Im eifrigen Lernen liegt Kraft
In dem Buch Lehre und Bündnisse rät der Herr: „Darum lasst nun einen jeden … lernen und mit allem Eifer“ lernen, denn wer nicht lernt, „wird nicht für würdig erachtet werden zu stehen“ (LuB 107:99,100).
Die heiligen Schriften enthalten 144 Schriftstellen, die sich auf das Lernen beziehen. Betrachten wir einige davon:
„Er [hat] durch Leiden den Gehorsam gelernt“ (Hebräer 5:8).
„Lerne Weisheit in deiner Jugend; ja, lerne in deiner Jugend, die Gebote Gottes zu halten.“ (Alma 37:35.)
„Lernt, weiser zu sein, als wir es gewesen sind.“ (Mormon 9:31.)
„Lerne von mir und höre auf meine Worte.“ (LuB 19:23.)
„Trachtet nach Wissen, ja, durch Studium und auch durch Glauben.“ (LuB 88:118.)
„[Ihr sollt] studieren und lernen und mit allen guten Büchern und mit Sprachen, Zungen und Völkern bekannt werden.“ (LuB 90:15.)
„[Trachtet] eifrig danach …, Weisheit zu lernen und Wahrheit zu finden.“ (LuB 97:1.)
Wenn wir den Auftrag betrachten, den wir mit diesen Aufforderungen von Gott erhalten, ist es wichtig, darüber nachzudenken, wie das Evangelium gelernt wird. Das Evangelium zu lernen erfordert gründliche Überlegung, Studium und Gebet. Wichtig ist aber auch, dass wir bedenken, dass jeder von uns ein duales Wesen ist, das aus Körper und Geist besteht. Da wir geistige Wesen sind, ist es notwendig, dass wir durch die Macht des Geistes lernen.
Wie man durch den Geist lernt
Der Prophet Joseph Smith hat gesagt: „Alles, was Gott in seiner unendlichen Weisheit für richtig und angebracht hält, uns … zu offenbaren, … wird … unserem Geist so offenbart, als hätten wir gar keinen Körper; und die Offenbarungen, die unseren Geist erretten, werden auch unseren Körper erretten.“1
Im Buch Lehre und Bündnisse geht der Herr auf die von Gott festgelegte Art und Weise, zu lehren und zu lernen, näher ein:
„Wie kommt es also, dass ihr nicht verstehen und erkennen könnt, dass der, der das Wort durch den Geist der Wahrheit empfängt, es so empfängt, wie es durch den Geist der Wahrheit gepredigt wird?
Darum verstehen der, der predigt, und der, der empfängt, einander, und beide werden erbaut und freuen sich miteinander.“ (LuB 50:21,22.)
Elder Richard G. Scott vom Kollegium der Zwölf Apostel hob hervor, welchen Segen es bringt, sich an dieses Muster zu halten, und erklärte, was es bedeutet, zu verstehen und erbaut zu werden: „Das Verb verstehen bezieht sich auf das, was gehört wird. Das ist die Botschaft, die an alle ergeht. Erbaut betrifft das, was vom Heiligen Geist übermittelt wird. Diese Botschaft kann für jeden anders sein und wird vom Geist auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten.“2
In 2 Nephi 33:1 spricht Nephi darüber, was noch geschieht, wenn wir durch den Geist lernen: „Wenn jemand durch die Macht des Heiligen Geistes spricht, so trägt die Macht des Heiligen Geistes es den Menschenkindern ins Herz.“ Das ist eine machtvolle Verheißung. Sie erfüllt sich aber nur, wenn wir den Erlöser in unser Leben einlassen.
Der Erlöser steht vor der Tür und klopft an (siehe Offenbarung 3:20). Der Heilige Geist steht vor der Tür und klopft an (siehe 2 Nephi 33:1,2). Wir müssen lediglich unsere Entscheidungsfreiheit gebrauchen und die beiden hereinbitten.
Wie wir eifriges Lernen fördern können
Bei der weltweiten Führerschaftsschulung im Februar 2007 zum Thema Lehren und lernen gab uns Präsident Boyd K. Packer, der Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, ganz konkret Rat, wie wir eifriges Lernen fördern können. Ich möchte etwas von dem, was ich von Präsident Packer über das Lernen gelernt habe, zusammenfassen.
Erstens hat Präsident Packer festgestellt, dass eifriges Lernen bedeutet, dass wir lernen wollen. Diesen Willen beweisen wir, wenn wir belehrbar sind und wenn wir uns bereitwillig belehren lassen. Wenn wir uns gegen Belehrungen und Zurechtweisungen sperren, beleidigen wir den Geist und schränken unsere Möglichkeiten, zu wachsen und Fortschritt zu machen, ein.
Zweitens müssen wir beten – vor allem ganz konkret. Beten Sie formell und informell für sich selbst und für den Lehrer. Vielleicht drückt der Lehrer etwas nicht ganz richtig aus. Vielleicht ist er schwach und unsicher im Reden, in der Wortwahl. Aber der Heilige Geist ist es nicht, und jeder von uns kann für sich selbst und für den Lehrer beten: „O Vater, der Lehrer kennt die Last nicht, die ich gerade trage. Bitte hilf ihm, mich zu unterweisen.“ Wenn man das als Lernender tut, erhält man auch Antworten.
Drittens, und das ist ganz wichtig: Hören Sie zu. Präsident Packer legt uns vor allem ans Herz, denen zuzuhören, die viel Erfahrung haben: „Schon früh habe ich gelernt, wie wertvoll es ist, sich die Erfahrungen älterer Menschen anzuhören. … Ich weiß noch, dass LeGrand Richards vom Kollegium der Zwölf nicht so schnell gehen konnte wie die anderen Apostel, und ich habe immer auf ihn gewartet, ihm die Tür aufgehalten und bin zusammen mit ihm zurück zum Gebäude gegangen. Eines Tages meinte dann einer der Brüder: ‚Wie nett von Ihnen, dass Sie sich um Bruder Richards kümmern.‘ Und ich dachte: Sie kennen meine egoistischen Beweggründe nicht – denn auf dem Rückweg hörte ich ihm immer zu. Ich wusste, dass er sich noch an Wilford Woodruff erinnern konnte, und er erzählte mir viel.“3
Achten Sie außerdem nicht nur auf das, was gesagt wird, sondern auch auf das, was nicht gesagt wird: die stillen Eingebungen des Heiligen Geistes. Beides ist wichtig. Hoffentlich sind Sie immer empfänglich für das, was der Lehrer nicht ausspricht. Wenn Sie es sind, wird der Heilige Geist die Botschaft auf Ihre Bedürfnisse zuschneiden.
Viertens ist es wichtig, dass Sie beim Zuhören das, was Sie erfahren haben, ordnen. Verinnerlichen Sie, was Sie gehört haben, indem Sie es aufschreiben und ergänzen. Wenn Sie wirklich sicher sein wollen, dass Sie es aufgenommen haben, dann suchen Sie jemanden, dem Sie es erklären können. Allgemein gesagt: Wenn Sie nicht formulieren können, was Sie gelernt haben, dann haben Sie es noch nicht wirklich gelernt. Machen Sie sich die Mühe, das Gelernte zu ordnen; es lohnt sich.
Wie man sich auf das Lernen vorbereitet
Zusätzlich zu dem, was wir im Unterricht tun, können wir schon vor dem Unterricht vieles unternehmen, was eifriges Lernen fördert.
Präsident Packer hat uns den Rat gegeben, früh aufzustehen, „dann kann man am Morgen, wenn der Kopf noch klar ist, in sich gehen. Dann kommen die Ideen.“4 Ich weiß, dass das stimmt. Wenn wir früh aufstehen, um zu lesen, zu beten, nachzudenken und zuzuhören, dann empfangen wir Offenbarung.
Kommen Sie auch pünktlich zu den Versammlungen, vor allem zur Abendmahlsversammlung, einer der erbauendsten geistigen Versammlungen in der Kirche. Und seien Sie andächtig, öffnen Sie sich der Offenbarung. Kommen Sie und hören Sie dem Vorspiel zu. Suchen Sie nicht nach jemandem, mit dem Sie sprechen wollen. Kommen Sie als eifriger Schüler, und bereiten Sie sich vor, Offenbarung zu empfangen.
Außerdem können wir uns verpflichten, die Verantwortung für das Lernen zu übernehmen, unabhängig davon, wie gut der Lehrer oder Sprecher sein mag. Vor einigen Jahren sagte Präsident Spencer W. Kimball (1895–1985): „Wenn Sie den Geist bei sich haben, so ist die Zeugnisversammlung eine der besten Versammlungen der [Kirche] im ganzen Monat. Wenn es Ihnen in einer Zeugnisversammlung langweilig ist, dann hat das etwas mit Ihnen zu tun und nicht mit den anderen. Wenn Sie aufstehen und Zeugnis geben, dann meinen Sie, dass es die beste Versammlung des Monats ist; aber wenn Sie nur dasitzen, Grammatikfehler zählen und über denjenigen lachen, der sich nicht so gut ausdrücken kann, dann werden Sie gelangweilt sein. … Vergessen Sie das nicht! Sie müssen um ein Zeugnis kämpfen. Sie müssen weiterkämpfen!“5
Das ist eine sehr eindringliche Aussage.
Wie wir aus unseren Möglichkeiten das Beste machen
Vor allem: Bleiben Sie am Ball! Darauf legte Präsident Packer in dem Gespräch großen Wert. Geben Sie nicht auf. Lernen Sie beharrlich weiter. Machen Sie aus den vielen Möglichkeiten, etwas zu lernen, das Beste.
Vor vielen Jahren sprach Elder Marion D. Hanks, der damals Assistent des Kollegiums der Zwölf Apostel war, darüber, wie es sich auswirkt, wenn wir aus unseren Lernmöglichkeiten das Beste machen. Elder Hanks erzählte eine Geschichte über Louis Agassiz, einen angesehenen Naturforscher, der von einer einfachen, älteren, unverheirateten Frau angesprochen wurde, die darauf beharrte, dass sie nie eine Chance gehabt hatte, etwas zu lernen. Daraufhin forderte Dr. Agassiz sie auf, zu überlegen, welche Chancen sie gehabt hatte, etwas zu lernen:
„‚Was tun Sie?‘, fragte er.
‚Ich schäle Kartoffeln und schneide Zwiebeln.‘
Er sagte: ‚Wo sitzen Sie, wenn Sie diese interessante, wenn auch einfache Arbeit verrichten?‘
‚Auf der untersten Stufe der Küchentreppe.‘
‚Worauf ruhen Ihre Füße?‘
‚Auf den glasierten Ziegelsteinen.‘
‚Was sind glasierte Ziegelsteine?‘
‚Das weiß ich nicht.‘
Er sagte: ‚Wie lange sitzen Sie denn da schon?‘
Sie sagte: ‚Seit fünfzehn Jahren.‘
‚Hier ist meine Karte‘, sagte Dr. Agassiz. ‚Würden Sie so nett sein und mir einen Brief darüber schreiben, was glasierte Ziegelsteine sind?‘“
Die Frau nahm diesen Auftrag ernst. Sie las alles, was sie über Ziegel finden konnte und schickte Dr. Agassiz eine 36 Seiten lange Abhandlung zu dem Thema.
Elder Hanks fuhr fort:
„Dr. Agassiz schrieb zurück: ‚Dies ist der beste Artikel, den ich zu diesem Thema je gelesen habe. Wenn Sie bitte freundlicherweise die drei Wörter noch ändern, die ich mit einem Sternchen versehen habe, dann werde ich Ihre Abhandlung veröffentlichen und Sie dafür bezahlen.‘
Kurze Zeit später erhielt sie einen Brief mit 250 Dollar. Am Ende des Briefes war mit Bleistift die folgende Frage geschrieben: ‚Was war unter diesen Ziegelsteinen?‘ Inzwischen hatte sie gelernt, dass Zeit kostbar ist, und antwortete mit einem einzigen Wort: ‚Ameisen.‘ Er schrieb zurück: ‚Erzählen Sie mir etwas über die Ameisen.‘ …
Nach eingehender Lektüre, umfangreicher Arbeit mit dem Mikroskop und gründlichem Studium schrieb die Frau 360 Seiten zu diesem Thema und schickte sie Dr. Agassiz. Er veröffentlichte das Buch und schickte ihr das Geld, und sie reiste von dem Lohn für ihre Arbeit in all die Länder, von denen sie schon immer geträumt hatte.“6
Das ist etwas sehr Grundlegendes: dass wir eifriges Lernen fördern und uns nicht mit Mittelmäßigkeit zufriedengeben.
Wir können bessere Schüler werden, und indem wir besser lernen, werden wir auch bessere Lehrer. Ich möchte dem Beispiel des Erretters folgen, dem bedeutendsten aller Lehrer. Aber was machte ihn zu einem so bedeutenden Lehrer? Zunächst war er ein Lernender. Möge der Herr jeden von uns segnen, wenn wir ihm folgen und besser lernen.