Lektion 30
Der Zehnte und die Opfergaben
Wir sollen nach dem Gesetz des Zehnten leben und großzügige Spenden zahlen.
Einleitung
• Schreiben Sie an die Tafel Darf der Mensch Gott berauben?
Als Christus nach seiner Auferstehung auf dem amerikanischen Kontinent erschien, stellte er den Nephiten eine Frage, die in ähnlicher Weise schon einmal von Maleachi, einem Propheten im Alten Testament, gestellt wurde: „Darf … der Mensch Gott berauben?“ (Siehe Maleachi 3:8; 3 Nephi 24:8.)
• Wie kann man Gott berauben? Lesen Sie Maleachi 3:8.
Das Gesetz des Zehnten
Das Gesetz des Zehnten ist mehr als ein Gebot des Herrn. Es ermöglicht uns, ihm einen Teil dessen zurückzugeben, was er uns gegeben hat. Außerdem können wir dadurch beitragen, sein Reich zu errichten und unseren Glauben an ihn beweisen.
Oft wird gefragt: „Was ist der volle, ehrliche Zehnte?“ Der Zehnte ist ein Zehntel unseres Ertrags (siehe LuB 119). Das bedeutet, dass wir ein Zehntel unseres Einkommens bezahlen. Wenn unser Ertrag nicht Geld ist, sondern Vieh oder Feldfrüchte, dann geben wir den zehnten Teil davon. (Siehe Levitikus 27:30, 32.)
Wir zahlen den Zehnten, indem wir ihn dem Vertreter des Herrn übergeben – nämlich einem Mitglied der Bischofschaft bzw. Zweigpräsidentschaft. Dieser leitet diese Gelder an den Hauptsitz der Kirche weiter, wo über unseren Zehnten und die anderen Spenden Buch geführt wird.
Einmal im Jahr wird jedes Mitglied aufgefordert, an einer besonderen Unterredung mit dem Bischof bzw. Zweigpräsidenten teilzunehmen. Dieser sieht bei so einem Gespräch unter vier Augen mit jedem Mitglied die betreffenden Zehntenunterlagen durch und fragt, ob im jeweiligen Jahr der volle Zehnte gezahlt wurde. Dieses Gespräch bezeichnet man als die Zehntenerklärung.
Der Herr misst dem Zehnten so große Bedeutung bei, dass man keinen Tempelschein erhalten kann, wenn man keinen vollen Zehnten zahlt. Auch müssen erwachsene Männer und die Jungen Männer den Zehnten voll zahlen, bevor sie im Priestertum aufsteigen können.
Elder Matthew Cowley vom Kollegium der Zwölf berichtete von einer Frau aus dem Stamm der Maori, die der Kirche angehörte und in einem abgelegenen Dorf in Neuseeland lebte. Diese Frau hatte wirklich verstanden, worum es beim Zehnten geht:
„Einmal besuchte ich sie wieder, wie ich es immer tat, wenn ich in der Gegend war. Diese großartige kleine Frau war damals schon über achtzig Jahre alt und blind. In ihrer Nähe gab es keinen organisierten Zweig und sie hatte keinen Kontakt zum Priestertum, außer zu den Missionaren, die manchmal bei ihr vorbeikamen. …
Sie war auf dem Hinterhof bei ihrem kleinen Feuer. Ich streckte die Hand aus, um sie zu begrüßen und wollte schon [nach Art der Maori] meine Nase an der ihren reiben, da sagte sie: ‚Geben sie mir nicht die Hand.‘ …
Dann kroch sie auf Händen und Knien zu ihrem kleinen Haus hinüber. An der Ecke des Hauses stand ein Spaten. Sie nahm den Spaten und kroch in eine andere Richtung davon, wobei sie die Entfernung maß, die sie zurücklegte. Sie kam dann an einer bestimmten Stelle an, wo sie zu graben begann. … Schließlich stieß [ihr Spaten] auf etwas Hartes. Sie holte … ein Einweckglas heraus. Sie öffnete das Glas, griff hinein und holte etwas heraus, was sie mir dann gab. Es war neuseeländisches Geld im Wert von einhundert US-Dollar.
Sie sagte: ‚Dies ist mein Zehnter. Jetzt kann ich dem Priestertum Gottes die Hand geben.‘
Ich sagte: ‚Sie müssen doch gar nicht so viel Zehnten zahlen.‘
Sie sagte: ‚Ich weiß. Jetzt muss ich es noch nicht bezahlen, aber ich zahle schon ein bisschen im Voraus, denn ich weiß ja nicht, wann das Priestertum Gottes wieder hier vorbeikommt.‘
Dann beugte ich mich zu ihr vor, drückte meine Nase und Stirn an ihre, und die Tränen aus meinen Augen liefen ihre Wangen hinunter.“ (Generalkonferenz, Oktober 1948.)
• Inwiefern zeigen wir unsere Liebe für den Herrn, wenn wir den Zehnten zahlen? Inwiefern beweisen wir damit unseren Glauben?
Opfergaben
Wir können neben dem Zehnten noch zusätzlich Geld für den Aufbau des Gottesreiches spenden. Diese Spenden nennt man auch Opfergaben.
Am Fastsonntag jeden Monats sollen die Mitglieder ein Fastopfer spenden, das mindestens dem Gegenwert der beiden Mahlzeiten entspricht, die sie beim Fasten ausgelassen haben. Mitglieder können aber auch Geld für den Missionarsfonds der Kirche, für humanitäre Hilfsaktionen oder zu anderen Zwecken spenden. Für das Zahlen des Zehnten und der anderen Spenden verwenden sie das Formular „Zehnter und andere Spenden“.
Die folgende Geschichte hat Elder Boyd K. Packer erzählt. Sie veranschaulicht, wie wichtig es ist, den Zehnten und andere Spenden zu zahlen.
Vor einigen Jahren berichteten zwei Missionare ihrem Zweigpräsidenten, dass sich eine Familie, die sie unterwiesen hatten, plötzlich gegen die Taufe entschieden hatte. Der Vater hatte vom Zehnten erfahren und sagte alle weiteren Zusammenkünfte mit den Missionaren ab.
„Ein paar Tage später“, berichtet Elder Packer, „hatte der Zweigpräsident die Missionare dazu überredet, mit ihm noch einmal diese Familie zu besuchen.
‚Wenn ich richtig informiert bin‘, sagte er zu dem Vater, ‚haben Sie sich entschlossen, sich nicht der Kirche anzuschließen.‘
‚Das ist richtig‘, entgegnete dieser.
‚Die Missionare haben mir gesagt, dass der Zehnte Sie abschreckt.‘
‚Ja‘, sagte der Vater. ‚Sie hatten uns nichts davon gesagt. Und als ich davon erfuhr, sagte ich: „Nein, das ist zu viel verlangt. Unsere Kirche hat nie so etwas von uns gefordert.“ Wir meinen, das ist einfach zu viel. Wir werden uns nicht taufen lassen.‘
‚Hat man Ihnen vom Fastopfer erzählt?‘ fragte er.
‚Nein‘, antwortete der Mann. ‚Was ist das?‘
‚In der Kirche fasten wir einmal im Monat, wir enthalten uns zweier Mahlzeiten. Den Gegenwert spenden wir, damit Bedürftigen geholfen werden kann.‘
‚Das hat man uns nicht gesagt‘, entgegnete der Mann. …
‚Hat man Ihnen das Wohlfahrtsprogramm erklärt?‘
‚Nein‘, antwortete der Vater. ‚Was ist das?‘
‚Wir glauben daran, dass wir einander helfen müssen. Wenn jemand in Not ist oder krank, arbeitslos oder in Schwierigkeiten, können wir Hilfe leisten und man würde von Ihnen erwarten, dass Sie helfen.
Hat man Ihnen auch gesagt, dass wir keine bezahlten Geistlichen haben? Wir alle stellen unsere Zeit, unsere Talente, unsere Mittel zur Verfügung und sind viel unterwegs – und das alles, um das Werk Gottes zu unterstützen. Dafür werden wir nicht mit Geld bezahlt.‘
‚Man hat uns nichts davon gesagt‘, sagte der Mann.
Der Zweigpräsident sagte dann: ‚Wenn Sie sich wegen einer solchen Kleinigkeit wie dem Zehnten abwenden, ist es offensichtlich, dass Sie für diese Kirche nicht bereit sind. Vielleicht haben Sie tatsächlich die richtige Entscheidung getroffen und sollten sich nicht taufen lassen.‘
Als sie sich auf den Weg machten, drehte er sich um und fragte, so, als wäre es ihm gerade eben erst eingefallen: ‚Haben Sie sich eigentlich je gefragt, warum die Leute das alles bereitwillig tun? Ich habe noch nie eine Rechnung für den Zehnten bekommen. Es hat niemals jemand vorgesprochen, um ihn einzusammeln. Doch wir zahlen ihn – und geben auch all die anderen Zuwendungen – und wir freuen uns, dass wir es tun dürfen.
Wenn Sie erkennen können, weshalb, dann würde diese wertvolle Perle für Sie in greifbare Nähe rücken. …
Es ist jedoch Ihre Entscheidung‘, sagte der Zweigpräsident. ‚Ich hoffe nur, dass Sie darüber beten werden.‘
Ein paar Tage später suchte der Mann den Zweigpräsidenten zu Hause auf. … Er wollte den Termin für die Taufe seiner Familie absprechen.“ (Generalkonferenz, Oktober 1974.)
• Was hat den Mann dazu gebracht, dass er sich der Kirche anschließen wollte?
Die Verwendung von Zehnten- und Spendengeldern
Die Zehnten- und Spendengelder, die wir der Kirche geben, werden für das Werk des Herrn verwendet. Die Priestertumsführer geben das Geld für Zwecke aus, die der Herr bestimmt hat. Die Zuwendungen tragen dazu bei, unsere Brüder und Schwestern zu unserem Vater im Himmel zurückzuführen.
• Warum braucht man Geld, um das Werk des Herrn voranzubringen?
Beispiele dafür, wie unsere Zehntengelder und Spenden verwendet werden:
-
Unterstützung des Missionsprogramms.
-
Bau und Instandhaltung von Gemeindehäusern, Tempeln und sonstigen Gebäuden.
-
Ausbildung in Bildungseinrichtungen der Kirche sowie im Seminar und im Religionsinstitut.
-
Heilige Schriften, Unterrichtsleitfäden und weitere Veröffentlichungen der Kirche werden verfasst, gedruckt und verteilt.
-
Förderung der genealogischen Arbeit.
-
Hilfe für Bedürftige.
-
Ausgaben für die Generalkonferenzen.
Den Zehnten und die anderen Spenden bereitwillig zahlen
• Warum ist es etwas Besonderes, dem Herrn den Zehnten und Spenden zu geben?
Wir sollen unseren Zehnten und die anderen Spenden bereitwillig zahlen. In den heiligen Schriften lesen wir, wie wir geben sollen: „nicht verdrossen und nicht unter Zwang; denn Gott liebt einen fröhlichen Geber.“ (2 Korinther 9:7.) In den heiligen Schriften heißt es auch: „ … tut er es widerwillig … wird es ihm so angerechnet, als hätte er die Gabe zurückgehalten.“ (Moroni 7:8.)
Elder Marion G. Romney erlebte einmal etwas, was uns diese Schriftstelle besser verstehen lässt. Es geschah zu einem Zeitpunkt, als die Mitglieder der Kirche aufgefordert wurden, Geld für den Bau neuer Gemeindehäuser zu spenden.
„Vor etwa einem Vierteljahrhundert zogen meine Frau und ich in eine Gemeinde, wo man gerade mit dem Bau eines neuen Gemeindehauses begonnen hatte. Die Höhe der Spende, die der Bischof von mir erwartete, erschreckte mich doch etwas. Ich meinte, er verlange mindestens das Doppelte von dem, was er hätte verlangen können. Trotzdem … sagte ich: ‚Gut, Bischof, ich werde es bezahlen, aber da ich das Geld nicht habe, muss ich den Betrag [nach und nach] abzahlen.‘ So begann ich also zu zahlen. Und ich bezahlte und bezahlte, bis nur noch drei Raten offen waren. Dann las ich eines Tages wieder im Buch Mormon, denn das hatte ich mir angewöhnt. Dabei stieß ich auf diese Schriftstelle:
‚Wenn ein Mensch … eine Gabe [widerwillig] gibt …, [dann] wird es ihm so angerechnet, als hätte er die Gabe zurückgehalten; darum wird er vor Gott als Böse gezählt.‘ (Siehe Moroni 7:8.)
Ich erschrak, denn ich musste nur noch an die tausend Dollar zahlen. Ich zahlte noch den [Rest des Betrages], den ich zugesagt hatte, und dann noch mehr, … um den Herrn zu beweisen, dass ich es mit der richtigen Einstellung getan hatte.“ („Mother Eve, A Worthy Exemplar“, Relief Society Magazine, Februar 1968, Seite 84f.)
Segnungen durch den Zehnten und andere Spenden
Der Herr hat uns verheißen, dass er uns segnet, wenn wir den Zehnten und andere Spenden bereitwillig zahlen.
• Lesen Sie 3 Nephi 24:10–12. Was verheißt uns der Herr, wenn wir unseren Zehnten zahlen?
Präsident Joseph F. Smith erzählte Folgendes über die Segnungen, die wir für das Zahlen des Zehnten empfangen: „Ich erinnere mich sehr deutlich an etwas, was in meiner Kindheit geschah. Meine Mutter war Witwe und hatte eine große Familie zu versorgen. In einem Frühjahr, als wir unsere Kartoffelmieten aufmachten, ließ sie ihre Jungen eine Ladung der besten Kartoffeln herausholen und zum Zehntenbüro bringen; Kartoffeln waren damals gerade sehr knapp. Ich war noch klein und lenkte das Gespann. Als wir an der Treppe zum Zehntenbüro vorfuhren und uns anschickten, die Kartoffeln abzuladen, kam einer der Schreiber heraus und sagte zu meiner Mutter: ‚Witwe Smith, es ist eine Schande, dass du Zehnten zahlen sollst.‘ … Er tadelte meine Mutter, weil sie den Zehnten zahlte, und meinte, sie sei alles andere als klug und umsichtig; es gebe andere, die stark und arbeitsfähig seien und sich vom Zehntenbüro unterstützen ließen. Meine Mutter erwiderte ungehalten: ‚Du solltest dich schämen. Willst du mir etwa einen Segen vorenthalten? Wenn ich den Zehnten nicht zahle, kann ich doch wohl damit rechnen, dass der Herr mir seinen Segen vorenthält. Ich zahle den Zehnten nicht nur, weil es sich um ein Gesetz Gottes handelt, sondern weil ich dafür gesegnet werden will. Wenn ich dieses und andere Gesetze befolge, erwarte ich, dass es mir wohl ergeht und ich imstande bin, für meine Familie zu sorgen.‘ … Es ging ihr gut, weil sie die Gesetze Gottes befolgte. Sie hatte alles, um ihre Familie zu versorgen. Wir hatten niemals so großen Mangel wie viele andere. … Diese Witwe hatte ein Anrecht auf die Segnungen des Hauses Gottes. Ihr konnte keine heilige Handlung versagt bleiben, denn sie war den Gesetzen Gottes gehorsam.“ (Gospel Doctrine, 5. Auflage, 1939, Seite 228f.)
• Warum ließ Schwester Smith ihre Jungen die besten Kartoffeln für den Zehnten holen? Wie hat dieses Erlebnis den Jungen geholfen zu verstehen, wie wichtig der Zehnte ist? Welche Segnungen empfing Schwester Smith, weil sie den Zehnten zahlte?
Elder Henry D. Taylor hat Folgendes über die Segnungen gesagt, die wir empfangen, wenn wir den Zehnten und andere Spenden zahlen: „Der Herr hält, was er verspricht. Er öffnet wahrhaftig die Fenster des Himmels und schüttet seinen Segen auf diejenigen herab, die treu sind und seine Gebote halten. … Diese Segnungen können finanzieller und zeitlicher Art sein oder eine Fülle an Segnungen im geistigen Bereich, die Kraft, Frieden und Trost schenken.“ (Generalkonferenz, April 1974.)
Zum Abschluss
Der Herr hat uns geboten, den Zehnten und andere Spenden zu zahlen. Dadurch richten wir das Reich Gottes auf. Wir tragen zum Glücklichsein vieler Menschen bei – der Lebenden, aber auch der Verstorbenen. Wenn wir diese Gebote befolgen, zeigen wir unsere Liebe für unseren Vater im Himmel, Jesus Christus und unsere Brüder und Schwestern. Außerdem stellen wir unseren Glauben an Gott unter Beweis. Als Lohn empfangen wir sowohl zeitliche als auch geistige Segnungen, die weit mehr wert sind als das, was wir geben.
Aufforderung
Wenn Sie es nicht bereits tun, dann nehmen Sie sich vor, den ehrlichen Zehnten zu zahlen und an der Zehntenerklärung teilzunehmen. Denken Sie gründlich über Ihre Spenden an die Kirche nach. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie sollten mehr geben, dann tun Sie es. Unterweisen Sie die Mitglieder Ihrer Familie bezüglich der Segnungen für das Zahlen des Zehnten und der anderen Spenden und helfen Sie ihnen, diese Gesetze zu befolgen.
Zusätzliche Schriftstellen
-
Genesis 14:19,20 (Abraham zahlte den Zehnten)
-
2 Chronik 31:5,6 (die Israeliten zahlten den Zehnten)
-
Nehemiah 10:38, 39 (die Kinder Israel zahlten den Zehnten)
-
Alma 13:13–16 (Abraham zahlte den Zehnten)
-
Lehre und Bündnisse 64:23 (wer gezehntet ist, wird nicht brennen müssen)
Vorzubereiten
Tun Sie vor dem Unterricht Folgendes:
-
Lesen Sie das 32. Kapitel, „Zehnter und Opfergaben“, in Grundbegriffe des Evangeliums.
-
Bitten Sie einige Brüder, Begebenheiten, Schriftstellen oder Zitate aus der Lektion vorzutragen.