Ein heiligerer Ansatz, sich anderer anzunehmen
Nach der Ansprache „A Holier Approach to Ministering“, die am 10. April 2018 bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität gehalten wurde
Ich verheiße Ihnen: Wenn Sie Gott mit ganzem Herzen lieben und darum beten, ein Werkzeug in seinen Händen zu sein, wird er seine besonderen Söhne und Töchter zu Ihnen führen.
Das Buch The Narcissism Epidemic (die Narzissmus-Epidemie) fängt mit überzogenen Beispielen aus der heutigen amerikanischen Kultur an:
„In einer Reality-TV-Show möchte eine 16-Jährige, dass eine Hauptverkehrsstraße gesperrt wird, damit eine Marschkapelle ihrem großen Auftritt auf dem roten Teppich vorangehen kann. In einem Buch mit dem Titel My Beautiful Mommy (meine schöne Mama) wird kleinen Kindern, deren Mütter sich für eine im Trend liegende ‚Runderneuerung für Mamis‘ unters Messer legen, erklärt, was Schönheitschirurgie ist. Inzwischen kann man falsche Paparazzi anheuern, die einem auf Schritt und Tritt folgen und einen fotografieren, wenn man am Abend ausgeht. Man kann sogar eine gefälschte Titelseite einer Illustrierten mit diesen Fotos bekommen. In einem beliebten Lied wird, anscheinend ganz ohne Sarkasmus, erklärt: ‚Ich glaube, dass die Welt sich um mich drehen sollte!‘ … Babys tragen Lätzchen mit Aufschriften wie ‚Supermodel‘ … und nuckeln an diamantbesetzten Schnullern, während ihre Eltern ihnen modernisierte Kinderreime aus dem Buch This Little Piggy Went to Prada (das kleine Schweinchen ging zu Prada) vorlesen.“1
Als Jünger Jesu Christi lehnen wir die Vorstellung entschieden ab, dass sich alles in unserem Leben nur um uns selbst dreht. Stattdessen folgen wir dem Erretter nach, der gesagt hat:
„Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein.
Wie der Menschensohn nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Matthäus 20:26-28.)
Und diese Worte sind uns besonders wertvoll:
„Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Johannes 13:34; siehe auch Johannes 15:12.)
„Weide meine Lämmer! … Weide meine Schafe!“ (Johannes 21:15,16.)
„Wenn du … umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder!“ (Lukas 22:32.)
„Steh den Schwachen bei, hebe die herabgesunkenen Hände empor, und stärke die müden Knie.“ (Lehre und Bündnisse 81:5.)
Nun zu einem Beispiel für christliches Dienen, wie es unter den Mitgliedern der Kirche des Herrn stattfindet. Vor kurzem schrieb eine Studentin an der Brigham-Young-Universität:
„Mir ging es eine Weile richtig schlecht. An einem Tag war es besonders schlimm, und ich war den Tränen nahe. Ich flehte und betete im Stillen um die Kraft, weitermachen zu können. In genau diesem Moment schickte mir meine Mitbewohnerin eine SMS, in der sie mir sagte, wie lieb sie mich hatte. Sie schrieb eine Schriftstelle dazu und gab Zeugnis. Daraus schöpfte ich in diesem Augenblick der Verzweiflung viel Kraft, Trost und Hoffnung.“
Ich möchte ein paar Gedanken äußern, die Ihnen hoffentlich helfen werden, die ohnehin schon hervorragende Art und Weise, wie Sie sich umeinander kümmern, noch zu verbessern. Hier mein erster Punkt: Denken Sie an das erste Gebot, bevor Sie das zweite ausüben. Einmal kam ein junger Mann zum Erretter und fragte ihn:
„Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?
Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken.
Das ist das wichtigste und erste Gebot.
Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22:36-39.)
Ob Sie es schaffen, einen heiligeren Ansatz zu finden, Ihren Nächsten zu lieben, sich anderer anzunehmen und für sie zu sorgen, hängt davon ab, wie gut Sie das erste Gebot halten.
Eine andere Art, sich anderer anzunehmen
Jemand, der Gott mit ganzem Herzen liebt, der im Glauben an Jesus Christus und an das wiederhergestellte Evangelium fest verwurzelt, standhaft und unerschütterlich ist (siehe Epheser 3:17; Kolosser 1:23; 1 Nephi 2:10; Mosia 5:15; Alma 1:25; 3 Nephi 6:14) und der die Gebote mit Genauigkeit befolgt, kann anderen, indem er sich ihrer annimmt, ein einzigartiges und göttliches Geschenk machen.
Lassen Sie mich Ihnen dazu einige Hintergrundinformationen geben. Überall auf der Welt fällt die jüngere Generation vom Glauben ab, insbesondere vom Glauben an eine bestimmte Religion. Als ich 1975 mein Studium an der BYU abschloss, gehörten fast 90 Prozent der jungen Erwachsenen in den USA (im Alter von 18 bis 24 Jahren) einer bestimmten Glaubensgemeinschaft an. Heute liegen wir bei 66 Prozent. „Ein ganzes Drittel der jungen Erwachsenen [in den USA] gehört keiner organisierten Religion an.“2
2001 schrieb der Religionswissenschaftler Robert C. Fuller das Buch Spiritual, But Not Religious (spirituell, aber nicht religiös).3 Vor zwanzig Jahren konnte man vielleicht sagen, die Tendenz gehe dahin, dass die jungen Leute sich von organisierten Glaubensgemeinschaften abwenden und stattdessen nach individueller, religionsunabhängiger Geistigkeit streben, doch heute ist das weniger der Fall. Die jungen Erwachsenen in den Vereinigten Staaten beten heutzutage weniger oft, glauben weniger an Gott, glauben weniger an die Bibel und glauben weniger an die Gebote.4 Es wäre naiv zu glauben, dass die Entwicklung in der Welt keinen Einfluss auf uns – selbst auf die Erwählten – ausübt.
Damit man sich um das körperliche und seelische Wohl anderer kümmern kann, muss man im Herzen selbstlos und empfindsam sein. Es ist ein wichtiger Bestandteil des Evangeliums, dass wir uns anderer auf diese Weise annehmen. Innerhalb und außerhalb der Kirche gibt es gute Menschen, gläubige sowie ungläubige, die das tun. Überall auf der Welt gibt es viele wunderbare, liebenswürdige Menschen, und wir können von ihnen lernen.
Es gibt jedoch auch eine andere Art, sich um andere zu kümmern, die nur bei bekehrten Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu finden ist. Als Jünger des Erretters können wir einander auf eine Weise dienen, die zur Folge hat, dass der Glaube eines Freundes nicht erlischt. Wir können einen Zimmergenossen daran erinnern, dass Wunder geschehen, wenn man jeden Tag im Buch Mormon liest. Wir können einem Mitglied unserer Gemeinde zeigen, dass die Maßstäbe der Kirche nicht einfach nur Vorschriften sind, sondern uns Gott näherbringen und uns glücklich machen.
Ein gütiger Mensch kann jemandem bei der Reparatur eines Reifens helfen, einen Nachbarn zum Arzt bringen, sich mit jemandem, der traurig ist, zum Mittagessen treffen oder auch jemanden zur Aufmunterung anlächeln und Hallo sagen. Doch jemand, der das erste Gebot befolgt, vollbringt neben diesen wichtigen guten Taten ganz von sich aus noch etwas mehr. Er lobt diejenigen, die die Gebote halten. Er gibt weisen Rat und stärkt den Glauben derjenigen, deren Glauben nachgelassen hat oder die Hilfe dabei brauchen, wieder auf den richtigen Weg zu gelangen.
Ich fordere Sie auf, sich noch mehr zu bemühen, sich einander in geistiger Hinsicht anzunehmen. Das geistige Dienen kann damit anfangen, dass man einen Kuchen backt oder gemeinsam Sport treibt. Doch letztlich gehört zu diesem heiligeren Ansatz, sich anderer anzunehmen, dass man sein Herz öffnet und über seinen Glauben spricht, dass man sich traut, den positiven Wandel im Leben eines Freundes anzusprechen, und dass man seine Sorge äußert, wenn man etwas sieht oder wahrnimmt, was nicht zu dem Verhalten eines Jüngers passt.
Wir dürfen nicht selbstgerecht sein. Doch wir müssen in geistiger Hinsicht den Mut haben, uns anderer auf eine heiligere Weise anzunehmen, insbesondere indem wir ihren Glauben stärken. Die folgenden Situationen sollen ein Denkanstoß sein:
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Sie merken, dass ein Freund übermäßig viel Zeit damit verbringt, auf seinem Smartphone zu spielen, sich jedoch selten an Gesprächen zu Evangeliumsthemen beteiligt.
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Sie haben den Eindruck, dass ein Mitglied Ihrer Gemeinde ein Problem mit Pornografie hat.
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Ihre Freundinnen verbringen sehr viel Zeit damit, von sich selbst Fotos zu machen, die schon fast unangemessen sind, und diese im Internet zu posten.
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Ihnen fällt auf, dass jemand, der früher gerne über das Buch Mormon gesprochen hat, es nun nicht mehr erwähnt.
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Sie merken, dass ein Angehöriger, der früher oft und gerne in den Tempel gegangen ist, nun nicht mehr hingeht.
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Ihnen fällt auf, dass eine Freundin, die früher voll Glauben über den Rat des Propheten gesprochen hat, ihn nun kritisiert.
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Sie kennen jemanden, der von seiner Mission nach Hause gekommen ist und nun oft Kleidung trägt, die nicht mit den im Tempel geschlossenen Bündnissen vereinbar ist.
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Ihnen fällt auf, dass ein Mitglied Ihrer Gemeinde immer wieder Gründe hat, am Sonntag nicht in die Kirche zu gehen.
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Sie haben den Eindruck, dass eine Freundin bei Kleinigkeiten oft nicht mehr ganz ehrlich ist.
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Sie kennen jemanden, der nach seiner Mission ein Leuchten in den Augen hatte, das nun aber erloschen ist.
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Sie haben einen Freund, der sich über Heiliges lustig macht.
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Sie haben eine Freundin, die wegen ihrer Enttäuschungen bei der Partnersuche denkt, dass Gott sie nicht liebt.
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Sie sehen, dass der Glaube eines Freundes nachlässt, weil er Probleme mit seiner Würdigkeit hat und umkehren muss.
Können Sie sich diese oder ähnliche Situationen vorstellen? Sind Ihnen bestimmte Leute in den Sinn gekommen? Der Apostel Paulus hat erklärt: „Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen.“ (Epheser 6:12.) Kaum etwas auf der Welt ist dringender nötig als größerer Glaube an den Vater im Himmel und an seinen Sohn, Jesus Christus, sowie größere Bereitschaft, die Gebote zu befolgen.
Nehmen Sie sich des Einzelnen an
Wenn wir dem Muster des Erretters folgen, nimmt sich meist einer eines Einzelnen an. Zu der Samariterin am Brunnen sagte der Erretter:
„Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben. …
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe!
[Dann sagte sie:] Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.
Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, der mit dir spricht.“ (Johannes 4:13-15,25,26.)
Selbst als er seine Göttlichkeit kundtat, diente Jesus dem Einzelnen.
Im Gegensatz zu einer Reifenpanne lässt sich ein geistiges Problem meistens nicht durch einmalige Hilfeleistung beheben. Es erfordert Zeit, Gespräche und ermutigende Erlebnisse, um Glauben wiederaufzubauen. Er kommt eher wie Tau vom Himmel als in Form eines einmaligen Hochdruckstrahls aus einem Feuerwehrschlauch. Sie müssen sich immer wieder um den Betreffenden kümmern und ihm helfen, sich Gott erneut zuzuwenden und sich wieder auf den Erretter und dessen Sühnopfer zu verlassen.
Um uns anderer auf die Weise des Herrn anzunehmen, brauchen wir die Hilfe des Heiligen Geistes. Präsident Russell M. Nelson hat dieses Thema in der Frühjahrs-Generalkonferenz 2018 mit klaren Worten angesprochen: „Es wird in künftigen Tagen nicht möglich sein, ohne den führenden, leitenden, tröstenden und steten Einfluss des Heiligen Geistes geistig zu überleben.“5
Weiter sagte er: „Ich bitte Sie dringend, über Ihre jetzige geistige Fähigkeit, persönliche Offenbarung zu empfangen, hinauszuwachsen.“6 Er gab uns den Rat, zu beten, zuzuhören, unsere Gedanken aufzuschreiben und dann zu handeln.
Können wir dies auf den heiligeren Ansatz, sich anderer anzunehmen, übertragen? Lassen Sie uns beten, zuhören, unsere Gedanken aufschreiben und zur Tat schreiten, was diejenigen betrifft, denen wir dienen können.
Beten Sie um Gelegenheiten, den Glauben anderer zu festigen. Sie werden nicht nur Menschen aus Ihrem Bekanntenkreis helfen. Als Jesus der Witwe von Naïn half, war er gerade auf dem Weg in diese Stadt. Doch er erblickte sie, hatte Mitleid mit ihr und erweckte ihren Sohn von den Toten. Mit seinem Dienen veränderte er ihr Leben (siehe Lukas 7:11-15).
Beten Sie darum, dass sich Ihnen Gelegenheiten zum Dienen eröffnen, hören Sie dann zu, schreiben Sie Ihre Gedanken auf und seien Sie bereit, etwas zu tun, sobald jemand zu Ihnen geführt wird.
Dieser Ausruf des Psalmisten hat mich schon immer bewegt: „Blicke zur Rechten und schaue: Niemand ist da, der mich beachtet. Mir ist jede Zuflucht genommen, niemand fragt nach meinem Leben.“ (Psalm 142:5.) Lassen Sie uns denjenigen helfen, die sich so fühlen.
Nehmen Sie sich Zeit für den Geist
Um den Beistand des Heiligen Geistes zu haben, müssen wir uns in Herz und Sinn vorbereiten. In unserer Generation brauchen wir Disziplin und Zurückhaltung, was den Gebrauch von elektronischen Geräten betrifft. Adam Alter spricht in seinem Buch Irresistible (unwiderstehlich) über die süchtig machenden Eigenschaften von elektronischen Geräten und sozialen Medien. Er zitiert Greg Hochmuth, einen der Ingenieure, die an der Gründung von Instagram beteiligt waren, der gesagt hat: „Es gibt immer noch ein Hashtag, das man anklicken kann. Dann verselbständigt sich das Ganze wie ein Organismus, und manche Leute werden davon besessen.“7
Adam Alter fügt hinzu: „Wie so viele andere soziale Netzwerke ist Instagram ein Fass ohne Boden. Facebook hat einen unendlichen Newsfeed, Netflix geht automatisch zur nächsten Folge einer Serie über, auf Tinder werden die Nutzer dazu ermuntert, immer weiter zu wischen, da ja noch etwas Besseres auftauchen könnte. … Laut Tristan Harris, einem ‚Design-Ethiker‘, bestehe das Problem nicht darin, dass die Nutzer nicht genügend Willenskraft haben. Es bestehe vielmehr darin, dass es ‚auf der anderen Seite des Bildschirms tausende Leute [gibt], deren Job darin besteht, Ihre Selbstkontrolle zu zerstören‘.“8
Adam Alter fährt fort: „Ein ‚Gefällt mir‘ auf Facebook und Instagram aktiviert [die richtigen Neuronen]. Dasselbe geschieht, wenn man in World of Warcraft eine Mission erfolgreich beendet oder wenn man sieht, dass einer der eigenen Tweets von hunderten Twitter-Nutzern weitergeleitet wird. Die Leute, die das Technische, Spiele und interaktive Aktivitäten entwickeln und verfeinern, machen ihre Arbeit sehr gut. Sie führen tausende Tests mit Millionen von Nutzern durch, um herauszufinden, welche kleinen Änderungen funktionieren und welche nicht – durch welche Hintergrundfarben, Fonts und Signaltöne die Nutzerbindung maximiert und der Frust der Nutzer minimiert wird. Im Laufe seiner Weiterentwicklung wird das Erlebnis eine unwiderstehliche, zur Waffe umgewandelte Version seiner selbst. 2004 hat Facebook Spaß gemacht, [heute] macht es süchtig.“9
Wir brauchen genügend Zeit und Raum, damit der Geist in uns verbleiben kann. Lernen Sie, Ihr Smartphone beiseitezulegen. Planen Sie Zeiten in Ihren Tagesablauf ein, zu denen Sie absichtlich keinen Zugriff auf Ihre Geräte haben.
M. Russell Ballard, Amtierender Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, hat bei der Frühjahrs-Generalkonferenz 2018 gesagt: „Zu viele lassen es zu, dass sie mit ihren Smart-Geräten fast nur online leben – Bildschirme erleuchten ihr Gesicht Tag und Nacht, und Ohrhörer in den Ohren blockieren die leise, sanfte Stimme des Geistes. Wenn wir uns keine Zeit dafür nehmen, die Geräte beiseitezulegen, können wir Gelegenheiten versäumen, die Stimme dessen zu vernehmen, der gesagt hat: ‚Seid ruhig und wisst, dass ich Gott bin.‘ [King-James-Bibel, Psalm 46:10.] Es ist nichts Falsches daran, die Fortschritte in der Technik, die ja vom Herrn inspiriert wurden, zu nutzen, aber wir müssen dabei weise sein.“10
Stärken Sie einander
Als ich Bachelor-Student an der BYU war, gab es neben meiner Frau Kathy, deren ewiger Einfluss sich nicht messen lässt, zwei Mitbewohner – einen vor meiner Mission und einen danach –, die meine geistige Grundlage stark prägten. Der eine war Reid Robison, der jetzt Professor für betriebliche Verhaltensforschung an der BYU ist. Ich lernte ihn auf Mission kennen, und anschließend waren wir Zimmergenossen. Reid hielt die Gebote mit großer Genauigkeit, liebte den Propheten und hatte ein unerschütterliches Zeugnis vom Erretter. Damit stärkte er mich und alle Menschen in seinem Umfeld. In den letzten 45 Jahren ist er mir immer ein Beispiel gewesen.
Der andere Mitbewohner war Terrel Bird, der heute in St. George in Utah wohnt. Ich lernte Terrel kennen, als wir in Pocatello in Idaho dieselbe Highschool besuchten. Wir spielten Basketball zusammen, wurden jedoch erst Freunde, als mir seine geistige Reife auffiel. Er sprach ganz offen über geistige Einblicke, die er hatte, und Lebensgrundsätze, von denen er las und die er lernte. Ich war überrascht, so etwas aus dem Munde eines 17-Jährigen zu hören. Wir beschlossen, uns an der BYU ein Zimmer zu teilen.
Damals hatten wir keine Computer, sondern Schreibmaschinen. Terrel tippte charakterprägende Zitate und Schriftstellen ab, die bedeutsam für ihn waren, und bewahrte sie in einer Schachtel auf, sodass er oft darauf zurückgreifen konnte. Nicht selten standen ihm über tausend Schriftstellen und Zitate zur Verfügung, und er lernte viele davon auswendig. Obwohl ich jeden Morgen von vier bis sieben Uhr in der Bibliothek als Reinigungskraft arbeitete und auch durch mein Studienpensum völlig ausgelastet war, tat ich es Terrel gleich und fing an, mir eine eigene Schachtel anzulegen.
Eines der Zitate, das mir nach fast 50 Jahren noch immer im Gedächtnis geblieben ist, lautet:
Der Sinn ist die herrschende Kraft, die alles formt und schafft,
der Mensch ist Sinn, und stets verwendet er
das Werkzeug, das Gedanke heißt, und gestaltet, was er will,
erschafft sich tausend Freuden und tausendfaches Leid.
Er denkt im Geheimen, und deshalb zeigt es sich:
Sein Umfeld ist nur ein Spiegel seiner selbst.11
Ich erinnere mich natürlich auch an machtvolle Schriftstellen wie diese:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ (Johannes 11:25,26.)
Terrel half mir, meinen Sinn in meinem ersten Studienjahr an der BYU mit Schriftstellen und weisen Worten zu füllen, die mich mein Leben lang beeinflusst haben. Ich danke Reid Robison und Terrel Bird dafür, dass sie sich zu einer wichtigen Zeit in geistiger Hinsicht um mich kümmerten.
Hier ist ein Gedicht, das mein Nachbar Thomas L. Kay geschrieben hat:
Dank sei Gott für den, der hilft,
der sanft für andere sorgt,
die Schwachen in die Arme nimmt
und betend für sie fleht.
Dank sei Gott für den, der hört,
was Herz und Stimme spricht,
der weiß: Ein sanfter Händedruck,
ein Lächeln bringt uns Trost.
Dank sei Gott für den, der stützt
und müde Knie stärkt,
der durch stillen, heiligen Dienst
der Menschen Seele heilt.12
Meine lieben Freunde und Mitjünger, ich gebe Ihnen mein festes Zeugnis: Ich weiß, dass der Erretter lebt. Er ist auferstanden. Er leitet dieses heilige Werk. Präsident Nelson ist sein gesalbter Prophet auf Erden. Unsere Zeit auf der Erde ist von ewiger Bedeutung.
Ich verheiße Ihnen: Wenn Sie Gott mit ganzem Herzen lieben, darum beten, ein Werkzeug in seinen Händen zu sein, dem Einzelnen dienen, noch fähiger werden, Offenbarung zu empfangen, und auf den Einfluss des Heiligen Geistes vertrauen, wird der Herr seine besonderen Söhne und Töchter zu Ihnen führen. Sie werden ihnen ein dienender Engel sein und ihr Leben auf ewig zum Guten beeinflussen. Sie werden sich anderer auf eine heiligere Weise annehmen.
Ich bete darum, dass Ihnen dies auf dieser bedeutenden Reise durchs Erdenleben wichtig sein möge. Ich gebe Ihnen mein festes und sicheres Zeugnis für den Erretter und dafür, dass Sie für ihn von ewigem Wert sind und dass er wiederkommen und uns als seine Söhne und Töchter, als seine Jünger, annehmen wird.