2002
„Bringe du dein Haus in Ordnung‘
Januar 2002


„Bringe du dein Haus in Ordnung“

„Unsere Familie steht im Mittelpunkt unseres größten Werks und unserer größten Freude; so wird es in alle Ewigkeit sein.“

Vor Jahren, als wir mehrere Töchter im Teenageralter hatten, machten wir mit der ganzen Familie Urlaub – weit weg von Telefon und Freunden. Wir fuhren mit dem Schlauchboot den Colorado River hinunter bis zum Grand Canyon. Als wir die Reise antraten, hatten wir keine Ahnung, wie gefährlich so etwas sein kann.

Am ersten Tag hatten wir viel Spaß. Aber am zweiten Tag, als wir auf die Horn-Creek-Stromschnellen zufuhren und dort den Absturz vor uns sahen, bekam ich einen großen Schreck. Meine geliebte Familie war im Begriff, mit dem Schlauchboot einen Wasserfall hinunterzustürzen! Instinktiv legte ich einen Arm um meine Frau und den anderen um unsere jüngste Tochter. Um sie zu beschützen, bemühte ich mich, sie fest an mich zu drücken. Aber als wir an den Abgrund kamen, wurde das verbogene Schlauchboot zur riesigen Schleuder, die mich in die Luft schoss. Ich landete in den Stromschnellen und kam kaum wieder hoch. Jedes Mal, wenn ich versuchte, an die Luft zu kommen, stieß ich gegen die Unterseite des Schlauchboots. Meine Familie konnte mich nicht sehen, aber ich konnte sie rufen hören: „Daddy! Wo ist Daddy?“

Schließlich fand ich doch noch die Seite des Schlauchboots und gelangte an die Wasseroberfläche. Meine Familie zog mich aus dem Wasser. Ich war halb ertrunken. Wir waren dankbar, dass wir sicher wieder beisammen waren.

Die nächsten Tage waren sehr angenehm. Dann kam der letzte Tag, an dem wir auf die Lava-Fälle zufuhren, die als die gefährlichsten Stromschnellen der Reise galten. Als ich sah, was uns bevorstand, bat ich um eine sofortige Pause, damit wir am Ufer einen Not-Familienrat halten konnten. Wenn wir diesen Teil überleben wollten, mussten wir sorgfältig planen. Ich sagte zu meiner Familie: „Was auch geschieht, das Schlauchboot wird immer an der Wasseroberfläche bleiben. Wenn wir uns alle mit ganzer Kraft an den Seilen festhalten, die ja fest mit dem Boot verbunden sind, schaffen wir es. Auch wenn das Schlauchboot kentert, passiert uns nichts, wenn wir uns an den Seilen festhalten.“

Ich wandte mich unserer kleinen siebenjährigen Tochter zu und sagte: „Alle anderen werden sich am Seil festhalten. Aber du musst dich an mir festhalten. Setz dich hinter mich. Leg die Arme um mich und halt mich ganz fest. Ich halte mich am Seil fest.“

So machten wir es dann auch. Wir fuhren durch die reißenden Stromschnellen und hielten uns fest, um zu überleben – und kamen sicher durch.1

Was wir daraus lernen

Brüder und Schwestern, ich bin fast umgekommen, als ich damals etwas gelernt habe, was ich Ihnen jetzt vermitteln will. Auf unserem Weg durch das Leben, auch in sehr rauem Gewässer, ist der instinktive Impuls des Vaters, sich fest an seine Frau oder an seine Kinder zu klammern, nicht unbedingt die beste Methode, sein Ziel zu erreichen. Wenn er sich vielmehr liebevoll an den Erretter und an die eiserne Stange des Evangeliums klammert, wird seine Familie sich an ihn und an den Erretter klammern wollen.

Das bleibt natürlich nicht auf den Vater beschränkt. Ungeachtet des Geschlechts, des Familienstands und des Alters kann man sich dafür entscheiden, sich direkt mit dem Erretter zu verbinden, an der Stange seiner Wahrheit festzuhalten und kraft des Lichts dieser Wahrheit zu führen. Dadurch wird man zum Vorbild an Rechtschaffenheit, an das andere sich werden klammern wollen.

Das gebot

Für den Herrn ist die Familie wesentlich. Er hat die Erde erschaffen, damit wir einen irdischen Körper haben und eine Familie gründen können.2 Er hat seine Kirche gegründet, um die Familie zu erhöhen. Er hat uns den Tempel gegeben, damit die Familie für immer zusammen sein kann.3

Natürlich erwartet er, dass der Vater über seine Familie präsidiert, für sie sorgt und sie beschützt.4 Aber der Meister verlangt noch mehr. In den heiligen Schriften ist das Gebot verankert: „Bringe du zuerst dein Haus in Ordnung!“5 Wenn uns Eltern einmal klar ist, was dieses Gebot bedeutet und wie wichtig es ist, müssen wir lernen, wie wir dabei vorgehen sollen.

Wie bringen sie ihr haus in ordnung?

Um unser Haus so in Ordnung zu bringen, wie es dem Herrn gefällt, müssen wir es auf seine Weise tun. Wir brauchen dazu seine Eigenschaften wie „Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut“.6 Jeder Vater muss dies im Sinn behalten: „Kraft des Priestertums kann und soll keine Macht und kein Einfluss anders geltend gemacht werden als nur mit überzeugender Rede, mit Langmut, mit Milde und Sanftmut und mit ungeheuchelter Liebe.“7

Die Eltern sollen ein lebendiges Vorbild an „Wohlwollen und … reiner Erkenntnis [sein], wodurch sich die Seele sehr erweitert“.8 Mutter und Vater müssen ihre egoistischen Interessen zur Seite schieben und jeden Gedanken an Heuchelei, physische Gewalt oder böse Worte meiden.9 Eltern machen rasch die Erfahrung, dass jedes Kind den angeborenen Drang hat, frei zu sein. Jeder Mensch möchte seinen Weg selbst bestimmen. Niemand möchte sich einschränken lassen, auch nicht von wohlmeinenden Eltern. Aber wir alle können uns an den Herrn klammern.

In alter Zeit hat Ijob diesen Gedanken folgendermaßen formuliert: „An meinem Rechtsein halt ich fest und lass es nicht.“10 Und Nephi hat erklärt: „Wer auf das Wort Gottes höre und daran festhalte, werde niemals zugrunde gehen.“11

Diese Lehren sind so zeitlos wie das Evangelium und so endlos wie die Ewigkeit. Sinnen Sie auch über die folgenden Ermahnungen aus den heiligen Schriften nach:

In den Sprichwörtern im Alten Testament lesen wir: „Halt fest an der Zucht und lass davon nicht ab, bewahre sie; denn sie ist dein Leben.“12

Aus dem Neuen Testament: „Brüder … haltet an den Überlieferungen fest, in denen wir euch unterwiesen haben.“13

Im Buch Mormon lesen wir von der Menschenmenge, die sich beständig an der eisernen Stange festhielt14 und sie als das Wort Gottes betrachtete.15 Die eiserne Stange, die ja fest in der Wahrheit verankert ist, ist unerschütterlich und unveränderlich.

Weitere göttliche gebote

Die Eltern sollen sich nicht nur an das Wort des Herrn klammern, sondern Gott hat ihnen auch geboten, ihre Kinder in seinem Wort zu unterweisen. In den heiligen Schriften finden wir die folgende deutliche Weisung: „Wenn Eltern in Zion… Kinder haben und sie nicht lehren, die Lehre von der Umkehr, vom Glauben an Jesus Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, und von der Taufe und der Gabe des Heiligen Geistes durch Händeauflegen zu verstehen, wenn sie acht Jahre alt sind, so sei die Sünde auf dem Haupt der Eltern.“16

Dieses Gebot erlegt eindeutig den Eltern die Verantwortung für die Unterweisung der Kinder auf. In der Proklamation an die Welt bezüglich der Familie finden wir die Warnung, dass „jemand, der … seinen familiären Verpflichtungen nicht nachkommt, eines Tages vor Gott Rechenschaft ablegen muss“. Diese Realität bekräftige ich heute feierlich aufs Neue.

Zur Erfüllung dieser Pflichten brauchen wir sowohl die Kirche als auch die Familie. Sie arbeiten Hand in Hand, um einander zu stärken. Die Kirche ist dazu da, die Familie zu erhöhen. Und die Familie ist die Grundeinheit der Kirche.

Diese wechselseitige Beziehung wird auch deutlich, wenn wir uns mit der Frühgeschichte der Kirche befassen. 1833 wies der Herr die jungen Führer seiner Kirche zurecht, weil sie als Eltern Fehler gemacht hatten. Er sagte: „Ich aber habe euch geboten, eure Kinder in Licht und Wahrheit aufzuziehen.

Aber wahrlich, ich sage dir …

du hast deine Kinder nicht Licht und Wahrheit gelehrt, wie es gemäß den Geboten hätte sein sollen …

Und nun gebe ich dir ein Gebot: … [Du musst] selbst dein Haus in Ordnung bringen; denn es gibt noch vieles, was in deinem Haus nicht recht ist.“17 „Bringe du zuerst dein Haus in Ordnung.“18

Diese Offenbarung belegt eindrucksvoll, wie so vieles andere, die Redlichkeit des Propheten Joseph Smith. Er entfernte den heftigen Tadel nicht aus den heiligen Schriften, obwohl er sich teilweise auch gegen ihn selbst richtete.19

In unserer Zeit hat die Erste Präsidentschaft erneut darauf hinwiesen, welche Priorität die elterlichen Pflichten haben. Ich zitiere aus einem Brief, den sie in jüngster Zeit an die Heiligen geschrieben hat: „Wir rufen die Eltern auf, sich nach besten Kräften zu bemühen, ihre Kinder in den Evangeliumsgrundsätzen zu unterweisen und zu erziehen; dadurch werden die Kinder der Kirche nahe bleiben. Die Familie ist die Grundlage eines rechtschaffenen Lebens, und keine andere Institution kann ihren Platz einnehmen oder ihre wesentlichen Aufgaben erfüllen und dieser von Gott gegebenen Verantwortung gerecht werden.“20

Was sollen die eltern lehren?

Betrachten wir nun, mit diesem heiligen Auftrag im Sinn, was wir lehren sollen. Die heiligen Schriften weisen die Eltern an, Glauben an Jesus Christus, Umkehr, Taufe und die Gabe des Heiligen Geistes zu lehren.21 Die Eltern sollen den Erlösungsplan lehren22 und vermitteln, wie wichtig es ist, in völligem Einklang mit den Geboten Gottes zu leben.23 Sonst werden die Kinder gewiss leiden, weil sie Gottes erlösendes und befreiendes Gesetz nicht kennen.24 Die Eltern sollen außerdem durch ihr Beispiel lehren, wie man sein Leben weiht – also Zeit, Talente, Zehnten und weitere Mittel25 einsetzt, um die Kirche, das Reich Gottes auf der Erde, aufzurichten.26 Wenn sie so leben, gereicht das ihren Nachkommen buchstäblich zum Segen. Eine Schriftstelle besagt: „Darum ist die Kirche immerdar deine Obliegenheit, und zwar um deiner Familie willen.“27

Widerstand gegen die familie

Eltern und Kindern muss bewusst sein, dass sich gegen das Werk und den Willen des Herrn immer heftiger Widerstand regt.28 Weil das Werk (und die Herrlichkeit) Gottes darin besteht, unsere Unsterblichkeit und unser ewiges Leben als Familie zustande zu bringen,29 folgt daraus logischerweise, dass das Werk des Widersachers darin besteht, das Zuhause – die Familie – direkt anzugreifen. Unerbittlich greift Luzifer die Heiligkeit des Lebens und die Freude der Elternschaft an.

Da der Böse unermüdlich am Werk ist, dürfen wir in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen – nicht einen Augenblick. Eine kleine, scheinbar unschuldige Aufforderung kann in eine große Verführung umschlagen, die zu tragischer Übertretung führt. Tag und Nacht, zu Hause und anderswo müssen wir uns vor der Sünde hüten und das Gute behalten.30

Die zersetzenden Übel Pornografie, Abtreibung und Abhängigkeit von schädlichen Substanzen wirken wie Termiten, die die Stärke einer glücklichen und glaubenstreuen Familie unterwandern. Wir können dem Übeltun nicht nachgeben, ohne unsere Familie aufs Spiel zu setzen.

Der Satan wünscht sich, dass wir genauso elend sind wie er.31 Er will unsere fleischlichen Begierden anstacheln und uns dazu verleiten, dass wir in geistiger Finsternis leben und die Realität des Lebens nach dem Tod anzweifeln. Der Apostel Paulus hat geschrieben: „Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen.“32

Die Segnungen für die familie werden fortbestehen

Wenn wir allerdings den großen Plan des Glücklichseins kennen, den Gott aufgestellt hat, festigt das unseren Glauben an die Zukunft. Sein Plan enthält die Antworten auf die zeitlosen Fragen: Sind unsere Zuneigung und unsere Liebe füreinander nur vorübergehender Natur – und mit dem Tod verloren? Nein! Kann das Familienleben über diese irdische Bewährungszeit hinaus Bestand haben? Ja! Gott hat offenbart, dass die celestiale Familie ewig ist und die Familie die Quelle unserer größten Freude.

Brüder und Schwestern, materieller Besitz und weltliche Ehre haben keinen Bestand. Aber Ihre Verbindung als Mann und Frau und als Familie kann fortbestehen. Nur dann kann das Familienleben die höchste Sehnsucht des Menschen stillen, wenn es in Ewigkeit Bestand hat. Kein Opfer ist zu groß, wenn es um die Segnungen der ewigen Ehe geht. Um dafür würdig zu sein, muss man sich nur von allem Ungöttlichen lossagen und die heiligen Handlungen des Tempels ehren. Indem wir die heiligen Bündnisse des Tempels eingehen und danach leben, beweisen wir Gott unsere Liebe; wir zeigen unserem Ehepartner, dass wir ihn lieben, und unseren Nachkommen, dass sie uns wirklich wichtig sind – auch diejenigen, die noch gar nicht geboren sind. Unsere Familie steht im Mittelpunkt unseres größten Werks und unserer größten Freude; so wird es in alle Ewigkeit sein, wenn wir „Throne, Reiche, Mächte und Gewalten, Herrschaften … Erhöhung und Herrlichkeit“ ererben.33

Diese kostbaren Segnungen können uns gehören, wenn wir unser Haus in Ordnung bringen und uns treu ans Evangelium klammern. Gott lebt. Jesus ist der Messias. Dies ist seine Kirche. Präsident Gordon B. Hinckley ist sein Prophet. Das bezeuge ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Siehe Russell M. Nelson und Rebecca M. Taylor, „Von Freund zu Freund“, Kinderstern, Februar 1999, Seite 2.

  2. Siehe LuB 2:1–3.

  3. Siehe LuB 138:47,48.

  4. Siehe 1 Timotheus 5:8.

  5. LuB 93:44; siehe auch 2 Könige 20:1; Jesaja 38:1.

  6. 1 Timotheus 6:11.

  7. LuB 121:41.

  8. LuB 121:42.

  9. Siehe 1 Petrus 2:1.

  10. Ijob 27:6.

  11. 1 Nephi 15:24.

  12. Sprichwörter 4:13.

  13. 2 Thessalonicher 2:15. Weitere einschlägige Schriftstellen: „Halte dich an die gesunde Lehre, die du von mir gehört hast; nimm sie dir zum Vorbild und bleibe beim Glauben und bei der Liebe, die uns in Christus Jesus geschenkt ist.“ (2 Timotheus 1:13.) Und: „Lasst uns an dem unwandelbaren Bekenntnis der Hoffnung festhalten, denn er, der die Verheißung gegeben hat, ist treu.“ (Hebräer 10:23.)

  14. Siehe 1 Nephi 8:30.

  15. Siehe 1 Nephi 11:25.

  16. LuB 68:25; Hervorhebung hinzugefügt.

  17. „Die Familie: Eine Proklamation an die Welt“, Der Stern, Oktober 1998, Seite 24.

  18. LuB 93:40–43.

  19. LuB 93:47.

  20. In jenem Schreiben vom 11. Februar 1999, das von Präsident Gordon B. Hinckley, Präsident Thomas S. Monson und Präsident James E. Faust unterzeichnet ist, wird auch geschildert, was die Eltern tun können: „Wir raten den Eltern und den Kindern, räumen Sie dem Familiengebet, dem Familienabend, dem Evangeliumsstudium und der Unterweisung im Evangelium sowie sinnvollen Familienaktivitäten höchste Priorität ein. So sinnvoll und angemessen andere Anforderungen und Aktivitäten auch sein mögen, sie dürfen die von Gott übertragenen Aufgaben, die nur die Eltern und die Familie erfüllen können, nicht verdrängen.“ (Der Stern, Dezember 1999, Seite 1.)

  21. Siehe Moroni 8:10; LuB 19:31; 68:25–34; 138:33; 4. Glaubensartikel.

  22. Siehe Mose 6:58–62.

  23. Siehe Levitikus 10:11; Deuteronomium 6:7; Mosia 4:14.

  24. Siehe 2 Nephi 2:26; Mosia 1:3; 5:8; LuB 98:8.

  25. Siehe Mosia 4:21–26; 18:27; Alma 1:27.

  26. Siehe JST–Matthäus 6:38.

  27. LuB 23:3.

  28. Siehe Moroni 7:12–19.

  29. Siehe Mose 1:39.

  30. Siehe 1 Thessalonicher 5:21.

  31. Siehe 2 Nephi 2:17,18, 27.

  32. 1 Korinther 15:19.

  33. LuB 132:19.