Für sich selbst handeln und entscheiden können
St.Gallen (MN): In anspruchsvollen Zeiten wird Eigenständigkeit immer bedeutsamer.
Der Herr sagte: „Es ist meine Absicht, für meine Heiligen zu sorgen … Aber es muss notwendigerweise auf meine eigene Weise geschehen.“ (Lehre und Bündnisse 104:15,16.) Hier wird verheissen, dass der Herr sich um seine Kinder kümmert, wenn sie ihm nachfolgen.
Eigenständigkeit bedeutet nicht, dass wir alles erreichen oder erlangen, was wir möchten. Wenn wir eigenständig sind, glauben wir, dass wir durch die Macht Christi – sowie eigene Anstrengung – unsere geistigen und materiellen Bedürfnisse erfüllen können. Viele Leute könnten noch eigenständiger werden.
Im Rahmen dieser Initiative, die Menschen in verschiedenen Gebieten unterstützen soll, hat die Kirche verschiedene Gruppenkurse publiziert. Jeder davon dauert zwölf Wochen. Die zu behandelnden Themen sind vielfältig, zum Beispiel Finanzen oder das Finden einer guten Anstellung.
Für die Pfähle St. Gallen, Zürich und Bern wurden Beatrice und Peter Kopp aus der Gemeinde Pratteln als Missionare im Kirchendienst berufen – mit der Spezialaufgabe der Eigenständigkeitsförderung. Für die beiden ist diese Berufung nicht neu. Kürzlich sind sie als Vollzeitmissionare von einer Mission in Neuseeland heimgekehrt, wo sie die Mitglieder darüber instruierten.
Oliver Bassler wollte von Peter und Beatrice Kopp mehr darüber wissen:
Ihr seid nun für die Pfähle St. Gallen, Zürich und Bern Missionare für die Eigenständigkeitsförderung – was tut ihr genau?
Unsere Berufung ist es, die drei genannten Pfähle in ihren Bemühungen im Bereich Eigenständigkeit zu unterstützen. Wir nehmen an den Sitzungen der Pfahl-Eigenständigkeitskomitees teil, wir unterstützen die Pfahlpräsidentschaften und Hohen Räte in ihren Bemühungen und führen Schulungen auf Pfahl- oder Gemeindeebene durch. Ein Teil unserer Berufung ist es zudem, den Erfahrungsaustausch zwischen den drei Pfählen zu fördern. Wir denken, dass es beispielsweise für den Pfahl Bern wertvoll sein kann, zu sehen, wie der Pfahl Zürich arbeitet.
Welche Erfahrungen bringt ihr zu diesem Thema bereits aus eurer Mission in Neuseeland mit? Und habt ihr das Gefühl, dass es da Unterschiede zwischen der Schweiz und Neuseeland gibt?
Während unserer Mission in Neuseeland haben wir erlebt, dass die Eigenständigkeitsinitiative der Kirche nicht nur ein Programm ist, sondern eine Hilfe, unser Leben so auszurichten, wie der Herr es von uns möchte. Wir durften in Neuseeland in einem Gebiet arbeiten, in dem tausende von Mitgliedern lebten, die ihre Heimat auf einer der polynesischen Inseln verlassen hatten, um in Neuseeland ein neues Leben zu beginnen. Wenn wir die Eigenständigkeitskurse nur auf den zeitlichen Teil (Finanzen, Jobsuche etc.) reduzieren, dann sehen wir durchaus Unterschiede zwischen den Bedürfnissen dieser Polynesier in Neuseeland und uns Mitteleuropäern. Diese Unterschiede sind aber zu vernachlässigen. Im Grunde genommen kämpfen wir alle mit den gleichen Problemen. Wir haben aber erfahren, dass es bei den Eigenständigkeitskursen um viel mehr geht, als lediglich Neues zu lernen. In diesen Kursen geht es vielmehr darum, der Mensch zu werden, der wir nach dem Willen des Herrn sein sollen. Hier gibt es keine Unterschiede.
Was bedeutet es für euch, eigenständig zu sein?
Eigenständig zu sein bedeutet viel mehr, als nur genügend Geld auf dem Bankkonto, einen Jahresvorrat, eine gute Ausbildung oder einen tollen Beruf zu haben. Eigenständigkeit umfasst auch einen ganz wichtigen geistigen Aspekt. Stehen wir auch hier auf eigenen Füssen? Haben wir ein festes Zeugnis, mit dem wir auch in den vor uns liegenden schwierigen Zeiten bestehen können? Involvieren wir den Herrn in all unsere Bemühungen? Sind wir bereit, alles stehen und liegen zu lassen, wenn der Herr dies von uns verlangt? Dies bedeutet für uns, eigenständig zu sein.
Von welchen Erfolgserlebnissen könnt ihr schon berichten? Wie haben Menschen von der Eigenständigkeitsförderung profitiert?
In Neuseeland haben wir so viel gesehen, dass uns das Herz jedes Mal übergeht, wenn wir davon sprechen. Aber auch aus Europa kennen wir Beispiele, wie die Eigenständigkeitskurse das Leben verändern können. Wir wissen von Mitgliedern, die dank des Finanzkurses wieder in der Lage sind, ihre finanziellen Verpflichtungen alleine, also ohne fremde Hilfe, zu meistern. Wir wissen von Kursteilnehmern, die dank des Kurses „Eine bessere Anstellung“ eine besser bezahlte Arbeitsstelle gefunden haben. Schliesslich kennen wir auch Mitglieder, die während des Kurses „Ein Unternehmen gründen und ausbauen“ die Inspiration erhielten, sich selbständig zu machen, und heute davon leben können.
Die Kirche legt in den letzten Jahren viel Wert auf Eigenständigkeit. Was glaubt ihr, weshalb ist das so?
In den letzten Jahren hat die Kirche immer mehr unternommen, um die Mitglieder zu mehr Eigenständigkeit zu führen. Wir wurden belehrt, dass die Verantwortung für unsere geistige Entwicklung nicht bei der Kirche, sondern bei uns selber liegt. Unsere Klassen am Sonntag sollten nicht mehr von einem Lehrer unterrichtet, sondern moderiert werden, die Jugendlichen haben keine Leitfäden mehr, in denen alles vorgegeben ist – und so weiter. Wir glauben, dass diese Bemühungen der Kirche kein Zufall, sondern inspiriert sind. In allen Lebensbereichen (zeitlich wie auch geistig) auf eigenen Füssen zu stehen wird immer wichtiger werden. Wir brauchen ein festes Fundament für vor uns liegende, schwierige Zeiten. Die Eigenständigkeitskurse können dabei helfen. Sie können Anregungen geben, wo und wie wir uns verbessern können.
Vielen Dank, viel Erfolg und Gottes Segen auf eurer Mission!