Eigenständigkeit
8: Lernen


„Den Kapitalfluss meines Unternehmens verwalten: Lernen“, Ein Unternehmen gründen und ausbauen – Eigenständigkeit, 2017

„Den Kapitalfluss meines Unternehmens verwalten: Lernen“

Lernen

Maximale Dauer: 60 Minuten

1. Der Unterschied zwischen Gewinn und Kapitalfluss

Zum Lesen:

Sie haben gelernt: In einem guten Unternehmen wird Tag für Tag Buch geführt. Jeder Zahlungseingang und jeder Zahlungsausgang muss erfasst werden. Sie haben auch gelernt, wie die Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt wird, die aufzeigt, ob Ihr Unternehmen über einen bestimmten Zeitraum hinweg Gewinne oder Verluste gemacht hat. Gewinn oder Profit ist das Geld, das übrig bleibt, wenn man die Ausgaben des Unternehmens von den Einnahmen abzieht.

Gewinn ist zwar eine wesentliche Messgröße, aber er ist nicht die einzige, die ein Unternehmer beachten muss. Kapitalfluss (Cashflow) ist eine Größe, die zahlungswirksame Geldflüsse eines Unternehmens zum Zeitpunkt des Zufließens oder des Abfließens liquider Mittel aufzeigt. Der Kapitalfluss ist das Lebensblut Ihres Unternehmens. Wenn Ihr Unternehmen über Geldreserven verfügt, können Sie Chancen zur Unternehmenserweiterung ergreifen, Investitionen tätigen und Geld für Unvorhergesehenes oder Notfälle sparen.

Aus Ihrer Gewinn- und Verlustrechnung geht vielleicht hervor, dass Ihr Unternehmen gewinnbringend ist, aber es geht dennoch bankrott, falls nicht genügend liquide Mittel vorhanden sind, um finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Engpässe beim Kapitalfluss sind ein Hauptgrund für Unternehmenspleiten.

2. Definition von Kapitalfluss (Cashflow)

Zum Lesen:

Beim Kapitalfluss unterscheiden wir zwei Arten:

Positiver Kapitalfluss bedeutet, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraumes die Einkünfte des Unternehmens größer sind als die Ausgaben im selben Zeitraum. Das ist es, was wir anstreben: einen positiven Geldflusszyklus.

Negativer Kapitalfluss bedeutet, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraumes die Geldbeträge, die aus dem Unternehmen abfließen, größer sind als die Geldbeträge, die dem Unternehmen im selben Zeitraum zufließen. Diesem riskanten und nicht wünschenswerten Umstand sollten Sie umgehend mit Maßnahmen entgegensteuern, die möglichst rasch Geldmittel freisetzen und Kosten senken.

Wir sehen uns jetzt drei Beispiele dafür an, wie es beim Kapitalfluss zu einem Engpass kommen und was dagegen unternommen werden kann. Angenommen, ein Unternehmen hat zu Monatsbeginn einen Guthabensaldo von 300. Normalerweise bekommt das Unternehmen jeden Montag und jeden Mittwoch eine Bargeldzahlung im Wert von jeweils 200 herein. Jeden Freitag muss das Unternehmen eine Auszahlung von 300 tätigen. In Beispiel A ist der Kapitalfluss dieses Unternehmens für den Zeitraum von drei Wochen dargestellt. Geld fließt hier erwartungsgemäß zu und ab.

Beispiel A: Idealer Kapitalfluss

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Idealer Kapitalfluss

Doch leider läuft in keinem Unternehmen immer alles nur glatt. Es gibt auch Rückschläge. Anhand von Beispiel B spielen wir jetzt durch, was geschieht, wenn das Unternehmen nicht für einen möglichen negativen Kapitalfluss gewappnet ist. In diesem Fall zahlen zwei Kunden nicht, was zu Forderungsausfällen führt. Es gibt also 400 an uneinbringlichen Forderungen. Der Unternehmer hat sich allerdings darauf verlassen, dass er seine Mitarbeiter mit diesen Zahlungseingängen bezahlen kann. Außerdem muss er für die Behebung einer unvorhergesehenen technischen Störung umgehend bezahlen.

Beispiel B: Negativer Kapitalfluss – das Unternehmen ist unvorbereitet

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Negativer Kapitalfluss: unvorbereitet

Bei Beispiel C treten dieselben unerwarteten Rückschläge ein, doch in diesem Fall ist die Unternehmerin vorbereitet. Sie kann auf einen Dispokredit zurückgreifen, und der Betrieb kann folglich weiterlaufen. Den Kontostand des nunmehr überzogenen Kontos gleicht sie anschließend möglichst rasch wieder aus.

Beispiel C: Möglicher negativer Kapitalfluss – das Unternehmen ist vorbereitet

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Möglicher negativer Kapitalfluss

Zum Besprechen:

Was sagen diese Beispiele aus? Warum lässt sich der Kapitalfluss nicht immer ganz leicht steuern?

Zum Lesen:

Es kommt immer wieder mal vor, dass ein Unternehmen Engpässe beim Kapitalfluss hat. Mögliche Gründe dafür:

  • Ein neu gegründetes Unternehmen kann noch keinen Überziehungsrahmen in Anspruch nehmen.

  • Wachstumschancen, die der Unternehmer ergreift, wodurch dann aber eine Zeit lang weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.

  • Lagerbestände, die Barmittel binden.

  • Kunden, die ihre Rechnung in Raten begleichen, wodurch das Geld erst später eingeht.

  • Verkäufe an andere Unternehmen, denen ein längerfristiges Zahlungsziel eingeräumt wurde, wodurch das Geld ebenfalls erst später eingeht.

  • Saisonbedingte Verkaufsspitzen oder Flauten mit Auswirkungen auf die Liquidität des Unternehmens.

  • Unvorhergesehene Ausgaben.

  • Uneinbringliche Forderungen, also Forderungsausfälle, weil ein Kunde nicht zahlt.

Zum Besprechen:

Welche Engpässe beim Kapitalfluss können Sie sich in Ihrem Unternehmen vorstellen?

3. Strategien zur Verbesserung des Kapitalflusses

Zum Lesen:

Sie können viel dazu beitragen, dass Ihr Unternehmen einen positiven Geldflusszyklus hat, und Sie können sich für Unvorhergesehenes und Rückschläge wappnen. Sie können beispielsweise die üblichen Zahlungsbedingungen Ihrer Branche durchsehen. In manchen Branchen ist es etwa gang und gäbe, dass der Lieferant dem Käufer ein Zahlungsziel von 90 Tagen einräumt. In anderen Branchen sind 30 Tage üblich. Wenn Sie die üblichen Zahlungsbedingungen Ihrer Branche kennen, können Sie darangehen, für Ihr Unternehmen bessere Konditionen auszuhandeln.

Zum Besprechen:

Generell liegt einem Unternehmer daran, Zahlungen möglichst rasch zu erhalten, aber seine eigenen Rechnungen möglichst erst zum Fälligkeitstermin zu bezahlen. Das scheint auf den ersten Blick der Lehre des Erretters zu widersprechen: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen!“ (Matthäus 7:12.) Wie geht man als Geschäftsinhaber mit dieser grundsätzlichen Diskrepanz um?

Zum Lesen:

Es ist wichtig, dass Sie bei Ihrem Bestreben, für Ihr Unternehmen einen positiven Kapitalfluss zu erzielen, stets redlich bleiben. Machen Sie sich die Mühe und erkundigen Sie sich nach den üblichen Zahlungsbedingungen in Ihrer Branche. Gehen Sie bei der Festlegung von Zahlungszielen klug vor. Arbeiten Sie günstige Zahlungsbedingungen für Ihr Unternehmen aus. Und wenn Sie Zahlungsziele ausgearbeitet haben, machen Sie Ihre Erwartungen deutlich und halten Sie sich an alle Verpflichtungen.

4. Den Kapitalfluss aktiv steuern

Zum Lesen:

Es genügt nicht, gelegentlich mal einen Blick auf das Geschäftskonto zu werfen und zu hoffen, dass schon alles gut gehen wird. Sie müssen den Kapitalfluss Ihres Unternehmens aktiv steuern.

Ein guter Unternehmer weiß stets darüber Bescheid, wie viel Geld seiner Firma zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht. Verlassen Sie sich nicht auf einen Bankauszug, wenn Sie Ihren Kapitalfluss steuern. Aus dem Bankauszug lässt sich nämlich nicht immer ablesen, welche Zahlungseingänge und -ausgänge demnächst zu erwarten sind.

Sie müssen daher eine Kapitalflussprognose erstellen und diese ständig auf dem aktuellen Stand halten. Beim Kapitalfluss geht es nämlich, wie schon weiter oben erklärt, sowohl um den Zeitpunkt als auch um den Geldbetrag, der innerhalb eines bestimmten Zeitraums Ihrem Unternehmen zufließt oder von diesem abfließt. Ihre Prognoserechnung sollte den zu erwartenden Kapitalfluss für die nächsten Monate abbilden. Natürlich ist eine Prognose nie hundertprozentig genau, aber Sie sollten jedenfalls immer eine vorsichtige Schätzung Ihrer monatlichen Einkünfte, Ihrer Fixkosten und der variablen Kosten im Kopf haben.

Ein positiver Kapitalfluss fällt einem Unternehmen nicht einfach in den Schoß. Er kommt durch harte Arbeit und sorgfältige Planung zustande. Wenn Sie wissen, wie Sie derzeit finanziell dastehen und welche Kapitalflüsse demnächst zu erwarten sind, können Sie fundiertere Entscheidungen treffen, sodass Ihr Unternehmen wachsen kann und ertragreich ist. Ein guter Unternehmer legt Geld für unerwartete Ausgaben zurück und greift häufig auf einen Dispokredit zurück, der sich aus seinem prognostizierten Kapitalfluss-Bedarf ergibt.

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