Nur online: Stimmen von Heiligen der Letzten Tage
Vom Herrn geführt
Der Herr kennt uns und weiß, was für uns jetzt richtig ist.
Giselle Pimentel
Als wir verlobt waren, arbeitete André an seiner Doktorarbeit und bekam eine Stelle an der University of Michigan. Wir heirateten und zogen also nach Michigan. Doch bald bekam André Schwierigkeiten an seinem Arbeitsplatz und sah sich nach einem anderen Job um.
Wir waren jung, frisch verheiratet und hatten keine Ahnung, was wir tun sollten. Also beteten wir.
André Pimentel
Eines Tages sah ich am schwarzen Brett der Universität die Stellenausschreibungen. Ich bewarb mich um drei verschiedene Stellen. Innerhalb einer Woche wurden mir alle drei Jobs angeboten.
Giselle Pimentel
Was nun? Wir beteten noch einmal. Eine Stelle war in England, aber wir wollten in den USA bleiben. Ein Job war in Texas, der andere in Maryland, nahe Washington, D.C. Die Stelle in Maryland war bei der NASA. André ist Wissenschaftler, also schien die NASA eine gute Wahl.
André Pimentel
Beim Umzug nach Maryland saß ich am Steuer, Giselle schlief gerade. Früh am Morgen sah ich den Washington-D.C.-Tempel.
„Wach auf! Schnell! Siehst du das Gebäude da?“, sagte ich aufgeregt zu Giselle. „Das sieht ja aus wie ein Schloss!“
Giselle Pimentel
Ich antwortete André, vielleicht könnten wir das Schloss irgendwann mal besichtigen. Wir hatten keine Ahnung, was dieses Gebäude wirklich war. Kurz nach unserer Ankunft in Maryland ging ich in die Bibliothek, um mich über das Internet auf Stellenangebote zu bewerben und meine E-Mails abzurufen.
Eine Dame, die dort arbeitete, bemerkte meinen Akzent und fragte, woher ich käme. Ich erzählte, dass ich aus Brasilien stamme, und wir begannen ein Gespräch. Die Frau hieß Edna. Ich erzählte, dass wir gerade von Michigan hergezogen waren, und erwähnte, wo wir wohnten.
„In dem gleichen Appartementhaus wohne ich auch!“, stellte Edna fest.
Am nächsten Tag sagte Edna in der Bibliothek zu mir: „Ich bin froh, dass Sie noch einmal gekommen sind. Darf ich Sie und Ihren Mann zu mir nach Hause zum Abendessen einladen?“
Das erschien mir seltsam, schließlich kannte sie mich ja gar nicht. Dann sagte sie: „Ich habe Ihretwegen gebetet, weil ich etwas ganz Besonderes empfunden habe, als ich Sie gestern kennengelernt habe.“
Als wir sie besuchten, erfuhren wir, dass ihr Mann kurz zuvor verstorben war. Nach dem Abendessen spielte sie das Lied „Herr, ich will folgen dir“ (Gesangbuch, Nr. 148) auf dem Klavier. Sie sagte, es sei das Lieblingslied ihres Mannes gewesen und bei seiner Beerdigung gespielt worden. Dann erzählte sie uns vom Erlösungsplan und lud uns ein, mit ihr in die Kirche zu gehen.
Wir sagten zu. Die Menschen dort nahmen uns sehr freundlich auf. Wir beschlossen, auch am nächsten Sonntag hinzugehen. Als sich die Missionare mit uns verabreden wollten, stimmten wir ebenfalls zu. Edna bot an, die Unterweisungen bei ihr zuhause abzuhalten. Fünf Monate lang gingen wir jeden Sonntag in die Kirche. Unser Herz und unser Geist wurden auf die Taufe vorbereitet.
André Pimentel
Als unser Tauftermin bekanntgegeben wurde, war allen die Überraschung ins Gesicht geschrieben. „Was, ihr gehört noch nicht zur Kirche?“, wunderten sich einige. „Aber ihr seid doch jede Woche hier!“ Unsere Taufe war etwas Besonderes. Fast alle Gemeindemitglieder waren dabei.
Ein Jahr darauf wurden wir im Washington-D.C.-Tempel gesiegelt. Als wir dort ankamen, stellten wir fest, dass dies das Schloss war, das wir vor einem Jahr gesehen hatten!
Giselle Pimentel
Nach unserer Siegelung im Tempel kamen etliche Herausforderungen auf uns zu.
Nach dem 11. September 2001 wurde es schwierig für uns, unser Visum zu verlängern. Ich war traurig, weil ich gerade mein Studium am College bei uns am Ort abgeschlossen und mich für ein Vollstipendium an der University of Maryland beworben hatte. Doch das bekam ich nicht, und das Labor, in dem André arbeitete, musste schließen.
Wir dachten, vielleicht sei es an der Zeit, nach Brasilien zurückzukehren.
André Pimentel
Unser Bischof sagte, wir könnten in Brasilien vielen Mitgliedern helfen und uns auf eine Weise weiterentwickeln, die uns in den USA nicht möglich wäre. Er riet uns, der Kirche treu zu bleiben.
„Geht nach Brasilien und dient dem Herrn“, sagte er.
Als wir schon einige Zeit wieder in Brasilien lebten, kam unser Pfahlpräsident zu uns nach Hause und berief mich zum Bischof. Irgendwie hatte ich eine Vorahnung gehabt. Vor meiner Berufung hatte ich einige Nächte nicht schlafen können. Ich hatte nachgedacht und in den Schriften gelesen.
Giselle Pimentel
Ich fragte mich, was da los sei. Schon vor seiner Berufung bemerkte ich, wie in André eine Wandlung vor sich ging.
André Pimentel
Zu Beginn meiner Berufung hatte unsere Gemeinde 80 regelmäßig Anwesende. Als ich entlassen wurde, war die Anwesenheit deutlich besser, und unsere Gemeinde stellte zwölf Missionare. Es war großartig!
Etwa zur Zeit meiner Entlassung wurde auch Präsident Dieter F. Uchtdorf aus der Ersten Präsidentschaft entlassen. Ich weiß noch, dass Präsident Russell M. Nelson sagte, Präsident Uchtdorf übernehme nun neue und wichtige Aufgaben im Kollegium der Zwölf Apostel.
Ich selbst wurde drei Monate später zum Ersten Ratgeber in der Missionspräsidentschaft berufen. Zwar war ich nie auf Mission, aber ich liebe meine Berufung. Ich arbeite gerne mit den Missionaren zusammen. Der Herr kennt mich. Er wusste, dass ich als Bischof entlassen werden musste, damit ich zu der Zeit und an dem Ort dienen kann, die jetzt für mich richtig sind.