Das Gesetz des Zehnten
Der Herr [hat] das Gesetz des Zehnten als das Finanzgesetz seiner Kirche festgelegt … Wenn wir dieses Gesetz befolgen, zeigen wir außerdem unsere Treue gegenüber dem Herrn.
Letztes Weihnachten schenkte mir meine Mutter etwas Besonderes. Sie hatte ein kleines Buch über die Jahre sorgfältig aufbewahrt, welches mir meine Eltern 1944, als ich 10 Jahre alt war, geschenkt hatten.
Hier ist es. Mit diesem Notizbuch lernte ich, jede Woche über meine Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen.
Zum Beispiel aus meinem Eintrag vom 29. Juli 1944 geht hervor, dass ich Anfang der Woche 24,05 Dollar hatte und dann 7 Dollar auf der Farm unserer Familie dazu verdiente. Meine Ausgaben waren 5 Cent für Süßigkeiten, 3,45 Dollar für eine Anschaffung, 20 Cent fürs Kino und 2,37 Dollar für Kleidung. Außerdem legte ich 20 Dollar in einer Kriegs-Schuldverschreibung an und zahlte 70 Cent Zehnten. Am Ende der Woche hatte ich 4,28 Dollar übrig.
Ich weiß noch, dass ich meinen Vater fragte, ob mein Lohn von 25 Cent die Stunde erhöht werden könne. Doch wenn ich bedenke, dass der Eintritt fürs Kino 20 Cent und Süßigkeiten bloß 5 Cent kosteten, ist mir heute klar, dass ich wahrscheinlich überbezahlt war.
Als ich dieses 50 Jahre alte Notizbuch durchsah, fiel mir auf, dass ich zwischen 1944 und 1945 jede Woche 10 Prozent meines Einkommens als Zehnten zahlte. Im Dezember 1944 hielt ich fest, dass ich für das ganze Jahr 12,35 Dollar Zehnten gezahlt hatte – den vollen Zehnten.
So habe ich gelernt, den Zehnten zu zahlen.
Meine Frau und ich haben unsere Kinder gelehrt, jede Woche den Zehnten beiseite zu legen, wenn sie Taschengeld bekamen oder sich durch Babysitten oder besondere Aufträge Geld verdienten. Sie bewahrten den Zehnten in einem kleinen Kästchen auf. Am Fastsonntag übergaben sie ihn dann dem Bischof. Sie lernten auch den Wert des Geldes schätzen, indem sie einen ordentlichen Teil ihres Einkommens für eine spätere Mission und Ausbildung zurücklegten.
Unsere Enkel lernen es jetzt in ähnlicher Weise.
Wir müssen unseren Kindern diesen Grundsatz vermitteln und dafür sorgen, dass sie sehen, wie wir den Zehnten zahlen. Präsident Joseph F. Smith hat gesagt: „Sobald unsere Kinder alt genug sind, dass sie etwas verdienen, müssen sie angehalten werden, ihren Zehnten zu zahlen, damit ihre Namen in das Buch des Gesetzes des Herrn geschrieben werden können.“1
Zu meiner Zeit lernten wir in der PV dieses kleine Gedicht:
Was ist der Zehnte?
‚s ist leicht zu verstehn –
10 Cent von jedem Dollar
und ein Cent von 10.
Die Lehre vom Zahlen des Zehnten zieht sich wie ein roter Faden durch die heiligen Schriften. Abraham zahlte Melchisedek den Zehnten.2 Die Kinder Israels wurden belehrt, ihren Zehnten vor den Herrn zu bringen.3 Die wahrscheinlich am häufigsten zitierte Schriftstelle über den Zehnten finden wir im Alten Testament in Maleachi:
„Darf der Mensch Gott betrügen? Denn ihr betrügt mich. Doch ihr sagt: Womit betrügen wir dich? – Mit den Zehnten und Abgaben! …
Bringt den ganzen Zehnten ins Vorratshaus, damit in meinem Haus Nahrung vorhanden ist. Ja, stellt mich auf die Probe damit, spricht der Herr der Heere, und wartet, ob ich euch dann nicht die Schleusen des Himmels öffne und Segen im Übermaß auf euch herabschütte.“4
Der Betrag, den wir als Zehnten zahlen, unterliegt der vollkommensten und gerechtesten Regelung, die ich kenne. Ein Zehntel unseres Ertrags. Alle, vom Ärmsten bis zum Reichsten, zahlen denselben Anteil. Christus lehrte diesen Grundsatz in der Geschichte vom Opfer der Witwe:
„Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel.
Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein.
Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle anderen.
Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.“5
Es handelte sich hierbei um die kleinsten von den Juden verwendeten Münzen, die dem Vierundsechzigstel des Wertes eines römischen Denars entsprachen.
In dieser Evangeliumszeit hat der Herr das Gesetz des Zehnten als das Finanzgesetz seiner Kirche festgelegt. Ohne es könnten wir die ewigen Absichten des Herrn nicht verwirklichen. Wenn wir dieses Gesetz befolgen, zeigen wir außerdem unsere Treue gegenüber dem Herrn und erweisen uns als der besonderen Rechte, heiligen Handlungen und Segnungen würdig.
Vor kurzem war ich in Independence, Missouri, und fühlte mich gedrängt, ins eine Stunde nördlich gelegene Far West zu fahren. Die Heiligen der Letzten Tage ließen sich 1836 in Far West nieder, als sie eine Zuflucht vor der Verfolgung suchten. Es wurde zur Kreishauptstadt mit schätzungsweise 3,000 bis 5,000 Einwohnern und war eine Zeit lang Hauptsitz der Kirche. Meine eigenen Vorfahren wohnten dort.
Als ich in Far West ankam und mich umsah, war dort nur hügeliges Ackerland zu sehen. Es gab keine Stadt, keine Straßen und keine Gebäude. Es gab nur ein friedliches, grasbewachsenes Tempelgrundstück mit vier Ecksteinen, umrandet von einem einfachen Zaun.
1838 wurden die Heiligen aus Far West vertrieben. Joseph Smith und andere wurden festgenommen und ins nahe gelegene Gefängnis von Liberty gebracht. Dort schmachteten sie sechs Monate lang unter den schlimmsten Bedingungen, die man sich vorstellen kann. Auch meine Vorfahren litten furchtbar in Far West und kamen fast ums Leben.
Als ich dort stand und mir vor Augen hielt, wie es in Far West einstmals ausgesehen hatte, schlug ich in meinen heiligen Schriften Abschnitt 119 des Buches Lehre und Bündnisse auf. Diese Offenbarung war am 8. Juli 1838 durch den Propheten Joseph Smith inmitten dieser Verfolgungen in Far West gegeben worden:
„Und das soll der Anfang des Zehnten meines Volkes sein.
Und danach sollen diejenigen, die so gezehntet worden sind, jährlich ein Zehntel all ihres Ertrages bezahlen; und das soll für sie, für mein heiliges Priestertum, ein feststehendes Gesetz sein immerdar, spricht der Herr.“6
Ich sagte mir, dass die Heiligen das Gesetz des Zehnten zu keiner ungünstigeren Zeit hätten empfangen können. Doch sie hatten es angenommen und hatten begonnen dieses neue Gesetz zu einer Zeit umzusetzen, in der sie ihre Habseligkeiten und, in manchen Fällen, ihr Leben verloren. Bei meinem Besuch in Far West erlangte ich ein geistiges Zeugnis vom Gesetz des Zehnten, das stärker und tiefgehender war als alles, was ich zuvor empfunden hatte.
Ich möchte den vielen tausend Mitgliedern, die sich jetzt aufgrund der unermüdlichen Anstrengungen der Missionare der Kirche anschließen, einen Rat geben. Üben Sie Ihren Glauben aus. Zahlen Sie den Zehnten. Dieses Gesetz ist vielleicht anders als das, was Sie vor Ihrer Taufe gekannt haben. Doch nichts, was Sie als neues Mitglied tun, wird Sie umfassender auf die wunderbaren Segnungen vorbereiten, die Sie erwarten – nämlich die Segnungen des Tempels – als das Zahlen des Zehnten.
Nun einen kurzen Ratschlag an die Missionare. Belehren Sie Ihre Untersucher so über das Gesetz des Zehnten, dass sie ein Zeugnis von diesem wunderbaren Evangeliumsgrundsatz erlangen.
Die Mutter von Joseph F. Smith war als „Witwe Smith“ bekannt. Sie war die Witwe von Hyrum Smith, der zusammen mit dem Propheten Joseph ermordet worden war. Einmal tadelte sie den Zehntenschreiber, der sagte, dass man wegen ihrer Armut nicht von ihr verlangen könne, den Zehnten zu zahlen. Sie erwiderte: „Wollen Sie mir etwa einen Segen verwehren? Würde ich meinen Zehnten nicht bezahlen, dann müsste ich erwarten, dass mir der Herr seine Segnungen vorenthält. Ich zahle meinen Zehnten nicht nur, weil es ein Gesetz Gottes ist, sondern weil ich mir davon einen Segen erhoffe. Wenn ich dieses und andere Gesetze befolge, so erwarte ich, dass es mir wohl ergeht und dass ich imstande bin, für mich und meine Familie zu sorgen.“7
Ist es ihr wohl ergangen? Ihr Sohn und ihr Enkel wurden Präsidenten der Kirche, und zu ihren heutigen Nachkommen gehören ein Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel und viele bemerkenswerte Führer der Kirche.
Joseph F. Smith sagte einmal über seine Mutter, dass sie „den Zehnten von ihren Schafen und Rindern, jedes zehnte Pfund Butter, jedes zehnte Huhn, jedes zehnte Ei, Schwein, Kalb, Fohlen – ein Zehntel von allem, was sie hervorbrachte“ bezahlte.8
Ich belehrte einmal eine Gruppe von Führern der Kirche in Afrika über das Gesetz des Zehnten. Einer der Brüder sagte: „Elder Tingey, wie kann ich den Zehnten zahlen, wenn ich kein Einkommen habe?“ Ich fragte nach und erfuhr, dass er eine große Familie mit sieben oder acht Kindern hatte und arbeitslos war. Ich fragte, wie er seine Familie ernähre. Er erwiderte, dass er einen kleinen Garten habe und Gänse züchte. Ich fragte: „Was tun die Gänse?“ Er antwortete: „Sie legen Eier.“ Darauf sagte ich: „Was ist, wenn Sie eines Morgens 10 Eier in Ihren Gänsenestern finden?“ Jetzt ging ihm ein Licht auf. „Ich könnte meinem Zweigpräsidenten ein Ei geben“, gab er zur Antwort. Er verstand und konnte nun einen vollen Zehnten zahlen.
Wenn wir den Zehnten zahlen und unsere Kinder entsprechend belehren, bauen wir eine Familie auf, die fest darin verwurzelt ist, Tempelbündnisse zu schließen und zu halten. Die herrlichsten Segnungen, die wir in diesem Leben und in der Ewigkeit empfangen, entspringen aus dem Wissen, dass unsere Familien für alle Ewigkeit aneinander gesiegelt sind. Es kann sein, dass heute so mancher erkennt, welches besondere Recht er sich selbst vorenthält, weil er den Zehnten nicht zahlt. Denjenigen, auf die das zutrifft, gebe ich den Rat: Üben Sie Ihren Glauben aus, stellen Sie den Herrn hiermit auf die Probe und zahlen Sie Ihren Zehnten.
Ein besonderer Frieden, der alles Verstehen übersteigt, wird Ihnen und Ihrer Familie zuteil werden, wenn Sie den vollen Zehnten zahlen. Sie werden feststellen, dass all Ihre Ängste hinsichtlich der Finanzen und der Versorgung Ihrer Familie verblassen. Sie werden erkennen, dass der himmlische Vater Sie liebt.
Ich bin dankbar, dass meine Eltern mich gelehrt haben, den Zehnten zu zahlen. Ich gebe demütig Zeugnis, dass das Zahlen des Zehnten ein wahrer Grundsatz des Evangeliums Jesu Christi ist. Im Namen Jesu Christi. Amen.