2021
Der Stellenwert der Musik in unserer Gottesverehrung
März 2021


Der Stellenwert der Musik in unserer Gottesverehrung

Musik hat bei der Gottesverehrung in der Kirche und zuhause seit jeher einen hohen Stellenwert – auch in Zukunft.

family gathered around piano

Nur wenige Wochen nach der Gründung der Kirche wies der Herr Emma Smith an, „eine Auswahl von heiligen Liedern zu treffen, … und es gefällt mir, dass sie in meiner Kirche vorhanden seien“ (Lehre und Bündnisse 25:11). Die Heiligen brauchten Mittel und Wege, neu offenbarte Evangeliumswahrheiten kennenzulernen, und sollten sich zum Lobpreis Gottes zusammenfinden. Die Lieder erhielten also bei der Gottesverehrung und beim Wissenserwerb einen besonderen Stellenwert.

Als sich meine Familie vor Jahren der Kirche anschloss, regten meine Eltern uns Kinder an, die Lieder unserer neuen Religion zu lernen. Aus dieser Zeit ist mir einiges lebhaft in Erinnerung geblieben:

  • Unsere ganze Familie hat das Lied „Der Seele Wunsch ist das Gebet“ (Gesangbuch, Nr. 94) auswendig gelernt.

  • Ich weiß noch, wie ich das Lied „O mein Vater“ (Gesangbuch, Nr. 190) gehört habe und mir bewusstgeworden ist, dass ich neben dem Vater auch eine Mutter im Himmel habe und eines Tages beide wiedersehen kann.

  • Beim Singen des Liedes „Ich weiß, dass Gott Vater mich liebt!“ (Liederbuch für Kinder, Seite 16) habe ich die Liebe Gottes gespürt – obwohl ich in einer Wüstengegend wohnte und noch nie einen Fliederbaum gesehen hatte!

Auch aus jüngerer Zeit kommt mir etwas in den Sinn: eine Abendmahlsversammlung Ende Februar 2020. Mehrere Mitglieder unserer Gemeinde waren an Krebs erkrankt, und ich empfand großen Trost, als der Gemeindechor das Lied „O fest wie ein Felsen“ (Gesangbuch, Nr. 56) vortrug. Einige Wochen später gesellte sich eine Reihe weiterer zermürbender Ereignisse hinzu: Quarantäne, die Absage von Versammlungen der Kirche, mehrere Erdbeben samt Nachbeben. Das Lied ging mir nicht mehr aus dem Kopf:

Nur Mut, ich bin bei dir, o fürchte dich nicht,

denn ich bin dein Gott, der auf dein Wohl erpicht.

Ich stärke dich hilfreich und gebe dir Halt,

ich trage dich in meiner allmächtgen Hand.

Manchmal hat es den Anschein, als nähmen die Probleme, mit denen die Welt und man selbst konfrontiert wird, fast täglich zu. Mehr denn je brauchen wir die geistige Nahrung, die uns Lieder aus dem Gesangbuch, PV-Lieder und sonstige geistliche Musik bieten.

Zweck und Stellenwert sind unverändert

Als sich der sonntägliche Versammlungsblock auf zwei Stunden verkürzte, haben sich bestimmt einige gefragt, ob das die Rolle der Musik im Gottesdienst nicht schmälert. Die Antwort ist nein.

  1. Heilige Lieder sind nach wie vor Teil jeder Abendmahlsversammlung; sie helfen uns auch weiterhin, uns innerlich auf das Abendmahl vorzubereiten. Chor- und Gemeindegesang sowie sonstige geistliche Musik können nach wie vor – so wie bisher – die Versammlung bereichern. Während der COVID-19-Pandemie ist geistliche Musik immer noch ein wichtiger Teil der verkürzten Abendmahlsversammlung, auch ohne Gesang.

  2. Unsere Kinder verbringen jetzt die Hälfte ihrer Zeit in der Primarvereinigung damit, das Evangelium durch Musik zu lernen.

  3. In der zweiten Stunde gibt es in den Klassen für Erwachsene und Jugendliche kein Anfangs- oder Schlusslied mehr. Aber Musik kann immer noch im Unterricht verwendet werden, um Lerninhalte zu vermitteln und die Anwesenden zu inspirieren.

  4. Mit der von der Kirche herausgegebenen App „Geistliche Musik“ ist es einfacher denn je, auf Digitalgeräten geistliche Musik anzuhören.

Weniger Vorschriften, mehr Eigeninitiative

Trotzdem wird noch einiges missverstanden. Eines Ostersonntags bat eine Lehrerin ihre Sonntagsschulklasse um Entschuldigung: „Ich weiß ja, dass wir in der Sonntagsschule nicht singen sollen. Aber ich würde mit euch wirklich gerne das Lied ‚Ich weiß, dass mein Erlöser lebt‘ anstimmen.“ Diese Schwester ist womöglich nicht die einzige Lehrkraft, die so denkt.

Musik ist bei unserer Gottesverehrung nämlich noch genauso wichtig wie eh und je. Wir befinden uns gerade mitten in einer wegweisenden Überarbeitung des Gesangbuchs und des Kinderliederbuchs. Für dieses Unterfangen haben Mitglieder aus aller Welt die beachtliche Zahl von 16.000 neuen Liedern und Texten eingereicht.

Da nun in manchen unserer sonntäglichen Versammlungen weniger feste Zeiten für das Singen eingeplant sind, müssen wir bei der Planung und beim Einsatz von Musik sorgfältiger und bewusster vorgehen.

group of children singing

Zwei wichtige Grundsätze können uns dabei helfen, den hohen Stellenwert der Musik bei unserer Gottesverehrung beizubehalten:

1. Unentbehrlich beim Lehren

Vielleicht betrachten wir Ansprachen und Unterrichtsgespräche als das Hauptmittel, zuhause und in der Kirche das Evangelium zu vermitteln. Damit verbringen wir möglicherweise die meiste Zeit. Doch Musik ist mehr als ein schmückendes Beiwerk. Wer machtvoll mit dem Geist lehren will, kommt an ihr nicht vorbei.

Der Apostel Paulus hat den Heiligen der Urkirche geraten: „Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. In aller Weisheit belehrt und ermahnt einander! Singt Gott Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder in Dankbarkeit in euren Herzen!“ (Kolosser 3:16.)

Musik kann beim Unterricht oder in einer Versammlung im Nu den Geist einladen. Darüber, welches Lied in der Sonntagsschule oder bei einem Gespräch im Rahmen des Lehrplans Komm und folge mir nach! gesungen wird, sollen wir genauso gebeterfüllt nachdenken wie darüber, welche Schriftstellen wir vorlesen oder welchen Teil einer Lektion wir durchnehmen wollen. Beten wir vorher, kann die ausgewählte Musik unser Herz anrühren und geistige Eindrücke hinterlassen, die jemanden vielleicht sein Leben lang begleiten werden.

2. „Ein Gebet für mich“

Gelegentlich erleben wir alle Zeiten, in denen wir angeschlagen sind; Zeiten, in denen wir nicht wissen, wie es weitergehen soll. Manchmal schicken wir Stoßgebete mit immer wieder demselben dringenden Bedürfnis nach oben, scheinbar ohne eine Antwort oder gar eine Lösung zu erhalten. In solchen Zeiten folgern wir leicht, dass Gott sich nicht um uns sorgt oder wir seiner Fürsorge nicht würdig sind. Vielleicht wollen wir manchmal sogar aufhören zu beten.

In Zeiten, in denen es uns an geistiger Verbindung zum Himmel zu mangeln scheint, schenkt uns diese Wahrheit Trost: Geistliche Musik kann tatsächlich eine Art Gebet sein. Der Herr selbst erwähnte das, als er Emma beauftragte, unser erstes Gesangbuch zusammenzustellen: „Denn meine Seele erfreut sich am Lied des Herzens; ja, das Lied der Rechtschaffenen ist ein Gebet für mich.“ (Lehre und Bündnisse 25:12; Hervorhebung hinzugefügt.)

Wenn wir dem Herrn das Lied unseres Herzens aufrichtig darbringen, verheißt er uns, es stets mit einer Segnung zu beantworten: „Es wird mit einer Segnung auf ihr Haupt beantwortet werden. Darum hebe dein Herz empor und freue dich.“ (Lehre und Bündnisse 25:12,13.)

Auch mir ist es einmal so ergangen. Lange Zeit hatte ich das Gefühl, meine aufrichtigen Gebete würden nicht erhört. Eine liebe Freundin von mir machte selbst einige Schwierigkeiten durch. Doch als wir damals miteinander Kirchen- und Gospellieder spielten und sangen, spürten wir auf überwältigende Weise, wie uns Trost zuteilwurde und wir in unserem Zeugnis bestärkt wurden. Heute weiß ich, dass der Herr damals seine Verheißung wahr gemacht hat. Er hat die Lieder meines Herzens erhört – immer und immer wieder. Und das hat mir wirklich geholfen, das Herz emporzuheben und weiterzumachen.

young woman visiting a cemetery

Photograph by Robert Casey

Sonntag für Sonntag

Sonntag für Sonntag drohen in unserer Gemeinde, in unseren Klassen und Familien einige im Strudel ihrer Bedrängnisse unterzugehen. Andere wiederum besiedeln beschauliche Täler und können ihren Segen kaum fassen. Wieder andere lernen gerade erst über die grundlegenden Wahrheiten des Evangeliums hinzu.

Wenn wir der Musik den richtigen Stellenwert in unserer Gottesverehrung einräumen, geben wir allen die Gelegenheit, den Geist zu spüren, sich Evangeliumswahrheiten anzueignen und den Herrn für seine Güte zu preisen. Zudem können wir allen helfen, dass die Lieder ihres Herzens von unserem liebevollen ewigen Vater so beantwortet werden, wie nur er allein es vermag.