Einem Kranken Halt geben
Salzburg (RHS): Einer meiner Bekannten wurde für mich vor einigen Jahren zu einem wirklich guten Freund. Er war nach einem schweren Unfall gezwungen, sein Leben im Rollstuhl zu verbringen, und damit hatte ihn ein ähnliches Schicksal getroffen wie mich selbst. Während ich meine Erkrankung mit Gottes Hilfe gut überstehen konnte, befand er sich gerade in einem körperlich und seelisch sehr angeschlagenen Zustand.
Nach mehreren Besuchen bei ihm hatte ich die Eingebung, ich sollte ihm einen Krankensegen geben. Bevor er diesen Segen erhielt, teilte mir seine Ehefrau mit, dass er einen Traum gehabt habe, in dem er sah, wie ihm dieser Segen gespendet wurde. Im Traum schickte er seine Pflegerin nach Hause, weil er ihre Hilfe nicht mehr benötigte. Ich erklärte ihr, dass dies eine Vision gewesen sei, als er mit den Augen des Glaubens sah, dass er einen Segen bekommen werde. Nachdem ich ihm den Krankensegen gespendet hatte, konnte er wieder ein paar Schritte gehen. Ab diesem Zeitpunkt begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt, er wurde langsam mobiler und erholte sich auch ganz allgemein.
Eine große Stärkung waren und sind ihm dabei vor allem seine aufopfernde Ehefrau und seine Enkelkinder. Die Zeit, die seine Enkelkinder mit ihm verbringen, ist für ihn eine Quelle lebensnotwendiger, heilender Kraft. Jesus sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen, … denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes!“ (Markus 10:14; Einheitsübersetzung 1980.) Die Enkelkinder meines Freundes sind wie dienende Engel für ihren Großvater.
Das Bild, auf dem er, seine Enkeltochter und ich zu sehen sind, stand lange neben seinem Krankenbett. Jedes Mal, wenn er seine Augen öffnete, dachte er, einen Engel zu sehen, als er die leuchtenden blauen Augen seiner Enkelin erblickte, die ihm Hoffnung spendeten. Auch seine junge Enkeltochter, noch ein Baby, vermittelt ihm, dass er noch gebraucht wird und sie mit ihm viel Zeit verbringen möchte. Sein Enkelsohn schläft manchmal bei seinem Großvater ein – die Hand seines Enkelsohnes zu halten, gibt meinem schwergeprüften Freund Kraft.
Bei jedem Besuch ist es mir ein Anliegen, auch seiner Ehefrau eine geistige Stütze zu sein. Ich erzählte ihr eine wahre Geschichte von einem alten Mann, der in die Notaufnahme kam, um eine kleine Wunde versorgen zu lassen. Er war in Eile und sehr ungeduldig. Ein junger Arzt sah den alten Mann und bemerkte, wie aufgelöst er war. Der Arzt nahm sich Zeit zuzuhören. Der alte Mann erklärte, dass er so schnell wie möglich wieder zurück ins Pflegeheim musste. „Meine Frau leidet an Alzheimer“, so der Mann, „und seit zwei Jahren weiß sie nicht mehr, wer ich bin. Aber ich weiß ganz genau, wer sie ist, denn ich liebe sie über alles.“ Der junge Arzt bekam Gänsehaut und musste lange Zeit über die Worte des alten Mannes nachdenken. Diese Geschichte hat die Ehefrau meines Freundes sehr berührt. Folgendes schrieb sie mir: „So ist es tatsächlich, wenn man jemanden über alles liebt! Viele Menschen können das nicht so intensiv erleben, aber ich bin sehr dankbar dafür, dass ich das darf.“
Ich besuche meinen Freund weiterhin regelmäßig, um zu sehen, wie es ihm geht und ob ich etwas für ihn tun kann. Seine Familie nennt mich einen „barmherzigen Samariter“. Tatsächlich versuche ich, meinem Herrn und Erlöser Jesus Christus nachzufolgen, der dieses Gleichnis vom barmherzigen Samariter nicht nur erzählt hat, sondern sich auch selbst jeder leidenden und verletzten Seele angenommen hat.