2020
Die Mission Dresden und ein Held meiner Jugend
Februar 2020


Stimmen von Heiligen der Letzten Tage

Die Mission Dresden und ein Held meiner Jugend

(HH) Im Auto auf dem Weg zum Flughafen Nürnberg hörte ich mir Kapitel 20 aus der Biografie von Präsident Thomas S. Monson an. In diesem Kapitel geht es um Präsident Monsons Arbeit als Apostel in der DDR von 1968 bis zur Weihung des Freiberg-Tempels im Jahre 1985.

Für mich als Zeitzeugen waren es sehr emotionale Stunden. Besonders beeindruckt mich immer wieder sein Verhältnis zu Henry Burkhardt, dem Präsidenten der Mission Dresden in dieser Zeit. Henry Burkhardt, der leider inzwischen verstorben ist, wird ewig eines meiner größten Vorbilder bleiben. Es war mir immer eine große Freude, ihn zu sehen und mich mit ihm zu unterhalten. Seine Verdienste für die Kirche in der ehemaligen DDR sind gigantisch. Wie dankbar können wir für diesen Mann sein! Wenn ich daran denke, brennt es in mir vor Begeisterung.

Ich habe es als Kind und Jugendlicher geliebt, wenn er unsere kleine Gemeinde besuchte. Manchmal habe ich ihn im Heim meiner Schwester und ihrer Familie getroffen. Sie gehörte zu denen, die Lehrmaterial der Kirche, das nicht in die DDR eingeführt werden konnte und nur in einzelnen Exemplaren verfügbar war, mit der Schreibmaschine vervielfältigte. Bruder Burkhardt brachte ihr meist die Arbeit und holte sie wieder ab.

An meinem 18. Geburtstag im April 1982 übertrug er mir das Melchisedekische Priestertum und ordinierte mich zum Amt eines Ältesten. Es war ein Konferenzsonntag in Dresden. Mein Vater war schwerkrank und deshalb nicht in der Lage, die Ordinierung durchzuführen. Präsident Burkhardt machte diesen wichtigen Tag zu einem sehr besonderen in meinem Leben.

An ein Ereignis wenige Jahre später erinnere ich mich noch ganz speziell. Es war eine Priestertumsversammlung unter der Leitung von Thomas S. Monson (damals noch einer der Zwölf Apostel), in der Henry Burkhardt als Präsident der Mission Dresden entlassen wurde. Elder Monson forderte alle Anwesenden, denen Bruder Burkhardt im Laufe ihres Lebens die Hände aufgelegt hatte – sei es für einen Segen, eine Ordinierung oder die Einsetzung in eine Berufung –, auf, sich von ihren Plätzen zu erheben. Gemeinsam mit mir erhoben sich fast alle Anwesenden. Es war ein unvergesslicher Moment. Elder Monson sagte dann: „Bruder Burkhardt – das ist ihr Lohn.“ Während ich dies schreibe, ist mir die Szene noch so gegenwärtig wie vor mehr als 30 Jahren.

Vor acht oder neun Jahren, als relativ neuer Pfahlpräsident, war es zum ersten Mal meine Aufgabe, mit Henry Burkhardt ein Gespräch für die Erneuerung seines Tempelscheines zu führen. Ich habe mich so inadäquat gefühlt. Er war der erste Tempelpräsident in Freiberg – ein Held meiner Jugend. Ich sagte zu ihm: „Bruder Burkhardt, ich weiß nicht, ob ich das tun kann. Wir sollten die Rollen tauschen.“ Er antwortete mit seiner sanften Stimme und seiner beruhigenden Art: „Bruder Hengst, machen Sie sich keine Gedanken. Sie tragen jetzt die Verantwortung, die wir früher getragen haben.“ Das hat mich sehr demütig gestimmt und hat mir in den Jahren, in denen ich die Verantwortung getragen habe, sehr geholfen.