2018
Abuelos Schusterladen
April 2018


Abuelos Schusterladen

Der Verfasser lebt in Utah.

„Weißt du, wir müssen mehr so sein wie dieser Schuh“, sagte der Großvater.

„Hilf mir, o Vater, dass umkehrn ich kann: ändern, was falsch, und bessern mich dann.“ (Liederbuch für Kinder, Seite 52)

Abuelos Shoe Shop

Miguel öffnete die Tür zum Schusterladen, der seinem Abuelo, seinem Großvater, gehörte. Er konnte das Leder riechen, das Abuelo verwendete. Miguel mochte diesen Geruch sehr.

„Hallo, Abuelo!“

Abuelo kniete auf dem Boden und zeichnete den Fuß eines Kunden auf einem Blatt Papier nach. Er schaute nicht auf. Abuelo konnte nicht mehr so gut hören.

Miguel setzte sich an eine Werkbank. Er schaute auf den Stapel Lederstücke, die schon zurechtgeschnitten waren, und stellte sich vor, was Abuelo mit seinem Hammer und seiner Zange daraus machen würde.

Das Werkzeug erinnerte Miguel an etwas anderes, was er sehr mochte: Wenn er beim Aufräumen half, gab Abuelo ihm immer eine Süßigkeit.

Aber Miguel hatte jetzt Hunger! Er wusste, dass er keine Süßigkeiten nehmen durfte, ohne zu fragen, aber es sah so aus, als ob Abuelo noch eine Weile zu tun hatte. Vielleicht muss ich gar nicht warten, dachte Miguel.

Er griff unter den Ladentisch und nahm das Glas mit den Süßigkeiten. Es war mit seinen Lieblingslutschern gefüllt, süß und scharf mit Chilipulver. Als er den Deckel abnahm, fühlte er sich etwas unwohl. Aber die Süßigkeiten sahen so lecker aus. Schnell steckte sich Miguel einen Lutscher in den Mund.

Bald darauf verließ der Kunde den Laden. Abuelo nahm ein Stück Leder und tauchte es in etwas Wasser. Dadurch blieb es weich und man konnte leichter damit arbeiten.

Miguel biss vom Lutscher ab und aß ihn so schnell er konnte auf. Dann ging er zu Abuelo.

„Hallo!“, begrüßte Abuelo ihn lächelnd. „Wie schön, dass du mich besuchst.“

Miguel umarmte Abuelo. Er hoffte nur, dass Abuelo nicht merkte, dass er einen Lutscher gegessen hatte. Er versuchte, sich keine Gedanken darüber zu machen.

„Du hast wohl viel zu tun“, meinte Miguel und zeigte auf die Lederstapel. „Brauchst du Hilfe?“

„Klar! Kannst du mir den Faden dort geben?“

Miguel griff nach einem langen Faden. Er zog an beiden Enden. Der Faden war stabiler, als er aussah.

„Der ist aber fest.“

Abuelo lachte leise. „Das muss er auch sein, denn er soll im Alltag ja alles Mögliche aushalten können.“ Abuelo zog den Faden durch das Leder. Dann hatte er plötzlich den Gesichtsausdruck, den Mama manchmal das „weise Großvatergesicht“ nannte.

„Weißt du, wir müssen mehr so sein wie dieser Schuh“, sagte Abuelo und nickte.

Miguel blickte fragend auf das Leder. „Ähm … Wie dieser Schuh?“

„Ganz genau. Wir müssen stark bleiben. Dann geben wir nicht nach, wenn der Satan uns versucht.“

Miguel musste sofort an den roten Lutscher denken. Er wusste, dass er Abuelo alles erzählen sollte.

Abuelo nahm einen alten Schuh aus dem Regal. „Siehst du dieses große Loch?“

Wahrscheinlich hätte Miguels Hand durch das Loch gepasst. „Ja, klar.“

„Das war einmal ein kleines Loch, das man hätte leicht reparieren können. Aber der Besitzer hat gewartet, und jetzt ist es viel schwieriger zu reparieren. Schlechte Gewohnheiten und schlechte Entscheidungen sind wie dieses Loch. Man sollte sie besser schnell in Ordnung bringen.“

Abuelo nickte noch einmal und das „weise Großvatergesicht“ wurde wieder zu einem Lächeln. Sie unterhielten sich weiter, während Abuelo sich wieder an die Arbeit machte. Miguel musste die ganze Zeit an den roten Lutscher denken.

Als Abuelo fertig war, half ihm Miguel beim Aufräumen. Danach griff Abuelo nach dem Glas mit den Süßigkeiten.

Miguel konnte es nicht mehr aushalten. „Ich habe einen Lutscher davon genommen!“, platzte es aus ihm heraus.

Abuelo stellte das Glas ab. „Was hast du gesagt?“

Miguel erzählte ihm, dass er einen Lutscher genommen hatte, ohne vorher zu fragen. „Das tut mir so leid, Abuelo! Das mache ich nie wieder, versprochen!“

Abuelo umarmte Miguel ganz fest. Miguel fühlte sich viel besser.

„Danke, dass du ehrlich warst. Das ist mir wichtiger als alles andere.“

Auf dem Heimweg fühlte sich Miguel wie eines der neuen Paar Schuhe von Abuelo: richtig stark und bereit für das Leben.