2007
So bereichern Sie Ihre Ehe
April 2007


Botschaft von der Ersten Präsidentschaft

So bereichern Sie Ihre Ehe

Vor vielen Jahren, als ich noch als Anwalt tätig war, suchte mich eine Frau auf, die sich von ihrem Mann scheiden lassen wollte. Die Gründe, die sie anführte, schienen eine Scheidung durchaus zu rechtfertigen. Nach ihrer Scheidung sah ich sie viele Jahre nicht mehr, bis ich ihr zufällig auf der Straße begegnete. Ich sah, dass jahrelange Einsamkeit und Enttäuschung auf ihrem einst schönen Gesicht deutliche Spuren hinterlassen hatten.

Nachdem wir einige Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hatten, erklärte sie gleich zu Beginn des Gesprächs, dass das Leben sich für sie nicht lohne, dass sie es überdrüssig sei, sich alleine durchzukämpfen. Dann vertraute sie mir etwas an, was mich doch überraschte. Sie sagte: „So schlimm es auch frü- her war – wenn ich mich nach allem, was ich heute weiß, noch einmal entscheiden könnte, würde ich mich nicht scheiden lassen. Jetzt ist es noch schlimmer.“

Statistisch gesehen ist es schwer, eine Scheidung zu vermeiden. Experten gehen davon aus, dass etwa die Hälfte der Frauen in den Vereinigten Staaten irgendwann eine Scheidung erleben. Auch in vielen anderen Ländern nimmt die Anzahl der Scheidungen zu. Wenn sich an der ständig steigenden Scheidungsquote nichts ändert, werden noch viel mehr Ehen ein trauriges Ende nehmen.

Nur in den seltensten Fällen lässt sich eine Scheidung rechtfertigen. Ein triftiger Grund für eine Scheidung muss meiner Meinung nach etwas sehr Schwerwiegendes sein, wie etwa eine offensichtlich hoffnungslose Beziehung, die die Menschenwürde eines Partners zerstört. Eine Scheidung hat oft verheerende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen und zerstört das Glück in der Familie. Häufig verlieren die Beteiligten mehr, als sie gewinnen.

Wie traumatisch die Scheidung oft erlebt wird, scheint nur wenig bekannt zu sein und wird wahrscheinlich unterschätzt. Ganz gewiss müssen wir mehr Mitgefühl und Verständnis für diejenigen zeigen, die diese große Tragödie durchlebt haben und deren Leben sich nicht rückgängig machen lässt. Und doch bleibt für den, der geschieden ist, die Hoffnung auf ein erfülltes und glückliches Leben, vor allem, wenn er sich selbst vergisst und sich dem Dienst am Nächsten weiht.

Schwierige Fragen

Warum ist das Glück in der Ehe für so viele so zerbrechlich und flüchtig und für andere so erfüllend und dauerhaft? Warum ist der Zug des seelischen Leidens so lang und hat so viele unschuldige Passagiere?

Welche bereichernden Komponenten fehlen vielen Ehen, die so glücklich und hoffnungsvoll begonnen haben?

Ich habe über diese schwierigen Fragen lange nachgedacht. Nahezu mein ganzes Leben habe ich mich damit befasst, und ich bin mit den Problemen eines unglücklichen Ehelebens, der Scheidung und zerrütteter Familien vertraut. Ich kann aber auch von großem Glück erzählen, da ich, dank meiner lieben Frau Ruth, in der Ehe die höchste Erfüllung des menschlichen Daseins gefunden habe.

Gründe für die Scheidung

Auf die schwierige und komplexe Frage nach einem glücklichen Eheleben gibt es keine einfache Antwort. Zu den vielen Gründen, die für eine Scheidung angegeben werden, gehören schwerwiegende Probleme wie Egoismus, Unreife, eine mangelnde Verpflichtung gegenüber dem anderen, unzureichende Kommunikation und Untreue.

Meiner Erfahrung nach gibt es aber noch einen anderen Grund für das Scheitern einer Ehe, der zwar nicht so offensichtlich ist, der jedoch Bestandteil aller übrigen Gründe ist und ihnen vorausgeht. Es ist das Versäumnis, die Ehe immer wieder zu bereichern, der Mangel an dem gewissen Etwas, das die Ehe kostbar, besonders und wunderbar macht. Fehlt es, dann wird sie mühsam, schwierig oder sogar langweilig.

So bereichern Sie Ihre Ehe

Sie fragen sich vielleicht: „Wie kann man die Ehe immer wieder bereichern?“ Unbegrenzte Freundschaft, Vertrauen, Lauterkeit und gegenseitiger Beistand und Unterstützung in schweren Zeiten festigen unsere Ehe. Adam sagte über Eva: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch.“ (Genesis 2:23.) Jeder, der verheiratet ist oder daran denkt zu heiraten, sollte sich aufrichtig fragen, wie man es schafft, dass man „ein Fleisch“ wird. Dabei helfen die folgenden einfachen, aber bedeutenden Fragen:

  1. Bin ich imstande, zuerst an meinen Partner und an unsere Ehe zu denken, bevor ich mich mit meinen eigenen Wünschen befasse?

  2. Wie sehr fühle ich mich meinem Ehepartner verpflichtet, unabhängig von allen anderen Interessen?

  3. Ist mein Ehepartner mein bester Freund?

  4. Sehe ich in meinem Ehepartner einen wertvollen Menschen und respektiere ich ihn vorbehaltlos?

  5. Streiten wir über Geld? Geld an sich macht Eheleute noch nicht glücklich und zu wenig Geld muss sie nicht unbedingt unglücklich machen. Der Streit ums Geld ist oft nur ein Zeichen für Egoismus.

  6. Gibt es ein geistiges Band zwischen uns, das uns heiligt?

Brücken bauen

Einige wichtige Faktoren können die Ehe bereichern.

Beten. Bessere Kommunikation kann die eheliche Beziehung sehr bereichern. Ein wichtiger Schritt dabei ist das gemeinsame Beten. Falls es Meinungsverschiedenheiten gibt, so werden diese oft durch das Beten vor dem Schlafengehen bereinigt. Ich möchte Meinungsverschiedenheiten nicht überbetonen, aber es gibt sie und sie machen die Sache doch interessant. Ich finde, dass unsere Unterschiede wie eine Prise Salz sind, die Würze in unsere Ehe bringt.

Es gibt unzählige Möglichkeiten der Kommunikation, wie etwa ein Lächeln, übers Haar streichen, eine zarte Berührung. Wir dürfen nicht vergessen, jeden Tag „Ich liebe dich“ zu sagen. Der Ehemann soll zu seiner Frau sagen: „Du bist schön.“ Außerdem ist es für beide Ehepartner sehr wichtig, im rechten Augenblick „Es tut mir leid“ zu sagen. Auch Zuhören ist eine hervorragende Art der Kommunikation.

Vertrauen. Völliges gegenseitiges Vertrauen trägt mit am meisten zu einer guten Ehe bei. Nichts erschüttert den Kern des gegenseitigen Vertrauens, das für eine dauerhafte erfüllende Beziehung notwendig ist, so sehr wie eheliche Untreue. Für Ehebruch gibt es keinerlei Rechtfertigung. Trotz dieser zerstörerischen Erfahrung gelingt es manchen Eheleuten, ihre Ehe und die Familie zu retten. Dazu muss der verletzte Ehepartner aber imstande sein, den anderen so vorbehaltlos zu lieben, dass er vergeben und vergessen kann. Derjenige, der untreu war, muss den innigen Wunsch haben, umzukehren und dem Bösen gänzlich zu entsagen.

Die Treue zu unserem Partner muss körperlicher und geistiger Natur sein. Da es kein harmloses Flirten und keinen Platz für Eifersucht in der Ehe gibt, ist es am besten, schon den Anschein des Bösen zu meiden, indem man sich jeder fragwürdigen Verbindung zu jemandem, mit dem man nicht verheiratet ist, enthält.

Tugend. Tugend ist das starke Band, das alles zusammenhält. Der Herr hat gesagt: „Du sollst deine Frau mit deinem ganzen Herzen lieben und sollst an ihr festhalten und an niemandem und nichts sonst.“ (LuB 42:22.)

Die Gegenwart des Göttlichen. Vieles kann Segen in eine Ehe bringen. Doch eine besonders segensreiche Komponente, die vor allem dazu beiträgt, dass Mann und Frau in sehr reeller, heiliger und geistiger Weise miteinander verbunden sind, ist die Gegenwart des Göttlichen in der Ehe. Shakespeare lässt Königin Isabelle in König Heinrich der Fünfte sagen: „Gott, aller Ehen bester Stifter, mache eins eure Herzen.“ (König Heinrich der Fünfte, 5. Aufzug, 2. Szene.) Gott wacht auch am besten über die Ehe.

Es gibt vieles, was die Ehe bereichert, aber manches davon scheint von größerer Bedeutung zu sein. Die Gegenwart des Heiligen und Göttlichen zu erfahren mit allen positiven Auswirkungen, das wird zum Kern des Glücks in der Ehe. Einigkeit im geistigen Bereich ist der Anker. Lässt man in diesem heiligenden Bereich der Ehe allmählich nach, führt das oft dazu, dass die Ehe scheitert.

Ich glaube, dass die Scheidungsrate steigt, weil der ehelichen Beziehung in vielen Fällen der heiligende Segen fehlt, der daraus re-sultiert, dass man Gottes Gebote hält. Die Ehe kann daran scheitern, dass die geistige Nahrung fehlt.

Der Zehnte. Ich war nahezu zwanzig Jahre lang Bischof bzw. Pfahlpräsident. In dieser Zeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Zahlen des Zehnten eine ausgezeichnete Versicherung gegen die Scheidung ist. Offenbar trägt das Zahlen des Zehnten dazu bei, dass wir geistig gesehen unsere Batterien immer aufgeladen haben. Wenn nun die geistige Lichtmaschine nicht mehr richtig oder gar nicht lädt, überstehen wir diese Zeiten trotzdem.

Es gibt keine großartige, majestätische Musik, die konstant die Harmonie großer Liebe erzeugt. Die vollkommene Musik ist die, bei der zwei Stimmen zu einem geistigen Lied verschmelzen. Gott hat die Ehe eingesetzt, um die wichtigsten Bedürfnisse des Menschen zu erfüllen, vorausgesetzt, sie beruht auf gegenseitigem Respekt, Reife, Selbstlosigkeit, Anstand, Hingabe und Ehrlichkeit. Das Glück in Ehe und Elternschaft können jede andere Form des Glücks tau-sendfach übersteigen.

Elternschaft. Die Ehe wird um vieles bedeutsamer und das geistige Wachstum setzt vermehrt ein, wenn die Eheleute Eltern werden. Ehepaaren, die Kinder bekommen können, bringt die Elternschaft sicher das größte Glück. Der Mann entwickelt sich, weil er sich als Vater um seine Familie kümmern muss. Die Frau blüht auf, weil sie sich als Mutter selbst vergessen muss. Wenn wir Eltern werden, verstehen wir die wahre Bedeutung der Liebe am besten. Kann ein Ehepaar jedoch keine Kinder bekommen, obwohl es sie voll Liebe aufnehmen würde, wird der Herr die beiden für ihre Treue ehren und segnen. Unser Zuhau-se soll für uns zum Allerheiligsten auf Erden werden.

Kleinigkeiten bereichern die Ehe und bewirken Großes. Notwendig ist, dass man einander schätzt, beständig aufmerksam ist und einander seine Dankbarkeit zeigt. Die Eheleute müssen einander Mut machen und einander unterstützen, damit sich beide entwickeln. Die Ehe ist ein gemeinsames Streben nach dem Guten, Schönen und Göttlichen.

Der Herr hat gesagt: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir.“ (Offenbarung 3:20.)

Möge die Gegenwart Gottes jede Ehe und Familie, die ja Teil seines ewigen Plans sind, bereichern und segnen, besonders bei seinen Heiligen.

Für die heimlehrer

Bereiten Sie sich gebeterfüllt vor und tragen Sie diese Botschaft anhand einer Unterrichtsmethode vor, bei der Ihre Zuhörer einbezogen werden. Dazu einige Beispiele:

  1. Formen Sie aus zwei unterschiedlich gefärbten Sorten Ton jeweils eine Kugel. Erklären Sie, dass jede Farbe einen Ehepartner darstellt. Formen Sie nun aus den beiden Kugeln eine Kugel. Bitten Sie jemand aus der Familie, zu versuchen, die beiden Farben wieder zu trennen. Besprechen Sie die sechs Fragen, die sich laut Präsident Faust jeder stellen sollte, der verheiratet ist oder daran denkt zu heiraten. Geben Sie Zeugnis davon, wie wichtig es ist, in der Ehe eins zu sein.

  2. Die Familie soll sich im Kreis aufstellen. Jeder stellt einen der wichtigen Faktoren dar, die die Ehe bereichern können. Besprechen Sie dann die einzelnen Faktoren. Der Betreffende hakt sich bei seinem Nebenmann unter oder hält ihn an der Hand. Weisen Sie darauf hin, dass die Verbindung unterbrochen wäre, wenn einer aus dem Kreis entfernt würde. Bezeugen Sie, wie wichtig es ist, die Ehe immer wieder zu stärken.

  3. Bringen Sie einen Salzstreuer mit. Sprechen Sie darüber, dass Salz den Geschmack verstärkt. Lesen Sie den Satz vor, in dem Präsident Faust Meinungsverschiedenheiten in der Ehe mit einer Prise Salz vergleicht. Sprechen Sie darüber, inwiefern auch die Unterschiede eine Ehe bereichern können. Falls Sie ein Ehepaar besuchen, fragen Sie die beiden, was sie getan haben, um mehr Dankbarkeit füreinander zu entwickeln.