2019
Wirst du gehen?
Februar 2019


Wirst du gehen?

Wirst du eine Mission erfüllen, wenn der Herr dich darum bittet?

young Elder Evans

Illustration von Ben Simonsen

Während meiner Zeit an der Highschool und meines ersten Jahrs an der Uni tobte gerade der Vietnamkrieg. Als ich mit dem Studium begann, hatte sich die Kirche mit der US-Regierung verständigt, wie viele Missionare sie aussenden dürfe. Man hatte sich darauf geeinigt, dass jede Gemeinde pro Jahr zwei Missionare aussenden darf, alle übrigen jungen Männer würden nicht auf Mission berufen und gegebenenfalls zum Militär eingezogen. Obwohl ich schon mein Leben lang auf Mission gehen wollte, schien es unwahrscheinlich, dass ich eine erfüllen konnte.

Im Herbst 1969 schrieb ich mich an der University of Utah ein. Ende Januar 1970 lernte ich meine zukünftige Frau kennen, verabredete mich regelmäßig mit ihr, und im Frühjahr waren wir bereits ineinander verliebt.

Ein Anruf vom Bischof

An einem heißen Nachmittag im Juli kam ich nach Hause. Meine Mutter sagte zu mir: „David, der Bischof hat angerufen. Er möchte sich mit dir treffen.“

„Ich habe keine Zeit“, erwiderte ich.

Meine Mutter sah mich an und meinte: „Wenn du keine Zeit hast, dich mit dem Bischof zu treffen, rufst du ihn selbst an und sagst ihm das.“

Da ich eigentlich gar nicht so viel zu tun hatte, traf ich mich mit dem Bischof in seinem Büro. Er saß an seinem ungewöhnlich leeren Schreibtisch. Ich spürte sofort, dass es bei dem Gespräch um etwas anderes gehen würde als gedacht.

„David“, sagte er, „in einer anderen Gemeinde können sie dieses Jahr nur einen Missionar entsenden. Also haben wir die Chance, noch jemanden auf Mission zu schicken. Als Bischofschaft hatten wir den Eindruck, dass wir den Vater im Himmel fragen sollten, ob es jemanden gibt, der jetzt sofort gehen soll. Ich kann dir sagen: Der Herr möchte, dass du jetzt eine Mission erfüllst.“

Ich war fassungslos. Ich war davon ausgegangen, dass ich wegen des Krieges und der beschränkten Anzahl an Missionaren keine Mission erfüllen könne. Ich bat ihn um ein wenig Bedenkzeit. Er fragte, wie viel Zeit ich brauchte, und ich bat ihn um eine Woche.

Nach dem Interview ging ich zum Auto. Ich war noch immer fassungslos. Ich fuhr in Salt Lake City umher und ließ die Ereignisse des Nachmittags auf mich wirken.

Der Entschluss, auf Mission zu gehen

Nach nur wenigen Minuten fuhr ich zurück zur Kirche, parkte und ging zurück ins Büro des Bischofs. Er saß noch immer an seinem leeren Schreibtisch.

Ich schaute ihn an und fragte: „Bischof, ist alles in Ordnung?“

„Ja“, erwiderte er freundlich, „ich warte auf dich.“

Daraufhin sagte ich zu ihm: „Also, wenn der Herr möchte, dass ich jetzt eine Mission erfülle, dann mache ich das.“

Als ich daheim ankam, war meine Mutter gerade in der Küche. Ich befürchtete, wenn ich ihr alles, was mir in dem Moment durch den Kopf ging, mitteilte, würde ich losheulen. Also sagte ich ihr nur: „Mama, ich kann gerade nicht darüber sprechen, aber du sollst wissen, dass ich auf Mission gehe, und zwar schon bald.“

Später am Nachmittag sprach ich mit meinem Vater über meinen Entschluss. Er gab mir wunderbare, aufmunternde Ratschläge. Dann fuhr ich zu meiner Freundin (die jetzt meine Frau ist) und erzählte ihr von meiner Entscheidung. Wir gingen spazieren und redeten, weinten und redeten noch eine Weile weiter miteinander. Jedoch hatte keiner von uns Bedenken. Wenn ich auf Mission gehen konnte, dann sollte und würde ich auch gehen.

Im August erhielt ich meine Missionsberufung. Ich sollte in Japan dienen. Am 10. Oktober 1970 brach ich auf.

Wenn der Herr dich ruft, wirst du gehen?

In Alma 24 lesen wir, dass die Anti-Nephi-Lehier, die sich kurz zuvor bekehrt haben, geloben, niemals mehr Blut zu vergießen. Als ihre Feinde sie angreifen, sind sie eher bereit zu sterben, als ihr Versprechen zu brechen. In Kapitel 27 schlägt Ammon dem König schließlich vor, dass sie das Land verlassen und sich den Nephiten anschließen, aber der König lehnt das ab, weil er glaubt, dass die Nephiten sie keinesfalls bei sich dulden werden (siehe Alma 27:3-6). Da fragt Ammon den König: „Ich will hingehen und den Herrn befragen, und wenn er uns sagt: Geht …, werdet ihr dann gehen?“ (Alma 27:7.) Der König der Anti-Nephi-Lehier antwortet: „Befrage den Herrn, und wenn er uns sagt: Geht, dann werden wir gehen; andernfalls wollen wir im Land zugrunde gehen.“ (Alma 27:10.) Ammon befragt den Herrn, und dieser gebietet ihnen, ihr Land zu verlassen. Die Anti-Nephi-Lehier brechen auf, ohne zu zögern.

Dein Leben lang fordert der Herr dich immer wieder auf zu „gehen“. Wenn er das tut, wirst du gehen? Wirst du tun, was er von dir verlangt? Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sich ein Großteil unseres geistigen Wachstums und unserer Segnungen hier auf Erden auf den Entschluss zurückführen lässt, dem Ruf des Herrn zu folgen. Präsident Russell M. Nelson hat gesagt: „Jeder Tag steckt voller Entscheidungen, und unsere Entscheidungen bestimmen unser Schicksal.“ („Entscheidungen für die Ewigkeit“, Liahona, November 2013, Seite 108.)

Während meiner Mission in Japan durfte ich Menschen, die mir sehr ans Herz wuchsen, im Evangelium unterweisen. 1998, 26 Jahre nach meiner Mission, wurde ich als Missionspräsident berufen und durfte wieder in Japan dienen. Zwar war ich in einer anderen Region tätig, aber dennoch zurück bei den Menschen, die mir am Herz lagen und die auch mir Liebe erwiesen hatten. Meine ganze Familie konnte an der bemerkenswerten Erfahrung teilhaben und zum Wachstum der Kirche in Japan beitragen.

Ein paar Jahre nachdem meine Frau und ich von unserer Mission nach Hause zurückgekehrt waren, wollte sich Präsident Gordon B. Hinckley (1910–2008) mit uns treffen. Bei dem Treffen berief er mich als Generalautorität. Wir sprachen darüber, was ich als junger Missionar und als Missionspräsident erlebt hatte, und er teilte uns mit, es seien zwar viele als Generalautorität geeignet, der Herr wolle jedoch mich aufgrund meiner vergangenen Erfahrungen und Entscheidungen.

Seit Präsident Thomas S. Monson die Änderung der Altersgrenze für Missionare bekanntgab, sind viele junge Leute aufgefordert worden, sich mit ihren Eltern, mit ihrem Bischof und im Gebet mit dem Herrn zu beraten. Wenn du erkennst, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist und du auf Mission gehen sollst, dann geh auch. Ich weiß: Wenn du Geduld hast und Glauben ausübst, tut dir der Herr seinen Willen kund.

Ich bezeuge dir, wenn du dem Willen des Herrn gehorchst, wirst du über die Maßen gesegnet.