenden Schriftstellen und Aussagen von Führern der Kirche können Ihnen bei der Genesung von Sucht helfen. Wir können sie auf uns wirken lassen, uns mit ihnen auseinandersetzen und sie für unser Tagebuch verwenden. Beim Schreiben müssen wir immer ehrlich und konkret sein, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen.

Sucht ist ein Symptom

„Denn wie der Mensch im Innersten denkt, so handelt er“ (vgl. Proverbs 23:7 in der englischsprachigen Bibel).

Viele von uns dachten, ihre Sucht sei ein körperliches Problem. Wir waren überrascht, als wir erfuhren, dass unsere Gedanken, Gefühle und Überzeugungen die Wurzel unseres Suchtverhaltens sind. Eine schwierige Kombination aus Kopf, Körper und Einstellung scheint der Grund zu sein, warum wir feststecken. Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass unser Suchtverhalten nicht unser Hauptproblem ist, sondern eine schädliche Lösung für unsere realen Probleme.

  • Wie kann ich durch diese Sicht auf meine Sucht beim Erstellen meiner Bestandsaufnahme vorankommen?

Eine Bestandsaufnahme vornehmen

In den heiligen Schriften werden wir oft aufgefordert, uns selbst genau und ehrlich zu betrachten. Ein wunderbares Beispiel finden wir in Alma 5:14. Der Prophet Alma stellte zur Bestandsaufnahme folgende Fragen: „Seid ihr geistig aus Gott geboren? Habt ihr sein Abbild in euren Gesichtsausdruck aufgenommen? Habt ihr diese mächtige Wandlung in eurem Herzen erlebt?“ Wir empfehlen Ihnen, den Rest von Alma 5 zu lesen, um weitere Beispiele für Fragen zu unserer Bestandsaufnahme zu finden.

Es kann sehr hilfreich sein, eine Bestandsaufnahme darüber zu machen, wo wir derzeit stehen. So kann beispielsweise ein Unternehmen, das nicht regelmäßig eine Bestandsaufnahme seiner Vermögenswerte und Verbindlichkeiten macht, in der Regel nicht florieren. Durch die Bestandsaufnahme können Unternehmer objektiv bestimmen, was wertvoll ist und aufbewahrt werden sollte und was schädlich ist und beseitigt werden sollte. Wenn ein Unternehmer in die Falle der Unehrlichkeit tappt und sich selbst über den Ist-Zustand seiner Bestände täuscht, wird er nicht die richtigen Entscheidungen treffen können, wie viel seine Waren wert sind.

Ebenso ist es wichtig, dass wir uns ehrlich mit unserem Leben und unserem Charakter auseinandersetzen.

  • Wenn ich bete und Gott bitte, mir zu Ehrlichkeit zu verhelfen, was lehrt mich dann der Heilige Geist über meine Neigung, den Ist-Zustand meiner Lebensumstände zu leugnen?

  • Inwiefern habe ich mir etwas über meine Schwächen vorgemacht?

  • Inwiefern habe ich meinen wahren Wert und meine wahre Stärke nicht erkannt?

Sich der Vergangenheit stellen

„Und wenn ich mich freuen möchte, stöhnt mein Herz meiner Sünden wegen; doch ich weiß, in wen ich mein Vertrauen gesetzt habe.“ (2 Nephi 4:19.)

Bei unserer Bestandsaufnahme gab es Momente, in denen uns das Herz wegen unserer Sünden und der Schmerzen aufstöhnte, die wir vielleicht ertragen mussten.

  • Wie kann mein Gottvertrauen mir helfen, wenn ich meine Bestandsaufnahme abschließe und mich meinen Sünden und Schmerzen stelle?

Darauf vertrauen, dass der Herr uns heilen wird

„Mit ganzem Herzen vertrau auf den Herrn, bau nicht auf eigene Klugheit; such ihn zu erkennen auf all deinen Wegen, dann ebnet er selbst deine Pfade!“ (Sprichwörter 3:5,6.)

Eine Bestandsaufnahme kann uns helfen, das Gesamtbild zu sehen. Sie hilft uns, uns unserer Gedanken, Gefühle und Handlungen bewusst zu werden und auch zu erkennen, auf wen sich unsere Entscheidungen auswirken. Zwei Gemeinsamkeiten, die sich wie ein roter Faden durch viele unserer Bestandsaufnahmen ziehen, sind Angst und dass wir uns zu sehr auf uns selbst verlassen. Beim 3. Schritt haben wir uns verpflichtet, Gott und dem hier eingeschlagenen Genesungsweg zu vertrauen. Unsere Bestandsaufnahme ist der nächste Schritt der Genesung, der uns konkrete Ideen für das weitere Vorgehen geben wird.

  • Inwiefern wären mein Leben und meine Entscheidungen anders, wenn ich meinen Stolz ablegen und stattdessen auf Gott vertrauen würde?

  • Zögere ich damit, meinen Vorsatz weiter zu verfolgen und mein Leben und meinen Willen der Fürsorge Gottes zu überlassen?

  • Wenn ich Gott bitte, sich bei jedem Schritt meiner Genesung um mich zu kümmern, was ist dann die Antwort, die ich in Herz und Sinn durch den Heiligen Geist empfange? Denken Sie daran, dass die Art und Weise, wie Gott für uns sorgt, von der Art und Weise abweicht, die wir uns für uns selbst aussuchen würden.

Geistige Krankheit

„Manchmal leiden wir geistig infolge von Sünde oder seelischen Wunden. Manchmal tritt der geistige Zusammenbruch so schleichend ein, dass wir kaum auszumachen vermögen, was da vor sich geht. Wie bei Schichten von Sedimentgestein können sich geistige Schmerzen und Kummer mit der Zeit auftürmen und schwer auf unserem Geist lasten, bis es kaum noch zu ertragen ist. …

Doch die Tatsache, dass es geistige Prüfungen wirklich gibt, bedeutet nicht, dass sie unheilbar sind.

Wir können geistig genesen.

Selbst die tiefsten geistigen Wunden – ja, selbst diejenigen, die unheilbar erscheinen – lassen sich heilen.“ (Dieter F. Uchtdorf, „Träger himmlischen Lichts“, Liahona, November 2017, S. 78.)

Denken Sie einmal über Ihre drei schlimmsten Taten nach. Waren Sie dabei dem Erretter und seinem Geist nahe? Wenn es Ihnen so geht wie uns, waren Sie nicht offen für seinen Geist. Viele, die sich in der Genesung befinden, bezeichnen diese Trennung als „geistig krank“.

  • Bin ich geistig krank, wenn ich mich einer Sucht oder falschem Verhalten hingebe? Warum oder warum nicht?

Vorbehalte

Ein großer Teil unserer Bestandsaufnahme besteht darin, unsere Vorbehalte zu protokollieren. Dazu gehört Groll, den wir gegenüber Menschen, Institutionen oder anderen Dingen hegen, die uns unserer Meinung nach geschadet oder ungerecht behandelt haben. Groll zu hegen war einer der giftigsten und schädlichsten Einflüsse in unserer Sucht. Er hetzte uns gegen andere auf und führte dazu, dass wir uns in unseren eigenen schädlichen oder gleichgültigen Entscheidungen gerechtfertigt fühlten.

Wir erhielten Hilfe vom Himmel und sahen andere in einem neuen, barmherzigen Licht, als wir uns bewusst dafür entschieden, für sie zu beten und Gott zu bitten, sie so zu segnen, wie wir es für uns selbst wünschen. „Vergebungsbereitschaft kann uns enorm viel Mut und Demut kosten. Und manchmal brauchen wir auch Zeit. Uns wird abverlangt, dass wir unseren Glauben und unser Vertrauen in den Herrn setzen und Verantwortung für den Zustand unseres Herzens übernehmen, denn das spiegelt den Stellenwert und die Stärke unserer Entscheidungsfreiheit wider.“ (Amy A. Wright, „Christus heilt, was zerbrochen ist“, Liahona, Mai 2022, S. 82.)

  • Kann ich die Menschen, gegen die ich eine Abneigung habe, aus einem anderen Blickwinkel betrachten? Waren sie, wie ich, vielleicht auch geistig krank und von Gott getrennt, als sie mir Unrecht taten?

  • Wenn ich damit Schwierigkeiten habe, wie kann ich meine Herangehensweise an meine Gebete für diese Menschen ändern?