1990–1999
Euer Licht in der Wildnis
April 1999


Euer Licht in der Wildnis

Haltet den Blick fest auf euer Ziel … gerichtet, und geht den geraden und schmalen Weg des Sohns ­ des Gottessohns.

Ihr wißt doch, wie gut ihr euch auf das Zelten versteht ­ oder auch nicht. Was würdet ihr davon halten, acht Jahre lang in der Wildnis zu zelten, ohne zwischendurch mal in die Stadt zu kommen, ohne Licht, ja, sogar ohne Feuer? Das erlebten Lehi und seine Familie, als der Herr ihnen gebot, Jerusalem zu verlassen. Ich kann mir schon vorstellen, daß da einige im Lager murrten, daß nicht allzu viele Freiwillige da waren! Auf dieser langen Reise waren bestimmt auch einige junge Mädchen ­ wie ihr ­ dabei.

Der Herr wies sie an, kein Feuer zu machen. Er sagte: “Ich will in der Wildnis euer Licht sein; … ich will den Weg vor euch bereiten, wenn ihr meine Gebote haltet; und … [ihr] werdet zum verheißenen Land geführt werden; und ihr werdet wissen, daß ihr von mir geführt werdet.” (1 Nephi 17:13.)

Ihr alle müßt ein verheißenes Land haben, in das ihr gerne kommen würdet, und ihr alle könnt dabei in jener Wildnis, die für alle Jugendlichen heutzutage eine Herausforderung darstellt, euer eigenes Licht haben. Dieses Licht ist in Liebe eingehüllt, in die Liebe des Herrn zu jedem seiner Kinder und ganz besonders zu den Jugendlichen. Der Herr weiß, daß euch Herausforderungen und Versuchungen zu schaffen machen. Er gibt euch das Licht, das euch das Herz, den Sinn und den Geist erhellt. Er sagt, sein Wort sei Wahrheit, Wahrheit sei Licht, und Licht sei der Geist Jesu Christi (siehe LuB 84:45).

Sunny ist eine Austauschschülerin aus Korea. Sie lebt nun hier bei einer neuen Familie in einem für sie fremden Land, wo eine fremde Sprache gesprochen wird. Die Schule fiel ihr schwer, sie hatte keine Freundin, mit der sie gemeinsam in die Cafeteria essen gehen oder mit der sie plaudern oder eine Schulveranstaltung besuchen konnte. Sie sagte: “Mir war elend zumute, aber dann dachte ich daran, daß ich ja beten konnte. Ich hatte vorher nicht daran gedacht, den himmlischen Vater um Hilfe und um Trost und Glauben an mich selbst zu bitten. Nun begann ich aber, jeden Morgen vor der Schule im Buch Mormon zu lesen und zu beten. Die Schule fiel mir dadurch leichter. Ich staunte, daß ich sogar besser verstehen konnte, was gesagt wurde. Ich hatte das Gefühl, als helfe mir jemand beim Lernen. (Der Brief befindet sich im JD-Büro.)

Ihr wißt doch, daß man durch Beten das Licht einschalten kann? Wenn das Beten Teil eures Lebens wird, beginnt ihr, im Licht zu wandeln ­ auf dem geraden und schmalen Pfad.

Als ich ungefähr so alt war wie ihr, erfuhr ich, wie wichtig der gerade und schmale Weg ist, wie schwierig es aber auch ist, sich darauf zu konzentrieren und darauf zu bleiben. Ich bin in einer kleinen Ortschaft in Kanada am Fuß der Canadian Rockies aufgewachsen. Mein Vater war Farmer, und ich habe arbeiten gelernt! Jeden Sommer fuhr ich für ihn mit dem Traktor, ich mähte, dann rechte ich das Heu zusammen, fuhr die Heuballen und pflügte den Acker. Ich weiß noch, wie ich lernen mußte, den Acker zu pflügen und zu bearbeiten. Mein Vater schärfte mir ein, wie wichtig es sei, daß die Furchen immer gerade verlaufen. Denn wenn man keine geraden Furchen zog, blieben einzelne Stellen auf dem Acker ungepflügt. Dort konnte das Unkraut ungehindert wuchern. Er sagte mir: “Schau auf den Zaunpfahl am anderen Ende des Ackers, denn wenn das dein Ziel ist und du den Blick darauf richtest, ziehst du gerade Furchen. Laß dich nicht von den Unebenheiten des Bodens ablenken. Wenn du nämlich nur auf den Boden vor dir schaust, bringen dich die Löcher und Unebenheiten aus der Bahn, und die Furchen werden krumm.” Dann ließ er mich allein die Furchen ziehen.

Ein paar Runden lang dachte ich auch an den Zaunpfahl am anderen Ende des Ackers, aber dann begann ich zu singen, um mir die Zeit zu vertreiben. Ich sang alle Lieder und Kirchenlieder, die ich kannte, und wenn ich nicht weiter wußte, erfand ich etwas. Ich sang lauthals vor mich hin und war sehr vergnügt. Da sah ich meinen Vater auf mich zukommen. Ich hielt den Traktor an, und er fragte: “Was ist denn aus den geraden Furchen geworden?”

“Aus den geraden Furchen?” fragte ich.

Er sagte: “Schau dir doch die Furchen an. Die ersten waren gerade, aber dann hast du offenbar nicht mehr auf den Zaunpfahl am anderen Ende des Ackers geachtet, der dein Ziel war. Du siehst, daß bei jeder Runde deine Furchen ein wenig krummer geworden sind, und jetzt gibt es große Flecken, die unbearbeitet geblieben sind.” Dann stieg er auf den Traktor und fuhr ein paar Runden, um das wieder auszugleichen. Dann stieg er ab, um mich wieder fahren zu lassen, und sagte zu mir: “Sharon, paß immer auf, wohin du fährst!”

Wenn es so aussieht, als würde uns die Welt erdrücken, wenn wir versucht sind, etwas, das wir gerade eben jetzt gern hätten, für das einzutauschen, was wir wirklich wollen, dann ist es schwer, aufzupassen und über das Hier und Heute hinauszublicken, weiter als über den Traktorrand zu sehen. Die Löcher und Unebenheiten des Bodens, die überredungskünste von Freunden, die anscheinend das Leben in vollen Zügen genießen, können uns vom Weg abbringen. Aber das Licht, das uns hilft, auf dem geraden Weg zu bleiben, ist wie das Ziel am anderen Ende des Ackers. Wenn wir uns gelegentlich ablenken lassen und in Versuchung geraten, dann ist der Herr da, um uns zu helfen, wieder die gerade Richtung einzuschlagen. Ihr könnt aus der Finsternis weggehen und zum Licht kommen ­ zu seinem Licht.

Einem jungen Mann, den ich kenne, war nicht bewußt, wie wichtig es ist, daß man das Licht und den Geist mit sich hat, und er wollte mir erklären, warum es seiner Meinung nach wichtig ist, daß man Filme ansieht, in denen Gemeinheit und Gewalt gezeigt werden, wie das heutzutage üblich ist. Er sagte: “Wer sich solche Filme nicht ansieht, bleibt naiv und unwissend und geht in der Welt unter.”

Ich fragte ihn: “Was ist dir lieber? Dich von dem beeinflussen zu lassen, was die Welt zu bieten hat und womit sie dich informiert, und dann, allein auf dich gestellt, entscheiden zu müssen, oder aber dich vom Herrn führen zu lassen und so von Licht und Wahrheit erfüllt zu leben, daß es in deinem Leben keinen Platz für Finsternis gibt? Man kann nicht gleichzeitig im Licht und in der Finsternis sein.”

Dieses Licht wird durch das JD-Emblem, die Fackel, symbolisiert. In der Flamme ist das Profil eures Kopfs zu sehen; wenn ihr die Fackel tragt, kann dies euch in dem Wunsch bestärken, für Wahrheit und Rechtschaffenheit einzustehen. Sie soll daran erinnern, daß Christus euer Licht ist und daß er euch sowohl in guten Zeiten als auch durch finstere Nebel hindurch den Weg weist. Ihr braucht euch niemals allein oder verlassen zu fühlen.

Emily war Klassenpräsidentin der Lorbeermädchen, und sie wollte wissen, wen der Herr ihr als Ratgeberin zugedacht hatte. Sie sagte: “Ich habe wegen eines bestimmten Mädchens gebetet, und ich hatte eine deutliche Offenbarung ­ das ist so, als ob das Herz und der Verstand plötzlich zueinander finden und alles völlig klar ist. Daher wußte ich ohne jeden Zweifel, daß sie meine Ratgeberin sein sollte.” (Der Brief befindet sich im JD-Büro.) Durch Beten haben wir Zugang zur Macht Gottes, die uns dazu bringt, daß wir einander lieben und einander dienen, daß wir Opfer bringen und unsere Fähigkeiten zunehmen.

Der Bruder Jareds im Buch Mormon kannte diesen Vorgang. Als er auf Weisung des Herrn acht Schiffe baute, gab es darin kein Licht. Er bat den Herrn um Hilfe (und das können wir auch), aber die Antwort kam nicht so, wie er sie sich vorgestellt hatte. Der Herr hätte den Schiffen ganz leicht Licht geben können, aber ihm ging es um das Licht ­ das Licht des Geistes­ in Jareds Bruder.

Was, meint ihr, tat der Bruder Jareds wohl, nachdem ihm klar geworden war, daß der Herr ihm keine Taschenlampe bringen würde, und bevor er die sechzehn Steine aus dem Berg schmolz und den Herrn bat, sie zu berühren und ihnen Licht zu verleihen? Ich nehme an, er tat wohl das, was auch Sunny, Kim und Emily taten, nämlich fasten, beten, nachsinnen und in den heiligen Schriften lesen, dienen, lieben und vergeben. Er hat sich wohl einfach bemüht, gehorsam zu sein, so daß er den Geist, nämlich das Licht, das ihn führen konnte, mit sich hatte.

Während der Bruder Jareds also alles tat, was er konnte, während er sich abmühte und auf all das zurückgriff, was ihm zur Verfügung stand, insbesondere auf seinen Glauben an den Herrn, da wandte er sich erneut mit einem Vorschlag an den Herrn ­ und seine Bemühungen waren ausreichend. Der Herr berührte die sechzehn Steine, und es war Licht (siehe Ether 2:18­25; 3:16). Es gibt immer eine Antwort.

Viele Mädchen folgen diesem Licht, und der Herr segnet sie. Hört euch an, was einige von denen, die den Herrn ihr Licht sein lassen, in ihrem Zeugnis sagen:

[Anmerkung: Mehrere Mädchen gaben auf Video Zeugnis.]

Laßt den Herrn euer Licht sein. Laßt ihn den Weg in euer verheißenes Land bereiten. “Es gibt … kein Leben, das so finster wäre, [daß] er es nicht erhellen könnte.” (Sam Cardon und Steven K. Jones, “Come unto Him,” New Era, April 1995, 10.) Ihr braucht dazu kein Prophet zu sein wie Lehi oder der Bruder Jareds. Bleibt einfach ihr selbst ­ und hungert und dürstet nach Rechtschaffenheit. Vertraut ihm. Haltet den Blick fest auf euer Ziel am anderen Ende des Ackers gerichtet, und geht den geraden und schmalen Weg des Sohns ­ des Gottessohns. Ich gebe Zeugnis von dem Licht und dem Geist, der von Jesus Christus ausgeht.

“Der Herr ist mein Licht, mein alles ist er,

bei ihm ist nichts Dunkles, nichts Finsteres mehr.

Er ist mein Erlöser, mein Heiland und Herr.”

Im Namen Jesu Christi, amen.