Erforscht die Schrift
Für den einzelnen Menschen wie auch für ein ganzes Volk gilt dasselbe: Wenn sie nicht in der Schrift forschen, kennen sie den Erretter nicht mehr.
Als wir unsere himmlische Heimat verließen, um unsere Reise durch die Sterblichkeit anzutreten, erhielten wir Anweisungen, die uns helfen sollten, sicher zu unserem himmlischen Vater zurückzukehren. Diese Anweisungen wurden uns in aller Deutlichkeit gegeben, um uns auf die irdischen Erfahrungen vorzubereiten.
Unser himmlischer Vater spricht auch weiterhin mit uns durch Offenbarung. Diese Offenbarungen sind göttliche Anweisungen. Wir können sie persönlich empfangen oder durch die Stimme der erwählten Knechte des Herrn, nämlich der Propheten, Seher und Offenbarer. Die Offenbarungen, die von Propheten empfangen wurden, werden uns in Form von heiliger Schrift oder durch die Stimme der lebenden Propheten gegeben. Die heiligen Schriften sind also eine Straßenkarte, eine Reihe von Anweisungen, die uns auf unserer Reise durch die Sterblichkeit und bei unserer Heimkehr zu Gott helfen. Ebenso wie eine Straßenkarte, die nicht gelesen wird, können uns auch die Schriften keine Anweisungen geben, wenn wir sie nicht erforschen.
Studieren wir die Anweisungen von Gott täglich? Wann haben wir zum letzten mal auf unseren celestialen Kompaß gesehen, um festzustellen, ob wir noch auf Kurs sind? Die Straße zum celestialen Reich ist eine Einbahnstraße. Wenn wir die Schrift nicht erforschen, müssen wir vielleicht feststellen, daß wir auf der Einbahnstraße in die falsche Richtung fahren.
Die Schriften
Der Erretter hat klargestellt, was heilige Schrift ist. Über die ersten Ältesten unserer Evangeliumszeit hat er gesagt: „Und was sie, bewegt vom Heiligen Geist, reden werden, soll heilige Schrift sein, soll der Wille des Herrn sein.” (LuB 68:4.)
Die Schrift offenbart, was sich der Herr für uns wünscht. Jeder von uns soll den brennenden Wunsch haben, die Schrift eifrig und täglich zu erforschen und nach dem Willen des Herrn zu trachten. Für manche ist es vielleicht erforderlich, daß sie die nötige Selbstdisziplin lernen, um täglich in der Schrift zu forschen.
Unsere Einstellung
Was bedeuten uns die heiligen Schriften? Lieben wir sie so sehr wie Nephi, der gesagt hat: „Meine Seele erfreut sich an den Schriften, und mein Herz sinnt darüber nach … Siehe, meine Seele erfreut sich an dem, was des Herrn ist; und mein Herz sinnt ständig über das nach, was ich gesehen und gehört habe.” (2 Nephi 4:15,16.)
Wir müssen diesen heiligen Offenbarungen große Achtung und Ehrfurcht zollen. Wir müssen denen dankbar sein, die diese Offenbarungen niedergeschrieben und bewahrt haben, damit wir sie erforschen können.
Jakob, einer der vier Hauptverfasser des Buches Mormon, brachte seine Sorge darüber zum Ausdruck, daß er nur einen kleinen Teil seiner Worte auf die Platten gravieren konnte. Er berichtete, daß er nur wenig schreiben konnte, weil es schwierig war, „unsere Worte auf Platten zu gravieren” (Jakob 4:1). Doch trotz der schwierigen Aufgabe, war es Jakob wichtig, auf einem Teil der Platten zum Ausdruck zu bringen, wie sehr er hoffte, daß die Worte, die er geschrieben hatte, auch angenommen werden würden. Er schrieb: „Und wir arbeiten eifrig daran, diese Worte auf Platten zu gravieren, denn wir hoffen, daß unsere geliebten Brüder und unsere Kinder sie mit dankbarem Herzen empfangen und sie betrachten, damit sie etwas in bezug auf ihre ersten Eltern erfahren, und zwar mit Freude und nicht mit Kummer, auch nicht mit Verachtung.” (Jakob 4:3.)
Manche haben sogar den Tod erlitten, damit wir heute die heilige Schrift besitzen können. In alter Zeit war die Bibel nur dem Klerus vorbehalten, daß andere sie lasen, war verpönt. Zeitweise war es sogar gesetzlich verboten, daß sie öffentlich oder privat gelesen wurde. Was für ein großartiger Segen es doch ist, daß wir nicht nur die vollständigste Sammlung von Schriften besitzen, die es jemals gegeben hat, sondern auch die Freiheit haben, sie zu erforschen und zu gebrauchen!
Die Absicht
Mit die heiligste Absicht, warum die heiligen Schriften geschrieben wurden, war die, es allen zu ermöglichen, Christus kennen zu lernen. Die Schriften lehren und geben Zeugnis von Jesus Christus. Sie lehren uns viel, was wir wissen und tun müssen, um in die Gegenwart des Erretters zurückzukehren. Johannes hat den Zweck der heiligen Schrift präzise formuliert, als er sagte: „Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, daß Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.” (Johannes 20:31.)
Nephi gab Zeugnis davon, warum er die Offenbarungen niedergeschrieben hatte: „Und ich, Nephi, habe dies für die Menschen meines Volkes geschrieben, um sie vielleicht dazu zu bewegen, daß sie des Herrn, ihres Erlösers, eingedenk seien.” (l Nephi 19:18.)
Die Bedeutung
Die heiligen Schriften müssen für uns von größter Bedeutung sein. Unser spirituelles Überleben inmitten der Belastungen unserer Gesellschaft und der Versuchungen unserer Zeit ist größtenteils von der Kraft abhängig, die wir erhalten, wenn wir die Schrift erforschen und den Worten der Propheten, Seher und Offenbarer zuhören.
Sowohl einzelne Menschen als auch ganze Völker gehen ohne die heiligen Schriften zugrunde. Die Schriften sind spirituelle Nahrung für unseren Geist, die ebenso wichtig ist wie die Nahrung für unseren Körper. Für Lehi war es so wichtig, die Schriften und Aufzeichnungen mitzunehmen, die auf den Messingplatten graviert waren, daß der Herr dem Nephi gebot, Laban zu töten, um sie zu bekommen. Der Herr wußte um ihre Bedeutung als spirituelle Nahrung für Lehi und seine Nachkommen. Er erklärte: „Es ist besser, ein einzelner Mensch geht zugrunde, als daß ein ganzes Volk in Unglauben verfällt und zugrunde geht.” (l Nephi 4:13.)
Dagegen hatten die Mulekiten, die kurze Zeit nachdem Lehi und seine Familie Jerusalem verlassen hatten, auf den amerikanischen Kontinent ausgewandert waren, keine heiligen Schriften oder Aufzeichnungen mitgenommen. Omni schilderte den Zustand dieses Volkes, das keine Schrift besaß. Sie hatten „viele Kriege und Streitigkeiten gehabt und waren von Zeit zu Zeit durch das Schwert gefallen; und ihre Sprache war verderbt geworden; und sie hatten keine Aufzeichnungen mitgebracht; und sie leugneten das Dasein ihres Schöpfers” (Omni 1:17).
Sehr viel schwerwiegender als ihre ständigen Streitigkeiten und Kriege und ihre verderbte Sprache war, daß sie den Erretter nicht kannten. Für den einzelnen Menschen wie auch für ein ganzes Volk gilt dasselbe: Wenn sie nicht in der Schrift forschen, kennen sie den Erretter nicht mehr.
Das Studium
Der Erretter hat uns geraten, wie wir die Schrift studieren sollen. Er hat gesagt: „Nun aber, wer da liest, der möge verstehen; und wer die Schriften hat, möge darin forschen.” (3 Nephi 10:14.) Der Prophet Joseph Smith hat folgenden Rat gegeben:
„Erforscht die Schrift - erforscht die Offenbarungen … und bittet euren Vater im Himmel im Namen seines Sohnes Jesus Christus, er möge euch die Wahrheit kundtun; und wenn ihr es so tut, daß ihr nur seine Herrlichkeit im Auge habt und in nichts zweifelt, wird er euch durch die Macht seines Heiligen Geistes Antwort geben. Ihr werdet es dann selbst wissen und nicht durch jemand anders. Ihr werdet dann nicht mehr auf Menschen angewiesen sein, wenn es um Gotteserkenntnis geht; auch bleibt kein Platz mehr für Mutmaßungen.” (Lehren des Propheten Joseph Smith, Seite 14.)
Es genügt nicht, die Schrift zu lesen. Nur aufs Geratewohl zu lesen hat zur Folge, daß man nicht viel davon im Gedächtnis behält. Wir müssen nach bestimmten Aussagen forschen. Wir müssen nach der Wahrheit suchen und nach vermehrter Erkenntnis darüber, wie wir sie in unserem Leben anwenden können.
Wenn unser Schriftstudium wirksam sein soll, müssen wir uns vorbereiten, damit es ein besonderes geistiges Erlebnis sein kann. Die folgenden Vorschläge könnten dabei nützlich sein.
1. Zeit einplanen
Legen Sie eine bestimmte Zeit fest, um die Schrift täglich zu studieren. Das Schriftstudium ist ein so wesentlicher Teil unserer geistigen Entwicklung, daß wir uns einfach die
Zeit dafür nehmen und es in unseren Tagesplan mit an die erste Stelle setzen müssen. Wir dürfen unserem Geist nie die so notwendige spirituelle Nahrung vorenthalten, die wir durch das Schriftstudium erhalten. Ohne diese geistige Nahrung verhungert unser Geist und hat weniger Kraft, sich gegen die Versuchung zu wehren.
Präsident Kimball hat uns gelehrt, daß „kein Vater, kein Sohn, keine Mutter, keine Tochter so beschäftigt sein darf, daß er oder sie keine Zeit hat, die Schrift und die Worte der lebenden Propheten zu studieren” (Ensign, Mai 1976, Seite 47).
2. Beten
Wir sollten jedes Schriftstudium mit einem Gebet beginnen und beenden. Wir müssen den Geist einladen, uns zu belehren. Nephi hat gelehrt: „Die Geheimnisse Gottes werden … durch die Macht des Heiligen Geistes enthüllt.” (l Nephi 10:19.)
3. Erforschen
Erforschen bedeutet suchen, aufmerksam untersuchen. Beim Studieren müssen wir einen bestimmten Zweck verfolgen, nach konkreten Aussagen suchen und uns bemühen, unsere Erkenntnis von ewiger Wahrheit zu erweitern. Wir müssen nach Grundsätzen, Lehren, Antworten auf Fragen und Lösungen zu Problemen suchen.
Wir müssen Zusammenhänge und mögliche versteckte Bedeutungen erforschen.
4. Nachsinnen
Nachsinnen bedeutet meditieren, nachdenken, sich weiden und etwas wie einen Schatz anhäufen. Es ist mehr als eine mentale Methode, es ist das geistige Bestreben, Wahrheit zu erlangen und zu verstehen. Wir sollten uns an das halten, was der Erretter den Nephiten riet, nachdem er sie heilige Grundsätze gelehrt hatte. Er wies sie an: „Geht nach Hause und denkt über das nach, was ich gesagt habe, und bittet den Vater in meinem Namen, damit ihr verstehen und euren Sinn für den morgigen Tag bereitmachen könnt.” (3 Nephi 17:3.)
Wir müssen über die Bedeutung dessen nachsinnen, was wir durch das Erforschen der Schrift erfahren. Nachdenken bedeutet, in Gedanken Bilder zu formen und sich intensiv auf das zu konzentrieren, was man entdeckt hat. Nephi hat den Rat gegeben: „Weidet euch an den Worten von Christus; denn siehe, die Worte von Christus werden euch alles sagen, was ihr tun sollt.” (2 Nephi 32:3.) Sich weiden heißt konsumieren, verdauen, aufnehmen.
Wenn wir nachsinnen, sollten wir uns an den folgenden Rat des Erretters halten: „Häuft in eurem Verstand beständig die Worte des Lebens auf wie einen Schatz.” (LuB 84:85.) Das bedeutet, daß wir die Grundsätze, die wir gelernt haben, in Gedanken wiederholen und in jeder Entscheidung darauf zurückgreifen.
5. Auf uns beziehen
Nephi hat uns geraten, alle Schriften mit uns zu vergleichen, damit wir davon Nutzen haben und lernen können. (Siehe l Nephi 19:23.) Wir müssen sie lesen, als ob der Herr direkt zu uns spräche.
6. Anwenden
Präsident Marion G. Romney hat gesagt: „Das Evangelium anhand des geschriebenen Wortes zu lernen … genügt nicht. Wir müssen auch danach leben. … Man kann das Evangelium nicht vollständig begreifen, wenn man nicht danach lebt.” (Ensign, September 1980, Seite 4.) Wenn wir einen Grundsatz kennenlernen, müssen wir uns aufrichtig bemühen, ihn auch anzuwenden und entsprechend danach zu leben.
Zum Abschluß
Die heiligen Schriften sind ein kostbarer Besitz. Wenn wir die Schrift erforschen und nach den klaren und kostbaren Grundsätzen suchen, wird uns der Herr seinen Willen offenbaren und wir werden reich gesegnet. Wenn wir die Offenbarungen immer wieder erforschen und uns dementsprechend verhalten, kehren wir sicher zum himmlischen Vater zurück. Das bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.