Stimmen von Heiligen der Letzten Tage
Der wichtigste Kompass
Mönchengladbach (JW): Als meine älteste Tochter das erste Mal fragte, wie Babys gemacht werden, war sie drei Jahre alt. Nachdem ich es ihr erklärt hatte, nickte sie kurz und spielte dann weiter. Ein paar Jahre später hatte sie dieses Gespräch vergessen und sie und ihr Bruder wollten es genauer wissen. Mein Sohn fragte, warum jemand so etwas freiwillig machen würde. Ich musste lächeln und versuchte, es ihnen zu erklären. Wir versuchen, in unserer Familie stets offen mit dem Thema Körper umzugehen. Wenn meine Kinder also eine Frage stellen, bekommen sie von uns eine ehrliche Antwort. Ich war der Meinung, das würde reichen.
Als im Liahona vom August 2020 das Thema Aufklärung behandelt wurde, dachte ich darüber nach, ob ich genug tat. Passte mein Tempo zum Tempo der Welt? Würden meine Kinder rechtzeitig alle Fragen stellen? Wie konnte ich die Waage halten zwischen Überforderung und Vorbereitung? Wie sollte ich ihnen die wundervollen Seiten und die Gefahren von Gefühlen erklären, die sie sich jetzt noch nicht im Geringsten vorstellen können? Wie kann sie eine logische Erklärung schützen, wenn es so weit ist, dass ihre Gefühle sie übermannen?
Ich musste an meine eigene Jugend denken. Ich war ein introvertiertes, vernünftiges, gläubiges Mädchen. Meine Eltern mussten mir wenige Vorschriften machen. Ich selbst dachte, das Gesetz der Keuschheit würde für mich kein Problem werden. Und dann traf ich meinen heutigen Mann. Zwei Teenager, innige Liebe und ganz viele Hormone. Diese Gefühle hatte ich so nicht erwartet. Es hätte mir vorher niemand ausreichend erklären können, und es war alles andere als einfach, sich an das Gesetz der Keuschheit zu halten. Dennoch ging er vier Jahre später auf Mission und anschließend wurden wir im Tempel aneinander gesiegelt.
Ich fragte mich, was mir dabei geholfen hatte. Ich kannte die Grundlagen des Gesetzes der Keuschheit, ich war aufgeklärt, und ich wusste, was von mir erwartet wurde. Aber das Einzige, was mir in schwierigen Situationen half, war mein Zeugnis vom Evangelium. Ich glaubte daran, dass das Gesetz der Keuschheit ein Teil des Evangeliums war, das ich liebte. Wenn ich in gefährliche Situationen kam, dann spürte ich die Warnung des Heiligen Geistes. Wenn ich die Warnung nicht beachtete, dann fühlte ich gottgewollte Trauer wegen meines Leichtsinns. Ich erlebte den Sinn von Grenzen und fühlte die Macht der Umkehr. All das bewahrte mich vor schwerwiegenden Übertretungen.
Mir wurde klar, dass es trotz aller Vorbereitung für meine Kinder schwer werden würde, dieses so heilige Gesetz zu halten. Trotz all der Gedanken, die ich mir mache, könnte ich verpassen, eine Frage zu klären. Doch wenn die Vernunft abnimmt und ihre Gefühle sie zu überwältigen drohen, dann kann der Heilige Geist ihnen beistehen. Sie können selbst spüren, wann sie einen Fehler gemacht haben, und den Wunsch entwickeln, umzukehren. So wichtig all die Gebote sind, die ich sie lehre, und all die Zeugnisse, die ich ablege, ist der wichtigste Kompass, den ich ihnen mitgeben kann, die Fähigkeit, den Heiligen Geist bei sich zu tragen. Wenn ich ihnen klarmache, was für ein Gefühl das ist, und ihnen beibringe, wie sie ihn nutzen, wenn sie seine Macht erleben und ihr eigenes Zeugnis entwickeln, dann brauche ich mir keine Sorgen machen, denn die Mächte des Himmels sind bei ihnen.