2019
Warten auf Ian
Juni 2019


Warten auf Ian

„Was ist denn mit mir passiert?“, fragte Ian.

„Ich geh mit dir, ich red mit dir; so zeig ich meine Liebe dir.“ (Liederbuch für Kinder, Seite 78)

Waiting for Ian

Als Ian aufwachte, hörte er seine Mutter singen. Sie sang „Des Heilands Liebe“. Es war Ians Lieblings-PV-Lied. Er fing an, mitzusingen.

„Du bist ja wach!“, sagte sie. Sie lächelte und hatte Tränen in den Augen. Ian sah, dass sein Vater neben ihr saß. Er sah auch glücklich aus.

„Ich hab dir jeden Tag deine Lieblingslieder vorgesungen!“, sagte Mama.

Ian lächelte zurück – aber der Kopf tat ihm weh. Eigentlich tat ihm von Kopf bis Fuß alles weh, vor allem sein Bein.

Zaghaft blickte er sich um. Er war nicht zuhause. Er lag in einem Metallbett in einem fremden Zimmer. Dann sah er eine Krankenschwester und viele andere Betten in der Nähe. „Das muss ein Krankenhaus sein“, dachte er.

„Was ist denn mit mir passiert?“, fragte er.

Mama bekam einen traurigen Gesichtsausdruck. „Du hattest einen schlimmen Unfall. Ein Metalltor ist auf dich gefallen. Du bist seit zwei Wochen im Krankenhaus, aber es wird alles wieder gut.“

Zwei Wochen! „Mensch, da habe ich aber lange geschlafen“, dachte Ian. Das Letzte, woran er sich erinnerte, war, dass er im Gemeindehaus an der Probe für die PV-Darbietung teilgenommen hatte …

O nein! Die Darbietung!

„Habe ich die PV-Darbietung verpasst?“, fragte Ian. Er hatte sich schon so lange darauf gefreut! Er sang gerne mit seinen Freunden zusammen.

Mama lächelte und schüttelte den Kopf. „Nein, du hast sie nicht verpasst. Die Gemeinde hat beschlossen, sie zu verschieben, bis du aufwachst, damit du daran teilnehmen kannst.“

„Wirklich?“

„Ja, wirklich“, sagte Papa. „Alle PV-Kinder haben den Bischof gebeten zu warten. Sie wollten, dass du dabei bist. Sie wussten, wie sehr du dich dieses Jahr darauf gefreut hast.“

Ian war glücklich, weil er doch noch an der PV-Darbietung teilnehmen konnte. Aber zuerst musste es ihm besser gehen. Und das dauerte sehr lange. Er musste noch eine Weile im Krankenhaus bleiben. Als er endlich heimkam, konnte er immer noch nicht laufen oder spielen.

Aber seine Freunde durften ihn besuchen. Ian fragte sie, wie es in der Schule und in der Kirche so lief. Und sie fragten ihn, wann er zurückkommen würde.

„Erst, wenn mein Bein wieder heil ist“, antwortete er. „Ich kann ja immer noch nicht laufen!“

Aus Oktober wurde November, und Ian ging es allmählich besser. Eines Tages wurde er von seinen Freunden eingeladen. Er sollte sie besuchen und sich mit ihnen einen Film ansehen. Ians Mama und Papa halfen ihm, hinzukommen.

„Tut dir das Bein noch weh?“, fragte ihn seine Freundin Chaís.

„Ja“, antwortete Ian. „Aber es wird jeden Tag besser.“

„Kannst du schon laufen?“, fragte Chaís.

„Keine Ahnung“, sagte Ian.

„Komm, versuchʼs mal“, meinte Chaís. Sie half ihm aufzustehen. Ian machte vorsichtig einen Schritt. Er bewegte sich vorwärts. Er stand immer noch! Es war sein erster Schritt seit über einem Monat! Alle klatschten.

„Das bedeutet, dass du wieder in die Kirche gehen kannst!“, sagte Chaís.

Und sie hatte Recht. Ein paar Wochen später tat Ians Bein endlich nicht mehr weh. Die Ärzte nahmen ihm den Gips ab und legten stattdessen eine Schiene an. Am Sonntag war es Zeit für die PV-Darbietung.

Nach dem Abendmahl ging Ian mit seinen Freunden nach vorne zum Podium. Er stand kerzengerade und lächelte Mama und Papa an. Bei den Liedern sang er so laut er nur konnte. Als er an der Reihe war, stand er am Mikrofon und gab Zeugnis. Er war für seine Freunde in der PV dankbar. Und er war froh, dass er wirklich an der PV-Darbietung teilnehmen konnte!