1990–1999
Rat annehmen und sicher sein
April 1997


Rat annehmen und sicher sein

Eine der Möglichkeiten, zu erkennen, daß die Warnung vom Herrn stammt, besteht darin, daß das Gesetz der Zeugen, bevollmächtigter Zeugen, auf den Plan gerufen wird. Wenn die Worte der Propheten sich offensichtlich wiederholen, muß das unsere Aufmerksamkeit wecken

Seit jeher ist der Erretter der Beschützer derer, die seinen Schutz annehmen. Mehr als einmal hat er gesagt: „Wie oft hätte ich euch sammeln mögen, wie eine Henne ihre Küken sammelt, und ihr habt nicht gewollt.” (3 Nephi 10:5.)

Die gleiche Klage brachte der Herr in unserer Evangeliumszeit zum Ausdruck, nachdem er die vielen Arten geschildert hatte, mit denen er uns zur Sicherheit ruft:

„Wie oft habe ich euch durch den Mund meiner Knechte zugerufen durch den Dienst von Engeln und mit meiner eigenen Stimme und mit der Stimme von Donnern und mit der Stimme von Blitzen und mit der Stimme von Unwettern und mit der Stimme von Erdbeben und großen Hagelwettern und mit der Stimme von Hungersnöten und Seuchen jeder Art und mit dem lauten Ton einer Posaune und mit der Stimme des Gerichts und mit der Stimme der Barmherzigkeit, den ganzen Tag lang, und mit der Stimme der Herrlichkeit und der Ehre und der Reichtümer des ewigen Lebens - und mit einer immerwährenden Errettung hätte ich euch erretten wollen, aber ihr habt nicht gewollt !”(LuB 43:25.)

Das Verlangen des Erretters, uns in Sicherheit zu bringen, ist anscheinend grenzenlos. Und in der Art, wie er uns den Weg zeigt, ist Beständigkeit. Er ruft auf mehr als eine Weise, damit diejenigen, die bereit sind, die Hilfe anzunehmen, ihn auch hören. Und dazu gehört immer auch, daß er die Botschaft durch den Mund seiner Propheten verkündet, wann immer die Menschen für würdig befunden worden sind, die Propheten Gottes mit sich zu haben. Diese bevollmächtigten Diener haben immer den Auftrag, die Menschen zu warnen und ihnen den Weg zur Sicherheit zu weisen.

Als im Herbst 1838 im nördlichen Missouri die Spannung bis aufs äußerste gestiegen war, rief der Prophet Joseph Smith alle Heiligen auf, sich zu ihrem Schutz in Far West zu sammeln. Viele lebten auf isolierten Farmen oder verstreut in irgendwelchen Ortschaften. Gerade Jacob Haun, dem Gründer einer kleinen Siedlung mit dem Namen „Haun’s Mill”, gab er diesen Rat. In einem Bericht aus jener Zeit heißt es: „Bruder Joseph hatte den Brüdern, die dort lebten, durch Haun, dem die Mühle gehörte, mitteilen lassen, daß sie nach Far West kommen sollten, aber Mr. Haun richtete dies nicht aus.” (Philo Dibble, „Early Scenes in Church History, in Four Faith Promoting Classics, 1968, 90.) Später hielt der Prophet Joseph in seiner Geschichte fest: „Bis zum heutigen Tag hat Gott mir die nötige Weisheit geschenkt, die Menschen, die Rat angenommen haben, zu retten. Niemand, der meinen Rat befolgt hat, ist je umgekommen.” (History of the Church, 5:137.) Dann hielt der Prophet die traurige Tatsache fest, daß Unschuldige in Haun’s Mill hätten gerettet werden können, wenn sein Rat angenommen und befolgt worden wäre.

Wir werden in unserer Zeit gewarnt, indem wir Ratschläge dazu erhalten, wo wir vor Sünde und Kummer sicher sind. Einer der Schlüssel dazu, diese Warnungen zu erkennen, besteht darin, daß sie sich wiederholen. Beispielsweise haben Sie den Propheten mehr als einmal auf diesen Generalkonferenzen sagen hören, er werde einen früheren Propheten zitieren, also ein zweiter Zeuge sein, manchmal sogar ein dritter. Jeder von uns, der zugehört hat, hat gehört, wie Präsident Kimball dazu Rat erteilt hat, wie wichtig es ist, daß eine Mutter zu Hause ist, und dann gehört, wie Präsident Benson ihn zitiert hat, und wir haben gehört, wie Präsident Hinckley sie beide zitiert hat. Der Apostel Paulus hat geschrieben: „Durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen wird jede Sache entschieden.” (2 Korinther 13:1.) Eine der Möglichkeiten, zu erkennen, daß die Warnung vom Herrn stammt, besteht darin, daß das Gesetz der Zeugen, bevollmächtigter Zeugen, auf den Plan gerufen wird. Wenn die Worte der Propheten sich offensichtlich wiederholen, muß das unsere Aufmerksamkeit wecken und uns das Herz mit Dankbarkeit dafür erfüllen, daß wir in einer so gesegneten Zeit leben.

Im Rat der Propheten nach dem Weg zur Sicherheit zu suchen erscheint jemandem mit starkem Glauben sinnvoll. Wenn ein Prophet spricht, mag jemand mit wenig Glauben meinen, er höre bloß einen weisen Mann guten Rat erteilen. Wenn sein Rat angenehm und vernünftig erscheint und zu dem paßt, was er sowieso tun will, nimmt er ihn an. Ist das nicht so, hält er ihn entweder für einen falschen Rat, oder er betrachtet sich aufgrund seiner Umstände als darin gerechtfertigt, daß er eine Ausnahme zu dem Rat bildet. Wer keinen Glauben hat, meint vielleicht, er höre bloß Männer, die darauf aus sind, aus egoistischen Motiven Einfluß auszuüben. Er mag spotten und verhöhnen, wie zum Beispiel ein Mann namens Korihor, dessen Worte im Buch Mormon festgehalten sind:

„Und so verführt ihr dieses Volk nach den törichten Überlieferungen eurer Väter und gemäß euren Wünschen; und ihr haltet sie nieder, ja, als seien sie in Knechtschaft, so daß ihr euch an ihrer Hände Arbeit mästen könnt, so daß sie nicht frei und offen aufzuschauen wagen und es nicht wagen, sich ihrer Rechte und Freiheiten zu erfreuen.” (Alma 30:27.)

Korihor argumentierte so, wie die Menschen seit Anbeginn der Zeit falsch argumentieren, nämlich dahingehend, daß man, wenn man den Rat der Diener Gottes annehme, sein gottgegebenes Recht auf Unabhängigkeit aufgäbe. Aber das Argument ist falsch, denn es gibt die Wirklichkeit falsch wider. Wenn wir den Rat, der von Gott kommt, ablehnen, entscheiden wir uns nicht dafür, von äußerem Einfluß unabhängig zu sein. Wir entscheiden uns für einen anderen Einfluß. Wir lehnen den Schutz des vollkommen liebenden, allmächtigen, allwissenden Vaters im Himmel ab, der doch einzig und allein darauf bedacht ist, ebenso wie sein geliebter Sohn, uns ewiges Leben zu schenken, uns alles zu schenken, was er hat, und uns wieder nach Hause zu bringen - in eine Familie und in die Arme seiner Liebe. Indem wir seinen Rat verwerfen, entscheiden wir uns für den Einfluß einer anderen Macht, die darauf aus ist, uns elend zu machen, und die vom Haß geleitet ist. Gott hat uns Entscheidungsfreiheit geschenkt. Sie ist nicht das Recht, uns dafür zu entscheiden, von jeglichem Einfluß frei zu sein, sondern das unveräußerliche Recht, uns der Macht zu unterwerfen, für die wir uns entscheiden.

Ein weiterer Trugschluß besteht darin, zu meinen, die Entscheidung, ob wir den Rat der Propheten annehmen wollen, bedeute nicht mehr, als daß man eben einen guten Rat annimmt und daraus Nutzen zieht, oder aber dort bleibt, wo man ist. Dabei ändert die Entscheidung, den prophetischen Rat nicht anzunehmen, sogar den Boden unter unseren Füßen. Er wird gefährlicher. Wenn wir den prophetischen Rat nicht annehmen, fällt es uns in Zukunft schwerer, inspirierten Rat anzunehmen. Der beste Zeitpunkt für den Entschluß, Noach beim Bau der Arche zu helfen, war, als er zum ersten Mal fragte. Jedes weitere Mal, wenn er fragte, bedeutete die Ablehnung, daß man weniger empfänglich wurde für den Geist. Und so sah seine Bitte dann immer törichter aus, bis der Regen kam. Und da war es zu spät.

Jedes Mal, wenn ich beschlossen habe, inspiriertem Rat erst später zu folgen, oder wenn ich gemeint habe, ich sei eine Ausnahme, habe ich die Erfahrung gemacht, daß ich mich in Gefahr begeben hatte. Jedes Mal, wenn ich auf den Rat der Propheten gehört habe, wenn ich durch Beten eine Bestätigung dafür erhalten und ihn dann befolgt habe, habe ich festgestellt, daß ich mich auf die Sicherheit zubewegte. Und unterwegs habe ich dann festgestellt, daß mir der Weg bereitet worden war, daß die unebenen Stellen geglättet worden waren. Gott hat mich auf einem Weg, der mit liebevoller Fürsorge bereitet worden war, der manchmal schon lange zuvor bereitet worden war, in Sicherheit gebracht.

Im Bericht zu Beginn des Buches Mormon geht es um Lehi, einen Propheten Gottes. Er war außerdem der Führer

einer Familie. Er wurde von Gott gewarnt und sollte die Menschen, die er liebte, in Sicherheit bringen. Lehis Erfahrung ist ein Sinnbild für das, was geschieht, wenn Gott durch seine Diener Rat erteilt. Von Lehis Familie sahen nur diejenigen, die Glauben hatten und selbst eine bestätigende Offenbarung erhielten, die Gefahr und den Weg zur Sicherheit. Denen ohne Glauben kam der Zug in die Wildnis nicht nur töricht, sondern auch gefährlich vor. Wie alle Propheten war Lehi bis zum Tag seines Todes darum bemüht, seiner Familie zu zeigen, wo für sie die Sicherheit lag.

Er wußte, daß der Erretter diejenigen, denen er die Schlüsselgewalt des Priestertums überträgt, zur Rechenschaft zieht. Mit dieser Schlüsselgewalt geht die Macht einher, Ratschläge zu erteilen, die uns den Weg zur Sicherheit zeigen. Diejenigen, die die Schlüsselgewalt haben, müssen warnen, auch wenn ihr Rat vielleicht nicht befolgt wird. Die Schlüsselgewalt wird über eine Linie weitergegeben, die vom Propheten über diejenigen weitergeht, die für eine immer kleinere Gruppe von Mitgliedern zuständig sind, immer näher und näher an die Familien und an die einzelnen Mitglieder heran. Das ist eine der Methoden dafür, wie der Herr einen Pfahl zu einem sicheren Ort macht. Ich habe beispielsweise schon mit meiner Frau in einer Versammlung von Eltern gesessen, die unser Bischof, unser Nachbar, einberufen hatte, damit er uns vor den geistigen Gefahren, die unseren Kindern drohten, warnen konnte. Ich habe die Stimme meines weisen Freundes mehr als einmal gehört. Ich habe einen Diener Jesu Christi gehört, der die Schlüsselgewalt innehatte und seiner Aufgabe, zu warnen und die Verantwortung zum Handeln an uns weiterzugeben, nachkam. Wenn wir die Schlüsselgewalt in dieser Vollmachtslinie des Priestertums achten, indem wir aufmerksam zuhören, machen wir uns an einer Rettungsleine fest, die uns in keinem Sturm im Stich läßt.

Der himmlische Vater liebt uns. Er hat uns seinen einziggezeugten Sohn als Erretter gesandt. Er wußte, daß wir in der Sterblichkeit in großer Gefahr sind, daß die schlimmste Gefahr in den Versuchungen des schrecklichen Widersachers liegt. Deshalb hat der Erretter die Schlüsselgewalt des Priestertums übertragen, damit diejenigen, die ein offenes Ohr und den Glauben, gehorsam zu sein, haben, sich an einen sicheren Ort begeben können.

Ein offenes Ohr zu haben erfordert Demut. Sie wissen, wie der Herr Thomas B. Marsh gewarnt hat. Er war damals Präsident des Kollegiums der Zwölf. Der Herr wußte, daß Präsident Marsh und seine Brüder von den Zwölf geprüft werden würden. Er erteilte ihnen dazu, daß man Rat annehmen soll, seinen Rat. Der Herr sagte: „Sei demütig, dann wird der Herr, dein Gott, dich an der Hand führen und dir auf deine Gebete Antwort geben.” (LuB 112:10.)

Dem fügte der Herr eine Warnung hinzu, die jedem gilt, der einem lebenden Propheten nachfolgt: „Erhöht euch nicht selbst; lehnt euch nicht gegen meinen Knecht Joseph auf; denn wahrlich, ich sage euch: Ich bin mit ihm, und meine Hand wird über ihm sein; und die Schlüssel, die ich ihm und auch an euch gegeben habe, werden nicht von ihm genommen werden, bis ich komme.” (LuB 112:15.)

Gott bietet uns seinen Rat an, und zwar nicht nur um unserer Sicherheit willen, sondern auch um der Sicherheit seiner übrigen Kinder willen, die wir lieben sollen. Es gibt kaum ein anderes so wundervoll tröstliches Gefühl wie das, das wir haben, wenn wir ein Werkzeug in der Hand Gottes gewesen sind und jemand anders in Sicherheit gebracht haben. Dieser Segen macht es normalerweise erforderlich, daß wir genügend Glauben haben, Rat zu befolgen, auch wenn es schwerfällt. Ein solches Beispiel aus der Geschichte der Kirche hat uns Reddick Newton Allred gegeben. Er gehörte der Rettungsmannschaft an, die Brigham Young ausgesandt hatte, damit sie die Handkarrenabteilungen Willie und Martin holten. Als ein schrecklicher Schneesturm einsetzte, beschloß Captain Grant, der Hauptmann der Rettungsmannschaft, ein paar der Wagen am Sweetwater River zurückzulassen, während er selbst weiterzog, um die Handkarrenabteilungen zu suchen. Der Schneesturm tobte gewaltig, und das Wetter wurde lebensbedrohlich, und zwei der Männer, die am Sweetwater zurückgeblieben waren, kamen zu dem Schluß, es sei töricht, zu bleiben. Sie meinten, die Handkarrenabteilungen hätten entweder anderswo überwintert oder wären umgekommen. Sie beschlossen, ins Salt Lake Valley zurückzukehren, und versuchten, alle anderen auch dazu zu überreden.

Reddick Allred wollte nicht weichen. Brigham hatte sie ausgesandt, und sein Priestertumsführer hatte ihm gesagt, er solle dort warten. Die anderen nahmen mehrere Wagen, die alle mit dringend benötigten Vorräten gefüllt waren, und begaben sich auf den Rückweg. Noch trauriger war, daß sie jeden Wagen, der ihnen von Salt Lake aus entgegenkam, auch zum Umkehren nötigten. Sie schickten siebenundsiebzig Wagen zurück und kamen den ganzen Weg bis zum Little Mountain zurück, wo Präsident Young erfuhr, was geschehen war, und sie wieder zurückschickte. Als die Abteilung Willie endlich gefunden wurde und die entsetzliche Anstrengung, den Rocky Ridge zu überqueren, hinter sich gebracht hatte, warteten Reddick Allred und seine Wagen dort auf sie. (Siehe Rebecca Bartholomew und Leonard J. Arrington, Rescue of the 1856 Handcart Companies, 1992, 29,33f.)

Ihnen ist auf dieser Konferenz geraten worden, sich der neuen Mitglieder der Kirche anzunehmen. Diejenigen mit dem Glauben eines Reddick Newton Allred werden nicht aufhören, ihre Freundschaft anzubieten, auch wenn sie scheinbar nicht gebraucht wird oder es so aussieht, als bringe es nichts. Sie werden weitermachen. Wenn manche neuen Mitglieder an den Punkt geistiger Erschöpfung gelangen, werden sie immer noch da sein und freundliche Worte und ihre Gemeinschaft anbieten. Dann werden sie die gleiche göttliche Anerkennung verspüren, die Bruder Allred spürte, als er sah, wie die Handkarrenpioniere unter großen Mühen auf ihn zukamen, da er wußte, daß er sie in Sicherheit bringen konnte, weil er auf Rat gehört hatte, auch als das schwer gewesen war.

Aus den Aufzeichnungen geht das zwar nicht hervor, aber ich bin sicher, daß Bruder Allred gebetet hat, während er wartete. Und ich bin sicher, daß sein Beten erhört wurde. Da wußte er, daß der Rat, festzustehen, von Gott kam. Wir müssen beten, um das zu erfahren. Ich verheiße Ihnen, daß solches gläubige Beten erhört wird.

Manchmal erhalten wir Ratschläge, die wir nicht verstehen oder die scheinbar für uns nicht gelten, auch nach inständigem Beten und Nachdenken. Schieben Sie solchen Rat nicht beiseite, sondern halten Sie daran fest. Wenn jemand, dem Sie vertrauen, Ihnen etwas gibt, das bloß nach Sand aussieht, und er Ihnen verspricht, es enthalte Gold, tun Sie gut daran, es eine Weile in der Hand zu halten und vorsichtig zu schütteln. Jedes Mal, wenn ich das mit dem Rat eines Propheten tue, erscheinen nach einer Weile die Goldsplitter, und das stimmt mich dankbar.

Es ist ein Segen, daß wir in einer Zeit leben, wo die Schlüsselgewalt des Priestertums auf der Erde ist. Es ist ein Segen, daß wir wissen, wohin wir schauen und wie wir auf die Stimme hören müssen, die die Verheißung des Herrn erfüllt, daß er uns in Sicherheit bringen wird. Ich bete, daß wir alle ein demütiges Herz haben mögen, daß wir zuhören, daß wir beten und daß wir auf die Befreiung durch den Herrn warten, die so sicher kommt, wie wir dem Glauben treu sind. Ich bezeuge, daß Gott, unser himmlischer Vater, lebt und daß er uns liebt. Dies ist die Kirche Jesu Christi. Er steht an ihrer Spitze, und er ist unser Erretter. Ich bezeuge, daß Gordon B. Hinckley alle Schlüsselgewalt des Priestertums Gottes innehat.

Im Namen Jesu Christi. Amen.