Lehren der Präsidenten der Kirche
Kapitel 8


„Kapitel 8: Lassen Sie uns mutig sein!“, Lehren der Präsidenten der Kirche: Thomas S. Monson, 2020

„Kapitel 8“, Lehren: Thomas S. Monson

Kapitel 8

Lassen Sie uns mutig sein!

Mögen wir stets mutig sein und bereit, für unsere Ansichten einzutreten.

Aus dem Leben von Thomas S. Monson

Als junger Mann diente Thomas S. Monson als Reservist der US-Marine. In dieser Zeit mussten er und andere oft mutig sein und für ihre Ansichten eintreten. Er berichtete von einem solchen Erlebnis:

„Ich glaube, ich hatte mein erstes Erlebnis damit, was es heißt, mutig für seine Überzeugung einzutreten, als ich [kurz nach] Ende des Zweiten Weltkriegs in der Marine der Vereinigten Staaten diente.

Die Grundausbildung bei der Marine war kein Zuckerschlecken für mich oder sonst jemanden, der sie durchgestanden hat. Die ersten drei Wochen war ich mir sicher, dass ich in Lebensgefahr war. Die Marine wollte mich nicht ausbilden, sie wollte mich umbringen.

Ich werde nie den Sonntag am Ende der ersten Woche vergessen. Der Obermaat hatte uns eine willkommene Mitteilung zu machen. Auf dem Exerzierplatz wehte eine frische kalifornische Brise. Wir standen still, als folgender Befehl ertönte: ,Heute gehen alle in die Kirche – alle außer mir, um genau zu sein. Ich werde mich nämlich ausruhen!‘ Und dann brüllte er: ,Alle Katholiken versammeln sich in Camp Decatur – und dass mir keiner vor drei Uhr zurückkommt. Vorwärts, marsch!‘ Eine erkleckliche Anzahl entfernte sich. Dann wurde der nächste Befehl gebellt: ,Die Juden unter euch versammeln sich in Camp Henry – und dass mir keiner vor drei Uhr zurückkommt. Vorwärts, marsch!‘ Eine schon kleinere Anzahl entfernte sich. Und dann sagte er: ,Die übrig gebliebenen Protestanten versammeln sich in den Kinosälen bei Camp Farragut – und dass mir keiner vor drei Uhr zurückkommt. Vorwärts, marsch!‘

Wie ein Blitz durchzuckte mich der Gedanke: ,Monson, du bist kein Katholik, du bist kein Jude, du bist kein Protestant. Du bist Mormone, also bleib einfach stehen!‘ Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich völlig allein gelassen fühlte. Mutig und entschlossen, ja – aber allein gelassen.

Und dann hörte ich die schönsten Worte, die ich diesen Obermaat jemals sagen hörte. Er blickte in meine Richtung und fragte: ,Und als was bezeichnet ihr euch?‘ Bis zu diesem Augenblick war mir nicht bewusstgewesen, dass neben und hinter mir auf dem Exerzierplatz noch andere standen. Fast wie mit einer Stimme riefen wir alle: ,Mormonen!‘ Es fällt mir schwer, die Freude zu beschreiben, die mein Herz erfüllte, als ich mich umdrehte und eine Handvoll weitere Matrosen erblickte.

Der Obermaat kratzte sich verblüfft am Kopf und sagte schließlich: ,Na, dann sucht euch eben einen anderen Platz, wo ihr euch versammeln könnt. Und dass mir keiner vor drei Uhr zurückkommt. Vorwärts, marsch!‘

Als wir losmarschierten, fielen mir die Worte eines Gedichts wieder ein, das ich Jahre zuvor in der PV gelernt hatte:

Trau dich, Mormone zu sein.

Trau dich und steh auch allein.

Trau dich und tu, was du musst.

Steh fest zu dem, was du tust.

Auch wenn die Geschichte anders ausging, als ich erwartet hatte, war ich doch bereit gewesen, allein dazustehen, wenn es nötig gewesen wäre.

Seit diesem Tag ist es durchaus schon vorgekommen, dass niemand hinter mir stand und ich tatsächlich allein dastand. Wie dankbar bin ich doch, dass ich mich schon vor so langer Zeit entschieden habe, stark und ehrlich zu bleiben, immer vorbereitet zu sein und darauf gefasst, meine Religion zu verteidigen, wenn es erforderlich werden sollte.“1

Sein Leben lang betonte Präsident Monson die Grundsätze, die dieses Erlebnis veranschaulicht. „Mögen wir stets mutig sein und bereit, für unsere Ansichten einzutreten“, sagte er, „und wenn wir dabei allein dastehen müssen, mögen wir auch dann mutig sein – bestärkt durch die Erkenntnis, dass wir eigentlich niemals allein sind, wenn wir auf der Seite unseres Vaters im Himmel stehen.“2

Präsident Monson am Rednerpult

Präsident Thomas S. Monson bei der Herbst-Generalkonferenz 2008

Lehren von Thomas S. Monson

1

In den heiligen Schriften finden wir Beispiele für Mut

Wenn ich bedenke, womit Sie in der heutigen Welt alles konfrontiert sind, kommt mir ein Wort in den Sinn. Es beschreibt eine Eigenschaft, die wir … alle brauchen … Diese Eigenschaft ist Mut.3

Mut ist immer notwendig. Den Beweis für diese Wahrheit finden wir in den heiligen Schriften. Josef, der Sohn Jakobs, der nach Ägypten verkauft wurde, bewies Mut und Entschlossenheit, als er zu Potifars Frau, die ihn verführen wollte, sagte: „Wie könnte ich … ein so großes Unrecht begehen und gegen Gott sündigen? [Er] hörte … nicht auf sie“ (Genesis 39:9,10) und lief davon.

In unserer Zeit hat ein Vater dieses Beispiel für Mut auf seine Kinder umgemünzt und sie aufgefordert: „Wenn ihr je in eine Situation geratet, in der ihr nicht sein solltet – lauft davon!“

Der Prophet Daniel zeigte ein Höchstmaß an Mut, indem er für das eintrat, was er als richtig erkannt hatte, und indem er den Mut hatte zu beten, obwohl ihm deswegen der Tod drohte (siehe Daniel 6).

Das Leben Abinadis war von Mut gekennzeichnet, was sich im Buch Mormon darin zeigt, dass er lieber sein Leben hingeben wollte, als die Wahrheit zu verleugnen (siehe Mosia 11:20; 17:20).

Wer ist nicht von den zweitausend jungen Söhnen Helamans beeindruckt, die vermittelt und gezeigt haben, dass man Mut braucht, das zu tun, was die Eltern einem beigebracht haben (siehe Alma 56)?

Helamans junge Krieger

Die zweitausend jungen Söhne Helamans haben vermittelt und gezeigt, dass man Mut braucht, das zu tun, was die Eltern einem beigebracht haben.

Das krönende Beispiel aus diesen Berichten ist vielleicht Moroni, der den Mut hatte, rechtschaffen bis ans Ende auszuharren (siehe Moroni 1 bis 10).4

Keine Betrachtung von Vorbildern, denen wir nacheifern können, wäre vollständig ohne Joseph Smith, den ersten Propheten dieser Evangeliumszeit. Als dieser mutige junge Mann erst vierzehn Jahre alt war, ging er in einen Wald, der später „heiliger Hain“ genannt werden sollte, und erhielt Antwort auf sein aufrichtiges Gebet.

Joseph Smith wurde, weil er anderen von der herrlichen Vision erzählte, die er in diesem Wald empfangen hatte, unerbittlich verfolgt. Obwohl er verspottet und verachtet wurde, blieb er standhaft. Er sagte: „Ich hatte eine Vision gesehen, das wusste ich; und ich wusste, dass Gott es wusste; und ich konnte es nicht leugnen, und ich wagte es auch gar nicht.“ [Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:25.]

Schritt für Schritt, dabei fast immer auf Widerstand stoßend, aber immer durch die Hand des Herrn geleitet, baute Joseph Smith die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage auf. Er zeigte Mut bei allem, was er tat.

Kurz vor dem Ende seines Lebens, als er mit seinem Bruder Hyrum ins Gefängnis von Carthage gebracht wurde, stellte er sich mutig dem, was ihm, wie er zweifellos wusste, bevorstand, und besiegelte sein Zeugnis mit seinem Blut.

Mögen wir in den Prüfungen des Lebens immer der Furchtlosigkeit und dem Mut des Propheten Joseph Smith nacheifern.5

Jeden Tag unseres Lebens brauchen wir Mut – nicht nur bei folgenschweren Ereignissen, sondern viel häufiger, wenn wir Entscheidungen treffen oder auf äußere Umstände reagieren. Der schottische Dichter und Erzähler Robert Louis Stevenson hat einmal gesagt: „Den Mut im Alltag bemerkt kaum jemand. Aber er adelt einen nicht minder, nur weil es dafür keinen Trommelwirbel und keine Jubelrufe gibt.“ [In: Hal Urban, Choices That Change Lives, 2006, Seite 122.]6

2

Oft ist Mut notwendig, um das Richtige zu tun und dafür einzutreten

Wir leben in einer Welt, in der sittliche Werte weitgehend verworfen wurden, Sünde schamlos zur Schau gestellt wird und wir von Versuchungen, vom engen und schmalen Pfad abzuweichen, umgeben sind. Wir sind ständigen Belastungen und heimtückischen Einflüssen ausgesetzt, die alles Anständige niederreißen und es durch die seichten Philosophien und die Gepflogenheiten einer weltlich gesinnten Gesellschaft ersetzen wollen.

[Wir kommen] so gut wie sicher in die Lage, das, woran wir glauben, verteidigen zu müssen. Haben wir den nötigen Mut dazu? …

Mut hat viele Gesichter. Der christliche Schriftsteller Charles Swindoll schrieb einst: „Mut ist nicht auf das Schlachtfeld begrenzt … oder darauf, dass man in seinem Haus tapfer einen Einbrecher schnappt. Mut wird in Wahrheit im Stillen geprüft. Er wird im Innersten geprüft, wenn es darum geht, treu zu sein, wenn keiner zusieht, … allein dazustehen, wenn man missverstanden wird.“ [Growing Strong in the Seasons of Life, 1983, Seite 398.] Ich möchte hinzufügen, dass zu diesem inneren Mut auch gehört, dass man das Richtige tut, auch wenn man Angst hat, dass man seine Glaubensansichten auch auf die Gefahr hin verteidigt, verspottet zu werden, und dass man an ihnen festhält, auch wenn Freundschaften oder der gesellschaftliche Stand auf dem Spiel stehen. Wer unverrückbar für das Richtige einsteht, läuft Gefahr, zuweilen Missfallen zu erregen oder sich unbeliebt zu machen.

Als ich [kurz nach dem] Zweiten Weltkrieg Soldat in der US-Marine war, kamen mir mutige Taten und Beispiele für Tapferkeit und Mut zu Ohren. Ich werde unter anderem den stillen Mut eines achtzehnjährigen Matrosen – er war kein Mitglied der Kirche – nie vergessen, der nicht zu stolz war, zu beten. Von den 250 Mann in seiner Kompanie war er der einzige, der sich jeden Abend, manchmal unter dem Gespött von Schlägertypen und dem Gelächter der Ungläubigen, neben seiner Koje niederkniete. Mit gesenktem Haupt betete er zu Gott. Er geriet nie ins Wanken. Er ließ sich nie beirren. Er hatte Mut. …

Wir alle werden mit Furcht, Hohn und Widerstand konfrontiert. Bringen wir doch alle den Mut auf, nicht zu allem Ja und Amen zu sagen, sondern für Prinzipien einzutreten. Mut, nicht Konformität, findet die Zustimmung des Herrn. Mut wird zu einer echten und anziehenden Tugend, wenn er sich nicht in der Bereitschaft erschöpft, wie ein Mann zu sterben, sondern sich auch in der Entschlossenheit zeigt, anständig zu leben. Wenn wir vorangehen und uns bemühen, so zu leben, wie wir sollen, werden wir gewiss Hilfe vom Herrn erhalten und können in seinen Worten Trost finden.7

Bringen Sie den Mut auf, für Wahrheit und Rechtschaffenheit einzutreten. Weil der Trend der heutigen Gesellschaft von den Werten und Grundsätzen des Herrn wegstrebt, kommen Sie so gut wie sicher in die Lage, verteidigen zu müssen, woran Sie glauben. Wenn Ihr Zeugnis nicht fest verwurzelt ist, wird es Ihnen schwerfallen, dem Spott derer standzuhalten, die Ihren Glauben anzweifeln. Wenn Ihr Zeugnis vom Evangelium, vom Erretter und vom Vater im Himmel jedoch fest verwurzelt ist, wird es auf alles, was Sie tun, Einfluss nehmen. Dem Widersacher wäre nichts lieber, als wenn Sie wegen spöttischer Bemerkungen oder Kritik an der Kirche zu zweifeln begönnen. Ihr Zeugnis wird Sie schützen, wenn Sie es beständig nähren.

Denken Sie doch an Lehis Vision vom Baum des Lebens. Er sah viele, die an der eisernen Stange festhielten und es so schafften, durch den Nebel der Finsternis bis zum Baum des Lebens zu gelangen, wo sie von der Frucht des Baumes aßen. Doch dann „ließen sie ihre Augen umherschweifen, als schämten sie sich“ [1 Nephi 8:25]. Lehi fragte sich, wieso sie sich schämten, und als er umherblickte, sah er „auf der anderen Seite des Flusses mit Wasser ein großes und geräumiges Gebäude …

Und es war voller Menschen, alten ebenso wie jungen, männlichen ebenso wie weiblichen; und sie waren überaus fein gekleidet; und sie standen da und spotteten und zeigten mit Fingern auf diejenigen, die … von der Frucht aßen.“ [1 Nephi 8:26,27.]

Das große und geräumige Gebäude in Lehis Vision steht für diejenigen in der Welt, die das Wort Gottes verspotten und diejenigen verhöhnen, die daran festhalten, den Herrn lieben und seine Gebote halten. Was ist das Schicksal derer, die sich schämen, wenn andere spotten? Lehi berichtet: „Und nachdem diese von der Frucht gekostet hatten, schämten sie sich, weil die anderen sie verspotteten; und sie fielen ab auf verbotene Pfade und gingen verloren.“ [1 Nephi 8:28.] …

Lehis Vision vom Baum des Lebens

Eine Darstellung von Lehis Vision vom Baum des Lebens (siehe 1 Nephi 8 und 11). Präsident Monson legte den Mitgliedern der Kirche ans Herz, für ihre Überzeugungen mutig einzutreten und trotz Spott und Hohn standhaft zu bleiben.

Mögen Sie mit von Überzeugung getragenem Mut wie der Apostel Paulus verkünden: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt.“ [Römer 1:16.]

Damit Sie sich von den Aufgaben, die vor Ihnen liegen, nicht überfordert fühlen, rufe ich Ihnen eine weitere bewegende Aussage des Apostels Paulus ins Gedächtnis, aus der wir Mut schöpfen können: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ [2 Timotheus 1:7.] … Mit seiner Hilfe werden Sie den Mut aufbringen, sich allem zu stellen.8

3

Wir können den sittlichen Mut haben, ein Licht zu sein

Wir sind von Menschenphilosophien umgeben. Das Gesicht der Sünde verbirgt sich heute oft hinter der Maske der Toleranz. Lassen Sie sich nicht täuschen; hinter der Fassade warten Kummer, Elend und Schmerz. Sie wissen, was richtig und was falsch ist, und keine Verkleidung, wie ansprechend sie auch sein mag, kann das ändern. Das Wesen der Übertretung ändert sich nicht. Wenn Sie sogenannte Freunde drängen, etwas zu tun, wovon Sie wissen, dass es falsch ist, dann treten Sie für das Rechte ein, auch wenn Sie ganz allein dastehen. Haben Sie den sittlichen Mut, ein Licht zu sein, dem andere folgen können. Keine Freundschaft ist wertvoller als ein reines Gewissen, die eigene sittliche Reinheit – und welch wunderbares Gefühl ist es doch, zu wissen, dass Sie an dem Ihnen bestimmten Platz stehen, rein und mit der Gewissheit, dass Sie dessen würdig sind.“9

Die Botschaft, die im Fernsehen, in Filmen und anderen Medien wiedergegeben wird, ist oft genau das Gegenteil von dem, was unsere Kinder unserer Vorstellung nach in sich aufnehmen und schätzen sollen. Wir haben nicht nur die Pflicht, sie zu unterweisen, damit sie gesund im Geist und fest verankert in der Lehre sind, sondern müssen ihnen auch helfen, dass dies so bleibt – mit welchen äußeren Kräften sie auch konfrontiert werden mögen. Das wird uns viel Zeit und Mühe abfordern, und um anderen helfen zu können, brauchen wir selbst den geistigen und sittlichen Mut, dem Bösen zu widerstehen, von dem wir umgeben sind.10

[Ich war] Präsident der Kanadischen Mission. In Ontario gingen zwei unserer Missionare an einem kalten, verschneiten Nachmittag von Tür zu Tür. Sie hatten nicht den geringsten Erfolg zu verzeichnen. Der eine war schon erfahren, der andere neu.

Die beiden klingelten an der Tür von Mr. Elmer Pollard, und aus Mitgefühl mit den beinahe durchgefrorenen Missionaren ließ er sie ein. Sie trugen ihre Botschaft vor und fragten ihn dann, ob er mit ihnen beten würde. Er willigte ein, unter der Bedingung, dass er das Gebet sprechen dürfe.

Sein Gebet verblüffte die Missionare. Er sagte: „Himmlischer Vater, segne diese beiden bedauernswerten, irregeleiteten Missionare, dass sie nach Hause zurückkehren mögen und nicht ihre Zeit damit verschwenden, den Menschen in Kanada etwas derart aus der Luft Gegriffenes zu erzählen, von dem sie so wenig verstehen.“

Als sie sich von den Knien erhoben, bat Mr. Pollard sie, niemals wieder in sein Haus zu kommen. Als sie gingen, meinte er noch ganz spöttisch: „Ihr könnt mir sowieso nicht weismachen, dass ihr wirklich daran glaubt, dass Joseph Smith ein Prophet Gottes war!“ Und damit schlug er die Tür zu.

Die Missionare waren nur ein Stück weit gegangen, als der Junior-Mitarbeiter zaghaft sagte: „Elder, wir haben Mr. Pollard gar nicht geantwortet.“

Der Senior-Mitarbeiter entgegnete: „Er hat uns fortgeschickt. Gehen wir weiter.“

Aber der jüngere Missionar ließ nicht locker, und so kehrten sie noch einmal zu Mr. Pollards Tür zurück. Mr. Pollard öffnete und sagte verärgert: „Ich habe euch doch wohl gesagt, dass ihr nie mehr wiederkommen sollt!“

Der junge Missionar nahm all seinen Mut zusammen und sagte: „Mr. Pollard, als wir von hier weggegangen sind, haben Sie gesagt, wir glaubten selbst nicht daran, dass Joseph Smith ein Prophet Gottes war. Ich möchte Ihnen bezeugen, Mr. Pollard, dass ich weiß, dass Joseph Smith ein Prophet Gottes war, dass er den heiligen Bericht, der als Buch Mormon bekannt ist, durch Inspiration übersetzt hat, dass er Gott, den Vater, und Jesus, den Sohn, wirklich gesehen hat.“ Dann gingen die Missionare fort.

Ich war selbst dabei, als dieser Mr. Pollard in einer Zeugnisversammlung schilderte, was er an jenem denkwürdigen Tag erlebt hatte. Er erzählte: „An diesem Abend fand ich keinen Schlaf. Ich wälzte mich hin und her. Immer wieder hörte ich in Gedanken diese Worte: ,Joseph Smith war ein Prophet Gottes. Ich weiß es … Ich weiß es … Ich weiß es.‘ Ich konnte kaum den nächsten Morgen abwarten. Ich rief die Missionare an; die Telefonnummer stand ja auf der kleinen Karte mit den Glaubensartikeln, die sie mir dagelassen hatten. Sie kamen wieder, und dieses Mal hörten meine Frau, unsere Kinder und ich ihnen als aufrichtig Wahrheitssuchende zu. Das führte dazu, dass wir alle das Evangelium Jesu Christi annahmen. Wir werden für dieses Zeugnis von der Wahrheit, das uns diese zwei mutigen, demütigen Missionare gebracht haben, ewig dankbar sein.“11

Ich möchte … über den Mut sprechen, andere nicht zu verurteilen. Sie mögen fragen: Braucht man dazu wirklich Mut? Ich glaube, dass oftmals tatsächlich Mut dazugehört, andere nicht zu verurteilen − oder sich Tratsch und Kritik zu enthalten, was gewiss auch in diese Kategorie gehört.

Leider meinen einige, es sei notwendig, andere zu kritisieren oder herabzusetzen. Sie haben zweifellos schon mit solchen Leuten zu tun gehabt, und das wird auch künftig so sein. … Wir sind nicht darüber im Unklaren gelassen worden, wie wir uns in solchen Fällen verhalten sollen. [Der Erretter mahnte:] „Hört auf, Fehler aneinander zu finden.“ [Lehre und Bündnisse 88:124.] Es erfordert echten Mut, wenn Sie in einem Gespräch … nicht dem Druck nachgeben, gemeinsam andere zu kritisieren oder zu verurteilen. …

Ich bitte Sie inständig, den Mut aufzubringen, andere nicht zu verurteilen und zu kritisieren, sondern stets jeden einzubeziehen und ihn spüren zu lassen, dass er geliebt und geschätzt wird.12

4

Wir brauchen Mut, um in den Herausforderungen des Lebens auszuharren

Was bedeutet „ausharren“? Mir gefällt diese Definition: mit Mut standhalten. Mut werden Sie vielleicht brauchen, um glauben zu können, manchmal brauchen Sie ihn auch, um zu gehorchen. Auf jeden Fall brauchen Sie ihn, wenn Sie bis zu dem Tag ausharren, an dem Sie dieses irdische Leben verlassen werden.13

Mir gefallen die folgenden Worte der Dichterin Ella Wheeler Wilcox:

Wie leicht es doch ist, fröhlich zu sein,

wenn das Leben sanft wie ein Lied verläuft,

doch Sieger ist der, der noch lächeln kann,

wenn ein Problem sich aufs andere häuft.

[„Worth While“, in: Ella Wheeler Wilcox, Poems of Sentiment, 1906, Seite 11]

Diese Beschreibung trifft auf Paul Tingey zu. … Paul ist in einer guten Familie, die der Kirche angehörte, aufgewachsen und hat ehrenvoll eine Mission in Deutschland erfüllt. Elder Bruce D. Porter vom Ersten Kollegium der Siebziger war auf Mission sein Mitarbeiter. Elder Porter beschrieb Elder Tingey als einen der engagiertesten und erfolgreichsten Missionare, die er je kannte.

Nachdem Elder Tingey von Mission nach Hause gekommen war, schloss er ein Universitätsstudium ab, heiratete seine Liebste und zog mit ihr Kinder auf. Er diente als Bischof und war auch beruflich erfolgreich.

Dann traten ohne jede Warnung die Symptome einer gefürchteten Krankheit in seinem Nervensystem auf. Er bekam Multiple Sklerose. Paul Tingey bäumte sich tapfer gegen die Krankheit auf, musste aber schließlich den Rest seiner Tage in einem Pflegeheim zubringen. Dort tröstete er die Trauernden und erfreute alle Leute [siehe „Hab ich Gutes am heutigen Tag getan?“, Gesangbuch, Nr. 150]. Immer wenn ich dort die Versammlungen der Kirche besuchte, munterte Paul mich und die anderen auf.

Als 2002 die Olympischen Spiele in Salt Lake City stattfanden, wurde Paul ausgewählt, die Olympische Fackel über eine bestimmte Strecke zu tragen. Als dies in dem Pflegeheim bekanntgegeben wurde, brachen die versammelten Patienten begeistert in Beifall aus, der auf allen Gängen zu vernehmen war. Ich gratulierte Paul, und er sagte mit großer Mühe: „Ich hoffe, ich lasse die Fackel nicht fallen.“ …

Paul Tingey hat die Olympische Fackel nicht fallen lassen. Mehr noch, er trug die Fackel, die ihm im Leben gereicht wurde, wacker bis zum Tag seines Todes.

Ein Gespür für Geistiges, Glaube, Entschlossenheit, Mut – Paul Tingey besaß dies alles.14

Es erfordert Mut, den ersten Schritt hin auf das angestrebte Ziel zu tun. Noch größerer Mut ist allerdings gefragt, wenn man stolpert und einen zweiten Anlauf unternehmen muss.

Seien Sie fest entschlossen, sich Mühe zu geben. Arbeiten Sie zielstrebig auf ein lohnendes Ziel hin, und haben Sie den Mut, sich nicht nur den Herausforderungen zu stellen, die unweigerlich kommen, sondern auch einen zweiten Anlauf zu wagen, falls dies nötig ist.15

Das Leben ist keine Reise auf einer Autobahn ohne Hindernisse, Fallgruben oder Schlingen, sondern ein Pfad mit vielen Gabelungen und Biegungen. Ständig müssen wir Entscheidungen treffen. Kluge Entscheidungen erfordern Mut – den Mut, Nein zu sagen, den Mut, Ja zu sagen. Unsere Entscheidungen bestimmen unser Schicksal.16

Anregungen für Studium und Unterricht

Fragen

  • Gehen Sie in Abschnitt 1 die Beispiele durch, bei denen jemand großen Mut bewiesen hat. Was können wir aus diesen Beispielen lernen?

  • Lesen Sie in Abschnitt 2, welche Formen von Mut Präsident Monson erwähnt. In welchen Situationen mussten Sie schon Mut beweisen? Wie können wir mehr Mut entwickeln, das Richtige zu tun?

  • Präsident Monson betont, dass wir ein Vorbild an sittlichem Mut sein müssen (siehe Abschnitt 3). Was lernen wir von dem Missionar, der zu Elmer Pollard zurückkehrte und ihm Zeugnis gab? Weshalb erfordert es Mut, andere nicht zu verurteilen oder zu kritisieren? Wie überwindet man die Neigung, andere zu verurteilen oder zu kritisieren?

  • Was lehrt uns die Geschichte Paul Tingeys darüber, wie man in schwierigen Zeiten Mut haben kann (siehe Abschnitt 4)? Inwiefern sind Sie schon vom Beispiel anderer inspiriert worden, die in schwierigen Zeiten Mut bewiesen haben?

Einschlägige Schriftstellen

Josua 1:5-7; Psalm 27:14; 31:24,25; Matthäus 5:10-12; Johannes 14:27; Mosia 17:8-10; Alma 53:18-21; Lehre und Bündnisse 3:6-8; 128:22

Studienhilfe

„Viele stellen fest, dass die beste Zeit zum Studieren die frühen Morgenstunden nach der Nachtruhe sind. … Andere beschäftigen sich lieber in den ruhigen Abendstunden mit den Schriften, nach getaner Arbeit, wenn die Sorgen des Tages hinter einem liegen. … Wichtiger als die Tageszeit ist vielleicht, dass man einen regelmäßigen Zeitpunkt für das Studium festlegt.“ (Howard W. Hunter, Herbst-Generalkonferenz 1979.)