Die Kraft, vorwärtszugehen
Ich fühlte mich wertlos und war voller Wut. Wie sollte ich weitermachen?
Als mein Mann und ich unser erstes Kind verloren, sagten uns die Ärzte, ich könne niemals mehr ein Kind bekommen. Ich war am Boden zerstört. Ich trauerte und suchte nach Antworten. Auch mein Mann war tieftraurig. Wir beteten und uns wurde klar, wie wichtig es ist, eine Familie zu haben, die auf ewig Bestand hat. Schließlich ließen wir uns im Los-Angeles-Kalifornien-Tempel aneinander siegeln.
Doch ich fragte mich weiterhin, warum ich einen solchen Verlust hatte erleiden müssen. Da kam mir mein Patriarchalischer Segen in den Sinn. Ich las ihn aufmerksam und fand eine Stelle, die ich völlig vergessen hatte. Ich würde mit Söhnen und Töchtern gesegnet werden, hieß es da! Was mir die Ärzte gesagt hatten, konnte also nicht stimmen, dachte ich. Ich ging also wieder zum Arzt, aber der bekräftigte erneut, ich könne kein Kind bekommen.
Etwa fünf Jahre nach dem Verlust unseres Babys beschlossen wir, es mit künstlicher Befruchtung zu versuchen. Schon beim ersten Termin war der Schwangerschaftstest positiv! Ich konnte es kaum fassen. Auch weitere Tests bestätigten, dass ich bereits schwanger war. Neun Monate später konnten wir unsere Tochter in die Arme nehmen. Inzwischen bin ich Mutter von vier wunderbaren Kindern.
Doch vor einigen Jahren stand ich erneut vor Problemen, als nämlich unsere Ehe in die Brüche ging. Ich fiel aus allen Wolken und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Hatten wir nicht eine perfekte kleine Familie? Ich brach mein Studium der Zahnmedizin ab, um mich auf meine Kinder zu konzentrieren. Das war meiner Ansicht nach die beste Lösung, und ich bedauere es auch nicht. Aber in mir hatte sich viel Groll aufgestaut. Wie kann ein Mann einfach eine Ehe und vier tolle Kinder wegwerfen?
Ich hatte Angst, was aus den Kindern und mir werden sollte. Ich weinte und hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, und fragte mich, ob die Kinder und ich noch immer aneinander gesiegelt waren. Also sprach ich mit meinem Bischof. Er sagte, der Vater im Himmel habe verheißen, dass wir für alle Ewigkeit gesiegelt sind. Aber wir hätten die Entscheidungsfreiheit, ob wir für immer zusammen sein wollen. Ich war total erleichtert zu wissen, dass ich immer noch an meine Kinder gesiegelt war!
Doch ich war immer noch wütend und fühlte mich nicht würdig, in den Tempel zu gehen. Kann man denn voller Wut in den Tempel gehen? Auch weil ich geschieden war, wollte ich nicht in den Tempel gehen. Ich dachte, ich hätte es nicht verdient, weil ich ja eigentlich verheiratet sein sollte.
Bei einem weiteren Gespräch sagte mir mein Bischof, es sei der Satan, der nicht wolle, dass ich in den Tempel gehe. Der Satan will uns unglücklich machen und uns das Gefühl geben, nicht würdig zu sein. Es war unglaublich, als ich wieder den Tempel betrat! Durch den Tempelbesuch fühle ich mich besser und stärker. Das Wissen, dass der Vater im Himmel mir hilft, eine gute Mutter zu sein, dass ich nicht allein bin und dass er mich und meine Familie nie im Stich lassen wird, schenkt mir sehr viel Kraft. Nun achte ich darauf, immer einen gültigen Tempelschein zu haben.
„Ich weiß, dass ich weiter vorwärtsgehen und versuchen muss, dem Vater im Himmel jeden Tag näherzukommen. So werde ich für immer mit meinen Kindern zusammen sein.“
Ich sage meinen Kindern immer, dass ich für sie da bin – auch wenn sich ihr leiblicher Vater aus ihrem Leben zurückgezogen hat. Wir gehen in die Kirche, wir lesen in den heiligen Schriften, wir beten. Uns ist klar, wie wichtig die Familie ist, und wir wissen, dass wir einander verzeihen, einander unterstützen und einander Mut machen müssen.
Jemand hat mich mal gefragt, was ich tun würde, wenn ich jeden Tag eine Stunde mehr Zeit hätte. Schlafen? Essen? Was würde ich machen? Ich hätte für jedes meiner Kinder eine Viertelstunde mehr wertvolle Zeit!
Müsste ich alles noch einmal machen, ich würde denselben Mann heiraten, dieselben schlimmen fünf Jahre durchmachen – Hauptsache, ich bekäme dieselben Kinder, die ich jetzt habe! Für sie ist mir kein Preis zu hoch. Ich habe witzige, wunderbare, warmherzige Kinder. Auch wenn ihr Leben nicht immer einfach ist, überlegen sie doch stets, wie sie anderen helfen können.
Wir halten unseren Glauben am Leben, und das führt dazu, dass wir als Familie nicht aufgeben. Wenn wir unseren Teil beitragen, tut der Herr das Seine und schenkt uns Segen und Verheißungen. Das ist mein Lebensmotto, und ich fühle mich reich gesegnet!