Harry Merls Bekehrung zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
Linz (JW): Als Kind einer jüdischen Familie, deren Mitglieder unter dem Nationalsozialismus verfolgt, zu Zwangsarbeit verpflichtet und in Konzentrationslagern ermordet wurden, war es für den in Wien aufgewachsenen Psychiater und Familientherapeuten Harry Merl von großer Bedeutung, zu seinen jüdischen Wurzeln zu stehen. Von dem Novemberpogrom 1938 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, als er von den Alliierten zusammen mit seinen Eltern aus einem Kohlenkeller, der ihnen in den letzten Kriegstagen als Versteck vor der Gestapo gedient hatte, befreit wurde, litt der 1934 Geborene, wie er sagt, nicht nur unter den eigenen traumatischen Erlebnissen und denen seiner Eltern, sondern auch unter einer „jüdischen Angst“, dass sich solche Ereignisse wiederholen und der Antisemitismus in Österreich wieder aufflammen könnte.
Harry Merl heiratete 1958 seine Frau Christine, die damals bereits ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage war. Er besuchte mit ihr und den gemeinsamen fünf Kindern immer wieder auch Versammlungen der Kirche und fühlte sich, wie er sagt, dort auch sehr wohl. „Von Anfang an hat mich in der Kirche das Thema der Sammlung Israels fasziniert“, erzählt Bruder Merl in einem Interview anlässlich seines 85. Geburtstags. „Es war die erste mir bekannte christliche Kirche, in der wir Juden einbezogen waren.“ Als ihn seine Frau Christine eines Tages fragte, ob er glaube, dass die Kirche die Wahrheit lehre, sagte er: „Wenn ich ein ehrlicher Jude bin, dann muss ich eigentlich sagen: ja.“ So erklärte er sich nach 17 Jahren Ehe bereit, das Buch Mormon zu lesen. Eigentlich wollte er es als Wissenschaftler analysieren, um zu beweisen, dass es nicht wahr sei. Doch es kam anders. „Ich habe das Buch Mormon in einer Nacht durchgelesen. Es war, als wenn ich von Feuer umgeben wäre. Danach schlief ich ein. Und als ich in der Früh aufgewacht bin, war da eine Stimme, die hat zu mir gesagt: ,Mach weiter, das ist gut‘.“
Seine Taufe beschreibt Harry Merl als das starke Gefühl „heimzukommen“. „Das Evangelium Jesu Christi, sobald es jemand annimmt und anerkennt, verändert das Leben“, sagt er. Und diese Veränderung, „zu sehen, wie Jesus Christus wirkt“, ist aus seiner Sicht das Überzeugendste, was es gibt. Denn wenn man in der Schrift liest, geht es nicht nur um Geschriebenes, sondern um „etwas Lebendiges. Dahinter steht eine Person (Gott), die absolut will, dass das Leben gelingt.“
Um die Vision, „heil zu werden und heil zu bleiben“, ging es auch in seiner Arbeit als Arzt und Therapeut. Im Jahr 1968, als er an die Landes-Nervenklinik Wagner Jauregg in Linz berufen wurde, entwickelte er schrittweise ein neues psychotherapeutisches Verfahren, bei dem es nicht nur um den einzelnen Patienten „auf der Couch“, sondern um das ganze Familiensystem ging. Seine Kollegen hielten diesen Weg zur damaligen Zeit für unrealistisch. „Man kann als Arzt doch nicht mit der Familie reden!“, hörte er immer wieder. Bruder Merl war durch einen Hinweis seines Lehrers Raoul Schindler auf diese neue Methode der Familienarbeit gestoßen. „Daran hatte ich von mir aus nicht gedacht“, erzählt er, „aber ich bin dem Vorschlag gefolgt. Ich habe dann sehr viel amerikanische Literatur gelesen und daraus gelernt.“ Das Wissen, das sich Bruder Merl aus den vorliegenden Fachbüchern und durch Erfahrung erwarb, setzte er in seiner Arbeit als Psychiater um. Er wurde so zu einem der ersten familientherapeutisch arbeitenden Psychiater in Österreich, wofür er 1997 auch mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich geehrt wurde. Er gilt heute als Vater der Familientherapie in Österreich.
Als solcher vertrat er in Büchern und Vorträgen Grundsätze wie: Gesundheit ist für jeden möglich! Liebe ist für jeden möglich! Jeder trägt sein eigenes „Gesundheitsbild“ in sich, nämlich „eine persönliche Vision des Menschen von seiner Gesundheit oder auch Problemfreiheit“. Harry Merls „hundertprozentige Forderung an den Arzt, den Menschen zu lieben und dessen Selbstheilungskräfte zu mobilisieren“, war fortan von seinem Glauben an Jesus Christus und die heilende Macht des Sühnopfers getragen, in dem es seiner Ansicht nach auch ganz konkret um eine „Wiederherstellung der Gesundheit für psychisch Kranke“ geht.
Vergleiche dazu auch das Video „Ein Zeugnis von Jesus Christus – Harry und Christine Merl“, https://www.youtube.com/watch?v=FB5Ob9HaiDg.